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Elektrotechnik | Messen und Prüfen

Gerätedaten für die Wiederholungsprüfung

ep9/2010, 2 Seiten

Unsere mit der Prüfung nach DIN VDE 0701-0702 beauftragten Elektrofachkräfte haben einige offene Fragen, da ihnen bei vielen Prüfungen die Entscheidung freigestellt wird. Woher sollen sie wissen, welche leitfähigen Geräteteile mit dem Schutzleiter verbunden sind, wenn sie das Gerät zur Wiederholungsprüfung nicht öffnen dürfen? Die Gerätehersteller müssten mehr in die Pflicht genommen werden und den Prüfern nähere Angaben über die einzelnen Prüfschritte sowie technische Daten der Prüfung liefern. Ohne diese Angaben hat der Prüfer doch keine Rechtssicherheit, wenn er unterschreibt, dass er eine "normengerechte Prüfung" vorgenommen hat.


Sicherlich ist es nötig und möglich, dass der Hersteller eines Geräts bestimmte, das Gerät charakterisierende „Bemessungswerte“ angibt, die dann auch vom Prüfer bei der Wiederholungsprüfung verwendet werden können. Dies wäre beispielsweise der durch die Beschaltungen im Gerät verursachte Schutzleiterstrom (Ableitstrom), der durchaus den in der Norm empfohlenen Grenzwert überschreiten kann und somit dem Prüfer bekannt sein muss, um den Prüfling korrekt beurteilen zu können. Es ist vorgesehen, diese Angabe Schritt für Schritt in die zum großen Teil ja harmonisierten europäischen Normen der verschiedenen Erzeugnisse aufzunehmen – doch bis dies tatsächlich vollständig durch - gesetzt werden kann, werden einige Jahre vergehen.
Ähnliches für die vom Anfragenden genannten Merkmale der Erzeugnisse zu versuchen, ist völlig sinnlos. Die Wiederholungsprüfung ist ja nun wirklich nicht der Nabel der Welt. Die Hersteller werden sich kaum überzeugen lassen, dass sie sich diese zusätzliche Mühe machen sollten.
Und selbst wenn diese Angaben in die Dokumentation der Geräte aufgenommen würden, wäre es ein Schildbürgerstreich. Die Sache ginge nach hinten los, weil der Prüfer
  • sich nach diesen Angaben richten müsste, auch wenn er sie für falsch/veraltet hält,
  • in der ihm durch die Betriebssicherheitsverordnung [1] gesetzlich zugesprochenen Freizügigkeit wieder eingeschränkt würde,
  • sein Prüfgerät vielfach von Messung zu Messung neu einzustellen hätte und
  • die Geräte ohne das Vorlegen der dazugehörigen Dokumentation nicht prüfen dürfte.
Außerdem widerspräche eine solche Reglementierung auch der vorgegebenen Sicherheitsphilosophie, nach der von dem Verantwortlichen stets eine Gefährdungsanalyse/ Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und auf deren Grundlage über die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr der erkannten Gefährdungen zu entscheiden ist. Somit gilt für die Wiederholungsprüfung und den jeweils Verantwortlichen Folgendes:
Der für die Prüfung Verantwortliche muss gemäß BetrSichV [1] und BGV A3 [2]:
  • die Sicherheit gewährleisten,
  • Art, Umfang, Ort und einen Termin der dafür notwendigen Prüfungen festlegen sowie
  • sich alle dafür nötigen, z. B. in Technischen Regeln gesammelten Informationen (Stand der Technik) beschaffen.
Technische Regeln der Prüfung (DIN VDE 0701-0702 [3] u. a.) empfehlen allgemein anerkannte Prüfgänge. Der für die Prüfung Verantwortliche muss entscheiden, was im vorliegenden Fall zweckmäßig ist oder eigenverantwortlich gleichwertige Verfahren anwenden.
Es ist gemäß BetrSichV [1], BGV A3 [2] und DIN VDE 1000-10 [4] auch möglich, die Verantwortung für das Vorbereiten und das Durchführen der Prüfung gegebenenfalls an eine befähigte Person (verantwortliche Elektrofachkraft) zu übertragen. Dieser befähigten Person – einer Elektrofachkraft – obliegt es dann auch, die sich beim Prüfen ergebenden Fragen für ihren Verantwortungsbereich bzw. für das zu prüfende Gerät zu entscheiden.
Diese befähigte Person – nennen wir sie hier „Verantwortlicher Prüfer“ – hat den anderen ihr fachlich zugeordneten Prüfern vorzugeben, wie zu prüfen ist. Dazu hat sie aufgrund ihrer Berufung durch den Verantwortlichen und aufgrund der ihr damit erteilten Weisungsfreiheit nicht nur das Recht sondern auch die Pflicht. Der in der Anfrage geäußerten Feststellung, dass der Prüfer ohne die Angabe aller für die Prüfung erforderlichen Details keine Rechtssicherheit hat, wenn er unterschreibt, dass er eine normengerechte Prüfung vorgenommen hat, muss ich deshalb widersprechen. Es ist genau umgekehrt.
Rechtssicherheit hat der Prüfer dann und nur dann, wenn er auf Grundlage der allgemein-gültigen Technischen Regeln im konkreten Fall selbst – und richtig – z. B. über die Prüfverfahren entscheidet.
Wenn der mit der Prüfung Beauftragte klären möchte, welche berührbaren leitfähigen Teile mit dem Schutzleiter verbunden sind, so reicht zumeist das Besichtigen. Ein solches Teil auf einem Isolierkörper ist höchstwahrscheinlich nicht mit dem Schutzleiter verbunden.
Bei Teilen die in den Isolierkörper hineinragen und nicht in voller Größe zu übersehen sind, kann es anders sein.
Am besten ist es jedoch, wenn der Prüfende außer dem Besichtigen an all diesen Teilen
  • zunächst die Messung des Schutzleiter - widerstands und dann
  • auch die Messung des Isolationswiderstands (berührbares Teil; aktive Teile)
durchführt. Der so entstehende Mehraufwand ist gegenüber den ohnehin durchzuführenden Messungen nur gering.
Beide Messergebnisse zusammen gestatten dem Prüfer, für jedes der berührbaren leit -fähigen Teile eine eindeutige Entscheidung darüber zu treffen, ob der Hersteller einen Schutzleiteranschluss vorgenommen hat oder nicht. Die für eine solche fachliche Entscheidung nötigen Kenntnisse muss zumindest der verantwortliche Prüfer besitzen. Sie werden von einer „Elektrofachkraft für das Prüfen elektrischer Geräte“ ohne Wenn und Aber verlangt.
Es gibt mehrere Fachbücher, in denen eigentlich über alle in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen informiert wird. Auch im ep 2/2010 [5] findet sich ein Beitrag zu dieser Thematik.

Quellen

Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV vom 27. September 2002, zuletzt geändert durch Artikel 8 der Verordnung vom 18. Dezember 2008.

BGV A3/GUV V A3 Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ vom 1. April 1979 in der Fassung vom 1. Januar 1997 mit Durchführungsanweisungen vom Oktober 1996. Aktualisierte Nachdruckfassung 2005.

DIN VDE 0701-0702 (VDE 0701-0702):2008-06 Prüfung nach Instandsetzung, Änderung elektrischer Geräte – Wiederholungsprüfung elektrischer Geräte; Allgemeine Anforderungen für die elektrische Sicherheit.

DIN VDE 1000-10 (VDE 1000-10):2009-01 Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen.

Bödeker, K.; Egyptien, H.-H.: Verantwortung der Fachkraft beim Umsetzen der Normen. Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2; S. 138–141.


Autor
  • K. Bödeker
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