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Prof. Michael Sterner lehrt an der OTH Regensburg, ist Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung sowie Vorsitzender des VDI-Zukunftsdialogs Wasserstoff. Bild: Florian Hammerich
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Wasserstoff

Warum der Wasserstoffhochlauf ins Stocken gerät

03.07.2025

Deutschland hat sich ambitionierte Ziele beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft gesetzt. Doch allen politischen Bekenntnissen zum Trotz hakt es an vielen Stellen. Warum es nicht am Geld, sondern an der Regulierung liegt, wo Chancen verspielt werden und was jetzt dringend passieren muss, erklärt Prof. Dr.-Ing. Michael Sterner, Professor an der OTH Regensburg, Mitglied des nationalen Wasserstoffrats und des VDI-Zukunftsdialogs Wasserstoff in einem Interview mit Frau Gudrun Huneke vom VDI.

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VDI: Warum ist Wasserstoff für den Industriestandort Deutschland so wichtig?

Michael Sterner: Ohne Wasserstoff und Power-to-X erreichen wir die Klimaziele nicht. Das ist technisch nicht möglich. Es gibt industrielle Prozesse wie in der Stahl-, Chemie- oder Glasindustrie, die sich nicht vollelektrifizieren lassen. Da braucht es Wasserstoff und PtX-Produkte, sowohl stofflich als auch energetisch. Genauso im Verkehr, hauptsächlich da, wo eine hohe Energiedichte nötig ist, also Flug- und Schiffsverkehr, aber auch für das Militär, die Arbeitsmaschinen und die Logistik, insbesondere Schwerlastmobilität. Hier gibt es zwar elektrische Alternativen, allerdings bislang ohne die entsprechende Infrastruktur. Zudem können wir mit Wasserstoff und Power-to-Gas die Dunkelflaute – also Zeiträume ohne ausreichenden Wind- und Solarstrom – überbrücken. Pumpspeicher oder Batterien reichen dafür nicht aus.

VDI: Was braucht es, um beim Hochlauf endlich voranzukommen?

Michael Sterner: Es fehlt nicht am Geld, sondern an der Entschlossenheit und einer durchdachten Regulierung. Politisch fehlt der Fokus. Wir rüsten uns stattdessen gegen unwahrscheinliche Risiken wie einen russischen Angriff, investieren aber nicht angemessen in den Klimaschutz. Es mangelt schlicht an Prioritäten und Entschlossenheit. Dabei ist es eine Tatsache, dass uns der Klimawandel Milliarden kostet.

VDI: Wo sehen Sie konkret die größten Bremsen für den Hochlauf?

Michael Sterner: Die Regulatorik ist aktuell das größte Problem. Die Ministerien haben über die EU die Anforderungen für grünen Wasserstoff und seine Produkte so hoch gesetzt, dass die Produktion schlicht nicht wirtschaftlich ist. Zudem gibt es zu viele unterschiedliche Interessen, etwa von Teilen der Mineralölwirtschaft oder innerhalb von Ministerien, schließlich geht es um bedeutende Marktanteile der zukünftigen Energieversorgung – entsprechend hoch ist das wirtschaftliche Interesse. Ein Beispiel: In Raffinerien wird heute noch fossiler grauer Wasserstoff aus Erdgas genutzt, was etwa 5 % der Energie in Benzin und Diesel ausmacht. Diesen fossilen Wasserstoff könnte man relativ einfach durch grünen Wasserstoff ersetzen. Viele Raffinerien standen schon bereit, entsprechende Elektrolyseprojekte umzusetzen.


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