Elektrotechnik
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Installationstechnik
Sanierung von WBS-70-Plattenbauten
ep2/2007, 2 Seiten
LESERANFRAGEN Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 2 Sanierung von WBS-70-Plattenbauten ? Wir haben den Auftrag, die Sanierung/ Modernisierung von WBS-70-Plattenbauten zu planen, die im Zeitraum von 1984 bis 1986 errichtet wurden. Die Sanierung soll sich nach Wunsch des Bauherrn lediglich auf Hausanschluss, Zählerzentralisation, Steigeleitungen, Wohnungsverteiler mit FI-Schutzschalter und Neuinstallation der Küchen und Bäder beschränken. Nach einer Bestandsaufnahme wurde folgende Situation in den Wohnungen vorgefunden: Es befindet sich eine Haubenverteilung mit D02-Sicherungen, ohne FI-Schutzschalter in dem gemeinsamen Schacht (Sanitär, Lüftung, Elektro) zwischen Küche und Bad. Für Bäder und Küchen wurden Stegleitungen mit separatem Schutzleiter (TN-S) in Sockelleisten- und Installationskanälen installiert. In den Wohnräumen sind in solchen Kanälen zweiadrige Stegleitungen mit PEN (klassische Nullung) verlegt. Bei einigen Wohnungen wurden diese Sockelleistenkanäle beschädigt oder durch die Mieter demontiert, so dass die Leitung ohne besondere Befestigung und Schutz auf dem Boden liegt. Daraus ergeben sich nun folgende Fragen: Als neue Verteilung soll eine Hohlwandverteilung mit FI-Schutzschalter für das Bad auf der Küchenseite im gemeinsamen Schacht (Sanitär, Lüftung, Elektro) zwischen Küche und Bad installiert werden. Ist eine Trennung des Elektrosteigeschachtes vom HLS-Teil notwendig und wenn nicht, benötigt dann die Verteilung eine besondere Schutzart? Besteht für die in den Wohnräumen vorliegende „klassische Nullung“ Bestandsschutz oder ist dieser mit dem Ende der Übergangsfrist für Bestandsschutz in Plattenbauten laut Einigungsvertrag am 01.01.2006 aufgehoben? Die Verlegung von Stegleitungen in Sockelleisten- und Installationskanälen entspricht laut TGL 200-0613 nicht der zugelassenen Verlegeart (zugelassen: in oder unter Putz). Somit ist die Anlage nicht entsprechend der damaligen Vorschriften errichtet worden und muss unserer Meinung nach auch in den Wohnräumen erneuert werden, da hier kein Bestandsschutz mehr gilt. Ist unsere Auffassung richtig oder gab es hierfür in den damaligen Vorschriften irgendwelche Befreiungen oder Erleichterungen bezüglich der Verlegung von Stegleitungen? ! Zulässige Verlegeart von Stegleitungen. Es ist anzunehmen, dass bei dem Einschätzen der in den WBS-70-Plattenbauten aus den Jahren 1984 bis 1986 verlegten Leitungen ein Irrtum vorliegt. Stegleitungen gehörten zu dieser Zeit nicht mehr zu den Leitungssortimenten der Kabel- und Leitungshersteller der DDR. Stegleitungen NYF für die Imputzinstallation und Sonderstegleitungen NSFYY für die Unterflurinstallation (Horizontalinstallation) wurden zu dieser Zeit (etwa ab 1980) abgelöst durch Zwillings-Installationsleitungen NIZAY 2 · 2,5 mm2 Al und Drillings-Installationsleitungen NIDAY 3 · 2,5 mm2 Al. In Tabelle 1 der TGL 200-0613 finden sich diese Leitungstypen unter Nr. 6, aber nicht mehr Steg- und Sonderstegleitungen [1]. Dort ist auch zu entnehmen, dass diese Leitungen wie folgt eingesetzt werden durften: · unter Putz, · im Putz, · unter Flur, · in nicht begehbaren Zwischendecken, · auf Putz hinter Verkleidungen sowie · auf Holz, Karton, Span- oder Faserplatten. Steg- und Sonderstegleitungen waren unter dieser Voraussetzung nicht mehr erforderlich. Wo Leitungen unmittelbar berührt werden können, z. B. wenn ein Fußleistenkanal nicht vorhanden ist oder entfernt wird, waren und sind diese Leitungen auch jetzt unzulässig. Hier fehlt der Teil der Isolierung, der z. B. bei Mantelleitungen zur Zuordnung zur Schutzklasse II Voraussetzung ist. Die NIZAY- und NIDAY-Leitungen waren genormt nach TGL 21804/09, worüber Tabelle 22 in [1] Auskunft gibt. Mit diesen Leitungen wurden die Baugruppen des Konfektionierten Leitungs-Installations-Systems (KLI-System) gemäß einer Projektierungs- und Montagerichtlinie eingesetzt, wobei die Leitungen entweder in Fußleistenkanälen oder im Fußboden verlegt wurden [2]. Wer diese Zwillings- und Drillings-Installationsleitungen nicht kennen gelernt hat, kann schon auf den Gedanken kommen, es mit einer Stegleitung zu tun zu haben. Auch sie verfügt über Stege. Zu erkennen ist sie an ihrer beigefarbenen Isolierung sowie an dem durchgehenden grünen Streifen am Schutzleiter. Kabel und Leitungen waren eigentlich immer ein Engpass, so dass eine Verwechselung mit Stegleitungen eigentlich kaum in Betracht kommen dürfte. Um jedoch Verwechselungen auszuschließen, sollten man zur Sicherheit noch eine Prüfung vor Ort vornehmen. Bestandsschutz für die NIZAY- und NIDAY-Leitungen. Vorausgesetzt, dass bei der Prüfung vor Ort nichts Gegenteiliges festgestellt wird, so entsprechen die Leitungen und die Art der erfolgten Verlegung den Normen. Unter den in der Anfrage genannten Mängeln ist aber zu prüfen, ob die Elektrosicherheit gegenwärtig noch gewährleistet ist. Wo die Leitungen ohne Schutz unbefestigt auf dem Boden liegen, ist das in jedem Falle zu verneinen, weil die Leitungen unmittelbar berührt werden können, was im Widerspruch zur Norm steht [1]. Es stellt sich die Frage, ob bei Beschädigungen von Sockelleisten und mehr noch von Leitungen davon ausgegangen werden kann, dass die Sicherheit der Mieter oder Wohnungseigentümer gewährleistet ist. Wer sich ohne Prüfung der Anlagen für eine Weiternutzung entscheidet, übernimmt damit dann auch die Verantwortung dafür. Immer wieder wird vom Bestandsschutz gesprochen. Keine Norm enthält eine Festlegung, die es untersagt, alte Anlagen durch neue zu ersetzen, sie zu modernisieren oder zu erweitern. Umgekehrt wurde bisher nur in seltenen Fällen eine Anpassung alter Anlagen an neue Normen gefordert und wird im Zuge der europäischen Normung wohl völlig unterbleiben. Auch die klassisch genullten Wohnzimmer können so belassen werden, wenn der Eigentümer oder Nutzer das so will. Gut beraten ist er immer dann, wenn er dem Rat der mit einer Prüfung beauftragten Elektrofachkraft folgt. Es gibt heute auch bei der Wohnungsinstallation viele gute Gründe, darunter auch Forderungen an die EMV-Verträglichkeit, die eine Abkehr von der klassischen Nullung als notwendig erscheinen lassen. Nach meiner Auffassung erfordert die Verbindungstechnik einen nicht unerheblichen zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand, wenn die vorhandenen NIZAY- und NIDAY-Leitungen an neue Verteiler angeschlossen werden sollen. Sie sind prinzipiell nur für Kupferanschlüsse vorgesehen. Es sind sichere Anschlüsse gefordert, deren relative Übergangswiderstände unter dem Wert Eins liegen sollten, damit die Isolierung im Klemmenbereich keine Schäden durch zusätzliche Erwärmung aufweist. Als besonders kritisch sind PEN-Leiterverbindungen 2,5 mm2 Al mit 1,5 oder 2,5 mm2 Cu anzusehen. Bei einer Unterbrechung liegt dann das Gehäuse eines fehlerfreien Betriebsmittels der Schutzklasse I unter Spannung. Hier wäre auch zu prüfen, ob die abgehenden Leiter vom Verteiler überhaupt bis an die Anschlüsse im Hohlwandverteiler herangeführt werden können oder ob ggf. noch außerhalb des Verteilers Verbindungen erforderlich sind. Betrachtet man den zusätzlichen Aufwand, der bei einer Weiternutzung zur Gewährleistung der Elektrosicherheit betrieben werden muss, so fällt die Entscheidung zugunsten einer Neuinstallation mit TN-S-System vielleicht schon leichter. Hohlwandverteiler statt Haubenverteiler. Da die neuen Wohnungszuleitungen auch im Installationsschacht verlegt werden, ist der Hohlwandverteiler die beste Lösung. Es muss aber in jedem Fall geprüft werden, ob dort für die Zukunft ausreichend Platz zwischen dem Küchenunter- und -oberschrank zur Verfügung steht. Wo irgendwann einmal die Bus-Technik zum Einsatz kommen soll, müssen dafür die Spannungsversorgung, Drossel und andere erforderliche Betriebsmittel Platz finden. Um dies alles dort unterbringen zu können, wie es in DIN 18015-2 gefordert ist, dürfte dann ein dreireihiger Verteiler notwendig sein [3]. Trennung des Elektrosteigeschachtes vom HLS-Teil. Von Bedeutung ist hier vor allem, dass - gemäß der grau unterlegten nationalen Anmerkung zum Unterabschnitt 528.2.1 in DIN VDE 0100-520 - Kabel und Leitungen so verlegt werden, dass sie im ungestörten Betrieb keinen schädigenden Einflüssen durch Gas-, Wasser- und Dampf-EP0207-92-99 23.01.2007 8:57 Uhr Seite 98 leitungen ausgesetzt sind [4]. Bei entsprechendem Abstand kann Erwärmung wohl ausgeschlossen werden. Anders ist das schon bei Wasseraustritt. Defekte an Rohrleitungen treten bei gestörtem Betrieb auf. Aber auch hier kann vorbeugend etwas getan werden. Der Abstand sollte so gewählt werden, dass bei Arbeiten an Elektroanlagen keine Schäden an Wasseranlagen und umgekehrt bei Arbeiten an Wasseranlagen keine Defekte an Elektroanlagen eintreten können. Die Hohlwandverteiler und andere elektrische Betriebsmittel (z. B. Verbindungskästen) sollten demnach einen Schutz gegen Spritzwasser (IP X4) oder gegen Strahlwasser (IP X5) erhalten, wenn keine sichere Trennung der Anlagen erfolgen kann. Literatur [1] TGL 200-0613/02:1987-10 Leitungen in elektrischen Anlagen; Einsatz in Starkstromanlagen. [2] Konfektioniertes Leitungs-Installations-System (KLI-System); Projektierungs- und Montagerichtlinie Bauakademie der DDR; Institut für Wohnungs- und Gesellschaftsbau; Bauinformation DDR Berlin, 1986. [3] DIN 18015-2:2004-08 Elektrische Anlagen in Wohngebäuden; Teil 2: Art und Umfang der Mindestausstattung. [4] DIN VDE 0100-520/VDE 0100-520: 2003-06 Errichten von Niederspannungsanlagen; Teil 5: Auswahl und Errichtung elektrischer Anlagen; Kapitel 52: Kabel- und Leitungsanlagen. H.Senkbeil Ausführung der Erdung bei SK II-Verteilern ? Wie ist die erforderliche Verbindung eines Kombi-Ableiters zur Erde (HES/ HPAS) auszuführen, die außerhalb der Verteilung liegt - reicht eine Aderleitung oder müsste es mindestens NYM sein? Ist eine Erdungs-/PE-Schiene, die innerhalb einer Schutzklasse-II-Verteilung montiert ist, dafür berührungssicher abzudecken? ! Erdungsleitung. Leitfähige Teile dürfen nur dann die Isolierumhüllung eines Verteilers der Schutzklasse II (SK II) durchdringen, wenn sie mit einer Isolierung versehen sind, die der Isolierung von Betriebsmitteln der SK II entspricht. Laut der Aussage in DIN VDE 0298-3 sind bestimmte Bauarten von Leitungen und Kabeln „geeignet für Schutzklasse II“. Somit dürfen sie also in Betriebsmittel der Schutzklasse II eingeführt werden, ohne dadurch die Schutzklasse aufzuheben [1]. Dazu zählen unter anderem PVC-Installationsleitungen (NYM). Berührungsschutz. Im nationalen Vorwort der DIN VDE 0100-410 finden sich bezüglich der Anforderungen an den Berührungsschutz in SK-II-Verteilungen entsprechende Stellungnahmen des UK 221.3 „Schutzmaßnahmen“ und des UK 431.1 „Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen“ [2]. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: Innerhalb von SK-II-Verteiler dürfen Schutz-, PEN-, Potentialausgleichs- sowie sonstige geerdete Leiter nicht an berührbare Körper und/ oder leitfähige Teile angeschlossen werden. Die Schutzklasse II bleibt jedoch erhalten, wenn Folgendes beachtet wird: · Die genannten Leiter dürfen nur über isoliert aufgebaute Anschlussstellen geführt werden, deren Isolierung dem Isolationsniveau der Außenleiter entspricht. · Die Anschlussstelle darf aus isoliert aufgebauten, blanken Schienen mit entsprechenden Anschlussklemmen bestehen. An mindestens einem Ende der Schiene muss eine gut sichtbare Kennzeichnung erfolgen (z. B. Klebeband Grün-Gelb, Beschriftung „PE“, Schutzleitersymbol nach DIN 40011). · Freie Enden von Schienen müssen nicht abgedeckt werden. Literatur [1] DIN VDE 0298-3/VDE 0298-3:2006-06 Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen; Teil 3: Leitfaden für die Verwendung nicht harmonisierter Starkstromleitungen. [2] DIN VDE 0100-410/VDE 0100-410:1997-01 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Schutzmaßnahmen; Schutz gegen elektrischen Schlag. V. Raab LESERANFRAGEN EP0207-92-99 23.01.2007 8:57 Uhr Seite 99
Autor
- H. Senkbeil
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