Aus dem Facharchiv: Elektropraxis
Whisker in Niederspannungsanlagen
Kurzschlüsse mit Lichtbogenfolgen sind immer wieder Ereignisse in elektrischen Geräten oder Anlagen mit teilweise erheblichen Personen- oder/und Sachschäden. Die Ursachen sind sehr vielfältig und nicht immer vermeidbar, da eine absolut sichere Technik nicht zur Verfügung steht. Wichtig aber ist, dass jede Lichtbogenstörung gründlich und unabhängig von ökonomischen Interessen analysiert wird. Es darf und kann nicht sein, dass Untersuchungen mit der heutigen hoch entwickelten Technik zu dem abschließenden Ergebnis kommen, die Ursache der Lichtbogenstörung sei nicht ermittelbar.
Ein Blick in die allgemeinen statistischen Unterlagen zeigt, dass der handelnde Mensch häufig direkt, aber auch indirekt als Verursacher der Störungen im Vordergrund steht. Direkt, wenn er, aus welchem Grund auch immer, an Geräten oder Anlagen in der Nähe von unter Spannung stehenden oder direkt an diesen Anlagen handelt, ohne die notwendigen Handlungsanweisungen oder Schutzmaßnahmen ordnungsgemäß zu berücksichtigen. Indirekt, wenn er Geräte oder Anlagen plant, baut und in Betrieb nimmt, ohne die physikalischen Gesetze und den Stand der Technik zu berücksichtigen. Eine hohe Zuverlässigkeit über die geplante Gesamtlebensdauer der Geräte und Anlagen unter Beachtung der ökonomischen und auch ökologischen Gesamtbilanz sollte stets Vorrang vor kurzfristigen ökonomischen Vorteilen haben. Rein technische Fehler treten relativ selten auf. Wenn ja, dann sind Einsatzbedingungen, Klima, Verschmutzung oder auch thermische Probleme häufig mit im Spiel.
Whisker verursachen Lichtbogenereignisse
Ein besonderes Problem in den letzten 40 Jahren sind Lichtbogenereignisse, die durch Whisker hervorgerufen, aber selten mit der Whiskerbildung in Verbindung gebracht wurden. Eine Konzentrierung auf das Whiskerproblem erfolgte in Verbindung mit erheblichen Ausfälle im Bereich der Raum- und Luftfahrt durch die NASA (National Aeronautics and Space Administration).
Whisker sind metallische Einkristalle mit einem Durchmesser im Bereich von einigen Nanometern bis hin zum Mikrometerbereich. Sie treten als Faden- und/oder Krümelwhisker auf. Die beobachteten Längen liegen im Bereich zwischen Nanometern und Zentimetern. In den vergangenen Jahrhunderten sind diese Einkristalle im Bergbau als Haarsilber beobachtet und verwertet worden. Aus dem englischen wurde dann für die auch als Bart- oder Schnurrhaar bezeichneten Phänomene der Begriff Whisker geprägt, was aber nichts mit der Katzennahrung zu tun hat. Mit der Entwicklung der Technik wurden die Grundlagen der Einkristallbildung und die mögliche Verwertung gefördert.
Whisker in den elektrotechnischen Geräten und Anlagen entstehen grundsätzlich nur an galvanisch veredelten Bauteilen. Beobachtet wurde die Whiskerbildung in der galvanischen Kombination verschiedener Grundmaterialien mit den Metallen Zinn, Silber, Zink, Gold, Kadmium, Blei, und Indium, sehr selten auch mit Wismut. Ein Schwerpunkt der Whisker-Problematik liegt im Bereich der Löttechnik der Mikroelektronik. In der allgemeinen Starkstromtechnik werden im Wesentlichen Kupfer und Aluminium als Leitermaterial verwendet. Zur Vermeidung von Korrosionen an Kontaktstellen werden die Kupfer- und Aluminiummaterialien galvanisch versilbert oder verzinnt. Häufig spielt auch eine vordergründige, jedoch technisch nicht notwendige Verbesserung der Ansichtsgüte durch Blankverzinnung eine Rolle. Da die Whiskerbildung mit verschiedenen Materialkombinationen sehr komplex ist, soll in diesem Beitrag an Hand der Verzinnung von Kupfer das grundsätzliche Problem dargelegt werden.
Autor: J. Vogler
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