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(Bild: Tommroch/stock.adobe.com)
Normen und Vorschriften | Elektrosicherheit | Elektrotechnik | Installationstechnik | Kabel und Leitungen

Leseranfrage

Auslegung von Kabeln/Leitungen bei Oberschwingungsanteilen

24.07.2018

Ist der Einfluss des Skin-Effektes bezüglich Oberwellen so groß, dass er bei der Dimensionierung von Schaltanlagen in der Praxis berücksichtigt werden muss?

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Frage: In den Fachbeiträgen des ep konnte ich sowohl über die Ursache als auch die Rückwirkungen von Oberwellen lesen. Es gab Berechnungen und auch viele Vorschläge, wie sich Probleme fachgerecht lösen lassen. Wir stehen aber oft nur auf der Seite der Versorger (Netzersatzanlagen und Verteilerschränke sowie Versorgungskabel) nicht aber auf der Seite der Verbraucherauslegung. Daher treten bei uns immer wieder Fragen auf, wie wir die höhere Erwärmung der aktiven Leiter berücksichtigen müssen. Wie muss ich Kabel, Leitungen und Generatoren oder Schaltanlagen bei unterschiedlichen Oberwellenanteilen normgerecht Dimensionieren? Inwieweit muss der Skin-Effekt berücksichtigt werden, um Kabel für Generatoren und Frequenzumformer auszulegen?

Antwort: Der Anfragende hat natürlich Recht: Ein Problem zu beklagen ist einfach. Es zu analysieren ist schon schwieriger, aber immerhin möglich. Für ein konstruiertes, theoretisches Problem eine theoretische Lösung zu konstruieren, das geht auch noch. Bei der Beurteilung praktischer Fälle und der Auswahl angemessener Lösungen wird es dann aber wirklich schwierig. Mit diesen lässt man den Praktiker besser allein.

Nein, das genau möchte ich nicht. Prinzipiell findet der Anfragende in dem (schon nicht mehr ganz) neuen Beiblatt 3 zur DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520) [1] nicht nur Formeln zur Bestimmung der notwendigen „Über“-Dimensionierung von Kabeln und Leitungen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Oberschwingungen, sondern auch Richtwerte dafür, was er wann und wo zu erwarten hat. Die dort enthaltene Tabelle wurde vor Kurzem schon – in noch etwas ausführlicherer Form – im ep [2] wiedergegeben.

Was in dem Beiblatt 3 zur DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520) [1] nicht behandelt wird, ist der vom Anfragenden angesprochene Skin-Effekt. Dieser stellt eine komplizierte Angelegenheit dar. Man sollte die damit und mit den Oberschwingungen zusammenhängenden Auswirkungen aber nicht überschätzen. Der Effekt kommt für 50 Hz erst bei sehr großen Leiterquerschnitten zum Tragen – und ist in den gängigen Auslegungskriterien für Netzfrequenz bereits berücksichtigt. Nimmt der Effekt auch mit der Frequenz zu, so sind doch die höherfrequenten Ströme kleiner als die Grundschwingung, und der Skin-Effekt stellt letztlich einen zusätzlichen ohmschen Verlust dar. Dieser aber fällt bei halbem Strom schon auf ein Viertel.

In dem vom Anfragenden genannten Fall der Netzersatzanlagen ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die meist verwendeten Synchrongeneratoren eine wesentlich höhere innere Impedanz aufweisen. Diese ist stark induktiver Natur, wirkt sich also auf höhere Frequenzen wesentlich stärker aus. Bei linearen Lasten (ohmschen, induktiven und kapazitiven) fällt dies überhaupt nicht auf – der Regler regelt einfach die (induzierte) Spannung entsprechend höher, sodass die Klemmenspannung unter Last wieder stimmt. Werden aber höherfrequente Ströme im Inneren der speisenden Quelle stärker gedrosselt als der „eigentliche“ Laststrom, so wird der Anteil an Oberschwingungen im Gesamtstrom hierdurch zwar reduziert, die Spannung aber entsprechend stärker verzerrt als im regulären Betrieb der Anlage am Netztransformator. Im Extremfall können z. B. zusätzliche Nulldurchgänge auftreten, und elektronische Steuerungen, die sich an den Nulldurchgängen orientieren (z. B. Phasenanschnitt), können „verwirrt“ werden.


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