Grundwissen
Technische Entwicklungen in der Elektrotechnik - Teil 1: Gleichspannung und Wahl der Nennspannung
luk2/2009, 2 Seiten
Anliegen der Beitragsfolge Die Elektrofachkraft von heute muss zahlreiche Normen und Vorschriften kennen, sie hat die handwerklichen Fertigkeiten zu beherrschen und muss sich oft auch mit wirtschaftlichen Zwängen auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang kommt das physikalische Verständnis, die Beantwortung der Frage „warum ist das so?“ oft sehr kurz. Die Beitragsfolge soll diese meist nicht gestellt Frage in den Vordergrund stellen. Wenn auch der Geschichte der Elektrotechnik dabei kritisch nachgegangen wird, so soll sie doch nicht vordergründig abgehandelt werden. Es besteht vielmehr die Absicht, die Entwicklung bezüglich der physikalischen Zwänge zu analysieren. Es soll gefragt werden, warum die gewählten Lösungen in der Entstehungszeit gerade so vorteilhaft waren, welche Probleme damit verbunden waren, ob es Alternativen gegeben hätte und ob sie noch heute Bestand haben können bzw. ob sie auch jetzt noch vorteilhaft sind. Am Anfang war die Gleichspannung Eine Energieversorgung mit Gleichspannung ist gegenwärtig auf Sonderfälle im gewerblichen Bereich beschränkt. Eine Betrachtung der Gleichspannungsversorgung hilft hier, einige Probleme zu behandeln, die heute keine Aufmerksamkeit finden. Es lohnt sich jedoch darüber nachzudenken, warum die Verbraucher parallel geschaltet werden und nicht in Reihe und wie die Nennspannung für die Verbraucher gewählt wurde. Die Entwicklung des Akkumulators kann den Beginn der technischen Verwertung des elektrischen Stromes markieren. Andere Stromquellen standen zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch nicht zur Verfügung. Anwendungen der elektrochemisch erzeugten Elektroenergie ließen dann nicht lange auf sich warten. Man konnte mit einem Widerstandsdraht Wärme erzeugen, die elektrische Bogenlampe wurde erfunden und die ersten Modelle von Gleichstrommotoren wurden entwickelt. Auch nachrichtentechnische Einrichtungen, z. B. Telegrafen wurden entwickelt. Wir wollen uns dabei im Klaren sein, dass das, was so in zwei Sätzen aufgeschrieben wurde, ein schwieriger Prozess war, der sich über etwa drei Jahrzehnte hingezogen hat. Der eigentliche technische Durchbruch wurde eingeleitet, als man entdeckte, dass sich die Wirkung des Gleichstrommotors auch umkehren ließ, in dem der Motor (z. B. mit einer Dampfmaschine) angetrieben wurde und so zum Generator wurde. Dies brachte eine Reihe von Vorteilen mit sich: · Es konnten höhere Gleichspannungen erzeugt werden. · Die Erzeugung größerer Leistungen wurde möglich. · Die zeitliche Begrenzung der Energielieferung durch die Erschöpfung der chemischen Energie im Akkumulator entfiel. Jetzt konnten erste kleinere Kraftwerke entstehen, die der örtlichen Stromversorgung dienten. Es wurde z. B. von einem solchen Kraftwerk berichtet [1], dass in dem Ort Bühlau bei Dresden etwa ein Dutzend Bogenlampen und den Motor der örtlichen Mühle speiste. Im Übrigen soll nicht der Eindruck entstehen, dass Energieversorgung auf Gleichstrombasis nur eine Angelegenheit des 19. Jahrhunderts gewesen sei. In Teilen von Leipzig gab es bis in die 1960er Jahre Gleichstromversorgung. Auch aus der Umgebung dieser Stadt wird berichtet: „An der Elster wurde 1901 das heute noch bestehende Wasserkraftwerk in Betrieb genommen, dessen drei Francisturbinen die Brauerei und später Teile von Lützschena bis in die 60er Jahre mit Gleichstrom versorgten“. Das Gas- und E-Werk Singen gibt die Einstellung der Gleichstromversorgung ab dem 1.12.1962 an. Und als letztes Beispiel sei genannt: „Im Laufe des Jahres (1927) stellte die Berliner Elektrizitätsversorgung AG. (BEWAG) ihre städtischen Stromverteilernetze von In dieser neuen Beitragsreihe wird der Frage nachgegangen, warum sich die Elektrotechnik gerade so entwickelt hat, wie wir sie heute kennen. Elektrotechnik Technische Entwicklungen in der Elektrotechnik Teil 1: Gleichspannung und Wahl der Nennspannung F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 8 LERNEN KÖNNEN 2/09 tion und Visualisierung von Abläufen in einem Von-Neumann-Rechner ausgerichtet. Als Ideenquelle zum Entwurf eines eigenen Programms, kann das in der Anleitung angegebene Beispiel genutzt werden. Nachdem das ,,Assembler-Programm“ mit dem Editor eingegeben wurde, erfolgt im nächsten Arbeitsschritt dessen Übersetzung in „Maschinencode“. Dazu wird die Funktion Kodieren im Ablauf-Menü aktiviert. Wahlweise kann dazu auch die F4-Taste genutzt werden. Bei diesem Arbeitsschritt sieht man, wie der Quelltext Zeile für Zeile übersetzt wird und die Speicherzellen Zelle um Zelle mit dem Maschinencode (Bild ) gefüllt werden. Fehler in der Notation werden an den betreffenden Stellen angezeigt. Ablauf und Animationen Wenn das Programm im Speicher steht, kann dessen Abarbeitung gestartet werden. Bezüglich der Visualisierung des Ablaufes (Bild ) bestehen verschiedene Möglichkeiten, um Haltepunkte - also Punkte nach deren Abarbeitung automatisch angehalten wird - zu setzen. Bei den Animationen kann zwischen drei verschiedenen Geschwindigkeiten gewählt werden. Die grafische Darstellung des Rechners und die Beobachtung der Abläufe ermöglichen und vertiefen das Verständnis der durch von Neumann formulierten Prinzipien. Fazit Der Modellrechner mit Pseudoassembler ist eine tolle Idee. Trotz des noch recht frühen Versionsstandes (V 0.53) ist diese Lehr- und Lernhilfe für die Praxis geeignet. Seitens des Autors ist das Angebot zwar in erster Linie an Lehrende gerichtet, aber dessen Nutzung kann auch jedem interessierten Lernenden empfohlen werden. Allerdings sollte man schon etwas Zeit einplanen, um sich mit Möglichkeiten dieses Programms zu beschäftigen. Interessant und hervorhebenswert ist die gelungene Verbindung der Visualisierung von Abläufen in einem VNR mit der Vermittlung von Anfangskenntnissen in der Assemblerprogrammierung. H. Möbus Literatur [1] Claus, V.; Schwill, A.: Schüler-Duden - Die Informatik; Ein Sachlexikon für die Schule. Dudenverlag Mannheim/Wien/Zürich 1991. 2 x 110 Volt auf 2 x 220 Volt um, unter gleichzeitiger Beseitigung der bisherigen Gleichstromversorgung auf das Drehstromsystem 380/220 Volt." Reihen- oder Parallelschaltung der Verbraucher Damit war der Zeitpunkt gekommen, an dem man die Konfiguration eines Stromversorgungs-Systems und dessen Parameter festlegen musste. Für uns heute erscheint die Angelegenheit sehr einfach, man verlege eine zweidrähtige Leitung zu allen Verbrauchern und schließe sie parallel an. Dies ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit. Man hätte auch alle Verbraucher in Reihe schalten können, und unsere Ur-Ur-Ur-Eltern mussten die Vor-und Nachteile beider Möglichkeiten abwägen. Parallelschaltung. Für die Parallelschaltung sprechen zahlreiche Argumente: · Jeder Verbraucher kann ohne wesentliche Folgen für das Gesamtsystem entfernt bzw. abgeschaltet werden. · Das Gesamtsystem muss mit einer möglichst konstanten Spannung gespeist werden, die Verbraucher sind für diese Spannung auszulegen. Diese Konzeption kommt den technischen Möglichkeiten entgegen, da Gleichstromgeneratoren ohne wesentlich erhöhten Aufwand eine hinreichend konstante Spannung erzeugen können solange die Summe der Ströme aller Verbraucher das Leistungsvermögen des Generators nicht übersteigt. · Gleichstrommotoren als Verbraucher laufen mit etwa konstanter Drehzahl. · Besondere Vorkehrungen erfordert allerdings der Fall einer direkten Verbindung zwischen den beiden Zuleitungen an einer beliebigen Stelle (Kurzschlussfall). Reihenschaltung. Demgegenüber hat die Reihenschaltung der Verbraucher weniger Vorteile: Das Abschalten eines Verbrauchers muss durch dessen Kurzschließen erfolgen, um den Stromfluss für die anderen Verbraucher aufrecht zu erhalten. · Da alle Verbraucher mit dem gleichen Strom versorgt werden, sind diese für einen bestimmten Nennstrom auszulegen. Das System ist mit diesem Strom als Konstantstrom zu speisen, so funktionieren die in Betrieb befindlichen Verbraucher ordnungsgemäß, auch wenn einzelne Verbraucher kurzgeschlossen sind, solange die Summe der Spannungen aller Verbraucher das Leistungsvermögen des Generators nicht überschreitet. Die Spannung des Generators wird umso höher, je mehr Verbraucher in Betrieb sind. · Es war zu bedenken, dass Gleichstrommaschinen nicht ohne besonderen zusätzlichen Aufwand als Konstantstromgeneratoren betrieben werden können. · Besondere Vorkehrungen müssten für den Fall getroffen werden, dass eine Leitungsunterbrechung (Leerlauffall) auftritt, die Spannung würde sonst (unzulässig) hohe Werte annehmen. Gewinner? Unter diesen Voraussetzungen liegt die Entscheidung zu Gunsten der Parallelschaltung auf der Hand. Dennoch ist die Reihenschaltung damit nicht so abwegig wie man auf dem ersten Blick denken könnte. Ein Beispiel: In der Zeit, als vielerorts die Energieversorgung auf Gleichstrombasis funktionierte, entstand das Radio. Dieses benötigte Verstärkerbauelemente, das waren Elektronenröhren, deren Katoden beheizt werden mussten. Dazu war eine Kleinspannung erforderlich, die bei einer Gleichstromversorgung wirtschaftlich nicht ohne weiteres erzeugt werden konnte, da ein Transformator nicht funktioniert. Der Ausweg: man entwickelte Elektronenröhren, deren Heizung immer den gleichen Nennstrom hatte (bei durchaus unterschiedlichen Spannungen je nach Röhrentyp). Die Heizungen wurden dann in einem Radiogerät in Reihe geschaltet und konnten so an der Netzspannung betrieben werden. Die genaue Einstellung des Heizstromes erfolgte mit einem so genannten Eisen-Wasserstoff-Widerstand, einem Widerstandsdraht in einem wasserstoffgefüllten Glaskolben. Bei diesem steigt der Widerstand mit steigendem Strom auf Grund der Erwärmung so, dass der Strom genügend konstant bleibt. Das funktioniert natürlich auch bei Wechselspannung, so dass man diese Radioapparate „Allstromempfänger“ nannte. Wahl der Nennspannung Wichtig war nun die richtige Wahl der Nennspannung des Energieversorgungssystems. Auf diese Spannung mussten alle vorgesehenen Verbraucher abgestimmt werden. Bei der Festlegung waren die wirtschaftliche Ausführung der Versorgungsleitungen, möglichst geringe Energieverluste und die Gefährdung bei Berührung höherer Spannungen zu berücksichtigen. Die sich daraus ergebenden Forderungen widersprechen sich zum Teil, so dass Kompromisse unausweichlich sind. Kleinere Spannungen verringern den Aufwand an Isolation der Leitungen und erhöhen die Sicherheit. Sie erfordern allerdings höhere Leiterquerschnitte bzw. sie erhöhen die Energieverluste, da bei einer bestimmten Leistung mit sinkender Spannung der Strom ansteigt. Hohe Spannungen erfordern eine entsprechende Leiterisolation. Demgegenüber kann an Leitermaterial gespart werden. Da aber im Gleichstromsystem alle Verbraucher mit der Versorgungsspannung arbeiten, sind diese bei ausgesprochen hohen Spannungen nicht überall sicher zu handhaben. Allgemein hat sich eine Nennspannung im Bereich von 100 V bis 220 V, in Ausnahmefällen (Industrie und Gewerbe) von 440 V als tragfähiger Kompromiss durchgesetzt. Zu berücksichtigen ist außerdem das Argument, dass die Berührung spannungsführender Teile bei diesen Gleichspannungen (bei 220 V = 2 x 110 V, Mitte geerdet) nicht als gefährlich angesehen wurde. Das war in Hinsicht darauf, dass der Schutz vor elektrischem Schlag noch wenig entwickelt war, von Bedeutung. Die Versorgung größerer Territorien mit Hilfe von Gleichstrom erwies sich jedoch bald als unwirtschaftlich. Mit einer solchen Spannung ergeben sich bei der Übertragung größerer Leistungen über große Strecken erhebliche Stromwärme-Verluste. Alternativ würden extrem große Leiterquerschnitte ebenfalls zu nicht tragbaren Kosten für das Leitermaterial und die Verlegung der Leiter führen. Literatur [1] Wilke, A.: Die Elektrizität - ihre Erzeugung und ihre Anwendung in Industrie und Gewerbe. Verlag Otto Spamer, Leipzig 1899 W. Mierke Elektrotechnik LERNEN KÖNNEN 2/09 U(konst.) I(konst.) U1 U2 U3 U4 U5 I2 I3 I4 I5 I6 U6 Parallel- oder Reihenschaltung der Verbraucher F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3
Autor
- W. Mierke
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