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Sonstige Bereiche | Recht

Urteil: Datenschutz und angebliche Abmahngefahr bei WhatsApp

Spektakuläres Urteil zur Smartphone-Nutzung

28.06.2017

Ein hessisches Familiengericht entschied, dass eine Mutter den Gebrauch von WhatsApp durch ihren Sohn aus Datenschutzgründen unterbinden und seine Smartphone-Nutzung kontrollieren muss – bis zum 18. Lebensjahr.

In sozialen Netzwerken sorgt das Familiengericht Bad Hersfeld mit dem aktuellen Urteil in einer Familiensache für Unmut, Verwirrung oder großes Gelächter – je nach Standpunkt. Bei der juristischen Auseinandersetzung ging es u. a. um die Frage, ob die Smartphone-Nutzung des Kindes, das die meiste Zeit bei seiner Mutter lebt, durch die Eltern korrekt überwacht würde. Der zuständige Richter entschied, dass die Mutter eine schriftliche Einverständniserklärung aller Kontakte aus dem Adressbuch ihres elfjährigen Sohnes einholen und diese dem Gericht vorlegen muss. Ihr Kind dürfe sonst nicht mehr den Messenger WhatsApp benutzen. Als Begründung gab der Richter zu Protokoll, dass die ungeklärte Datenweitergabe durch WhatsApp an dessen Mutterkonzern Facebook ohne diese Erklärungen rechtswidrig sei. Der Junge sei der Gefahr von Abmahnungen ausgesetzt. Die Eltern müssen mit dem Kind verbindliche Online-Zeiten vereinbaren. Sollte der Junge diesen nicht nachkommen, kann das Smartphone notfalls auch eingezogen werden. Das Kind habe sich angeblich den Wecker auf 4:30 Uhr gestellt, um mit der Nutzung des Handys schon nachts zu beginnen. Die Mutter muss nun einen Wecker ohne Internetanbindung suchen. Die mütterliche Aufsicht über die Smartphone-Nutzung ende erst mit Erreichen des 18. Lebensjahrs ihres Sohnes, erklärte das Gericht.   

Hausaufgaben für die Mutter

Zudem verfügte das Gericht, dass die Mutter eine persönliche Weiterbildung zur digitalen Mediennutzung zu absolvieren habe. Dem Urteil zufolge hätte sie geäußert, „dass die Kinder die Geräte ja zum Teil besser verstehen würden als die Eltern selbst.“ Eltern, die sich nicht mit der Technik von Smartphones und anderen mobilen Endgeräten auskennen, müssten sich diese laut Gericht „unmittelbar und kontinuierlich" aneignen, um "ihre Pflicht zur Begleitung und Aufsicht durchgehend ordentlich erfüllen zu können". Der Mutter wurde aufgetragen, monatlich mindestens drei Beiträge auf Internetseiten wie klicksafe.de oder medien-sicher.de zu lesen. Außerdem muss sie mit ihrem Sohn über die Nutzung des Smartphones diskutieren.

Abmahnungen unwahrscheinlich

Ob für den elfjährigen Sohn tatsächlich die Gefahr einer kostenpflichtigen Abmahnung besteht, ist umstritten. Der Fachanwalt für IT-Recht Thomas Stadler erklärte auf zeit.de: „Derartige Abmahnungen sind mir bislang jedenfalls nicht bekannt." Die Datenweitergabe durch WhatsApp entspricht laut Stadler zwar nicht dem deutschen Recht. Es bleibt jedoch fraglich, ob der Nutzer des Dienstes eine Rechtsverletzung begehe.  WhatsApp gestattet die Nutzung des eigenen Messengers erst ab dem 13. Lebensjahr. Datenschützer kritisieren schon lange die automatische Datenweitergabe durch Zustimmung des Anwenders zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein solcher Verstoß könnte theoretisch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, schätzen Experten.

Bad Hersfeld vs WhatsApp

Das Urteil des Amtsgerichts in Bad Hersfeld ist zwar für andere Gerichte nicht bindend, könnte jedoch eine Signalwirkung entfalten. Vielen Nutzern wird erst jetzt bewusst, dass WhatsApp alle im Adressbuch gespeicherten Daten auswertet. In Bad Hersfeld entschied ein Gericht nicht zum ersten Mal zu Ungunsten beteiligter Eltern und gegen WhatsApp. Schon im vergangenen Jahr musste ein Vater nach einem Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld den Messenger WhatsApp von den Smartphones seiner 10 und 15 Jahre alten Töchter löschen. Begründet wurde das Urteil mit dem Schutz vor sexueller Belästigung: Die Töchter hatten Sexnachrichten erhalten. Auch in diesem Fall wurde der Vater zu einem umfangreichen Auflagenkatalog verpflichtet, den er bei der älteren Tochter bis zum Jahr 2018 und bei der jüngeren Tochter bis zum Jahr 2021 erfüllen muss.  Bild: netzpolitik.org

Autor
Name: Antje Schubert