Fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassung - Baustellen-Koordinator in der Verantwortung
ep3/2005, 1 Seite
Für die Zukunft gerüstet In Augsburg unterzeichneten Dr. Eike Steinhäuser, Vorstandsvorsitzender Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE), und Harry Gutschmidt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft (TBBG), am 12.01.2005 den Kooperationsvertrag der BGFE in Köln und der TBBG in Augsburg. In diesem Jahr werden die Geschäftsprozesse der Berufsgenossenschaften synchronisiert. Am 1. Januar 2006 schließen sich die Verwaltungen zusammen. Frühestens ab 2008 ist die Fusion zu einer BG geplant. Ziel der Vereinigung ist es, die Unfallverhütung weiter zu optimieren, die Effizienz der Verwaltung zu steigern und die Kosten langfristig zu senken. Diie Umstellung geht nicht zu Lasten der Belegschaft: Betriebsbedingte Kündigungen der insgesamt rund 1200 Beschäftigten sind an allen Standorten ausdrücklich ausgeschlossen; die Reduzierung der Personalkosten wird sozial verträglich erreicht. Fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassung Baustellen-Koordinator in der Verantwortung Wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 Strafgesetzbuch wurde ein Baustellen-Koordinator vom Amtsgericht (AG) Obernburg zu einer Geldstrafe von 2800 Euro rechtskräftig verurteilt. Der Beschuldigte war als Angestellter einer Architektengruppe, die den Auftrag zur Planung und Erstellung eines Parkhauses hatte, im Rahmen dieser Arbeiten an der Baustelle als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator verpflichtet. Es gehörte zu seinen Aufgaben, einen Sicherheits-und Gesundheitsschutzplan zu erstellen und die Arbeitsschutzmaßnahmen der einzelnen Unternehmer aufeinander abzustimmen. Außerdem hatte er den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan den Bauvorschriften anzupassen und fortzuschreiben. Aus diesem Plan mussten die gemäß §§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 3 Baustellenverordnung anzuwendenden Schutzmaßnahmen konkret ersichtlich sein. Absturzsicherung fehlte Ein Arbeitnehmer führte auf der oberen Ebene des zu errichtenden Parkhauses Bewehrungsarbeiten in unmittelbarer Nähe der Auffahrt der darunter liegenden Ebene aus. Bei den Eisenflechtarbeiten verlor er das Gleichgewicht, stürzte durch eine ungesicherte Deckenöffnung auf das 2,70 m tiefer liegende Parkdeck und zog sich einen Schädelbasisbruch sowie Brüche des Brust- und Halswirbels zu. Er war mehrere Monate arbeitsunfähig. Nach den Feststellungen des Gerichts hätte der Unfall durch Absturzsicherungen vermieden werden können. Es warf dem Beschuldigten vor, als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen vor Arbeitsbeginn nicht konkret mit den ausführenden Firmen festgelegt und abgestimmt zu haben. Außerdem hätte er erkennen können, dass die Arbeiten ohne Absturzsicherungen durchgeführt wurden und hätte Abhilfemaßnahmen einleiten müssen. Weiterhin hätte ihm klar sein müssen, dass das Unterlassen dieser Abhilfemaßnahmen einen Arbeitsunfall nach sich ziehen konnte. Der Unfall hatte - für den Beschuldigten vorhersehbar und vermeidbar - zur Folge, dass sich der Arbeiter lebensgefährlich verletzte. Darin sah das AG Obernburg ein strafwürdiges Verhalten und verurteilte ihn zu einer fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen. Neue Internetseite Die BG'en haben neben der Verhütung von Arbeits- und Wegeunfällen das Ziel, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhindern. Aus diesem Grund hat sich eine Gruppe von Mitarbeitern mit dem Thema „Ergonomie bei Bauarbeiten“ beschäftigt. Die Arbeitsergebnisse dieser Arbeitsgruppe sind nun auf einer eigenen Internetseite unter www.ergonomiebau.de abrufbar. Versicherungsschutz auf Geschäftsreisen Der Aufenthalt in einem Hotel oder Privatquartier aus Anlass einer Geschäftsreise ist nicht rund um die Uhr versichert. Die gesetzliche Unfallversicherung erkennt einen Unfall nur dann als Arbeitsunfall an, wenn die versicherte Person ihn infolge einer versicherten Tätigkeit erleidet. Ob dies zutrifft, ist bei Dienst- oder Geschäftsreisen nicht immer ganz einfach zu entscheiden. Unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen die Wege, die ein Arbeitnehmer im direkten Auftrag des Arbeitgebers oder im Interesse des Unternehmens unternimmt (Betriebswege). Hierzu zählen z. B. die Wege über das Werksgelände vom Arbeitsplatz zum Ersatzteillager und zurück, aber auch von einem Betriebsteil zum andern oder dienstliche Reisen ins Ausland. Betriebswege werden gewöhnlich dann als Dienst- oder Geschäftsreisen bezeichnet, wenn sich ein Versicherter im Auftrag des Unternehmens für längere Zeit von der Betriebsstätte seines Beschäftigungsunternehmens entfernt. Die gesetzliche Unfallversicherung kennt jedoch eine solche Unterscheidung nicht. Entscheidend für eine Anerkennung ist, ob sich die Person zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem Weg befand, der im betrieblichen Interesse stand. Aus dem Unfallgeschehen Stromschlag an einer Peitschenlaterne Arbeitsauftrag. Zwei Monteure eines Energieversorgers sollten die defekten Leuchtmittel an den Peitschenlaternen eines Straßenzuges auswechseln. Zum Erreichen der Leuchten wurde eine Hubarbeitsbühne eingesetzt, die über eine Isolation bis 1000 V verfügte. Um die defekten Lampen zu lokalisieren, wurde die Straßenbeleuchtung eingeschaltet. Trotz Betriebsanweisung, dass das Wechseln der Lampen im freigeschalteten Zustand erfolgen soll, blieb die Straßenbeleuchtung eingeschaltet. Unfallhergang. Während der Arbeitsverantwortliche am Fahrzeug blieb, fuhr sich der Kollege mit dem Arbeitskorb hoch zu den Leuchten in etwa 7,5 m Höhe. An einer Leuchte mit defekter Lampe entfernte er zunächst die transparente Makrolon-Schutzhaube. Nach dem Austausch einer Lampe, wollte er die zweite defekte wechseln. Die Lampenfassung klemmte fest. So versuchte der Monteur, mit beiden Händen die Röhrenlampe auszubauen. Er umgriff mit der rechten Hand die Leuchtstoffröhre und berührte dabei mit dem Handrücken die metallische Reflektorplatte. Mit der linken Hand versuchte er, die fest sitzende Fassung durch Dreh-und Zugbewegungen frei zu bekommen. Dabei geriet er mit dem Zeigefinger an eine der beiden noch unter Spannung stehenden Anschlusskontakte. Es kam zu einer kurzzeitigen Körperdurchströmung von der linken über die rechte Hand zur geerdeten Reflektorplatte. Der Monteur erschrak, ließ die Lampe los und fiel auf den Boden des Arbeitskorbs. Dabei zog er sich Prellungen im Schulterbereich zu. Das bemerkte der Kollege am Boden, worauf er sofort die Peitschenlampe freischaltete. Unfallanalyse. Unter Missachtung der betrieblichen Regelung versuchten die Monteure die defekten Leuchtmittel unter Spannung zu wechseln. Dabei vertrauten die Monteure sicher auf die Isolation der Hubarbeitsbühne. Jedoch stellt diese keinen Schutz gegen eine zweipolige Berührung dar. Grundsätzlich schreibt die VDE 0105-100, Abschn. 7.4.2 vor, dass Leuchtmittel nur im freigeschalteten Zustand gewechselt werden dürfen. Für die obigen Leuchtstoffröhren mit einer Leistung von 40 W wäre auch ein Austausch unter Spannung zulässig gewesen. Dass dies aber nicht immer ungefährlich ist, zeigt der obige Unfall. J. Jühling Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 3 181 BETRIEBSFÜHRUNG ARBEITSSICHERHEIT Kooperation mit der BG In Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE), Köln, informiert der ep auf dieser Seite über aktuelle Themen der Arbeitssicherheit. Geöffneter Leuchtenkörper, an dem der Verunfallte den Stromschlag erlitt
Autor
- J. Jühling
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