Blitz- und Überspannungsschutz
Aus dem Facharchiv: Elektropraxis
Kontrollierter Blitzeinschlag
30.06.2022
Für die Anwendung des Blitzkugelverfahrens stehen mittlerweile CAD-Tools zur Verfügung, mit deren Hilfe auch Fangeinrichtungen für komplexe bauliche Anlagen geplant werden können. Diese Programme bieten u. a. die Möglichkeit, Punkte vorzugeben, an denen Blitzeinschläge stattfinden sollen. Dadurch kann sich die Berechnung von Trennungsabständen vereinfachen. Darüber hinaus ist das CAD-gestützte Blitzkugelverfahren auch zur Gefahrenbereichsanalyse geeignet.
Historie
Zwischen 1745 und 1778 erfolgten die ersten Installationen von Blitzschutzanlagen. Sehr schnell wurde das Prinzip des Äußeren Blitzschutzes entwickelt, das aus Fangeinrichtungen, Ableitungen und Erdungsanlage bestand. Frühzeitig ergaben sich erste Erkenntnisse, die mit dem heutigen Blitzkugelverfahren vergleichbar sind (Bild 1). Man erkannte die Bedeutung der Entfernung zwischen Leitkopf des Blitzes und Einschlagstelle: „Hier ist auch bei steileren Dächern der Weg „a-b“ kleiner als „a-c“, es liegt daher auch hier die Gefahr nahe, dass die Trauf-kante als Einschlagstellen vor der Firstkante bevorzugt wird“ [2]. Mithilfe dieser Erkenntnis wurden Grundsätze ermittelt, die auch in der ABB-Richtlinie bis zur 8. Auflage [3] und in der DIN EN 62305-1 (VDE 0185-305) [4] gültig waren: „Vom Blitz bevorzugte Einschlagstellen sind erfahrungsgemäß:- Turm- und Giebelspitzen
- Firste und Grate
- Schornsteine, Dunstschlote und sonstige Dachaufbauten
- Die Giebelkanten von First zur Traufe
- Die Traufkanten bei flachen Dächern und freistehenden baulichen Anlagen“.
Blitzkugelverfahren
Obwohl das Blitzkugelverfahren schon lange wissenschaftlich anerkannt ist und u. a. von Hasse und Wiesinger 1977 detailliert beschrieben wurde [5], kam es in der DIN VDE 0185 [4] von 1982 nur zu einer geringen Beachtung. Erst mit der Veröffentlichung der Übergangsnorm DIN V VDE V 0185-3 [6] nahm die Bedeutung des Blitzkugelverfahrens zu. Endgültig setzte es sich dann ab 2006 mit der Veröffentlichung der DIN EN 62305-3 [7] durch und ist mittlerweile als universelle und physikalisch begründete Planungsmethode anerkannt. Bild 2 und Bild 3 zeigen das Prinzip, das in verständlicher Form in dem Fachbuch „Blitzschutzsysteme“ erklärt wird [8]. Die Akzeptanz und Anwendung des Verfahrens nahmen in dem Maße zu, wie sich die Anwendung moderner CAD-Programmen durchsetzte. War früher der Einsatz mechanischer Modelle notwendig (Bild 4), so ist derzeit die Nachbildung komplexer baulicher Strukturen mit Hilfe von 3-D-CAD-Programmen sowie die detaillierte Untersuchung unter Blitzschutzaspekten möglich (Bild 5).Das Blitzkugelverfahren in der Praxis
Mit Hilfe des Blitzkugelverfahrens lässt sich insbesondere herausfinden:- Wo kann der Blitz einschlagen?
- Welche Flächen sind gefährdet?
- Wo sind die Grenzen der Blitzschutzzonen 0A, OB oder 1?
Bilder
Bild 1 Blitzkugelverfahren stand 1899 (siehe [2], Fig. 56 mit Erläuterungen) (Quelle: Springer-Verlag)
Bild 6 Beispiel 3 Anordnung von Fangstangen nach dem Blitzkugelverfahren (Quelle: Fa. Wettingfeld, Krefeld)