Aus dem Facharchiv: Lernen & Können
Typische Fehler in der Elektroinstallation
Richtlinien zur Schadenverhütung besagen, dass Leitungsanlagen so geplant, ausgewählt, errichtet und betrieben werden müssen, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Angelehnt an das Web-Lernmodul „Kabel und Leitungen“ [1] des GDV werden mögliche Schadenursachen sowie entsprechende Schutzmaßnahmen im Beitrag näher erläutert.
Elektrische Leitungen verbinden Stromquelle mit Verbraucher und bestimmen im Wesentlichen die tägliche Arbeit von Elektrofachkräften.
Schadenursachen
Häufige Schadenursachen bei der Installation von Kabeln und Leitungen sind nach VdS 2025: 2008-01 [2] u. a.
- unsachgemäße Verlegung und/oder unzureichende Sicherheitsabstände zu äußeren Wärmequellen,
- fehlerhafte und/oder verschmutzte elektrische Verbindungen,
- betriebliche Überlastung,
- widerstandsbehaftete Kurzschlüsse und Lichtbogenkurzschlüsse, z. B. infolge von Isolationsfehler,
- Beschädigungen der Leitungsanlagen durch äußere thermische, mechanische und chemische Einflüsse, wie z. B. Wärmestrahlung, Hitze oder Kälte, zu kleine Biegeradien oder scharfkantige Unterlagen, UV-Strahlung, Chemikalien sowie andere aggressive Medien,
- Entzündung der Kabel- und Leitungsisolierung durch äußere thermische Einflüsse wie z. B. Schweißen oder sonstige feuergefährliche Arbeiten,
- unzureichende Wärmeableitung, z. B. infolge von Leitungshäufungen und/oder Schmutzablagerungen sowie Verlegung in Wärme dämmenden Materialien,
- Beschädigungen durch Tiere,
- fehlende oder unzureichende Kabelabschottungen,
- Reduzierung des Isolationsvermögens durch Alterung.
Um solche Schäden zu vermeiden, sind entsprechende Maßnahmen bei der Planung und Installation zu berücksichtigen und einzuhalten.
Planung und Auswahl
Umgebungsbedingungen
Leitungen durchziehen Gebäude und Anlagen, wobei sie ganz unterschiedlichen Bedingungen ausgesetzt sein können, beispielsweise:
- UV-Strahlung bei Verlegung auf Wänden im Freien,
- erhöhte Umgebungstemperaturen beim Durchqueren von Heißbereichen,
- Leitungsführung in gedämmten Hohlwänden,
- Leitungsführung in Bündeln auf Kabelpritschen,
- Leitungsführung unter Beton,
- Vibrationen an schwingenden Montageflächen,
- chemische Einflüsse in entsprechend belasteter Atmosphäre bei Produktionsprozessen.
Es können entlang ein und derselben Leitung ganz unterschiedliche Umgebungsbedingungen herrschen. Entscheidend dabei ist aber, dass die Leitung durch entsprechende Maßnahmen geschützt ist. Solch eine Maßnahme kann beispielsweise die Führung in schützenden Rohren oder Kabelsystemen sein (Bild 1).
Kriechströme
Die genannten Umgebungsbedingungen können großen Einfluss auf die Isolationseigenschaften des Betriebsmittels haben. Egal ob eine mechanische Beschädigung der Isolierung z. B. durch Tierfraß vorliegt oder die Isolierung aufgrund thermischer oder chemischer Belastungen spröde geworden ist, kann es zur Ausbildung von sogenannten Kriechströmen kommen. Das sind Leckströme, die an der Oberfläche des Isolierstoffes entlangfließen. Durch Feuchtigkeit und Schmutz bilden sich entlang der Fehlerstellen leitfähige Belege, die zum Abschalten von Anlagen bzw. zur Entzündung von brennbaren Stoffen führen können.
Bauart und Querschnitt
Um die Funktion der Kabel und Leitungsanlage über die vorgesehene Lebensdauer zu erhalten, müssen die Bauarten und Leiterquerschnitte entsprechend ausgewählt werden. Weitere Informationen zur Auswahl des Querschnitts von Kabeln und Leitungen finden sich in einem separaten Beitrag zur Stromkreisabsicherung.
Vorschriftsmäßige Montage
Isolation
Neben dem Einfluss der Umgebungsbedingungen findet oft eine Beschädigung der Isolierung von Leitungen bei deren Installation statt, z. B. wenn diese über scharfe Kanten und über Ecken bewegt oder unter hohem Kraftaufwand gezogen werden (Bild 2).
Biegeradien
Nicht zu unterschätzen sind enge Biegeradien, bei denen Material am äußeren Radius gestreckt und am inneren gestaucht wird. Dies wirkt sich in jedem Fall negativ auf die elektrische Isolation aus. Um hier fachgerecht arbeiten zu können, müssen bei der Verkabelung die entsprechenden Biegeradien berechnet werden (Bild 3). Dabei handelt es sich um die geringste Krümmung, die ein Kabel bei der Verlegung einnehmen darf, ohne dass sich die Kabeleigenschaften ändern. Er ist abhängig vom Kabeldurchmesser. Generell ist auch hier auf die Herstellerangaben zu achten.
Die Biegeradien werden allgemein nach Abschnitt 522.8.1.2 der DIN VDE 0100-520 ermittelt.
Kabel. Einadrige Kabel haben einen Biegeradius des 15-fachen Kabeldurchmessers, wohingegen mehradrige Kabel den Biegeradius des 12-fachen Kabeldurchmessers einhalten müssen. Am Beispiel des Kabels NYY (DIN VDE 0276-603) 5 x 4 mm² mit einem Durchmesser D = 18 mm ergibt sich ein Biegeradius R = 18 mm · 12 = 220 mm.
Leitungen. Die Faktoren für Biegeradien von harmonisierten Leitungen finden sich in Tabelle 1. Für eine NYM-Leitung (DIN VDE 0250-204) 3 x 1,5 mm² mit einem Leitungsdurchmesser D = 9,9 mm ergibt sich mit dem abgelesenen Faktor 5 aus Tabelle 1 ein Biegeradius R = 9,9 mm · 5 ≈ 50 mm.
Befestigung
Leitungen müssen mit dem richtigen Befestigungsmaterial montiert und mit passenden Abständen befestigt werden. Andernfalls sind schädigende mechanische Einwirkungen auf Leitungen nicht auszuschließen.
Befestigungsabstände. Die maximalen Abstände der einzelnen Befestigungspunkte werden nach Abschnitt 521.7 der DIN VDE 0100-520 ermittelt. Für Kabel gilt ein waagerechter Abstand zwischen Schellen des 20-fachen Kabeldurchmessers (maximal 80 cm) und ein senkrechter Abstand zwischen Schellen von maximal 1,5 m. Für Leitungen gelten die Abstände gemäß Tabelle 2.
Stabiles Tragsystem. Dies gilt insbesondere beim Bündeln mit schmalen, festgezurrten Kabelbindern oder beim Führen über Nägel. Beim Verlegen, vor allem beim Nachinstallieren von Leitungen auf vorhandene Kabelpritschen ist auf die mechanische Stabilität und ausreichende Befestigung der Traghilfen zu achten. Ist die Stabilität nicht gegeben und Leitungen rutschen ab, können auch gefährliche Zugkräfte auf elektrische Kontaktstellen entstehen (Bild 4).
Anforderungen an den Brandschutz
Brandabschnitt. Leitungen durchqueren Gebäude und werden durch raumabschließende Bauteile wie Wände, Decken, Dächer oder Böden geführt. Dabei darf die Feuerwiderstandsdauer dieser Bauteile nicht gemindert werden. Deswegen müssen Öffnungen für die Leitungsdurchführung normgerecht verschlossen werden. Dadurch wird außerdem die Fortleitung von Brandrauch reduziert (DIN VDE 0100-520, Abschnitt 527).
Kennzeichnung des Schotts. Schottungen müssen am Montageort mit folgenden Daten gekennzeichnet werden:
- Bezeichnung des Schott,Feuerwiderstandsklasse,
- DIBt-Zulassungsnummer (DIBt – Deutsches Institut für Bautechnik),
- Errichter,
- Herstellungsjahr.
Beim Architekten oder Bauherren müssen Auskünfte zu raumabschließenden Bauteilen mit brandschutztechnischen Eigenschaften abgefragt werden, um zu wissen, wo ein brandschutztechnischer Abschluss zu installieren ist. Den Bauherren ist eine Übereinstimmungserklärung auszuhändigen. Darin gibt der Errichter des Schotts an, dass die Montage des Schotts in Übereinstimmung mit den Herstellerangaben sowie dem zugehörigen Prüfzeugnis ausgeführt wurde. Entsprechende Formulare werden von den Herstellern angeboten.
MLAR. Bei Leitungsverlegung in Flucht- und Rettungswegen sind Anforderungen der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinien (MLAR) verbindlich, die ggfs. mit Abweichungen in den Bundesländern als LAR gefordert wird.
Trennabstände
Näherung zur Blitzschutzanlage
Unter brandschutztechnischen Aspekten sind vor allem Kreuzungen und Näherungen von Leitungen mit dem äußeren Blitzschutzsystem von Belang. Werden die mit Hilfe der Blitzschutznorm ermittelten Näherungen und Abstände nicht eingehalten, kann es zu brandgefährlichen Überschlägen des Blitzstroms kommen. Bei Gebäuden bis zu einer Höhe von zehn Metern reichen häufig Sicherheitsabstände von 0,5 Metern aus. Bei Einhaltung eines Trennungsabstandes von mindestens einem Meter sind Überschläge nicht zu erwarten (Bild 5).
Abstand zur Informationstechnik
Zusätzlich muss beachtet werden, dass auch durch Schalthandlungen und Frequenzumrichter hohe Ströme mit energiereichen Impulsen auf Leitungen entstehen. Aus diesem Grund sollten Leitungen der Informationstechnik sowie Steuer- und Signalstromkreise von diesen Energieleitungen geschützt verlegt werden, z. B. durch entsprechenden Abstand, mit einem Trennsteg oder in einem separaten Kanal.
Autor: Manuela Heberer
Der Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.
Literatur
[1] Web-Lernmodul des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft „Kabel und Leitungen“. http://vds-industrial.de/filead-min/lernmodule/elektroachkraefte/ls2/
[2]Richtlinie Schadenverhütung – Elektrische Leitungsanlagen. http://vds-industrial.de/fileadmin/lernmodule/elektroachkraefte/ls2/p