Elektrosicherheit | Normen und Vorschriften
Aus dem Facharchiv: Elektropraxis
Abdecken unter Spannung stehender Teile - Umsetzung der fünften Sicherheitsregel bei Niederspannungsanlagen
16.01.2020
Die „fünf Sicherheitsregeln“ sind eine wesentliche Grundlage für das sichere Arbeiten an elektrischen Anlagen. Sie fordern in der fünften Regel, benachbarte, unter Spannung stehende Teile abzudecken oder abzuschranken. Den ep erreichte eine Leseranfrage, in der es darum geht, ob es sich beim Abdecken von unter Spannung stehenden Teilen um eine Tätigkeit handelt, die eine AuS-Schulung voraussetzt. Dieser Fachbeitrag ergänzt die Beantwortung der Leseranfrage.
Das wichtigste Schutzziel beim Arbeiten an elektrischen Anlagen ist die Sicherstellung des Personenschutzes. Um eine elektrische Gefährdung sicher zu vermeiden, müssen deshalb vor jedem Arbeitsbeginn geeignete Maßnahmen getroffen werden. Eine elektrische Gefährdung kann z. B. das Berühren eines aktiven leitfähigen Teils mit einer gefährlichen Spannung sein. Hierdurch kann es zu einem elektrischen Schlag kommen. Unter elektrischer Gefährdung sind aber auch die Wirkungen oder Folgen von Überströmen, Kurzschlüssen oder Lichtbögen zu verstehen – selbst wenn die Spannung so niedrig ist, dass es nicht zum elektrischen Schlag oder zu einer gefährlichen Körperdurchströmung kommen kann.
Bei beabsichtigten Arbeiten an elektrischen Anlagen sind gemäß DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100) [1] stets
Literatur: [1] DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100):2015-10 Betrieb von elektrischen Anlagen – Teil 100: Allgemeine Festlegungen.
[2] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG, Ausfertigungsdatum: 07.08.1996, Zuletzt geändert durch Art. 427 V v. 31.8.2015 I 1474.
[3] DGUV Information 203-001 (BGI 519), Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen; Eine Broschüre für die Elektrofachkraft und den elektrotechnisch unterwiesenen Mitarbeiter, Fachgebiet Elektrische Gefährdungen; Oktober 2015.
[4] DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 Schutz gegen elektrischen Schlag – Gemeinsame Anforderungen für Anlagen und Betriebsmittel.
[5] Hoffmann, R.; Lantwin, A.; Nied, D.; Schäfer, J. (Hrsg.): Betrieb von elektrischen Anlagen – Erläuterungen zu DIN VDE 0105-100:2015-10, VDE-Schriftenreihe – Normen verständlich Band 13, 11., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2017, VDE Verlag.
Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.
- eine Planung durchzuführen;
- möglicherweise auftretende Gefährdungen zu bewerten (Gefährdungsbeurteilung) und
- notwendige Schutzmaßnahmen umzusetzen.
Schutz gegen direktes Berühren
Um ein Berühren von unter Spannung stehenden Teilen unter normalen Bedingungen zu verhindern, wird der Schutz gegen direktes Berühren (Basisschutz) angewandt. Berührbare gefährliche aktive Teile müssen immer gegen Berühren geschützt werden – durch Isolierung, Hindernisse, Abschrankung, Abstand oder andere geeignete Maßnahmen. Bei Arbeiten an elektrischen Anlagen muss ein ausreichender Schutz gegen das Berühren von unter Spannung stehenden Teilen sichergestellt sein. Die bei Arbeiten an elektrischen Anlagen verwendeten isolierenden Abdeckungen müssen eine ausreichende elektrische und mechanische Festigkeit aufweisen – sie können sowohl aus starrem Material als auch aus flexiblem Material bestehen. In DIN EN 61140 (VDE 0140-1) [4] werden für den Schutz gegen den elektrischen Schlag folgende Spannungsbereiche und Schutzmaßnahmen unterschieden: 1. Kleinspannung (extra-low voltage, ELV)- Ein Fehlerschutz ist möglicherweise nicht erforderlich, und ein Basisschutz kann ggf. unter bestimmten Bedingungen durch eine Begrenzung der Spannung erfüllt werden. Solche Bedingungen können z. B. abhängig sein von Spannung, Strom, Feuchtigkeit, berührbaren Flächen und weiteren Kriterien.
- Auch bei Kleinspannung kann es unter ungünstigen Bedingungen zum elektrischen Schlag, zu einer gefährlichen Körperdurchströmung und zu elektrischen Gefährdungen durch Überströme, Kurzschlussströme und Lichtbögen kommen. Möglicherweise auftretende Gefährdungen müssen bewertet werden und ggf. notwendige Schutzmaßnahmen müssen auch bei Kleinspannung umgesetzt werden.
- Auf die Anwendung der fünften Sicherheitsregel kann bei Kleinspannung unter bestimmten Bedingungen verzichtet werden, wenn – nach erfolgter Sicherheitsbewertung – Gefährdungen durch elektrischen Schlag, gefährliche Körperdurchströmung und weitere elektrischer Gefährdungen ausgeschlossen werden können.
- Basisschutz und Fehlerschutz sind im Allgemeinen erforderlich.
- Die fünfte Sicherheitsregel wird angewandt.
- Besondere Maßnahmen zum Schutz gegen den elektrischen Schlag sind erforderlich; insbesondere durch die Erdungsanlage.
- Die fünfte Sicherheitsregel wird angewandt.
Methoden für Arbeiten an elektrischen Anlagen
Arbeitsmethoden für Arbeiten an elektrischen Anlagen sind in DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100) beschrieben. Diese Norm beschreibt allgemeine Anforderungen für den Betrieb von elektrischen Anlagen aller Spannungsebenen – von der Kleinspannung bis hin zur Hochspannung. Praxisgerechte Erläuterungen zur Anwendung der DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100) sind unter anderem in der VDE-Schriftenreihe [5] zu finden.Arbeiten unter Spannung
Als Arbeiten unter Spannung (AuS) werden im VDE-Vorschriftenwerk solche Arbeiten bezeichnet, bei denen eine Person bewusst mit Körperteilen oder Werkzeugen, Ausrüstungen oder Vorrichtungen unter Spannung stehende Teile berührt oder in die Gefahrenzone gelangt (siehe DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100), Abschnitt 3.4.4). Beim Arbeiten unter Spannung müssen Schutzmaßnahmen gegen den elektrischen Schlag und gegen Kurzschluss angewandt werden.Arbeiten in räumlicher Nähe zu unter Spannung stehenden Teilen
Bei Arbeiten in räumlicher Nähe zu unter Spannung stehenden Teilen kann es sich handeln um:- Arbeiten außerhalb der Annäherungszone,
- Arbeiten innerhalb der Annäherungszone, oder
- Arbeiten innerhalb der Gefahrenzone (Arbeiten unter Spannung, AuS).
Arbeiten im spannungsfreien Zustand
Bei der Arbeitsmethode „Arbeiten im spannungsfreien Zustand“ werden die „fünf Sicherheitsregeln“ aus DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100) angewandt:- Freischalten
- gegen Wiedereinschalten sichern
- Spannungsfreiheit feststellen
- Erden und Kurzschließen
- benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.
- Wenn damit gerechnet werden muss, dass bei Arbeiten die erforderlichen Sicherheitsabstände zu berührbaren gefährlichen aktiven Teilen möglicherweise nicht eingehalten werden.
- Wenn damit gerechnet werden muss, dass es bei Arbeiten zu einer direkten Berührung von gefährlichen aktiven Teilen kommen kann
Literatur: [1] DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100):2015-10 Betrieb von elektrischen Anlagen – Teil 100: Allgemeine Festlegungen.
[2] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG, Ausfertigungsdatum: 07.08.1996, Zuletzt geändert durch Art. 427 V v. 31.8.2015 I 1474.
[3] DGUV Information 203-001 (BGI 519), Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen; Eine Broschüre für die Elektrofachkraft und den elektrotechnisch unterwiesenen Mitarbeiter, Fachgebiet Elektrische Gefährdungen; Oktober 2015.
[4] DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 Schutz gegen elektrischen Schlag – Gemeinsame Anforderungen für Anlagen und Betriebsmittel.
[5] Hoffmann, R.; Lantwin, A.; Nied, D.; Schäfer, J. (Hrsg.): Betrieb von elektrischen Anlagen – Erläuterungen zu DIN VDE 0105-100:2015-10, VDE-Schriftenreihe – Normen verständlich Band 13, 11., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2017, VDE Verlag.
Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.