Elektrotechnik
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Schutzmaßnahmen
Vorteile durch Einsatz des SLS-Schalters
ep9/2005, 1 Seite
LESERANFRAGEN Vorteile durch Einsatz des SLS-Schalters ? Gibt es eine einleuchtende Erklärung, warum in einem Einfamilienhaus beim Einsatz eines Zählers mit zwei Messeinrichtungen ht und nt (Tag- und Nachttarif) selektive Leitungsschutzschalter eingebaut werden müssen? ! Bei neuen Zählerplätzen (Austausch des vorhandnen oder Einbau eines neuen Zählerschranks/-verteilers) verlangt die TAB 2000 des VDN (Verband der Netzbetreiber) generell den Einbau von selektiven Hauptleitungs-Schutzschaltern in der Kundenanlage vor dem Zähler. Damit erhält der Kunde den Vorteil, im Fehlerfall in seiner Anlage den Schutzschalter, wenn dieser abgeschaltet hat und der Fehler nicht dauerhaft ist, selbst wieder einschalten zu können. In den Fällen, wo früher die Hausanschlusssicherung des Netzbetreibers ausgelöst hatte, machte es sich erforderlich - wenn kein selektiver Hauptleitungs-Schutzschalter da war -, den Austausch der Sicherung durch das Personal des Netzbetreibers kostenpflichtig vornehmen zu lassen. Der Kunde hat mit der neuen Lösung zeitliche und auch kostenmäßige Vorteile gegenüber der früheren Regelung. Zu berücksichtigen sind auch die in der Regel nicht niedrigen Kosten von Notdiensten - nachts oder am Wochenende. Die Mehrkosten des Einbaus der Schutzschalter haben sich in der Regel für den Kunden bereits dann gelohnt, wenn er nur einen Störungsfall in der Hauptstromversorgung seiner Anlage hatte. Störfälle dieser Art können nicht ausgeschlossen werden, wenn sie auch relativ selten vorkommen. M. Lange-Hüsken Prüfplakette ? In wenigen Wochen soll in unserem zertifizierten Betrieb ein weiteres Audit stattfinden. Als Elektrofachkraft bin ich für die Prüfung der elektrischen Anlagen und Betriebsmittel zuständig. Im Rahmen der allgemeinen Sparbestrebungen wurden die längst fälligen Prüfungen zahlreicher Anlagen und Betriebsmittel nach Weisung der Betriebsleitung immer wieder verschoben. Um Schwierigkeiten bei dem bevorstehenden Audit zu vermeiden, ist man dabei, Mängel, die sofort ins Auge fallen könnten, zu beseitigen. Mir hat man nahe gebracht, alle Prüfplaketten, deren Datum für eine Wiederholungsprüfung abgelaufen ist, an den jeweiligen Anlagen und Betriebsmitteln zu entfernen. Auf meine Anfrage hin, ob diese dann gänzlich außer Betrieb genommen werden sollen, hieß es „Nein“. Auf eventuelle Rückfragen wegen der fehlenden Prüfplaketten soll dann jeweils geantwortet werden, dass diese sich wohl durch betriebliche Einflüsse (Feuchtigkeit, Abrieb, Öl) gelöst hätten. Meine Frage ist nun, ob unsere Geschäftsleitung absichtlich Betriebssicherheitsvorschriften umgeht oder keine Ahnung hat, was sie eigentlich von mir verlangt. Ist das rechtens und wer trägt die Verantwortung für diese Maßnahmen? ! Hierzu die Stellungnahme aus rechtlicher und praktischer Sicht. Erste Fallgestaltung: Wenn eine Prüfplakette an einer Anlage/Maschine fehlt oder ohne „Hintergründe“ entfernt wurde, z. B. weil man ihr keine Bedeutung beimisst oder sich die Plakette wegen schlechter Haftfähigkeit gelöst hat, liegt nur ein fahrlässiges, schuldhaftes Verhalten der Verantwortlichen (Unternehmensleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter) vor. Mögliche Rechtsfolgen wegen des Fehlverhaltens der Verantwortlichen: · Eventuell Bußgeld, wegen Verstoßes gegen Betriebssicherheitsverordnung und Unfallverhütungsvorschriften. · Wenn es zu einem Unfall oder Schaden kommt, der seine Ursache in der nicht (fristgerecht) geprüften Anlage/Maschine hat: -- Regress durch Berufsgenossenschaft, eventuell auch -- Schadensersatzansprüche des Geschädigten wegen schuldhaft fahrlässigem Handeln der Verantwortlichen. -- Eventuell auch Anklage und Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung (Strafverfahren). Zweite Fallgestaltung: Wenn eine Prüfplakette - wie geschehen - bewusst beseitigt wurde, liegt ein schuldhaft vorsätzliches Verhalten der Verantwortlichen (Geschäftsleitung, Führungskräfte) vor. Mögliche Rechtsfolgen: · Bußgeld wegen bewusstem Verstoß gegen Betriebssicherheitsverordnung und Unfallverhütungsvorschriften (Vorsatz). · Auf jeden Fall bei nachgewiesener Unkenntnis der Folgen dieses Verstoßes grobe Fahrlässigkeit. · Wenn es zu einem Unfall oder Schaden kommt, der seine Ursache in der unterlassenen Wiederholungsprüfung hat: Bußgeld, Schadensersatzansprüche, eventuell Strafverfahren (hier gilt das Gleiche wie in der ersten Fallgestaltung. Nur wiegt der Schuldvorwurf wesentlich schwerer!) In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Betriebssicherheitsverordnung in § 10 ausdrücklich eine Aufzeichnung der Ergebnisse der Prüfungen fordert und die zuständige Behörde eine Einsicht in diese Dokumentation fordern kann. Die Prüfplakette auf dem einzelnen Betriebsmittel wird in erster Linie dazu verwendet, um auch bei außerhalb des Unternehmens verwendeten Arbeitsmitteln, z. B. Schweißgeräten, Bohrmaschinen, Winkelschleifern etc., auf der Baustelle einen ersten Nachweis über die durchgeführten Prüfungen zu führen. Praktisch bedeutet dies, dass bei der Besichtigung des Betriebes durch die Auditoren sowie die Vertreter von Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft fehlende Prüfplaketten auf einzelnen Betriebsmitteln und Anlagen einen Anlass, um nicht zu sagen Anreiz, bieten, die Einsichtnahme in die Prüfdokumente dieser Einrichtungen zu fordern. Und dann kann es für die Verantwortlichen im Betrieb unter Umständen ein böses Erwachen geben. Verantwortliche Personen · Wenn die Geschäftsleitung selbst „verantwortliche Elektrofachkraft“ nach DIN VDE 1000 Teil 10 ist, trägt sie neben der obersten Führungsverantwortung für Arbeitssicherheit auch die oberste Fachverantwortung für die elektrotechnische Sicherheit. Das Gleiche gilt für jede entsprechende Führungskraft in der Hierarchie. Diese hat, wenn sie glaubt, die Verantwortung für die entsprechende Maßnahme nicht tragen zu können, eine Meldepflicht „nach oben“. Ggf. muss die Führungskraft eine Anlage/ Maschine der Benutzung entziehen (stilllegen), wenn die nicht erfolgte Wiederholungsprüfung ihrer Ansicht nach ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenmoment darstellt. · Ist die Geschäftsleitung selbst nicht Elektrofachkraft, dann trägt sie nur (?!) die oberste Führungsverantwortung für Arbeitssicherheit. Da sie selbst keine Elektrofachkraft ist, muss sie sich aber dafür rechtfertigen und ggf. dafür gerade stehen, wenn sie die Verantwortung für den sicherheitstechnischen Umgang mit der Elektrizität nicht gewährleistet hat. Das heißt, dass sie ihren Pflichten zur Erfüllung der klassischen Unternehmer-/Führungspflichten nicht nachgekommen ist: Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 9 656 LESERANFRAGEN Fragen an Liebe Abonnenten! Wenn Sie mit technischen Problemen kämpfen, Meinungsverschiedenheiten klären wollen oder Informationen brauchen, dann suchen Sie unter www.elektropraktiker.de (Fachinfo/Archiv). Finden Sie dort keine Antwort, richten Sie Ihre Fragen an: ep-Leserservice 10400 Berlin oder Fax: (030) 42 151-251 oder e-mail: elster@elektropraktiker.de Wir beraten Sie umgehend. Ist die Lösung von allgemeinem Interesse, veröffentlichen wir Frage und Antwort in dieser Rubrik. Beachten Sie bitte: Die Antwort gibt die persönliche Interpretation einer erfahrenen Elektrofachkraft wieder. Für die Umsetzung sind Sie verantwortlich. Ihre ep-Redaktion ELEKTRO PRAKTIKER
Autor
- M. Lange-Hüsken
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