Fachmesse
Start-ups bringen das Energiesystem der Zukunft voran
Mit frischen und kreativen Ideen rund um die Digitalisierung des Stromsystems leisten Start-ups einen wichtigen Beitrag. Ihre Lösungen und Produkte präsentieren sie auf der EM-Power Europe, der internationalen Fachmesse für Energiemanagement und vernetzte Energielösungen.
Sonne und Wind gibt es zu Genüge, aber nicht stetig zu jeder Zeit. Damit sie unseren Bedarf an Strom, Wärme und Mobilität verlässlich decken, genügt es nicht, einfach mehr Solar- und Windparks zu bauen. Vielmehr ist es wichtig, den überschüssigen Strom zu speichern und die Energieflüsse räumlich und zeitlich zu steuern. Millionen von Stromproduzenten und Nutzern können zum Beispiel zum aktiven Teil des Energiesystems werden, indem sie ihre dezentrale Stromerzeuger und flexiblen Lasten und Speichersysteme einbringen. Sichere Mess- und Kommunikationstechnik ist für das Zusammenspiel dieses Schwarmsystems ebenso essenziell wie maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KI). Viele der neuen Ansätze stammen von Start-ups und jungen Unternehmen, die sie auf der EM-Power Europe 2023 präsentieren.
Entrix: Flexibilität von Großbatterien vermarkten
Im neuen Energiesystem wird die Flexibilität, also das gezielte Herausnehmen oder Einspeisen von Energiemengen in das System, zu einem eigenen Produkt. Die Flexibilität von Großbatterien bestmöglich zu vermarkten, ist Ziel des jungen Unternehmens Entrix aus München. Bisher dienen diese Batterien oft dazu, den Übertragungsnetzbetreibern Regelenergie zur Verfügung zu stellen – doch nicht immer ist das die lohnendste Variante. „Wir haben KI-basierte Algorithmen entwickelt, die die Flexibilität in Echtzeit handeln. Die Regelleistung ist dabei eine von mehreren Erlösmöglichkeiten. Batterien werden vermehrt zum Handel an der Strombörse genutzt. Die Kunst liegt dann darin, jeden Tag die bestmögliche Kombination der Erlöspfade zu finden", erklärt Gründer und Geschäftsführer Steffen Schülzchen.
decarbon1ze: mit Solarstrom heizen statt abregeln
Das Start-up decarbon1ze setzt darauf, Solar- und Windstrom, der wegen Netzengpässen abgeregelt wurde, als Wärme nutzbar zu machen. Im Jahr 2021 waren das in Deutschland rund 6 TWh. Gleichzeitig liefen die Gas- und Ölkessel. Bis diese durch eine Wärmepumpe oder ein umweltfreundliches Fernwärme-System ersetzt sind, wird es gerade in vielen Mehrfamilienhäusern in Großstädten noch lange dauern. „Wir reden allein in diesem Bereich über Millionen von Haushalten“, erklärt Knut Hechtfischer, CEO und Mitgründer von decarbon1ze. In den ohnehin vorhandenen
Warmwasser-Pufferspeichern dieser Heizungen will decarbon1ze die nachhaltige Energiequelle nutzen. Mit Elektroheizstäben und einfachen Steuerungen geht das schnell und preiswert – und spart sofort große Mengen CO2.
BeChained: Load Shifting im Pool vermarkten
Das junge spanische Unternehmen BeChained will vor allem die Flexibilität in Gewerbe- und Industrieunternehmen vermarkten. Ein digitaler Zwilling soll dabei helfen, die besten Hebel zu finden, um den Energieverbrauch zu senken, ohne die Produktionsabläufe zu stören. „Mit einem Return on Investment in weniger als einem Jahr passt BeChained automatisch Produktionspläne an, basierend auf einem Echtzeitdatenmanagement, das in keinem Fall die Produktionsprozesse beeinträchtigt“, sagt Firmengründer und CEO Stefano Melchior. Das kann zum Beispiel durch Lastverschiebungen oder veränderte Einstellungen an einzelnen Maschinen geschehen. BeChained plant außerdem, die Flexibilität aus seinem Kundenpool als Dienstleister lokal zu vermarkten, sobald die Regulatorik das erlaubt – als erstes in Spanien und Großbritannien, im nächsten Schritt auch in Deutschland und Finnland. Die Kunden profitieren so von geringeren Energiekosten und erhalten Zusatzeinnahmen aus der Vermarktung der Flexibilität.
EnExpert: wissen, wo der Strom wirklich hinfließt
Um die Energieflüsse in kleinen und mittleren Unternehmen zu erfassen, braucht es nicht nur ein Energiemanagement, sondern auch die passende Messtechnik. EnExpert aus Südtirol hat drahtlose Sensoren entwickelt, die ohne Eingriff in Strom- und Fluidleitungen sekundengenau Energie- und Stoffströme erfassen. Die intuitive Online-Plattform schafft Überblick und ermöglicht es, Energieverbräuche individuell zu reduzieren oder zu verschieben. „20 % Einsparung sind meistens direkt möglich, mit der Zeit optimieren wir gemeinsam mit den Kunden die Energieflüsse immer weiter“, sagt Julian Sommavilla, Co-Founder von EnExpert. Ein Bonus: Das von der Europäischen Union (EU) geforderte dreijährliche Energieaudit lässt sich mit den Daten von EnExpert weitgehend automatisch erstellen.