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Versuchsanordnung mit Störlichtbogen (Foto: TU Ilmenau)
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Aus dem Facharchiv: Elektropraxis

Comeback des Gleichstroms - Auf dem Weg zu DC-Anwendungen in Niederspannungsnetzen

15.08.2019

Die Gleichstromtechnik steht möglicherweise vor einem bedeutenden Comeback, nachdem sie in Europa in Versorgungsnetzen schon seit vielen Jahrzehnten kaum noch eine Rolle gespielt hat.

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Die Firma Bachmann in Stuttgart, das Arcola-Theatre in London und die japanische Telefongesellschaft NTT in Tokio haben eines gemeinsam: Sie versorgen ihre Rechnerzentralen, Klimaanlagen und Beleuchtungen mit Gleichstrom (DC). Sie stehen damit nicht allein – und sie werden sicher weitere Unternehmen und vielleicht bald auch Privatleute dazu motivieren, bestehende Wechselstrom- gegen Gleichstromnetze auszutauschen oder um solche zu ergänzen.

Die Wiedergeburt der Gleichstromtechnik kommt nicht ganz überraschend. Auf der einen Seite steigt in Haushalt und Büro seit Jahren stetig die Anzahl an Elektrogeräten und LED-Beleuchtungen, die Gleichstrom benötigen, den sie über elektronische Netzteile und AC/DC-Wandler beziehen, was die Kosten für Anschluss und Verbrauch in die Höhe treibt und obendrein umständlich ist. Auf der anderen Seite sind erfreulicherweise in zunehmendem Umfang Batteriespeicheranlagen und Gleichstromgeneratoren wie zum Beispiel Photovoltaikanlagen in Betrieb, die direkt Gleichstrom liefern können. Dieser technische Befund führt nun unter Wissenschaftlern und Entwicklern dazu, sich wieder intensiver mit den Möglichkeiten von Gleichstromnetzen zu beschäftigen.

„Stromkrieg“ zwischen Edison und Westinghouse

Die heute in der Stromversorgung bevorzugten Wechselstromsysteme (AC) konnten sich erst nach einem heftigen „Stromkrieg“ durchsetzen. Thomas Edison, der als einer der größten Erfinder aller Zeiten gilt – 1093 Patente sollen auf sein Konto gehen – nahm 1882 sein erstes Kraftwerk in Betrieb, das unter anderem die New Yorker Wall Street mit Gleichstrom versorgte. Edisons Mitarbeiter Nikola Tesla sollte dafür einen Dynamo entwickeln, was er auch erfolgreich tat. Doch der gebürtige Kroate hatte noch eine andere Idee: Statt mit Gleichstrom beschäftigte sich Tesla mit Wechselstromtechnik, die er nach einem Streit mit Edison fortan mit dessen Konkurrenten George Westinghouse weiterverfolgte. Edison aber blieb stur: Er verzichtete auf die offensichtlichen Vorteile des Wechselstroms und versuchte stattdessen, seine Konkurrenten zu diskreditieren. So setzte er beispielsweise durch, dass der gerade erst erfundene elektrische Stuhl mit der Technik der Konkurrenz betrieben wurde. Wechselstrom gleich Tod, sollte die Botschaft sein. Der Coup gelang, doch Edison konnte sich nur kurz freuen. Auf der Weltausstellung in Chicago im Jahr 1893 waren es mit Wechselstrom betriebene Beleuchtungsanlagen, die die Hallen beleuchteten. Damit zeichnete sich ab, dass Westinghouse den „Stromkrieg“ zu seinen Gunsten entscheiden würde, und Thomas Edison musste später seinem Sohn gezwungenermaßen gestehen, der größte Fehler seines Lebens sei gewesen, nicht rechtzeitig auf Wechselstrom umgestellt zu haben.

Doch AC-Lampen auf der Weltausstellung 1893 waren nicht der einzige und nicht einmal der wichtigste Grund dafür, dass sich Ende des 19. Jahrhunderts Wechselstromnetze und damit verbundene Anwendungen im Wettbewerb mit den Gleichstromrivalen durchsetzen konnten. Der wohl wichtigste Vorteil zeigte sich darin, dass sich die Spannung von Wechsel- bzw. Drehstromsystemen über Transformatoren auf ein Niveau von mehreren 100 000 V anheben, gleichzeitig die Stromstärke sinken und die Kabelquerschnitte kleiner werden ließ. Damit wurde eine Übertragung elektrischer Energie über größere Distanzen bei wirtschaftlich vertretbaren Kosten möglich. Das erkannte man natürlich auch im gegnerischen Lager. Man leide sogar darunter, so hieß es auf einer Tagung von Edison-Unternehmen im Jahr 1888, dass es keine einfache Methode gebe, mit der auch Gleichstrom auf höhere Spannungen gebracht und damit das Versorgungsgebiet vergrößert und die Kupferkosten verringert werden können.


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