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Elektromobilität

Autonomes Fahren: Fernsteuerung im Notfall

Künstliche Intelligenz im Zusammenspiel mit menschlicher Intelligenz

05.09.2017

Das autonome Fahren kommt, so viel steht für Politik und Wirtschaft fest. Doch wie kann in gefährlichen Situationen gehandelt werden? Können Verkehrswächter im Notfall eingreifen?

Rechtliche Gleichstellung zwischen Mensch und Computer

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für automatisiertes Fahren wurden 2017 bereits geschaffen. Anfang des Jahres waren die Verbraucherschützer alarmiert, denn damals traf Verkehrsminister Dobrindt (CSU) eine Vorentscheidung (ep berichtete) – ganz im Sinne Hersteller: Verantwortlich sei bei einem Unfall der Fahrer. Inzwischen besagt das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, dass sich die fahrende Person explizit vom Verkehrsgeschehen abwenden und die Steuerung an das System übergeben darf, wie Lars Klingbeil (SPD) in einem Interview mit heise.de erklärte. Der Fahrer muss jedoch stets wahrnehmungsbereit sein und die Steuerung übernehmen können, wenn ihm das System dies signalisiere. Der Gesetzesentwurf, dem CDU/CSU und SPD zustimmten, wurde von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke abgelehnt. Herbert Behrens (Die Linke) kritisierte, dass man Verkehrsteilnehmer zu Versuchskaninchen mache, denn der Autofahrer müsse selbst herausfinden, in welcher Situation das Auto übernommen werden muss und wann sich die Technik ausschalte. Es ginge nicht um eine moderne Verkehrspolitik, in der die Verkehrspolitik oberste Priorität hat, sondern um neue Geschäftsfelder der Automobilindustrie. Da die regierungsbildenden Parteien die Mehrheit stellen, verabschiedete der Bundestag am 30. März 2017 Regelungen zum Fahren von Autos mit hoch- und vollautomatisierter Fahrfunktion. Dobrindt wolle mit der Gesetzesänderung „eine rechtliche Gleichstellung zwischen dem menschlichen Fahrer und dem Computer als Fahrer“ schaffen. Am 24. September 2017 sind jedoch Bundestagswahlen. Dann könnten die Karten neu gemischt werden.

Hersteller mit Zukunftsvisionen

Die Zukunftsvisionen der Hersteller und Zulieferer kennen kaum Grenzen. So stellt Daimler auf der kommenden Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt einen Zweisitzer vor, in dem der Fahrer durch den Computer ersetzt wird: „Mit der Vision EQ Fortwo überträgt Smart die Daimler-Mobilitätsvision 2030+ auf die Stadt der Zukunft", sagte Smart-Chefin Annette Winkler gegenüber sueddeutsche.de. Das Valet Parking ist in vielen großen Städten bereits Standard. Daimler und Bosch arbeiten an einem weiteren Konzept – dem autonomen Valet Parking. Es soll Anfang 2018 in einem Pilotprojekt gestartet werden. Ist das intelligente Parkleitsystem erfolgreich, könnte es ein Jahr später in Serie gehen und weltweit für vollautomatische Autos zur Anwendung kommen. Per App können Kunden ein Fahrzeug reservieren, dass zur gebuchten Zeit am Übergabeplatz vorfährt. Die Rückgabe erfolgt auf die gleiche Weise. Der Wagen sucht sich in Schrittgeschwindigkeit selbstständig einen Parkplatz.

Im Notfall reagiert der Mensch

Systeme gibt es bereits vielerorts, die den Verkehr kontrollieren. Solche Verkehrswächter könnten künftig autonome Fahrzeuge übernehmen, wenn diese beispielsweise liegen bleiben. Automobilkonzerne und Technologiehersteller arbeiten an intelligenten Park- und Verkehrsleitsystemen sowie an Funkanlagen, die mit Ampeln gekoppelt sind. Nissan kündigte bereits an, seine autonomen Fahrzeuge mit einer Leitstelle verknüpfen zu wollen. Es würde aber auf Dauer wohl zu teuer werden, wenn jeder Hersteller seine Fahrzeuge mit einer eigenen Leitstelle verbindet. Ein zentrales System für teleoperierendes Fahren ist denkbar. Das Fraunhofer Institut stellte kürzlich ein Forschungsprojekt namens Inframix vor, bei dem verschiedene Szenarien untersucht werden. Konventionelle und autonome Fahrzeuge werden zum Beispiel gleichermaßen durch eine Fahrbahnverengung einer Baustelle gesteuert. Die EU fördert das Projekt bis 2020 mit 4,9 Millionen Euro. BMW, Siemens, Tom Tom sowie die österreichische Asfinag stocken das Projekt finanziell um den gleichen Betrag auf. So könnten Verkehrswächter in Leitstellen zukünftig Fahrzeuge übernehmen und durch gefährliche Situationen manövrieren. Flugzeuge fliegen per Autopilot. Züge werden automatisch gesteuert. Autonome Fahrzeuge werden mit unzähligen Sensoren ausgestattet, die jeder Verkehrssituation gerecht werden sollen. Doch ohne menschliche Überwachung und die Möglichkeit, notfalls einzugreifen, wird es auf absehbare Zeit auch beim autonomen Fahren nicht gehen. Verkehrswächter in zentralen Leitsystemen, die aus der Ferne auf die Fahrzeuge zugreifen, könnten dabei eine große Rolle spielen. 

Autor
Name: Antje Schubert