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Recht

Aus dem Facharchiv: Elektropraxis

Befähigung zu elektrotechnischen Arbeiten

09.03.2023

Grundsätzlich ist ein umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers gegeben. Dieses Weisungsrecht findet jedoch dort seine Grenzen, wo den Beschäftigten (Arbeits-)Leistungen abverlangt werden, die rechtswidrig sind. Den ep erreichte hierzu die Anfrage eines Lesers [1], die zeigt, dass sowohl eine nicht zu unterschätzende Anzahl Unternehmer/Arbeitgeber als auch Sicherheitsfachkräfte das Thema Elektrosicherheit und die damit verbundenen Anforderungen in ihrer Bedeutsamkeit noch nicht richtig bewerten.

In der besagten Leseranfrage [1] geht es darum, dass ein Meister des Elektrotechnikerhandwerks, der in seiner Gesellschaft als Ausbilder für Elektroniker mit der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik angestellt ist, nun auch Installationsaufgaben und Prüfungen durchführen soll. Der Leser ist nicht im Installateurverzeichnis eingetragen. Es gibt in seiner Gesellschaft keine verantwortliche Elektrofachkraft. Die Verantwortung für die Elektroanlagen ist nicht geregelt. Unser Leser ist sich unsicher, wie er sich gegenüber seiner Geschäftsführung verhalten soll.

Leider ist der Leser mit seiner Anfrage auf S. 739 [1] dieses Heftes nicht der Einzige in Deutschland, der in solche Konflikte gerät. Eine nicht zu unterschätzende Anzahl Unternehmer/Arbeitgeber und ihre Sicherheitsfachkräfte unterschätzen die Anforderungen, die sich aus dem Thema Elektrosicherheit ergeben. Aus diesem Umstand kommt es vermehrt zu Irritationen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, so wie auch in diesem besagten Fall.

Grundsätzliches

Zunächst gilt, dass die sich aus einer unzureichenden Regelung der innerbetrieblichen Sicherheit ergebenden Lücken und Schwächen als Organisationsverschulden dem Unternehmensinhaber/dem Arbeitgeber angelastet werden. Es gibt aber auch die Verpflichtung der Beschäftigten und hier insbesondere der Führungskräfte, auf gegebene sicherheitsrelevante Defizite, die als erhebliche unmittelbare Gefahr zu Schäden führen können, hinzuweisen. Siehe § 16 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) [2].

Prüfung ortsveränderlicher Geräte/Arbeitsmittel

Bezüglich dieses Themas hat der Arbeitgeber mehreren Regelwerken Rechnung zu Tragen. Es sind die Anforderungen der DGUV Vorschrift3 [3] und der BetrSichV (Betriebssicherheitsverordnung) [4] in Verbindung mit der TRBS 1203 [5]. In Kurzfassung bedeutet dies: Der Arbeitgeber benötigt eine Gefährdungsbeurteilung zur Prüffristenermittlung und zur Ermittlung der Qualifikationsanforderungen des einzusetzenden Prüfpersonals. Der Prüfer muss die Qualifikation einer „zur Prüfung befähigten Person“ nachweislich besitzen. Was darunter im Detail zu verstehen ist, steht in der TRBS 1203 [5]. Um den Status einer zur „zur Prüfung befähigten Person“ zu bekommen und zu halten, bedarf es einer regelmäßigen Weiterbildung. So regelt § 2 Abs. 5 der Betriebssicherheitsverordnung [4] nicht nur deckungsgleich zur TRBS 1203 [5], was Fachkunde bedeutet, sondern fordert unmissverständlich: „Die Fachkenntnisse sind durch Teilnahme an Schulungen auf aktuellem Stand zu halten.“ Die Fachkunde wird also durch die Ausbildung und das Anreichern der Kenntnisse durch das Sammeln der Berufserfahrung erworben und mittels steter Fortbildung gepflegt. Dadurch wird das Fachwissen auf dem Niveau des gegenwärtigen Zeitpunktes gehalten. Im Vorfeld ist jedoch auch klar und deutlich im Unternehmen zu regeln, wer die Gefährdungsbeurteilung zur Prüffristenermittlung bewerkstelligt. Auch hierzu wird eine Fachkundige Person, aus dem Bereich der Elektrotechnik, benötigt. Die sture Übernahme der Intervalle aus der Tabelle 1B der Durchführungsanweisung der DGUV Vorschrift 3 [3] ist keine Gefährdungsbeurteilung. Hierzu muss die Forderung aus der BetrSichV i. V. m. d. TRBS 1111 [6] Berücksichtigung finden.

Erforderliche Regelwerke

Prüfenden müssen vom Arbeitgeber auch die benötigten Regelwerke kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, um den anerkannten Regeln der Technik (z. B. VDE-Auswahlordner in einer aktuellen Fassung) und dem Stand der Technik (z. B. Fachzeitschrift) Rechnung zu tragen. Hierbei wird deutlich, was in § 3 des ArbSchG [2] gemeint ist, wenn es dort heißt, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Grundpflichten „für eine geeignete Organisation zu sorgen und die dafür erforderlichen Mittel bereitzustellen“ hat. Nur wenn aktuelle Regelwerke mit sofortigem Zugriff durch die Beschäftigten vorhanden und gleichermaßen verfügbar sind, kann der Arbeitgeber für sich und zu seinem Schutz beanspruchen, das ihm Mögliche getan zu haben, um die Sicherheit und den Arbeitsschutz zu gewährleisten. Unter Berücksichtigung des einschlägigen Regelwerks wird dabei vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber die ihm Rahmen der Gefährdungsbeurteilung getroffenen Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des Stands der Technik ausgewählt hat. Autoren: S. Euler, H. Hardt Literatur: [1] Euler, S.; Hardt, H.: Befähigung zu Elektroarbeiten, Leseranfrage, Elektropraktiker, Berlin 74 (2020) 10, S. 739–740. [2] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246); zuletzt geändert durch Art. 293 V v. 19. 6. 2020 I 1328. [3] DGUV Vorschrift 3 Unfallverhütungsvorschrift Elektrische Anlagen und Betriebsmittel vom 
1. April 1979 in der Fassung vom 1. Januar 1997. [4] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV) vom 3. Februar 2015 (BGBl. I S. 49); zuletzt geändert durch Art. 1 V v. 30. 4. 2019 I 554. [5] TRBS 1203 Technische Regeln für Betriebssicherheit – Zur Prüfung befähigte Personen; Ausgabe: März 2019 GMBl 2019 S. 262 [Nr. 13–16]. [6] TRBS 1111 Technische Regeln für Betriebssicherheit – Gefährdungsbeurteilung; Ausgabe: März 2018 GMBl 2018, S. 401 [Nr. 22] Änderungen und Ergänzungen: GMBl 2019, S. 292 [Nr. 13-16]. Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.