Schaltanlagen
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Elektrotechnik
Sicherungsbehaftete Niederspannungs-Schaltgeräte für Energie-Management-Systeme
ep5/1999, 6 Seiten
1 Eigenschaften von Niederspannungs-Schaltanlagen Moderne Niederspannungs-Schaltanlagen für Energieverteilungen und Energie-Management-Systeme werden fast ausschließlich als Typgeprüfte Schaltgerätekombination (TSK) oder als Partiell Typgeprüfte Schaltgerätekombination nach IEC 439-1/ DIN EN 60439-1/VDE0660, T.500 gebaut und getestet. Durch eine industrielle Serienfertigung mit großer Wiederholgenauigkeit wird eine gleichbleibend gute Qualität bei hohem Sicherheitsniveau erzielt. Die darüber hinaus gehenden individuellen Zusatzanforderungen des Marktes für die unterschiedlichen Anwendungsfälle lassen sich dadurch optimal erfüllen. Die zusammengefaßten Bedingungen für Niederspannungs-Schaltanlagen enthält Tafel . Diese Anforderungen haben die Konstruktion der Niederspannungs-Schaltanlagen (Bild ) erheblich beeinflußt. Die Grenze zwischen der klassischen Niederspannungstechnik und der Automatisierungstechnik ist durch Einsatz von Leittechnik und Elektronik fließend geworden. 2 Moderne Niederspannungs-Schaltgeräte Die in Niederspannungs-Schaltanlagen eingesetzten Schaltgeräte wie Schütze, Leistungsschalter, Motorstarter, Lasttrenner und -schalter, Wandler, Koppelglieder u.ä. müssen den gestiegenen Anforderungen gerecht werden und ebenfalls die Voraussetzungen für Tafel erfüllen. Künftig können deshalb nur noch solche Geräte eingesetzt werden, die diese Entwicklung konsequent umgesetzt haben. Sicherungsbehaftete Schaltgeräte tragen dem veränderten Anforderungsprofil Rechnung. Im angemessenen Umfang kommen auch sicherungslose Geräte zur Anwendung. Trotz der gelegentlich geäußerten Euphorie [3] stehen weiterhin beide Ausführungen gleichberechtigt zur Verfügung. Ein repräsentatives Beispiel stellt die Schalter-Sicherungs-Leiste SASIL (Bild ) dar. Ihr Konzept beinhaltet alle Positionen der Tafel . Personenschutz Das dazu erforderliche hohe Schaltvermögen im Kurzschluß- und Überlastfall wird Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 5 422 Energieverteilung Sicherungsbehaftete Niederspannungs-Schaltgeräte für Energie-Management-Systeme A. Müller, W. Ringel, Eltville am Rhein Die Anforderungen an Niederspannungs-Schaltgeräte-Kombinationen ( 690 V) haben sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Höhere Nenn- und Kurzschlußströme, gestiegene Sicherheitsanforderungen [1], der Einzug der Kommunikationstechnik [2], die Realisierbarkeit von Energiemanagmentsystemen - etwa in der Gebäudetechnik - und nicht zuletzt der enorme Kostendruck übten ihren Einfluß aus. Im gleichen Zug veränderten sich natürlich auch die in den Verteilungen eingesetzten Schaltgeräte. Der Beitrag schildert die aktuelle Situation in diesem Bereich. Dipl.-Ing. (FH) Alexander Müller und Dipl.- Ing. (FH) Walter Ringel sind Produktmanager für Elektronik bzw. Niederspannungs-Schaltgeräte der JEAN MÜLLER Gmb H, Eltville am Rhein Autoren Niederspannungs-Schaltanlage mit Schalter-Sicherungs-Leiste und Energie-Management-System (Quelle: Fa. Bartec, JEAN MÜLLER) Tafel : Anforderungen an Niederspannungs-Schaltanlagen · Maximaler Personenschutz - hohe Kurzschlußfestigkeit - hohes Schaltvermögen der Einbaukomponenten - hohe Schutzart - bedienerunabhängiges Schalten der Einbaukomponenten · Hohe Verfügbarkeit - geringe Störanfälligkeit - innere Unterteilung in Funktionsräume zum Arbeiten unter Spannung und zum Erhöhen des Personenschutzes - zeitsparender Umbau bzw. Ausbau durch Einschub- oder Schubeinsatztechnik (Steckeinsatztechnik) · Geringer Platzbedarf - höhere Packungsdichte - kleinere Schalteräte · Einfache Projektierung - modularer Aufbau der Anlage und der Einbauten - Standardisierung der Anlage und der Einbauten · Einfache Montage - Einschub-/Schubeinsatztechnik der Einbaukomponenten - Einbau von vollbestückten Kombigeräten (Schalter mit Strommessung, Schaltstellungsanzeige etc.) · Verlustleistungsarmer Aufbau - Feldverteilschienen statt Kabelverdrahtung - direkter Spannungsabgriff der Einbaukomponenten an der Feldverteilschiene ohne Adapter - Aufstellung in Lastschwerpunkten außerhalb abgeschlossener elektrischer Betriebsstätten - verlustleistungsarme Einbaukomponenten · Kommunikationsfähigkeit - fernwirkende, busfähige Einbaukomponenten - Energiedatenerfassung - Einbau von Energie-Management-Systemen - integrierte Leittechnik durch die beidseitige Trennung vor und nach der Sicherung (Doppelunterbrechung) sowie durch das bedienerunabhängige Sprungschaltwerk erreicht. Die Leiste beherrscht Schaltleistungen bis 80kA in der Gebrauchskategorie AC-23 bei 690V. Zusätzlich ist Spannungsfreiheit beim Sicherungswechsel durch die Doppelunterbrechung garantiert. Verfügbarkeit Gegenwärtig dominiert der Trend zur Schubeinsatz- bzw. Steckeinsatztechnik. Die preislichen Vorteile der Einsatztechnik sind mit den technischen Vorteilen der Einschubtechnik kombiniert. Deshalb verfügt das Schalter-Sicherungs-System SASIL über diese Eigenschaft und kann daher unter Spannung in kürzester Zeit in vorbereiteten Schaltschränken montiert werden. Die Leistenführung garantiert den sicheren Kontakt des Gerätes mit der abgeschotteten Feldverteilschiene. Dies ist von besonderem Interesse, da immer mehr Niederspannungs-Schaltanlagen außerhalb abgeschlossener elektrischer Betriebsräume verbrauchernah in Fertigungsräumen aufgestellt sind. Modularer Aufbau Der Zwang nach wirtschaftlicher Projektierung, Fertigung und Montage von Niederspannungs-Schaltanlagen war der Motor für Neuentwicklungen bei Niederspannungs-Schaltgeräten. Daraus folgte der modulare Aufbau als Voraussetzung für die Kombinationsfähigkeit unterschiedlicher Geräte bzw. Baugrößen. Hierbei hat sich das Rastergrundmaß von 25mm durchgesetzt (Bild c). Kompaktgerät Der Wunsch nach höherer Packungsdichte und nach einer baulichen Einheit der Funktionen Schalten, Schützen, Steuern, Messen und Überwachen hat ebenfalls die Entwicklung der Schalter-Sicherungs-Leiste SASIL beeinflußt. In einem Gerät sind Lasttrennschalter mit Sicherung, Strommessung durch maximal 3 Stromwandler, Bimetall- oder Dreheisenmeßgeräte, Schaltstellungsanzeige und elektronische Sicherungsüberwachung vereint. Zudem sind bei SASIL nicht nur die Einschubkontakte zur Feldverteilschiene steckbar, sondern auch die gesamte Hilfs- und Steuerverdrahtung. Hierdurch entstand eine konsequente Trennung der Primärvon der Sekundärverdrahtung. Außerdem lassen sich nicht bestückte Reserveplätze vorverdrahten. Ein nachträglicher Einbau von Leisten in vorbereitete Niederspannungs-Schaltanlagen ist somit schnell realisierbar. Fernschaltung Einsparung beim Bedienungspersonal, dezentrale Aufstellung und Laststeuerung durch Energie-Management-Systeme sind Gründe für das motorbetriebene Schalten von Niederspannungs-Schaltgeräten. Erstmals steht dem Anwender mit SASIL-MOT ein sicherungsbehaftetes Niederspannungs-Schaltgerät mit einem fernbedienbarem Motor zum betriebsmäßigen Schalten zur Verfügung (Bild b). Ausgerüstet mit einer Elektronik-Einheit kann die Motorauslösung bei SASIL-MOT durch · ein externes DC24V-Signal · die eingebaute elektronische Sicherungsüberwachung zum 3poligen Abschalten · prozessgesteuert durch ein Energie-Management-System erfolgen. Die Vorort-Schaltung von Hand bleibt erhalten. Kommunikationsfähigkeit Diese Eigenschaft erreichen SASIL-Leisten durch Ausrüstung mit dem busfähigen Energiedatenerfassungsmodul EMDE. 3 Anforderungen an Energie-Management-Systeme Ausgehend von einer klaren Energieverbrauchsanalyse identifizieren Energie-Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 5 424 Energieverteilung Aufbau des Energie-Management-Systems EMS (Quelle: Fa. JEAN MÜLLER) Schalter-Sicherungs-Leisten SASIL a) Gr. 00 für Handbetrieb b) Gr. 1 mit Motorantrieb c) Produktmerkmale Einbauhöhen · DIN Größe 00/160 A 50 mm · DIN Größe 1/250 A 75 mm · DIN Größe 2/400 A 150 mm · DIN Größe 3/630 A 150 mm (Quelle: Fa. JEAN MÜLLER) Management-Systeme das Abwurfpotential. Die daraus folgende aktive Auseinandersetzung mit dem Leistungsverhalten der Verbraucher wird durch Einsparung von Energiekosten belohnt. Niederspannungsanlagen der geschilderten Art besitzen in solchen Systemen eine zentrale Bedeutung. Die eingesetzten Niederspannungs-Schaltgeräte werden außer zu Schalt- und Schutzzwecken gleichfalls für die Erfassung von energiebezogenen Meßgrößen genutzt. Der dabei anfallende Installationsaufwand für die entsprechende Meßtechnik soll jedoch zu keinem wesentlichen Mehraufwand an Montagezeit und Raumbedarf in der Gesamtanlage führen. Aus den gewonnenen Meßgrößen entsteht ein vollständiges Datenmodell der installierten Anlage, welches zu den unterschiedlichsten Auswertungszwecken genutzt werden kann (Tafel Eine verbesserte Transparenz des detaillierten Energieverbrauchs ist die Folge. Dokumentation und Interpretation von sich verändernden Lastanforderungen ermöglichen eine bessere Nutzung der Gesamtanlage. Stillstandzeiten werden minimiert oder verhindert. Fehler lassen sich durch vorverarbeitete Detailinformationen, welche auch fernabfragbar sein sollten, vom Servicepersonal schnell beheben. Risiken werden bereits im Vorfeld erkennbar. Die Dokumentation aller Betriebsdaten sollte durch die Möglichkeit einer Langzeitaufzeichnung unterstützt werden. Zur Analyse all dieser Informationen, müssen geeignete Softwarewerkzeuge verfügbar sein. Der Datenbestand muß aber ebenso leicht in bestehende Verarbeitungsketten intergrierbar sein. Eine möglichst offene Anbindung des Energiedaten-Erfassungssystems an bestehende und zukünftige Leitsysteme ermöglicht eine flexible Schnittstellenstruktur zu verschiedenen Feldbussystemen und -konzepten. 4 Das Energie-Management-System EMS EMS (Bild ) erfüllt die Ziele gemäß Abschnitt 3. Die Messung von allen relevanten Größen des Verbrauchers an seinem zuständigen Niederspannungs-Schaltgerät wird durch die Integration des intelligenten Messwertaufnehmers „EMDE“ in der Schalt- und Sicherungsleiste realisiert. Dies reduziert den Installationsaufwand bezüglich der Messtechnik auf die Verdrahtung eines 2-drahtigen Feldbuskabels. Das Einbeziehen von weiteren Verteilungen ist durch die Verwendung eines externen Meßmoduls in Hutschienenmontage möglich. Die Meßelektronik nutzt modernste Signalprozessortechnik. Sie ist deshalb auf nahezu alle Meßaufgaben vorbereitet. Künftige Entwicklungen und Anforderungen lassen sich berücksichtigen. Bestehende Anlagen werden durch einfachen Softwareupdate der eingebauten Geräte qualifiziert. Die Investition wird auf diese Weise langfristig geschützt. Kern des Energie-Management-Systems ist der Datenkonzentrator „EMS“ (Tafel ).Er verwaltet bis zu 60 Meßwertaufnehmer „EMDE“. Die Geräte verbindet der störsichere Feldbus „Fuse Net“. Am Energie-Management-System können alle Meßdaten über ein eingebautes LCD-Display Vorort eingesehen werden. Wegen der integrierten Tastatur ist der autarke Betrieb Vorort möglich. Zum kontinuierlichen, selektiven Aufzeichnen der Daten dient eine handelsübliche Flash PC-Card. Das System verfügt über einen entsprechenden PCMCIA Karten-Slot. Das maßgeschneiderte Statistikprogramm „EMSStat“, welches für die Betriebssysteme Windows 95/98 bzw. NT 4.0 verfügbar ist, übernimmt die Auswertung der Daten. Grafische Aufbereitung und Analyse der Meßdaten und Ereignisse erfolgen „Offline“. Ihre Weiterverarbeitung mit Standard-Anwenderprogrammen wie MS-Excel o.ä. ist möglich. Die modulare Schnittstellenstruktur mit verschiedenen Interfacekomponenten erlaubt in Verbindung mit offengelegten Protokollen, das EMS an andere Feldbus- bzw. Leit- und Visualisierungs-Systeme anzuschalten. Für die Visualisierung der Meßdaten von Niederspannungs-Verteilungen steht die Software „Jean Vis“ (Bild ) bereit. Alle Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 5 426 Energieverteilung Tafel Ergebnisse der Auswertung energiebezogener Meßgrößen · Detaillierte Aufschlüsselung der Energieflüsse (Arbeitszählungen) · Energieverbrauchsprofile nach Zeit und Betrag · Visualisieren der Auslastungssituation · Erstellen von Auslastungsstatistiken · Schnelle Störfallanalyse · Hilfestellung bei Dimensionierungsänderungen und Erweiterungen · Grenzwertüberwachungen · Störmeldungsprotokoll · Ereignisprotokoll · Lastabwurfstrategien · Netzanalyse Tafel : EMS - technische Daten · I/O-Karte mit 8 Eingängen und 8 Ausgängen, Status- bzw. Störmeldungen (z.B. Sicherungsausfall, Tarifsignal) · Feldbusschnittstellen z.B. Profibus-DP, FMS · Schnittstellenprotokolle z.B. 3964R für SPS-Kopplungen · Serviceschnittstelle · PC-Card Steckplatz zur Langzeitdaten-Aufzeichnung · Anzeigen im Display: Strom, Spannung, Leistungsfaktor, Schein-, Wirk- und Blindleistung, Stromflußrichtung, Wirk-und Blindarbeitszählung nach Tarifstatus, Arbeitszählung nach Zu- und Abgang getrennt, Schaltzustände, Sicherungsstatus, min./max. Speicher für Strom/Spannung, prozentuale Belastung von Sicherung und Niederspannungs-Verteilung, Mittelwerte, Gruppensummierungen, Ereignissprotokolle · Vorgaben: Benennung der Abgänge, Gruppenkonfiguration, Feldkonfiguration, Nennstrom, Grenzwertvorgaben für Strom/Spannung, Aufzeichnungsintervalle, Auswahl der Aufzeichnungsdaten für Flash PC-Card Visualisierungssystem Jean Vis (Quelle: Fa. JEAN MÜLLER) Ist-Daten von bis zu 8 EMS-Systemen können als Kurven, Tabellen und Symbole dargestellt werden. Damit erstreckt sich der Erfassungsbereich auf maximal 480 Meßwertaufnehmer „EMDE“ bzw. 480 Niederspannungs-Schaltgeräte. Da „Jean-Vis“ als Server-/Client-Konzept aufgebaut ist, können mehrere Beobachtungsstationen gleichzeitig, sogar über ISDN- Verbindungen, auf die Meßdaten zugreifen. Außerdem wird die Koexistenz zu bestehenden Visualisierungen erreicht. Weil „Jean Vis“ das weit verbreitete Netzwerkprotokoll TCP/IP verwendet, läßt es sich leicht in größere Konfigurationen integrieren. 5 Praktische Betriebs-/Einsatzerfahrungen Die Schalter-Sicherungs-Leiste SASIL wird seit einigen Jahren zusammen mit dem System EMS mit Erfolg in Niederspannungs-Schaltanlagen der Gebäude-, Kraftwerkstechnik sowie in der Industrie eingesetzt. Die Anzahl der Einheiten schwankt zwischen 10 und 2500 Leisten. Zur Anwendung kommen sie vor allem dann, wenn es gilt, die Forderung nach höchster Prozeßsicherheit, z.B. in der chemischen Industrie, in Krankenhäusern, in Klärwerksbetrieben, zu erfüllen. Beispiele hierfür sind die Uni-Klinik Heidelberg, das Hauptklärwerk Mühlhausen und das Max-Planck-Institut Göttingen. Mit dieser Technik bieten sich auch für Elektroinstallationsbetriebe Chancen, sich an Wartung und Betriebsführung der Anlagen zu beteiligen. Literatur: [1] Gaitzsch, C., Naumann, C.: Realisierung der Versorgungssicherheit in Krankenhäusern. Elektropraktiker, Berlin 53(1999)3, S. 212 - 216 [2] Hansemann, T.S.: Die Zukunft der Niederspannungs-Leittechnik. Elektropraktiker, Berlin 53(1999)4, S. 292 - 294 [3] Voß, G.: NS-Schaltanlagen: Die Zukunft gehört der sicherungslosen Technik. etz 118(1998)3-4, S. 48 - 50 Energieverteilung
Autoren
- A. Müller
- W. Ringel
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