Aus dem Facharchiv: Leseranfrage
Schutzmaßnahmen bei Experimenten
Was ist bei einem Experimentieraufbau mit zwei RCDs zu beachten? Kann der RCD (Typ B) für den Zeitraum der Prüfung überbrückt werden?
Frage:
Laut DIN VDE 0100-723 müssen in Unterrichtsräumen/Ausbildungsstätten RCDs vom Typ B mit einem Bemessungsdifferenzstrom von kleiner 30 mA eingebaut werden. Dies kann ich auch für die größte Zeit einhalten. Bei der Durchführung der Abschlussprüfung Teil 1 bzw. Teil 2 für Elektroniker stehe ich vor dem Problem, dass während der Prüfung eine Schaltung erstellt werden muss, in der ein RCD mit 30 mA verbaut ist. Beim Prüfen der gebauten Anlage kommt es dann vor, dass aufgrund dessen zwei RCDs mit 30 mA in Reihe verbaut sind und mal der eine, mal der andere auslöst. Gibt es dafür eine Lösung, damit dies nicht passiert? Die Rücksprache mit diversen Herstellern brachte keinen Erfolg! Oder darf man für den Zeitraum der Prüfung den RCD Typ B überbrücken?
Antwort:
Tatsächlich wird in DIN VDE 0100-723 (VDE 0100-723) [1], Abschnitt 723.412.5.3 folgendes gefordert: „Wenn zur Versorgung von Experimentiereinrichtungen ein TN- oder TT-System zur Anwendung kommt, müssen in diesen Stromkreisen eine oder mehrere Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom I∆N < 30 mA vorgesehen werden. Diese Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) müssen vom Typ B [...] sein.“
Bei einem IT-System ist dagegen lediglich gefordert, dass die vorhandene Isolationsüberwachungseinrichtung (IMD) den betroffenen Stromkreis bereits beim ersten Fehler vom Netz trennt.
Jeder, der schon einmal mit Experimentiereinrichtungen im Elektrobereich zu tun hatte, weiß, dass es Versuche bzw. Experimente gibt, bei denen die Überwachung durch eine RCD hinderlich sein kann. Bei Messung des Schleifenwiderstands beispielsweise würde die RCD ständig auslösen. In solchen Fällen bietet die DIN VDE 0100-723 (VDE 0100-723) [1] im Abschnitt 723.413.1.1.1 eine Alternative an: „Wenn für die Art der Versuche, z. B. Schleifenwiderstandsmessung, eine Stromversorgung ohne Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) notwendig ist, dann muss dieser Stromkreis so ausgeführt sein, dass das Zuschalten der Stromversorgung nur über eine Trenneinrichtung möglich ist, die gegen unbefugtes Einschalten gesichert werden kann.“
Mit anderen Worten: Von der Vorgabe nach Abschnitt 723.412.5.3 in DIN VDE 0100-723 (VDE 0100-723) [1] kann abgewichen werden, wenn alternativ sichergestellt wird, dass eine verantwortliche (also eine entsprechend befugte) Person für den Zeitraum des Experiments bzw. der Messung oder Prüfung die Situation überwacht und anschließend den „Normalzustand“ im Sinne der Norm wiederherstellt. Solche Personen werden z. B. in den Abschnitten 4.1 und 4.2 von DIN VDE 0105-112 (VDE 0105-112) [2] beschrieben. In DIN VDE 0105-112 (VDE 0105-112) [2], Abschnitt 5.3.3 heißt es wörtlich: „Beim Experimentieren mit gefährlicher Spannung muss die Lehrkraft oder der Ausbilder anwesend sein. Kann diese Person ein umfangreiches Experiment nicht allein beaufsichtigen, sind weitere aufsichtführende Personen hinzuzuziehen.“
Natürlich geht es im letztgenannten Abschnitt zunächst um Versuche und Experimente, die von Studenten oder Auszubildenden ausgeführt werden und die eine Gefahr beinhalten, dass Teile, die eine gefährliche Spannung führen, berührt werden könnten. Aber im übertragenen Sinn gilt das natürlich auch für einen Versuch (bzw. eine Messung), bei dem einfach nur eine vorgesehene Schutzmaßnahme zeitweise außer Funktion gesetzt werden muss. Es wäre also möglich, einen Schalter vorzusehen, der den Anforderungen nach DIN VDE 0100-723 (VDE 0100-723) [1], Abschnitt 723.413.1.1.1 entspricht und der nur vom Verantwortlichen für die Prüfung betätigt werden darf. Dieser Schalter würde eine Überbrückung der RCD, Typ B hervorrufen. Eine Überbrückung der RCD, Typ B über einen frei zugänglichen Schalter wäre sicherheitstechnisch auf gar keinen Fall zu empfehlen, weil eine solche Überbrückung ohne Sicherstellung, dass unbefugte Personen ihn nicht bedienen können, eine Gefährdung verursachen kann, die nicht bemerkt wird. Bei einem Unfall wäre die Rechtslage äußerst problematisch.