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Elektrotechnik | Installationstechnik | Kabel und Leitungen

Erweiterung von Steckdosenstromkreisen mit klassischer Nullung

ep9/2010, 1 Seite

Leider sind auch etwa 20 Jahre nach der Wende immer noch alte zweiadrige Aluminiumleitungen in Wohnungen zu finden, die zum Anschluss von Schuko-Steckdosen verwendet wurden. Ist es noch zulässig, den vorhandenen Steckdosenstromkreis mit der klassischen Nullung (2 x 2,5 mm² Al) zu erweitern, um z. B. eine weitere Steckdose oder einen elektrischen Rollladen mit Schutzleiteranschluss anzuschließen (ab dem Abzweigpunkt mit NYM-J 3 x 1,5 mm²)? Muss diese eine Steckdose dann mit einem zusätzlichen Schutz durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) mit maximalem Bemessungsdifferenzstrom von 30 mA ausgestattet sein, oder darf darauf verzichtet werden, da ja alle anderen Steckdosen in dem Raum auch keinen zusätzlichen Fehlerstrom-Schutz haben?


Geltungsbereich von TGL-Standards. Bevor ich detaillierter auf die Fragen eingehe, sei hier zu dem Umgang mit den gemäß TGL-Standards errichteten Anlagen Folgendes vorangestellt, um einigen nicht zutreffenden Vorstellungen entgegen zu wirken, die im Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten stehen:
  • Seit dem 3. Oktober 1990 gilt in ganz Deutschland einheitliches Bundesrecht. TGL-Standards haben keine Gesetzeskraft mehr. Sie gelten aber weiterhin als Normen für bestehende, in der ehemaligen DDR errichtete Anlagen. Das ist der Grund, weshalb 20 Jahre nach der Wende noch immer alte Anlagen aus dieser Zeit vorhanden sind. Ein Abriss dieser Anlagen wird weder in Gesetzen noch in den DIN-VDENormen gefordert. Sie bestehen wie nach den VDE-Bestimmungen errichtete Anlagen auch künftig weiter, sofern der Eigentümer und Betreiber sich nicht zu einer Neuinstallation entschließt. Ebenfalls gibt es keinerlei Festlegungen, die einen Ersatz von nach TGL errichteten Anlagen durch Anlagen nach VDE fordern.
  • Um ein einheitliches Sicherheitsniveau in ganz Deutschland zu gewährleisten, hat das Komitee 221 der DKE (Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE) Regelungen zur Anpassung bestehender Anlagen in den neuen Bundesländern geschaffen. Diese sind in den Anhängen A und C im Beiblatt 2 zu DIN VDE 0100 [1] zusammengefasst .
Daraus ergibt sich, dass
  • alte Anlagen einschließlich der Aluminiumleitungen wie zuvor erwähnt beibehalten werden können;
  • ein geänderter Teil einer Anlage DIN-VDE-Bestimmungen entsprechen muss;
  • solche Anpassungen „nachgeholt“ werden müssen, die in „alten VDE Bestimmungen“ gefordert wurden und in den alten Bundesländern als erfüllt gelten (z. B. Nachrüstung des Schutzes beim indirekten Berühren in Räumen mit einem ehemals isolierenden Fußboden).
Anschluss einer Steckdose oder eines Rollladens an klassisch genullten Stromkreis. Der genannte klassisch genullte Stromkreis mit 2 x 2,5 mm2 Al darf erweitert werden. Nach den Festlegungen in Anhang A von [1] ist dies ab Abzweigpunkt bei kleinen Querschnitten unter 10 mm2 nur mit Cu-Leitungen zulässig, (z. B. Mantelleitungen 3 x 1,5 mm2 Cu mit grün-gelber, blauer und brauner Ader). Die Anpassung von Anlagen in den neuen Bundesländern hat seit dem 03.10.1990 nach Anhang A von [1] zu erfolgen.
In Wohngebäuden galt in der ehemaligen DDR die Nullung mit nicht stromführendem Schutzleiter für Bade- und Duschräume sowie auch für Küchen gemäß TGL 9552/06 [2] bereits ab Oktober 1984. Allerdings waren damals Aluminiumleitungen vorgeschrieben.
Zusätzlicher Schutz durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD). Nach Abschnitt 411.3.3 in DIN VDE 0100-410 [3] muss in Endstromkreisen jetzt ein zusätzlicher Schutz durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit maximalem Bemessungsdifferenzstrom von 30 mA in den folgenden Fällen vorgesehen werden:
a) Steckdosen mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 20 A, die für die Benutzung durch Laien sowie zu einer allgemeinen Verwendung bestimmt sind. Das gilt auch für dreipolige Steckdosen. In einer Anmerkung hierzu wird auf zwei Ausnahmen verwiesen, die in dem vorliegenden Fall nicht in Betracht kommen und auf die hier nicht eingegangen wird. Zusätzlicher Schutz für Steckdosen ≤ 20 A bedeutet, dass der Stromkreis selbst nicht in den Zusatzschutz einbezogen werden muss. Die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) kann direkt vor der Steckdose angeordnet sein oder mit dieser kombiniert werden. Es ist möglich, FI-Steckdosen einzusetzen, wenn diese DIN VDE 0100-530 [4] entsprechen. Gemäß Anhang A in [4] kommen Ausführungen nach DIN EN 61008-1 (VDE 0664-10) [5] in Betracht. Zu beachten ist, dass der Neutralleiter, nicht aber der PEN-Leiter, nicht durch die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) geführt wird. Der Anlagenteil ab Abzweigpunkt gilt als Neuanlage. Auf die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit Bemessungsdifferenzstrom ≤ 30 mA darf nur verzichtet werden, wenn eine Steckdose dort nicht vorgesehen wird. Die vorhandenen Steckdosen können durch FI-Steckdosen ersetzt werden; dies ist aber nicht zwingend erforderlich.
b) Endstromkreise für im Außenbereich verwendete tragbare Betriebsmittel mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 32 A. Abweichend von a) muss hier der Stromkreis und nicht nur das Betriebsmittel (hiermit ist vermutlich ein tragbares Verbrauchsmittel gemeint) durch eine Fehlerstrom- Schutzeinrichtung mit einem Bemessungsdifferenzstrom ≤ 30 mA geschützt werden.

Quellen

Beiblatt 2 zu DIN VDE 0100 (Beiblatt zu VDE 100):2001-05 Errichten von Niederspannungsanlagen; Verzeichnis der einschlägigen Normen und Übergangslösungen.

TGL 9552/06:1984-07 Wohngebäude; Elektrotechnische Anlagen.

DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4- 41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag.

DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530): 2005-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 530: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Schalt- und Steuergeräte.

DIN EN 61008-1 (VDE 0664-10):2010-01 Fehlerstrom-/Differenzstrom-Schutzschalter ohne eingebauten Überstromschutz (RCCBs) für Hausinstallationen und für ähnliche Anwendungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen.


Autor
  • H. Senkbeil
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