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Elektrotechnik | Arbeits- und Gesundheitsschutz

Haftung der Fachkraft für Arbeitssicherheit

ep2/2010, 1 Seite

In der Literatur wird die folgende Auffassung vertreten (Auszug aus Berufsgenossenschaft BGHW): „Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte haben in ihrer unterstützenden Funktion keine Garantenstellung, da die Pflicht, Unfälle zu verhindern, dem Unternehmer bzw. dem betrieblichen Vorgesetzten obliegt.“ Folgender Fall machte mich nachdenklich: Gegen eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi) wird wegen fahrlässiger Brandstiftung ermittelt. Der Sachverhalt: In einer Maschine entzündeten sich Aluminiumstäube, woraufhin die Maschinen sowie die Halle, in der die Maschinen standen, teilweise abbrannten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegenüber der FaSi lautete, sie habe den Betriebsleiter mangelhaft beraten bzw. nicht die Anpassung einer Gefährdungsbeurteilung veranlasst. Ich kann der Staatsanwaltschaft insoweit folgen, dass die FaSi diese Gefahr hätte erkennen können bzw. müssen, denn die FaSi hat Aufklärungs- und Beratungspflichten und ihr Wissen über betriebliche Risiken ist aufgrund der Ausbildung in vielen Fällen umfangreicher. Ist der beschriebene Vorwurf gegenüber der FaSi berechtigt?


Dass eine FaSi in dieser Funktion keine Garantenstellung einnimmt, sondern für „Unterstützen, Beraten und Hinwirken“ zuständig ist, ergibt sich ja aus dem ASiG [1]. Unabhängig davon, dass die FaSi automatisch eine „Notweisungsbefugnis“ hat, kann der Unternehmer ihr anhand einer ausdrücklichen Erklärung Weisungsbefugnis übertragen und ihr damit eine Garantenstellung zuweisen.
Eine haftungsbegründende und insoweit auch „kritische“ Situation kann sich für eine FaSi ergeben, die nicht am Schreibtischsessel klebt sondern den „Fronteinsatz“ vorzieht. Dann sollte sie jedoch die „Kunst beherrschen“, die Führungskräfte und Mitarbeiter mit aktivem Einsatz über die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu beraten und auch deren Notwendigkeit mit Überzeugung „zu verkaufen“, aber auf unmittelbare Eingriffe mit direkten Anweisungen an Mitarbeiter und deren Vorgesetzte unbedingt verzichten. Sonst ist nicht auszuschließen, dass der Staatsanwalt eine FaSi als einen „selbsternannten Quasi-Vorgesetzten“ einstuft. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch die Mitarbeiter der FaSi das so sehen.
Dass die Rechtssprechung bezüglich der Verantwortung und Haftung einer FaSi in diese Richtung tendiert, zeigen Äußerungen in Rechtsprechung und Literatur, die die Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi) und den Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) gleichbehandelt sehen wollen. So wird Verantwortung für die Arbeitssicherheit nicht in erster Linie bei dem Unternehmer und den Führungskräften, sondern bei diesen beiden Personen gesehen. Interessant ist auch der Fall „Semper-Oper“ (Dresden). Dort wurde ein Koordinator verurteilt, obwohl er „kein Vorgesetzter war und deshalb keine rechtliche Verpflichtung hatte, die ‘notwendige Flutung’ durchzuführen“. Der Koordinator hatte aber „wegen des ihm eigenen Pflichtbewusstsein die tatsächliche Verantwortung an diesem Tage übernommen und konkrete Anweisungen erteilt“ (entnommen aus einer Urteilsbesprechung im „Sicherheitsingenieur“). Siehe hierzu auch das Urteil des Amtsgerichts Obernburg mit Aktenzeichen CS103 Js2067/01. Darin geht es um die Verurteilung eines SiGeKos mit der Begründung, er habe notwendige Arbeitsschutzmaßnahmen nicht konkret festgelegt.
Die Staatsanwaltschaft wird prüfen müssen, ob eine mangelhafte Beratung durch die FaSi tatsächlich die den Schaden auslösende Ursache war, oder nicht doch in unterlassener (bzw. mangelhafter) Aufsichtsführung des zuständigen Vorgesetzten zu finden ist. Meines Erachtens müssen sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in erster Linie in Richtung Vorgesetzten (Garantenstellung) bewegen, doch ohne genauere Kenntnis der Details ist eine abschließende Äußerung nicht möglich.

Quellen

ASiG – Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 (BGBl. I S. 1885); zuletzt geändert durch Artikel 226 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407).


Autor
  • J. Schliephacke
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