Betriebsführung
Betriebliche Altersvorsorge - als Chef in der Pflicht
ep9/2003, 3 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 9 675 BETRIEBSFÜHRUNG Einen „Königsweg“ gibt es nicht Für welche Lösung sich ein Unternehmen entscheidet (Tafel ), hängt ganz von den Prioritäten ab, die in diesem Zusammenhang wichtig sind. Wenn vor allem das Haftungsrisiko auf ein Minimum begrenzt und zugleich keine Zwangsbeiträge an den Pensions-Sicherungsverein (PSV) gezahlt werden sollen, wird die Pensionskasse und Direktversicherung bevorzugt. Wer als Unternehmer die Beeinflussung der eigenen Bilanz durch Pensionsrückstellungen vermeiden möchte, kann das auf den genannten vier Durchführungswegen realisieren mit Ausnahme der Direktzusage. Wenn möglichst wenig Verwaltungsaufwand betrieben werden soll, fällt die Entscheidung zugunsten der Pensionskasse, dem Pensionsfonds oder der Direktversicherung aus. Steht größtmögliche Vorsorge-Sicherheit für die Beschäftigten im Vordergrund, sind Pensionskasse, klassische Direktversicherung und rückgedeckte Unterstützungskasse die günstigste Lösung. Wird dagegen angestrebt, die Renditechancen für die Mitarbeiter möglichst günstig zu gestalten, kommen insbesondere der Pensionsfonds, die Pensionskasse mit fondsgebundenem Tarif oder auch die fondsrückgedeckte Pensionszusage in Frage. Einen „Königsweg“ für die betriebliche Altersvorsorge gibt es nicht, so Vorsorgeexperten. Dazu gibt es viel zu viele Einflussfaktoren aus den Bereichen Arbeits-, Sozial-, Steuer-, Europa- und Insolvenzrecht. Hinzu kommen tarifvertragliche Regelungen in den verschiedenen Branchen, die bei Vertragsabschluss berücksichtigt werden müssen. Das Thema ist sehr komplex, der Beratungsbedarf entsprechend hoch. Mit einem ganzen Heer speziell geschulter Firmenberater und Vermittler warten die Versicherer inzwischen auf. Kleine und mittlere Unternehmen sind dabei besonders im Fokus der Gesellschaften, die sich bei der betrieblichen Altersvorsorge zudem teilweise auch auf bestimmte Branchen spezialisiert haben. Es ist illusorisch zu glauben, dass das Konzept in kürzester Zeit steht. Vorsorgeexperten veranschlagen mindestens zwei bis drei Monate, bis ein solides, wirklich maßgeschneidertes Konzept für die Altersvorsorge der Firma erarbeitet ist - beginnend vom Erstgespräch über Entscheidungs- und Abstimmungsprozesse innerhalb des Unternehmens bis zur konkreten Präsentation. Unabhängige Betriebsrentenexperten einschalten Bei welcher Gesellschaft ist man am besten aufgehoben? Das ist mindestens genauso mühselig zu recherchieren wie die Umsetzung des Konzepts. Das betrifft nicht nur die teilweise sehr unterschiedlichen Kosten, die anfallen können, sondern auch die Vertragsgestaltung im Detail. Schlanke Verwaltung, schnelle und einfache Abwicklungswege, attraktive Rendite und langfristige Sicherheit sind wichtige Kriterien für die Auswahl eines Anbieters. Bei einem kompletten Produktangebot des Versicherers für alle fünf Durchführungswege dürfte es zudem leichter sein, eine wirklich maßgeschneiderte betriebliche Lösung zu finden. Verbraucherschützer raten dazu, auf jeden Fall den Steuerberater sowie unabhängige Betriebsrentenexperten einzuschalten (Kasten). Zählt das Versorgungswerk zu den dauerhaft leistungsstarken Anbietern, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Jahrzehnten noch am Markt sein werden? - Eine Frage, die vorher genau geprüft werden sollte. Das betrifft ebenfalls den Fakt, ob zusätzlich zur Betriebsrente auch Hinterbliebenenabsicherung und Berufsunfähigkeitsschutz angeboten werden. Nicht jede Firma kann oder beabsichtigt von sich aus, eine Betriebsrente anbieten. Für kleinere Betriebe können dann z. B. brancheneigene überbetriebliche Versorgungswerke eine Alternative sein, die auch ausgewählte Kollektivverträge anbieten können. Favorit Direktversicherung Vor allem kleine und mittlere Firmen favorisieren den Klassiker Direktversicherung. Kein Wunder, denn das Konzept ist denkbar einfach: Der Arbeitgeber schließt zugunsten seiner Mitarbeiter eine private Renten- oder kapitalbildende Lebensversicherung ab, zieht die Prämie von ihrem Gehalt ab und überweist sie an den Versicherer. Anspruch auf die Leistungen aus der Police haben die Arbeitnehmer und je nach Vertrag ihre Hinterbliebenen. An ihn bzw. sie wird das Geld später direkt von der Gesellschaft ausgezahlt. Versicherungsnehmer ist der Chef, versichert und bezugsberechtigt der Mitarbeiter. Für den umgewandelten Teil seines Gehaltes greift dann nicht mehr der persönliche Steuersatz, sondern nur der pauschale Steuersatz von 20 % plus Solidaritätszuschlag (Tafel ) und eventuell Kirchensteuer. Maximal 1752 Euro können so jährlich steuersparend in die betriebliche Direktversicherung investiert werden - in Ausnahmefällen bis zu 2148 Euro. Das ergibt für den Arbeitnehmer u. U. mehrere hundert Euro Steuerersparnis - je nach persönlichem Steuersatz. Werden Urlaubs- oder Weihnachtsgeld oder andere Einmalzahlungen in die Direktversicherung gesteckt, entfallen auch noch die darauf fälligen Sozialversicherungsbeiträge - für die Autor Carla Fritz ist freie Fachjournalistin, Berlin. Betriebliche Altersvorsorge - als Chef in der Pflicht Betriebliche Altersvorsorge - seit über einem Jahr haben alle Beschäftigten einen gesetzlich verbrieften Anspruch, Teile ihres Gehalts steuer- und sozialabgabensparend für den Aufbau einer Betriebsrente zu verwenden. Insgesamt fünf Durchführungswege (Bild ) stehen zur Wahl: Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Direktzusage und Unterstützungskasse. Fünf Varianten der betrieblichen Altersvorsorge: Teile des Gehalts werden steuer- und abgabensparend für den Aufbau einer Betriebsrente verwendet Mitarbeiter genauso wie für den Chef. Das gilt aber nur für Beträge bis 1752 Euro. Zahlt der Arbeitgeber die monatlichen Vorsorgebeiträge für seine Mitarbeiter aus eigener Tasche - z. B. anstelle einer Gehaltserhöhung - fallen die Sozialversicherungsbeiträge dafür komplett flach. Wichtige Ergänzungsbausteine Direktversicherungen gehören folglich auch zum Standardangebot der Versicherer in der betrieblichen Altersvorsorge - häufig ergänzt um weitere Bausteine. Viele Versicherer bieten alle steuerlich zulässigen Varianten einer Direktversicherung an: Die Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall, die klassische Rentenversicherung für sicherheitsorientierte Sparer, außerdem die fondsgebundene Lebensversicherung und fondsgebundene Rentenversicherung - wenn die Rendite im Vordergrund steht, und Risikobereitschaft vorhanden ist. Darüber hinaus können Berufsunfähigkeitsversicherung oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung vereinbart sowie ein Unfalltod-Zusatzschutz mit berücksichtigt werden. Möglich ist auch der Abschluss einer Risikolebensversicherung, die im Todesfall die Familie absichert. Wichtige Hinweise · Leistungen aus einer Renten-Direktversicherung sind nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Das ist ein bestimmter Prozentsatz der Rente und abhängig vom Alter bei Rentenbeginn. Für einen 65-jährigen Rentner liegt er bei 27 % Aufgrund verschiedener Freibeträge bleibt die Rente jedoch in vielen Fällen steuerfrei. · Wer sich das Geld aus der Direktversicherung dann doch lieber auf einen Schlag auszahlen lassen will, erhält dies unter folgenden Voraussetzungen steuerfrei: Der Vertrag muss mindestens zwölf Jahre gelaufen sein. Mindestens fünf Jahre lang müssen Beiträge dafür gezahlt worden sein. Die Aus- Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 9 676 BETRIEBSFÜHRUNG Tafel Die 5 Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge Variante Beschreibung Vorteile für den Arbeitgeber Vorteile für den Arbeitnehmer Direktver- · Abschluss einer Lebens- oder Renten- · kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand · ggf. Steuerersparnis bei pauschaler anstelle sicherung versicherung für den einzelnen Be- und bilanzneutral individueller Lohnversteuerung schäftigten durch den Arbeitgeber · bei Gehaltsumwandlung weitgehend · zusätzliche Vorteile bei steuerfreier Kapital- · Auszahlung als einmaligen Kapital- kostenneutral, ggf. Einsparung v. auszahlung betrag oder als lebenslange Rente Lohnnebenkosten · ggf. geringere Sozialausgaben bei Nutzung von · Arbeitgeber-Haftungsrisiko auf Minimum Sonderzahlungen begrenzt · Beitragsvorteile bei Gruppenverträgen · keine Beiträge an Pensions- · größtmögliche Sicherheit bei klassischer Sicherungsverein (PSV) Direktversicherung mit Gehaltsumwandlung Pensions- · Rechtlich eigenständige Versorgungs- · verwaltungsarm, bilanzneutral · Ausschöpfen der steuerlichen Fördermögkasse einrichtungen · Beiträge als zusätzliche Arbeitgeber- lichkeiten · Arbeitgeber zahlt Beiträge an leistung sozialabgabenfrei - bei Ge- · sozialabgabenfrei als zusätzliche Arbeitgeber-Pensionskasse haltsumwandlung noch bis Ende 2008 leistung - bei Gehaltsumwandlung bis 2008 · Arbeitnehmer erhält dafür eine Leistung · einziger Durchführungsweg, der · neuer Arbeitgeber kann Versorgung ggf. fort- - als lebenslange Rente oder auch sowohl Steuerfreiheit als auch führen Kapitalleistung Pauschalversteuerung nutzen kann · größtmögliche Sicherheit bei Gehaltsum- · branchenbezogene Pensionskassen für · keine PSV-Beiträge zur Insolvenz- wandlung kleine und mittlere Unternehmen sicherung · flexible Beiträge möglich · offene Pensionskassen können von allen · Arbeitgeber-Haftungsrisiko auf Firmen/Beschäftigten genutzt werden Minimum begrenzt Pensions- · rechtlich selbstständige Versorgungs- · verwaltungsarm, bilanzneutral · Ausschöpfen der steuerlichen Fördermöglichfonds einrichtungen, zugelassen seit 2002 · bei Gehaltsumwandlung weitgehend keiten - Beiträge bis zur Höhe von 4 % · im Vergleich zu anderen BAV-Wegen kostenneutral der Beitragsbemessungsgrenze steuerfrei höherer Aktien-Anteil möglich · ggf. Einsparung von Lohnnebenkosten, · höhere Renditechancen bei größerer Risiko- · Arbeitgeber schließt mit Pensions- · Argument im Gehaltsgespräch bereitschaft fonds Vertrag zu Gunsten des Arbeit- · als zusätzliche Arbeitgeberleistung sozial abganehmers ab benfrei - bei Gehaltsumwandlung noch bis 2008 · flexible Beitragszahlung · ggf. Versorgungsübernahme bei Jobwechsel Direkt- · Arbeitgeber sagt dem Mitarbeiter einen · Steuerersparnis durch Bildung von · Steuerbelastung erst ab Leistungsbezug zusage festen Betrag als Altersrente zu, keine Rückstellungen möglich · Flexible Beiträge gesetzliche Aufsicht · Leistungshöhe frei vereinbar · als zusätzliche Arbeitgeberleistung sozial · Unternehmen können Beiträge für die · Beiträge zur Rückdeckungsversicherung abgabenfrei - bei Gehaltsumwandlung noch Mitarbeiterrente in den eigenen Betrieb als Betriebsausgaben abzugsfähig bis 2008 investieren · Anpassung der Versorgungszusage an · Absicherung über Rückdeckungsversiche- wachsendes Einkommen möglich rung, insbesondere für ausgewählte Fach- · Versorgung als Kapitalzusage mit hohem und Führungskräfte u. Gesellschafter- Hinterbliebenenschutz oder als Rentenzusage Geschäftsführer (Spitzenverdiener) möglich Unter- · eigenständige Versorgungseinrich- · hohe Versorgungszusage möglich · zusätzliche Altersversorgung - auch im stützungs- tungen - von einem oder mehreren · gute Kombinationsmöglichkeiten mit Rahmen eines zweiten Arbeitsverhältnisses kasse Unternehmen getragen anderen Durchführungswegen · Steuerersparnis und Ersparnis bei Sozial- · Rente oder einmalige Kapitalleistung · Aufwendungen sind Betriebsausgaben versicherungsbeiträgen · Angebot für gut verdienende Mitarbeiter und mindern Unternehmensgewinn · Beiträge als zusätzliche Arbeitgeberleistung u. Führungskräfte, die bereits · bilanzneutral sozialabgabenfrei - bei Gehaltsumwandlung Pensionskasse oder Direktversicherung noch bis Ende 2008 nutzen · größtmögliche Sicherheit bei rückgedeckter Unterstützungskasse mit Gehaltsumwandlung Tafel Steuervorteil durch Pauschalversteuerung Beispiel: Arbeitnehmer, ledig Zu versteuerndes Einkommen 25 000 Euro Spitzensteuersatz (für die letzten 1752 Euro) nach Grundtabelle 35 % (inkl. Solidaritätszuschlag) Direktversicherung: 1752,00 Euro Pauschalsteuer: 20 % 350,40 Euro Solidaritätszuschl. 5,5 % 19,27 Euro Bruttoaufwand: 2121,67 Euro Steuerersparnis (35 % v. 1725 Euro) ./. 613,20 Euro Nettoaufwand für Direktversicherung 1508,47 Euro BETRIEBSFÜHRUNG zahlung des Kapitals erfolgt frühestens ab dem 60. Lebensjahr. · Werden mehrere Arbeitnehmer gemeinsam in einem Vertrag versichert - Kollektiv- oder Rahmenvertrag - erhöht sich die steuerbegünstigte Einzahlungsgrenze auf 2148 Euro, wenn im Durchschnitt nicht mehr als 1752 Euro pro Arbeitnehmer aufgewendet werden. · Die Direktversicherung lässt als einziger Durchführungsweg der betrieblichen Altersvorsorge relativ große Freiheit beim Hinterbliebenenschutz. Es kann hier z. B. auch jemand als Bezugsberechtigter einbezogen werden, der nicht unbedingt in nächster familiärer Bindung zum Versicherten steht. · Die Versicherer bieten z. T. flexible Beitragszahlung an. Das reicht von verkürzter Zahlungsdauer bis hin zur frei bestimmbaren Höhe der laufenden monatlichen Prämie. Der vereinbarte regelmäßige Beitrag kann hier z. B. aus Überstundenvergütungen oder in Abhängigkeit von Betriebsergebnissen durch Sonderzahlungen aufgestockt werden. Im anderen Fall kann die Police beispielsweise 25 Jahre laufen, Beiträge werden aber vereinbarungsgemäß nur fünf Jahre lang gezahlt. · Auch der Arbeitgeber kann Steuern und Sozialabgaben sparen. Er geht dabei keine betriebsfremden Versorgungsrisiken ein, muss also nicht wie z. B. bei der Direktzusage für bestimmte Verzinsungsgarantien mit dem Betriebsvermögen gerade stehen. Diese Risiken werden auf den Versicherer abgewälzt. EXPERTEN-RAT Der vzbv-Ratgeber „Betriebliche Altersvorsorge“ mit Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema von Arbeitnehmern und Unternehmen sowie einer Übersicht über tarifliche Branchenregelungen zur Gehaltsumwandlung. 7,80 plus 2 Versand. Über: Versandservice vzbv, Postfach 1116, 59930 Olsberg. Tel./Fax: 02962/90 86-49, -47. E-Mail: versandservice@vzbv.de Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba): Rohrbacher Str. 12, 69115 Heidelberg. Tel.: 06221/20619, Fax: 06221/24210, www.aba-online.de Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Friedrichstr. 191, 10117 Berlin. Tel.: 030/2020-50 00, Fax: 030/2020-60 00, www.gdv.de Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), Graurheindorfer Str. 108, 53117 Bonn. Tel.: 0228/422-7777, Fax: 0228/422-7658, www.bafin.de Verbraucherzentralen: über www.vzbv.de (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., Links zu den jeweiligen Verbraucherzentralen in den Ländern) WEB-TIPP 1. Homepages mit Expertenberatung · www.aba-online.de · www.gdv.de · www.bafin.de · www.vzbv.de 2. Homepages von Versicherern · www.allianz.de · www.ruv.de · www.axa.de · www.signal-iduna.de · www.hamburg-mannheimer.de · www.vhv.de · www.rheinland-versicherungen.de · www.bhw.de · www.dbv-winterthur.de · www.gothaer.de · www.inter.de · www.huk.de · www.cosmos.de · www.debeka.de · www.continentale.de · www.das.de Anzeige
Autor
- C. Fritz
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