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Elektrotechnik | Elektrosicherheit | Messen und Prüfen

Aus dem Facharchiv: Leseranfrage

Abnahme einer Maschine

19.03.2024

Unter welchen Voraussetzungen kann eine frist- und vorschriftengerechte Abnahme von Maschinen und Anlagen erfolgen?

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Frage:
Im August 2019 wurden in unserem Unternehmen zwei Werkstoffbearbeitungsmaschinen angeliefert, aufgestellt, angeschlossen und mit der Verkettung verknüpft (drei Anlagen mit Gesamt-CE). Unsere internen Regelwerke fordern bei der Abnahme von Anlagen ein gültiges Erstprüfprotokoll und eine Bestätigung gemäß DGUV V3 § 5 (Form BGG 960). Der Baustellenkoordinator des Lieferanten der Maschinen legte damals drei Prüfprotokolle vor, auf welchen der Vermerk der Wiederholungsprüfung stand. Inhalt der Messung laut Protokoll war lediglich die Schutzleitermessung nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Ein Verweis war vorhanden, dass Isolations- und Spannungsprüfung von Unterlieferanten durchgeführt wurden (Leitungen/Schaltschrank). Diese Protokolle waren jedoch nicht vorhanden. Weiterhin war die Anlage noch nicht fertiggestellt, es fehlten noch zusätzliche Bedienfelder inklusive Nothalttaster. Auch wurde die Verkettung erst vor Ort zusammengesetzt und Antriebe angeschlossen. Zudem gibt es von Laien bedienbare Steckdosen, die ebenfalls nicht geprüft wurden. Wie denken Sie darüber?

Antwort:

Zunächst der Hinweis, dass bei der Beantwortung der Fragen die Ausgabe Juni 2007 der DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) [1] zugrunde gelegt wird. Die aktuelle Ausgabe von Oktober 2019 war zum Zeitpunkt der Frage noch nicht verbindlich.

Eine Erstprüfung einer Maschine nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1):2007-06 [1] kann und soll in mehreren Schritten erfolgen. Die letzte Prüfung kann erst abgeschlossen werden, wenn der letzte Draht angeschlossen ist.

Die Prüfung kann bereits im Herstellerwerk begonnen werden, wenn Komponenten vormontiert oder in Baugruppen zusammengesetzt zum Aufstellungsort transportiert werden. Auch bei (zugelieferten) Schaltgerätekombinationen ist es üblich und sinnvoll, einen Stücknachweis durchzuführen, bevor die Maschine weiter zusammengesetzt wird.

Die DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1):2007-06 [1] kennt im Abschnitt 18 (Prüfungen) die Prüfschritte a) bis f), von denen mindestens die Schritte a), b) und f) durchzuführen sind. Die anderen können durchgeführt werden, wenn dies der Hersteller als sinnvoll ansieht.

  1. Prüfung der Dokumentation;

  • Prüfung der Durchgängigkeit des Schutzleitersystems und Prüfung der Schleifenimpedanz;

  • Isolationsmessung;

  • Spannung(festigkeits)prüfung;

  • Schutz gegen Restspannung;

  • Funktionsprüfung;

In der DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1):2007-06 [1] findet sich die Tabelle 9, aus der hervorgeht, in welchem Ausführungsstand zumindest der Schritt b), also Niederohmigkeit und Schleifenimpedanz zu prüfen sind. Um es kurz zu machen: Im Herstellerwerk kann alles geprüft werden, vor Ort muss dann nur das geprüft werden, was auch vor Ort angeschlossen wird. Bei Steckverbindungen sind keine messtechnischen Prüfungen nötig.

Herstellererklärung nach BGV A3. Die Herstellererklärung nach DGUV Vorschrift 3 § 5 im Formblatt der BGG 960 (DGUV Grundsatz 303-003) [2] deckt nur einen Teil ab von dem, was der Anfragende an Dokumentation der elektrischen Sicherheit benötigt. Die Herstellererklärung ist in der gültigen Fassung seit 1985 nahezu unverändert – sie bestätigt nur, dass der Hersteller glaubt, alles richtig gemacht und geprüft zu haben. Mittlerweile gibt es jedoch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), die erstmal den Arbeitgeber und nicht den Hersteller in die Pflicht nimmt.

Der Arbeitgeber, also zukünftige Betreiber ist also durch den Gesetzgeber in die Pflicht genommen, eine Prüfung durchzuführen oder durchführen zu lassen. Die Herstellererklärung bescheinigt, dass die elektrische Anlage/das Betriebsmittel den Vorgaben der DGUV Vorschrift 3 und somit die Vorgaben des Unfallversicherers erfüllt werden. Weitere gesetzliche Vorgaben (BetrSichV) und der Stand der Technik (TRBS), sowie die allgemein anerkannten Regeln der Technik (Herstellernormen) sind in der Bescheinigung nicht inbegriffen, sofern diese erweiterte Anforderungen oder konkretere Umsetzungen enthalten. Sie ist also nicht ausreichend, um den staatlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Im Grunde muss man davon ausgehen, dass der Hersteller einer Maschine am besten weiß, wie seine Maschine richtig geprüft und für sicher erklärt werden kann. Insofern macht es deutlich Sinn, wenn der Hersteller die abschließende Erstprüfung am Aufstellungsort durchführt, dokumentiert und die Unterlagen dann übergibt. Wenn allerdings Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausführung und dem Prüfumfang bestehen, so kann man sich auch vom Hersteller die Befähigung nachweisen lassen. Auch Hersteller müssen für die Prüftätigkeit beim Kunden entsprechend der TRBS 1203 [3] zur Prüfung befähigte Personen haben.

Vereinbarungen & Prüfprotokoll. Leider ist die Sache nicht ganz so einfach. Der Hersteller muss zwar prüfen, aber die Form und der Umfang der Dokumentation sind nicht explizit festgelegt. Die TRBS 1201 [4] kennt nur Mindestvorgaben eines Prüfberichts, die neben den formalen Anforderungen nur die Aufzeichnung von Messergebnissen erfordern, die für die Bewertung relevant sind.

Es lässt sich vortrefflich darüber streiten, wie viele Messwerte dies sein sollen.

Autoren: C. Bast, M. Lochthofen

Literatur

[1] DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1):2007-06 (zurückgezogen) Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen.

[2] DGUV Grundsatz 303-003 Bestätigung nach § 5 Abs. 4 der Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (BGV A3).

[3] TRBS 1203 Zur Prüfung befähigte Personen, Ausgabe März 2019, GMBl. 2019 S. 262.

[4] TRBS 1201 Prüfungen und Kontrollen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen, Ausgabe März 2019, GMBl. 2019 S. 229.

Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.

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