Installationstechnik
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Elektrotechnik
Trennvorrichtung am Zählerplatz nach den TAB
ep7/2006, 2 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 7 552 FÜR DIE PRAXIS Installationstechnik Allgemeine Anforderungen an die Trennvorrichtung Für die Kundenanlage wird gemäß den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der Verteilungsnetzbetreiber (VNB) eine Trennvorrichtung gefordert. Diese soll die Möglichkeit schaffen, eine Kundenanlage für unterschiedliche Zwecke vom speisenden Netz zu trennen. Dabei schließen die TAB jedoch aus, dass für eine normale Trennung der Kundenanlage die Hausanschlusssicherung benutzt wird. Zum einen würden bei einem Mehrfamilienhaus sämtliche Kundenanlagen spannungslos, zum anderen ist der Hausanschlusskasten unter Plombenverschluss und nur dem VNB oder einer von ihm beauftragten Elektrofachkraft zugänglich. Die in den TAB geforderte Trennvorrichtung wird in Energieflussrichtung gesehen vor dem Elektrizitätszähler angeordnet. Sie ist erforderlich für das · Inbetriebsetzen der Kundenanlage und · Freischalten der Zähl-, Mess- und Steuereinrichtungen der jeweiligen Kundenanlage sowie der Freischaltung der betroffenen Kundenanlage selbst. Die Trennvorrichtung wird nach § 7.4 der TAB als selektive Überstromschutzeinrichtung ausgeführt. Diese Forderung hat folgende Hintergründe: · Der Zählerplatz stellt generell den Übergang vom Hauptsstromversorgungssystem zur eigentlichen Kundenanlage dar. Deshalb erfolgt normalerweise an dieser Stelle auch eine Änderung der Strombelastbarkeit IZ der betroffenen Kabel und Leitungen entsprechend dem zu Grunde zu legenden Leistungsbedarf der nachgeordneten Kundenanlage. Hierfür sind die Vorgaben der DIN 18 015-1 zu berücksichtigen. Diese Änderung der Strombelastbarkeit macht nach den Forderungen der DIN VDE 0100-430 den Einsatz einer geeigneten Überstromschutzeinrichtung erforderlich. Dabei hat die Auswahl nach DIN VDE 0100-530 zu erfolgen. · Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) fordert eine sichere, zuverlässige und - bezogen auf das Gesamtsystem - wirtschaftliche Elektrizitätsversorgung der Kunden. Aus diesem Grunde verlangen die TAB Selektivität zwischen den verschiedenen Überstromschutzeinrichtungen, insbesondere zwischen der Hausanschlusssicherung, der Schutzeinrichtung am Zählerplatz und den LS-Schaltern für die Endstromkreise. Ein selektiver Aufbau des Überstromschutzes gemäß den geltenden VDE-Bestimmungen stellt sicher, dass in den Fehlerfällen - Überlast - Kurzschluss - Körperschluss (im TN-System) nur ein kleiner Teil der gesamten elektrischen Anlage hinter dem Hausanschluss abgeschaltet wird. Bei richtiger Auswahl der nacheinander angeordneten Überstromschutzeinrichtungen spricht immer nur die Schutzeinrichtung an, die der Fehlerstelle unmittelbar vorgeschaltet ist. Die von den TAB geforderte Trennvorrichtung stellt somit bei richtiger Auswahl sicher, · den zentralen Überstromschutz für die Kundenanlage - mit Sicherstellung der Selektivität - und · den Überstromschutz für die Messeinrichtungen und die Leitungen zum Stromkreisverteiler. Anlagenteile, in denen nicht gemessene elektrische Energie fließt (Hauptstromversorgungssystem), müssen plombierbar ausgeführt werden. Dementsprechend muss die Trennvorrichtung sowohl über eine sichere Sperr- als auch über eine geeignete Plombiervorrichtungen verfügen. Eine Plombierbarkeit der elektrischen Betriebsmittel im Hauptstromversorgungssystem ist unabdingbar, da die freie Zugänglichkeit zu Anlagenteilen mit nicht gemessener Energie - nicht zuletzt auch im Interesse der Allgemeinheit - verhindert werden muss. Damit sollen unbefugte Manipulationen und ein möglicher Stromdiebstahl ausgeschlossen werden. Dementsprechend sind diese Betriebsmittel, insbesondere die Überstromschutzeinrichtungen, unbedingt manipulationssicher auszuführen. Diesem Aspekt kommt eine zunehmende Bedeutung zu, da der VNB immer seltener in die Kundenanlage kommt und damit die früher übliche Kontrollmöglichkeit entfällt. Bisherige Ausführungen der Trennvorrichtungen 2.1 Normen und Vorschriften Bei der Auswahl und Realisierung einer für die beschriebenen Aufgaben geeigneten Trennvorrichtung kommen grundsätzlich unterschiedliche Gerätetechnologien, die einzeln oder in Kombination eingesetzt werden können, in Betracht. Dabei sind die allgemeinen Anforderungen der Normen an Geräte für den Überstromschutz sowie an Geräte, die zum Trennen geeignet sind, zu beachten. Folgende grundlegende VDE-Bestimmungen sind stets zusätzlich zu den Vorgaben der TAB zu berücksichtigen: · Die entsprechenden Bestimmungen der Normenreihe DIN VDE 0100 bzgl. der Errichtung elektrischer Anlagen. · Die jeweiligen Produktnormen im VDE-Regelwerk, die jeweils im Abschnitt „Anwendungsbereich“ Aussagen über die Auswahl geeigneter Geräte treffen. · Gegebenenfalls weitere Sicherheitsanforderungen, die sich aus entsprechenden Sicherheitsgrundnormen ableiten lassen. · Beim Dimensionieren der elektrischen Anlage sind weiterhin die verschiedenen DIN-Normen heranzuziehen, auf die in den TAB an mehreren Stellen hingewiesen wird. Trennvorrichtung am Zählerplatz nach den TAB B. Schulze, Calvörde Um den rückwirkungsfreien Netzbetrieb sowie die Sicherheit des Kunden gewährleisten zu können, werden in den TAB eine Reihe von Anforderungen an Zählerplätze gestellt. Der Beitrag erläutert die technischen Anforderungen an die Trennvorrichtung und beleuchtet damit auch die Vorgaben des gerichtlichen Vergleichs zwischen dem Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e. V. und dem VDEW als Herausgeber der TAB 2000. Autor Dipl.-Ing. Burkhard Schulze ist Bundesbeauftragter für das Normenwesen im Zentralverband der Deutschen Elektro-und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). EP0706-552-553 19.06.2006 14:58 Uhr Seite 552 In der Vergangenheit wurden in den TAB der Netzbetreiber die unterschiedlichsten Ausführungen der Zählerplätze beschrieben. Der Grund lag darin, dass es lange Zeit kein Betriebsmittel gab, das speziell auf die Bedürfnisse für die Anwendung am Zählerplatz ausgelegt war. So haben sich die Netzbetreiber mit den damals marktüblichen Betriebsmitteln behelfen müssen. Dabei mussten Kompromisse eingegangen werden, die entweder zu Lasten des Bedienkomforts, der möglichst uneingeschränkten Verfügbarkeit, der durchgängigen Selektivität oder der Manipulationssicherheit gingen. 2.2 Lösungen mit NH-Sicherungen Verbreitete Anwendung am Zählerplatz fanden Lösungen mit NH-Sicherungen (allein oder in Verbindung mit sog. Hauptschaltern) oder mit Schaltersicherungseinheiten. Allen Ausführungen mit Sicherungen ist aber gemein, dass die Forderungen nach einer durchgängigen Selektivität bis zum Endstromkreis nicht automatisch gegeben ist. Hierzu sind jeweils individuelle Betrachtungen in Abhängigkeit der örtlich vorhandenen Kurzschlussleistung erforderlich. Die Selektivität von Sicherungen untereinander kann zwar grundsätzlich erreicht werden, indem eine Abstufung der Bemessungsströme vorgenommen wird (z. B. zur Hausanschlusssicherung mit dementsprechend hohem Bemessungsstrom). Gerade aber bei Fehlern in den Endstromkreisen, die mit Abstand die höchste Auftretenswahrscheinlichkeit haben, stellt sich ein erhebliches Selektivitätsproblem dar. Wichtig und erforderlich ist aber gerade in diesen Fällen das exakte Zusammenwirken der Sicherungen am Zählerplatz mit den LS-Schaltern in den Unterverteilungen für die geforderte Selektivität. Auf Grund des Schaltverhaltens von Sicherungen gemäß den in der Norm vorgegebenen Abschaltcharakteristiken stellt sich jedoch in bestimmten Fällen ein Selektivitätsbereich ein, der in den heutigen, leistungsstarken Netzen oft nicht ausreichend ist. Dies führt dann notwendigerweise zu einem Komfortverlust für den Kunden, da er zum Wechseln der NH-Sicherung auf eine elektrotechnische Fachkraft angewiesen ist. 2.3 Versorgungszuverlässigkeit Wir sind in Deutschland zu Recht stolz darauf, immer noch Weltmeister bei der Versorgungszuverlässigkeit zu sein. Daher wird ein Kunde wenig Verständnis dafür haben, dass die gewünschte und ja durchaus machbare Selektivität in seiner eigenen Anlage nicht zwangsweise gegeben ist. Und das Installationshandwerk wird dankbar sein, wenn es der Notwendigkeit enthoben ist, sich für jede Anlage individuell Gedanken machen zu müssen, wie die Selektivität in allen Fällen sichergestellt werden kann. Überstromschutzeinrichtungen mit Sicherungseinsätzen, die frei zugänglich und laienbedienbar sind, z. B. Schaltersicherungseinheiten, bieten grundsätzlich eine hohe Gefahr der Manipulation, wie · Sicherungseinsätze mit unzulässigem Bemessungsstrom, · „geflickte“ Sicherungseinsätze oder · Stromdiebstahl. Daher wurden diese Schaltersicherungseinsätze vor der Einführung der SH-Schalter - wenn überhaupt - nur im Nachzählerbereich eingesetzt. Ihr Einsatz im Vorzählerbereich ist im Übrigen auch deswegen nicht möglich, weil die besonderen Anforderungen an die Isolationseigenschaften (Überspannungskategorie IV nach DIN VDE 0100-537 bzw. DIN VDE 0110) nicht in der Produktnorm für Schalter-Sicherungs-Einheiten berücksichtigt sind. NH-Sicherungen wurden im Vorzählerbereich, meist im unteren Anschlussraum des Zählerplatzes, eingesetzt. Die von den TAB geforderte Freischalteinrichtung musste nach dem Zähler im oberen Anschlussraum angeordnet werden. Damit eine Kundenanlage über diese Freischaltstelle gesperrt werden kann, muss der hierfür vorgesehene Hauptschalter, der sich im nicht plombierten Bereich befindet, plombierbar sein. Dies widerspricht allerdings den Vorgaben für eine Plombierung, die gemäß den Allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVBElt V) bzw. den TAB im Nachzählerbereich nur aus tariflichen Gründen zulässig ist. Die erforderliche Freischaltung der Messeinrichtung, z. B. zur Montage/Demontage eines Zählers, die nach wie vor von vielen VNB nur im spannungslosen Zustand vorgenommen wird, ist bei einer Anordnung der Freischalteinrichtung im Nachzählerbereich ebenfalls nicht möglich. Vorteile des SH-Schalters als Trennvorrichtung Ab etwa 1980 wurde die Technik der Schutzschaltgeräte durch die Entwicklung von selektiven Hauptleitungsschutzschaltern (SH-Schalter) geprägt. Viele VNB erkannten schnell das Potential, mit dieser neuen Technik endlich über eine Schutzeinrichtung zu verfügen, die alle relevanten Anforderungen erfüllen kann - bezüglich Bedienkomfort, Selektivität und Manipulationssicherheit - kombiniert in nur einem Betriebsmittel. Sie veranlassten daher die Erarbeitung einer Produktnorm, die erstmals auf die speziellen Bedürfnisse einer Überstromschutzeinrichtung im Vorzählerbereich entsprechend den Vorgaben der TAB eingeht. Damit wurden die Voraussetzungen für eine breite Anwendung dieser neuen Technologie geschaffen. Dadurch enthalten auch nur die Produktnormen für SH-Schalter alleinig den Hinweis auf die Anwendung am Zählerplatz und stellen somit sicher, dass dieses Betriebsmittel keine singuläre Lösung, sondern die von den TAB geforderte, systemkonforme Gesamtlösung darstellt. Im Einzelnen bieten SH-Schalter, kombiniert in einem Gerät, folgende Möglichkeiten und erfüllen damit gleichermaßen die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden, des Elektroinstallateurs und des VNB: · SH-Schalter sind zum Trennen geeignet. · Sie entsprechen den Anforderungen der Überspannungskategorie IV und erfüllen als erstes und einziges Betriebsmittel die Anforderungen an die Trennstrecke im geöffneten Zustand auch nach Beanspruchung, d. h. unter Berücksichtigung der zu erwartenden typischen Belastung während der Betriebszeit. · Sie übernehmen den Schutz der nachfolgenden Anlage und sind vollständig selektiv zu nachgeschalteten LS-Schaltern. · Sie erfüllen die Anforderungen an die Laienbedienbarkeit. Sie sind somit dem Kunden zugänglich, ohne dass dabei die Gefahr einer Manipulation besteht. · Nur mit SH-Schaltern kann in allen Fällen das Problem gelöst werden, nach DIN 18 015-1 die Versorgung der Kundenanlage für 63 A pro Phase auszulegen, ohne gleichzeitig auch bei Anschlüssen geringer Anschlussleistung eine Hausanschlusssicherung von mind. 100 A wählen zu müssen. Fazit Die TAB beinhalten Anforderungen an den Zählerplatz, die für eine sichere und zuverlässige Energieversorgung von Stromkunden unerlässlich sind. Sie verweisen dabei auf geltende Normen und ergänzen sie zweckdienlich dort, wo die Norm keine Aussage trifft. Durch regelmäßige Überarbeitung wird der aktuelle Stand der Technik sichergestellt, so dass der technische Fortschritt, der auch die Belange der Kunden berücksichtigt, Eingang in das Regelwerk findet. Der zwischen dem Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) e. V. und dem Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e. V. geschlossene gerichtliche Vergleich besagt zwar, dass im Musterwortlaut der TAB in § 7.4 (2) der SH-Schalter lediglich als ein mögliches Beispiel für die geforderten Aufgaben genannt wird. Gleichwohl ergibt sich aus den vorangegangenen Ausführungen, dass der SH-Schalter das einzige Betriebsmittel ist, das als Systemlösung automatisch und in allen Fällen eine kundenfreundliche und technisch optimale Lösung darstellt und allen Anforderungen gerecht wird, die von den TAB an die Trenneinrichtung im Vorzählerbereich gestellt werden. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 7 553 Installationstechnik FÜR DIE PRAXIS EP0706-552-553 19.06.2006 14:58 Uhr Seite 553
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- B. Schulze
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