Erstprüfung steckerfertiger elektrischer Betriebsmittel
Inzwischen hat allerdings der Bundesgerichtshof (BGH) 2008 in einem Urteil (Aktenzeichen VIII ZR 321/07) vom 15.10.2008 festgestellt, dass ein Vermieter nicht gesetzlich dazu verpflichtet ist, die Elektroinstallation und -geräte im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht regelmäßig einer Generalinspektion zu unterziehen. Insofern muss die in [1] getroffene Aussage entsprechend korrigiert werden.
Wie bereits das Landgericht Osnabrück, kam auch der Mietsenat des BGH zu dem Ergebnis, dass es keine rechtliche Verpflichtung zu der regelmäßigen Generalinspektion der Elektroleitungen und der elektrischen Anlagen gebe. Der Vermieter müsse zwar Mängel, von denen eine Gefahr für die Mietwohnung ausgehen könnte, unverzüglich beheben, ohne einen konkreten Anlass oder Hinweise auf Mängel bestehe jedoch keine Pflicht zur regelmäßigen Prüfung.
Keinen Zweifel hat der BGH allerdings daran gelassen, dass den Vermieter die vertragliche Nebenpflicht trifft, die Mietsache in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Die Gewissheit, dass er dieser Vorgabe genügt, kann der Vermieter wiederum nur durch freiwillige regelmäßige Prüfungen erhalten. Das Unterlassen der rechtzeitigen Prüfungen führt gegebenenfalls zu Schadensersatzansprüchen (§ 823 ff. BGB [2]).
Eine diese Rechtsprechung ergänzende, die Seniorenheime, Behinderteneinrichtungen usw. betreffende allgemeingültige Vorgabe gibt es nicht. Jedenfalls konnte ich eine derartige Veröffentlichung (gesetzliche Vorgabe oder offizielle, amtliche Literatur) nicht finden – weder 2006 noch jetzt, weder für Anlagen noch für die steckerfertigen Geräte.
Ich möchte auch behaupten, dass es nicht möglich ist, eine solche allgemeingültige und trotzdem konkrete Prüfpflicht für die zuvor genannten Einrichtungen zu formulieren. Die Unterschiede von Einrichtung zu Einrichtung und auch innerhalb z. B. eines Seniorenheimssowie der sich daraus ergebende Umfang und die unterschiedliche Art der Betreuung/Fürsorgepflicht sind so erheblich, dass sich daraus eine Unmenge organisatorischer Lösungen ergeben, die nicht auf einen einzigen konkreten Nenner gebracht werden können. Sicherlich gibt es in der beschriebenen Einrichtung Personen/Bewohner,
- die völlig selbstständig entscheiden, auch über den Einkauf und Gebrauch der Elektrogeräte (diese werden sich Einschränkungen verbitten),
- denen beim Einkauf usw. und auch beim Gebrauch (montieren der Weihnachtbaumbeleuchtung) geholfen werden muss (für den Betreuer ist das elektrische Gerät dann so gut wie ein Arbeitsmittel),
- die nicht in der Lage sind, mit elektrischen Geräten richtig umzugehen (dann muss organisiert werden, dass sie die Geräte nur unter Aufsicht erhalten, anwenden usw.).
In Anbetracht der geschilderten Situation kann ich auf die Anfrage nur wie folgt antworten: Eine allgemeingültige Vorgabe, mir der alle Belange für die Organisation der Prüfung von elektrischen Geräten in Behinderteneinrichtungen usw. erfasst werden, gibt es nicht – und es wird sie nach meiner Meinung auch künftig nicht geben.
Trotzdem hat der Anfragende natürlich die Pflicht, gemäß den grundsätzlichen Vorgaben des BGB [2], der Betriebssicherheitsverordnung [3], der Technischen Regeln, von Moral und Anstand usw., für die Sicherheit der Bewohner, seiner Mitarbeiter/Beschäftigten und der Sachwerte zu sorgen. Es ist dabei gar nicht wesentlich, ob er nun die vorhandenen, angeschafften oder geschenkten elektrischen Geräte als Arbeitsmittel betrachten oder nicht. Es muss in jedem Fall gesichert werden, dass keines von diesen elektrischen Geräten in der von ihm geleiteten Behinderteneinrichtung einen Personen- oder Sachschaden verursacht. Das liegt in seiner Verantwortung.
Die Anforderungen an die Sicherheit ändern sich nicht, wenn die Geräte einer anderen organisatorischen Kategorie zugeordnet oder umbenannt werden.
Wie der Anfragende dieser Pflicht nachkommt, muss er für jede spezielle Personengruppe, entsprechend der jeweiligen Bedingungen selbst festlegen. Nur er hat die erforderlichen Kenntnisse, um eine solche Festlegung fachgerecht und kostengünstig, vor allem aber verantwortungsbewusst treffen und umsetzen zu können.
Diese Verfahrensweise entspricht der mit dem Arbeitsschutzgesetz [4] und der Betriebs - sicherheitsverordnung [3] für praktisch alle Arbeitsgebiete vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung. Eine bessere Methode, um über die jeweils erforderlichen organisatorischen sowie technischen Maßnahmen und über das richtige Verhalten der beteiligten Personen entscheiden zu können, gibt es nicht. Dies gilt für alle Lebenslagen, in denen Wege zur Sicherheit verantwortungsbewusst ausgewählt werden müssen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich sehr wohl, was das Umsetzen dieser Vorgaben/Vorschläge/ Hinweise bedeutet. Nahezu jede von mir besuchte Seniorenwohnung war ein Problemfall, der sich nicht mit einer formalen „Anweisung des Hauses“ lösen lies. Und eigentlich hatte keiner der Verantwortlichen diese Problematik völlig im Griff.
Beispielsweise wird ja selbst jede einwandfreie Mehrfach-Tischsteckdose in der Küche einer Seniorenwohnung zur Gefährdung, weil sie, neben der Kaffeemaschine liegend, ebenfalls mit Wasser versorgt werden kann. Eine kostspielige Erweiterung der Installation ist dann wohl nicht zu umgehen. Ebenso werden andere sicherheitstechnische Erkenntnisse kaum und sicher nicht schnell umsetzbar sein.
Sinnvolle Maßnahmen sind aus meiner Sicht aber vor allem:
- eine durchdachte und oftmals wiederholte Unterweisung aller Mitarbeiter über die beim Umgang mit elektrischen Geräten möglichen Gefährdungen sowie auch eine entsprechende Information der Bewohner über diese Gefährdungen und den richtigen Umgang mit den Geräten (Tafel {1}),
- die regelmäßige Sichtkontrolle aller Räume mit elektrischen Geräte durch eine Elektrofachkraft oder eine elektrotechnisch unterwiesene Person, die auch in der Lage ist, dann eine entsprechende Information der Bewohner vornehmen,
- eine geduldige Information der Bewohner über die in ihrem Interesse erforderliche Kontrolle aller in das Haus kommenden elektrischen Geräte im Zusammenhang mit der erwähnten Sichtkontrolle.
Quellen
Bödeker, K.; Melzer, E.: Besonderheiten beim Prüfen in Seniorenheimen. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 5; S. 382386.
Bürgerliches Gesetzbuch BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977).
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) vom 27. September 2002 (BGBl. I S. 3777), zuletzt geändert durch Artikel 8 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768).
Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch Artikel 15, Absatz 89 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160).
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- K. Bödeker