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Aus dem Facharchiv: Elektropraxis
Energie – Erzeugung, Handel und Transport (11)
30.03.2023
Um die überholte Struktur der Energieversorgung dem Design eines zukunftsfähigen Energiemarkts anzupassen, änderte der Gesetzgeber zunächst das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG 1997) und erließ das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2000) sowie das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Mit der Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes durch Entflechtung der bisherigen Akteure entstand ein neues Rollenmodell, das den bisher vertikal integrierten Unternehmen geänderte oder auch neue Aufgaben zuweist.
Gesetzgebung zur Energiewirtschaft
Mit einer Änderung des in die Jahre gekommenen Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG 1935) reagierte der deutsche Gesetzgeber im Jahr 1997 auf Zustände, die schon lange einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft im Wege standen. Dem schlossen sich bald das EEG und das EEWärmeG an. Es folgten viele weitere Gesetze, die großenteils auf EU-Zielvorgaben für Klimaschutz und Energieverbrauch zurückgehen. Um allen mit der Energiewirtschaft befassten Institutionen und Fachleuten sowie der Öffentlichkeit einen schnellen Zugang zu ermöglichen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) eine Gesetzeskarte für das Energieversorgungssystem (Stand: März 2018) angefertigt [1]. Diese Aufstellung informiert kurz und prägnant über die wichtigsten Inhalte der einschlägigen Verordnungen und Richtlinien auf europäischer und nationaler Ebene. Alle Gesetzes- oder Verordnungstexte lassen sich durch Anklicken aufrufen. Die Gesetzeskarte wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Tagesaktualität, wie das BMWi anmerkt. Da die oben schon genannten Gesetze mit Bezug zum Energiehandel – EnWG, EEG und EEWärmeG – eine besondere Bedeutung haben, werden sie im folgenden Text kurz behandelt. Das heißt aber nicht, dass weitere Gesetze wie zum Beispiel das Stromsteuergesetz, das Energiesteuergesetz, die Gesetze zum Emissionshandel und andere keine Bedeutung hätten. Nicht zu vergessen sind zudem die zahlreichen EU-Richtlinien. Sie alle sind bequem über die genannte Gesetzeskarte des BMWi zu erreichen. Da die nationale Gesetzgebung stark von der europäischen Regelsetzung abhängt, schien es für diesen Beitrag angebracht, zunächst Begriffe der Rechtsakte, Empfehlungen und Stellungnahmen der EU darzulegen und zu erläutern (siehe Infokasten). Für die Beschäftigung mit der EU-Gesetzgebung für das Politikfeld Energie ist außerdem im Internet eine sehr hilfreiche Zusammenfassung zu finden [2].Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) – Liberalisierung des Marktes
Im Sommer 1997 formulierten Abgeordnete des Deutschen Bundestags einen Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Energiewirtschaft [3]. Sie wollten damit das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) aus dem Jahr 1935 erstmals grundsätzlich ändern. Sie ließen sich in ihrem Vorhaben von der Überzeugung leiten, so die Initiatoren, dass das Gesetz den gestiegenen Anforderungen an eine nachhaltige und zukunftsfähige Energiepolitik nicht mehr gerecht werde; dass Umweltaspekte unberücksichtigt blieben; dass das über 60 Jahre alte Gesetz eine Monopolstruktur festschrieb, in der wenige große Unternehmen die drei Bereiche Energieerzeugung, -übertragung und -versorgung weitgehend beherrschten; und dass sich die veraltete Energiewirtschaftsstruktur durch Verschwendung und Ineffizienz auszeichne. Im wettbewerbsfreien Raum, so die Abgeordneten weiter, hätten die Monopolunternehmen eine zentrale Kraftwerksstruktur auf Basis der klima- und umweltschädlichen fossilen Energieträger und der Atomkraft aufgebaut. Sie missbrauchten ihre Macht über das Stromnetz, indem sie die Einspeisung von Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse blockierten und damit eine umweltverträgliche, dezentrale Energieversorgung verhinderten, so weitere gravierende Vorwürfe der Abgeordneten. Das nationale Klimaschutzziel könne nicht erreicht werden, wenn die Energiewirtschaft nicht grundlegend neustrukturiert werde. Entscheidende Bedeutung im Ringen um ein neues EnWG kam schließlich der europäischen Elektrizitäts-Binnenmarktrichtlinie von 1996 [4] sowie der sich abzeichnenden Erdgas-Binnenmarktrichtlinie 1998 zu. Durch sie geriet jetzt auch das EU-Mitglied Deutschland unter Zugzwang. Am 24. April 1998 beschloss der Bundestag das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, das in Artikel 1 als Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG) bezeichnet wird. Seitdem ist das EnWG immer wieder überarbeitet worden, letztmalig am 8.8.2020 [5]. Eine besondere Bedeutung kommt dem § 1 EnWG zu: Ihm zufolge besteht der Zweck des Gesetzes darin, eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit sicherzustellen. Damit ist das sogenannte Zieldreieck der Energiewirtschaft formuliert. Es gilt seither als Leitlinie für alle Bereiche der Energieversorgung in Deutschland. Dabei sind die Ziele Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit wie folgt definiert:- Das Ziel Versorgungssicherheit steht für eine kontinuierliche und stabile Energieversorgung. Stromausfälle sollten möglichst nicht oder so selten wie möglich vorkommen und im Fall der Fälle so kurz wie möglich andauern.
- Das Ziel Wirtschaftlichkeit bedeutet, dass die Strombezugspreise so gering wie möglich sein sollten, sowohl für private Haushalte als auch für Industrie und Gewerbe. Insbesondere im industriellen Bereich erhöht ein niedriger Strompreis die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
- Das Ziel Umweltverträglichkeit fordert, die verfügbaren Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Das heißt unter anderem, bei der Stromerzeugung bevorzugt erneuerbare Energieträger zu verwenden. Auch sollten die eingesetzten Energieumwandlungsanlagen einen hohen Wirkungsgrad haben.