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Elektrotechnik | Recht

Vertragsrecht - Gewährleistung gemäß VOB

ep9/2010, 3 Seiten

Laut VOB wird von dem Errichter einer Anlage eine Gewährleistungszeit von zwei Jahren verlangt. Betrifft dies nur die Montageleistungen, oder gehört auch das verbaute Material dazu? Von Herstellern/Lieferanten des Materials werden zwei Jahre Gewährleistung nicht gegeben. Oft bieten diese nur ein Jahr und beziehen sich dabei entweder auf das Fernabsatzgesetz oder manchmal auf die eigenen AGB. Und selbst wenn man bereit ist, das Gerät auf Gewährleistung zu tauschen, bleibt der Auftragnehmer auf den Kosten des Austausches beim Kunden (Montagekosten und Fahrtkosten) sitzen. Ist per Gesetz geregelt, dass der Verkäufer für die Kosten des Transportes des Ersatzgeräts/Materials zum Kunden sowie für die Kosten des Austauschs des defekten Geräts/Materials beim Kunden haftet?


Gewährleistung. Da es in der Anfrage heißt, dass laut VOB von dem Errichter einer Anlage eine Gewährleistungszeit von zwei Jahren verlangt werde, gehen ich davon aus, dass es hierbei um die Regelung in § 13, Nr. 4, Abs. 1, VOB/B (Herstellung einer anderen Sache als Bauwerke) bzw. in § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B (maschinelle und elektrotechnische/ elektronische Anlagen ohne Wartungsvertrag) geht [1]. Lediglich vorsorglich möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass für Bauwerke gemäß § 13, Nr. 4, Abs. 1, VOB/B [1] eine vierjährige Gewährleistungsfrist gilt, soweit nicht eine abweichende vertragliche Vereinbarung getroffen wurde.
Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Mangelbeseitigung betrifft nicht nur die von ihm erbrachten Montageleistungen, sondern ebenso die von ihm eingebauten Geräte und Materialien. Der Auftragnehmer ist deshalb verpflichtet, defekte Bauteile innerhalb der Gewährleistungszeit auszutauschen, falls es sich bei dem Defekt tatsächlich um einen Mangel handelt. Eine Gewährleistungspflicht besteht somit insbesondere dann nicht, wenn der Ausfall des Bauteiles auf normalem Verschleiß und/oder auf unsachgemäßer Behandlung beruht.
Gewährleistung des Herstellers/Lieferanten. Wie in der Anfrage bereits zutreffend festgestellt wurde, sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Hersteller und Lieferanten von Materialien sowie Bauteilen regelmäßig eine bedeutend kürzere Gewährleistungsfrist vor. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass meist lediglich eine Gewährleistungsfrist von einem Jahr in den entsprechenden Regelungen zu finden ist. In den meisten Fällen ist eine solche Verkürzung der Gewährleistungsfrist jedoch unwirksam, sodass sich auch die Hersteller und Lieferanten an die gesetzliche Gewährleistungsfrist halten müssen.
Sollte der Anfragende gegenüber einem seiner Lieferanten auch außerhalb der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehenen Gewährleistungsfrist Mangelbeseitigungsansprüche geltend machen wollen, empfehle ich ihm, die entsprechende Klausel in den AGB unter dem folgenden Gesichtspunkt zu überprüfen:
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19.09.2007, Az. VIII ZR 141/06, entschieden, dass eine umfassende Freizeichnung in AGB, nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden und für sonstige Schäden auch bei groben Verschulden ausgeschlossen ist, nicht nur gegenüber Verbrauchern, sondern ebenso im Geschäftsverkehr gegenüber Unternehmern wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders unwirksam ist. Sehr häufig schränken die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Lieferanten die Verkürzung der Gewährleistungsfrist jedoch nicht dahingehend ein, dass dies nicht für die Haftung aus Vorsatz und grober Fahrlässigkeit sowie für Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit gelten soll. In einem solchen Fall ist, entsprechend den vorstehenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs, die Klausel insgesamt unwirksam, sodass die gesetzlichen Gewährleistungsfristen gelten.
Außerhalb des unternehmerischen Verkehrs, also bei Verwendung gegenüber einem Verbraucher sieht § 309, Nr. 8 b) ff), BGB [2] darüber hinaus vor, dass sämtliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die die Gewährleistungsfrist gemäß § 438, Abs. 1, Nr. 2, BGB [2] (die fünfjährige Gewährleistungsfrist bei Bauwerken bzw. Lieferung einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat) unwirksam ist. Nach einem Urteil des Landgerichts Köln (vom 07.02.2007, Az. 91 O 87/06) soll dies generell auch im unternehmerischen Verkehr, also nicht lediglich bei der Verwendung gegenüber den Verbrauchern gelten.
Sind also aus den zuvor genannten Gründen die vereinbarten verkürzten Gewährleistungsfristen des Lieferanten unwirksam, gelten damit automatisch die gesetzlichen Verjährungsfristen gemäß § 438 BGB [2]. Eine Berufung auf das Fernabsatzgesetz ist für Lieferanten nicht möglich, da dieses Gesetz bereits mit Wirkung vom 01.01.2002 aufgehoben wurde. Darüber hinaus galt dieses Gesetz in der Vergangenheit lediglich für Kaufverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Wenn man als Unternehmer aber Material oder Bauteile von einem Lieferanten kauft, handelt es sich gerade nicht um einen solchen Verbrauchsgüterkauf, sodass das Fernabsatzgesetz auch bisher schon keine Anwendung fand.
Umfang der Haftung des Lieferanten. Die Hersteller/ Lieferanten sind in der Regel nicht dazu bereit, die Kosten für den Austausch des defekten Gerätes bzw. des Materials beim Kunden zu übernehmen. Dies entspricht aber leider der Rechtslage.
Wenn nämlich der Verkäufer nicht „schuld“ daran ist, dass das Gerät mangelhaft ist, haftet er lediglich für die Kosten des Transports des Ersatzgerätes/Materials zum Kunden sowie für die Kosten des Ausbaus des defekten Gerätes/Materials beim Kunden. Eine solche „Schuld“ des Verkäufers am Mangel ist nur dann gegeben, wenn er den Mangel selbst verursacht hat. Dies kommt eigentlich nur dann in Frage, wenn die Kauf - sache falsch gelagert oder gekennzeichnet wurde oder wenn der Verkäufer seine Prüfungspflichten verletzt hat. Solche Pflichtverletzungen sind für den Käufer jedoch in aller Regel nicht nachweisbar.
Im Ergebnis bleibt es dann dabei, dass der Verwender des defekten Materials zwar gegenüber seinem Auftraggeber – soweit ein Mangel tatsächlich vorliegt – für den Ausbau des defekten Teils sowie für dessen Einbau kostenlos haftet, von dem Lieferanten jedoch lediglich die Kosten für den Ausbau sowie denTransport des neuen Gerätes/Bauteils zum Kunden Ersatz verlangen kann. Die Verpflichtung des Verkäufers (Lieferanten), die Transportkosten zu tragen, ergibt sich unmittelbar aus § 439, Abs. 2, BGB [2], der wörtlich lautet:
„Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.“
Die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten des Ausbaus des defekten Gerätes/Materials ergibt sich leider nicht unmittelbar aus dem Gesetz [2]. Hierzu gibt es allerdings Rechtsprechung, die dem Verkäufer/Lieferanten diese Verpflichtung auferlegt. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 21.12.2005, Az. 11 U 46/05, ausgeführt:
„Der Verkäufer hat eine Rücknahmeverpflichtung, die er am Ort der eingebauten Sache zu erfüllen hat.“
Diese Verpflichtung schließt ebenfalls die Entfernung der bereits eingebauten mangelhaften Sache auf Kosten des Verkäufers ein. Mit anderen Worten: Da die Neulieferung als Form der Nacherfüllung bei einem Mangel sowohl die Lieferung der mangelfreien Sache als auch die Rücknahme der mangelhaften Sache einschließt, leitet die Rechtsprechung aus dieser Rücknahmeverpflichtung auch die Pflicht des Verkäufers ab, die Kosten für den Ausbau zu tragen.

Quellen

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen; Teil B (VOB/B): Allgemeine Vertragsbe - dingungen für die Ausführung von Bauleistungen; Fassung 2009 (Bekanntmachung vom 31.7.2009, BAnz. Nr. 155 vom 15.10.2009) in Anwendung seit dem 11.6.2010 gem. § 6 Vergabeverordnung in der Fassung aufgrund der Änderungsverordnung vom 07.06.2010 (BGBl. I S. 724) i. V. m. § 8 Abs. 3 VOB/A 2009 (Bekanntmachung vom 31.7.2009, BAnz. Nr. 155a vom 15.10.2009, geändert durch Bekanntmachung vom 19.2.2010, BAnz. Nr. 36 vom 5.3.2010).

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. September 2009 (BGBl. I S. 3161).


Autor
  • M. Kuttla
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