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Elektromobilität | Energietechnik/-Anwendungen

Studie der European Climate Foundation (ECF)

Elektromobilität – Job-Motor oder Job-Killer?

20.10.2017

Entgegen aller Behauptungen gefährdet die Elektromobilität nicht die Arbeitsplätze der Automobilbranche. Im Gegenteil: Bis zum Jahr 2030 könnten insgesamt 145.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie der European Climate Foundation (ECF).

Noch im Sommer 2017 warnten die deutsche Automobilindustrie und das Münchener Ifo-Institut vor dem Verbot des Verbrennungsmotors. Laut den Ergebnissen einer empirisch durchgeführten Studie wären mindestens 620.000 der derzeitigen Industriearbeitsplätze in Deutschland direkt oder indirekt von dem Verbrennungsmotorverbot betroffen. Das sind etwa zehn Prozent der Beschäftigten in der Industrie. Demnach wären direkt in der Autobranche 426.000 Jobs in Gefahr. Ein Zulassungsverbot würde laut Studie knapp 13 Prozent der Bruttowertschöpfung der Industrie betreffen.  Nach Ansicht der Wissenschaftler sei es aber äußerst unwahrscheinlich, dass es zu einem kompletten Wegfall aller betroffenen Arbeitsplätze und der gesamten Wertschöpfung in diesem Bereich kommen würde. Teile, die bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nicht mehr benötigt werden, werden weiterhin in schwere Lastwagen oder Busse eingebaut. Für diese soll das Verbot nicht gelten.  Diese Schreckensnachricht versetzte der Elektromobilität einen herben Dämpfer. Jetzt, knapp drei Monate später, kommt eine neue Studie zu einem ganz anderen Urteil. Die Ergebnisse der Analyse der European Climate Foundation (ECF) „Klimafreundliche Autos in Deutschland: Ein Überblick der sozioökonomischen Auswirkungen“ liegen vor. An der ECF-Studie haben Umweltverbände wie der Naturschutzbund Deutschland e. V. und Gewerkschaften wie die IG Metall sowie Vertreter von Daimler, BMW, Volkswagen und des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) mitgearbeitet. Die Experten kommen zu dem Schluss, dass man von der Mobilitätswende insbesondere ökologisch, aber auch wirtschaftlich profitieren könnte, sofern die Voraussetzungen stimmen. Demnach können bis zum Jahr 2030 insgesamt 145.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden.

Verlierer und Gewinner der Verkehrswende

Die positive Prognose erklärte Christoph Wolff von der European Climate Foundation in der überregionalen Wochenzeitung die Zeit folgendermaßen: „Wir haben nicht nur untersucht, welche Folgen ein Umstieg für die Autoindustrie hat. Wir haben auch berücksichtigt, was in anderen Branchen passiert." Es gebe Gewinner und Verlierer der Verkehrswende. Beide seien in die Berechnung eingeflossen. Die Dienstleistungs- und Energiebranche dürfte besonders von der Umstellung auf die Elektromobilität profitieren.  Für die wachsende Anzahl an Hybridautos und Brennstoffzellenfahrzeugen wird mehr heimisch produzierter Strom und weniger importiertes Öl benötigt. Dadurch dürfte sich laut Studie bis zum Jahr 2030 eine zusätzliche Wertschöpfung ergeben. Aufgrund der immer effizienteren Antriebstechnologien und Verkehrskonzepte sinken für deutsche Haushalte die Mobilitätskosten. Das eingesparte Geld stünde wieder anderweitig zur Verfügung. Weiter heißt es, seien die Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt davon abhängig, an welchen Standorten künftig die Batteriezellenproduktion stattfinden wird. Die Politik müsse die Batterieproduktion im Inland fördern und die Stromnetze müssen als Teil der Sektorenkupplung verstärkt und modernisiert werden. Investitionssteigerungen in die Ladeinfrastruktur seien ebenso notwendig, um Elektroautos am Markt durchzusetzen. Neue Arbeitsplätze werden demnach vor allem in der Produktion und Installation von Ladeinfrastruktur entstehen. Außerdem müssten für eine nachhaltige, umweltfreundliche Mobilität auch Verkehrsmittel außerhalb des Automobilsektors berücksichtigt werden.

Kommt die Elektroauto-Quote?

Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem technologieneutralen Gesetzesentwurf, um den CO₂-Ausstoß von Pkws zu begrenzen. Diesen wollen sie am 8. November 2017 vorstellen. Kurz nach der Veröffentlichung der ECF-Studie berichtete die FAZ über eine angebliche Elektroauto-Quote, die die EU ab 2030 einführen wolle. Demnach sollten 15 bis 20 Prozent der Neuwagen über einen emissionsfreien Antrieb verfügen.  Ein Sprecher der EU-Kommission dementierte diese Aussage und verkündete, dass es keine Quote für Elektroautos geben werde. Allerdings prüfe man mehrere Optionen, darunter auch verpflichtende Vorgaben. Denkbar wäre ein System, das es bereits in China gibt. Das Gesetz sieht vor, dass Autobauer, die pro Jahr mehr als 30.000 Fahrzeuge mit Verbrennungsantrieb in China bauen oder in das Land importieren, ab 2018 für acht Prozent ihrer abgesetzten Autos sogenannte „Kreditpunkte“ sammeln müssen. Für ein Elektroauto gibt es mehr Punkte als für ein Hybridfahrzeug. Auch die Reichweite fließt mit in die Wertung ein. Erfüllt ein Hersteller diese Quote nicht, muss er Strafe zahlen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, Punkte von anderen Herstellern zu kaufen.  Die Industrie dürfte sich über den Verzicht auf eine E-Quote der EU-Kommission freuen. Schon seit Langem ist es für die europäischen Autolobbyisten ein Reizwort. Statt einer festgeschriebenen Mindestanzahl an Elektroautos fordert der deutsche Branchenverband VDA lieber marktwirtschaftliche Anreize wie mehr Ladestationen oder reservierte Parkplätze in den Innenstädten. Fest steht, dass die Elektromobilität Arbeitsplätze gefährden und auslöschen wird. Fest steht aber auch, dass sie in anderen Branchen Arbeitsplätze schaffen wird. Bild Mitte rechts: Beschäftigungsanteile Verarbeitendes Gewerbe 2015 (Foto:Statistisches Bundesamt (Produktionserhebung, Jahresbericht und Kostenstrukturer-hebung im Verarbeitenden Gewerbe), ifo Institut)Bild Mitte links: Die Beschäftigungseffekte nach Industriezweig in Deutschland durch die Umstellung auf emissionsarme Pkw (in Tausend) (Foto: ECF)Bild rechts:Kostenschätzungen für Technologien zur CO2-Reduzierung bei Benzin- und Dieselmotoren (Foto: ECF)

Autor
Name: Aldina Hasanovic