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Betriebsführung | Recht

Außenstände wirksam einziehen - Die Konten des Schuldners abräumen

ep9/2006, 2 Seiten

Das Girokonto, Kontokorrentkonto – ein so genanntes laufendes Konto – gehört inzwischen zu den beliebtesten Zugriffsobjekten des Gläubigers, wenn ein Schuldner nicht zahlt.


Ein Girokonto hat fast jeder Als der Oberamtmann Johann Georg Schlosser - ein Schwager Johann Wolfgang von Goethes - im Jahre 1774 in der Stadt Emmendingen anordnete, dass der Nachtwächter bei allen mit Schulden belasteten Bürgern morgens um 4 Uhr an die Fensterläden klopfen und laut rufen sollte: „Leute, steht auf und arbeitet, damit ihr Eure Schulden bezahlen könnt!“, da gab es noch keinen bargeldlosen Zahlungsverkehr. „In Deutschland bist Du ohne Girokonto nichts“, stellte man kürzlich fest, als ein Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht wurde, mit dem ein Anspruch auf ein Konto gesetzlich verankert werden soll. Das Girokonto oder laufendes Konto gehört inzwischen zu den beliebtesten Zugriffsobjekten des Gläubigers, wenn ein Schuldner nicht zahlt. Voraussetzungen beachten Vollsteckungstitel. Der Gläubiger muss einen Vollstreckungstitel über eine bestimmte Geldforderung gegen den Schuldner - Privatperson oder Unternehmer - in seinen Händen halten [1], [2]. Das ist die erste Voraussetzung für die Kontenpfändung. Mit diesem Titel, z. B. mit einem Vollstreckungsbescheid, kann der Gläubiger beim Amtsgericht - dem Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohn- oder Firmensitz hat - die Konten des Schuldners pfänden und sich die darauf befindlichen Guthaben zur Einziehung überweisen lassen. D. h., er beantragt dort einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss [3]. Kontobezeichnung. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass der Gläubiger das Geldinstitut, bei dem das Konto geführt wird, benennen kann. Die genaue Bezeichnung der Bank oder Sparkasse als so genannte Drittschuldnerin ist sehr wichtig, während die Angabe der Kontonummer im Pfändungsantrag nicht erforderlich ist (BGH, Monatsschrift für Deutsches Recht 1982, 904). Wenn die Drittschuldnerin eine Bank oder Sparkasse ist, die mit Filialen arbeitet, kann der Pfändungsbeschluss der Zentrale bzw. Hauptstelle, aber auch der Filiale wirksam zugestellt werden. Ab Zustellung besteht für das Geldinstitut Zahlungsverbot gegenüber dem Schuldner. Wie man Konten ermittelt Auf Geschäftsbriefen des Schuldners sind oft Bankverbindungen angegeben. Der Schuldner lässt dort jedoch zumeist in Erwartung von Pfändungen keine Guthaben stehen. Manche Gläubiger haben beobachtet, welche Banken der Schuldner aufsucht und können dort einen Pfändungsversuch unternehmen. Hat der Schuldner einen Wohn- oder Firmensitz in einem Ort, an dem mehrere Geldinstitute ansässig sind, erlaubt inzwischen der BGH (Monatsschrift für Deutsches Recht 2004, 834), bei privaten Schuldnern bei drei Banken gleichzeitig zu pfänden - bei Unternehmen sogar bei mehr als drei Banken zur gleichen Zeit. Der Gläubiger kann ebenfalls versuchen, bei einer oder zwei Banken, die sich nahe der Wohnung oder des Geschäftslokals des Schuldners befinden, eine Einzahlung auf das angebliche Konto des Schuldners vorzunehmen. Das kann auch im Wege der Überweisung an den Schuldner mit Angabe lediglich der Bankleitzahl erfolgen. Die Bank versucht dann, das Geld über ihren Computer bei sich unterzubringen. Auch eine Anfrage bei seiner Hausbank kann gelegentlich nützlich sein. TIPP: Der Gläubiger braucht von einem rechtmäßigen Zugriff nicht deshalb abzusehen, weil die Bank ihm wegen des Bankgeheimnisses diese Vollstreckungsmöglichkeit nicht aufzeigen durfte (BGH, Urteil v. 4.7.1973, VIII ZR 59/72). Konten pfänden und abräumen Vormerken von Ansprüchen Die Pfändung erfasst den gegenwärtigen Saldo zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses, alle künftigen Salden jeweils am Ende eines Vierteljahres sowie die Ansprüche des Schuldners aus dem Girovertrag. Weist das Konto kein Guthaben auf und geht die Pfändung zunächst ins Leere, wird das aber von der Bank vorgemerkt. Gehen später Beträge auf dem Konto ein, werden sie von der Pfändung erfasst. Durch die gleichzeitige Pfändung der Ansprüche aus dem Girovertrag werden die Ansprüche des Schuldners auf fortlaufende Auszahlungen, die sich zwischen den Rechnungsabschlüssen - am 30.3., 30.6., 30.9. und 30.12. - ergebenden Tagesguthaben auf Grund eingehender Zahlungen erfasst. Die Bank darf keinerlei Barauszahlungen an den Schuldner und keine Überweisungen aus dem Konto mehr zulassen. Der Schuldner, dem der Pfändungsbeschluss ebenfalls zugeht, wird allerdings dafür sorgen, dass keine Gelder mehr auf das gepfändete Konto fließen. Pfändungsformel Pfändungsformel für ein Giro-, Festgeld- und Geldmarktkonto: Gepfändet werden die angeblichen Ansprüche aus Girokonten, Festgeld- und Geldmarktkonten des Schuldners an die ... Bank - Drittschuldnerin - auf Zahlung 1. des gegenwärtigen Guthabens nach Saldoziehung 2. aller künftigen Guthaben nach Saldoziehung 3. aller Ansprüche und Forderungen aus dem über die genannten Konten bestehenden Giroverträge, insbesondere auf Gutschrift aller künftigen Eingänge und auf fortlaufende Auszahlung der Guthaben sowie auf Überweisungen an Dritte und bei Festgeldkonten auf Rückzahlung des angelegten Guthabens. Die gepfändeten Forderungen und Ansprüche werden dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Kontenarten beachten Oder-Konto. Haben mehrere Personen, z. B. Ehegatten, ein Gemeinschaftskonto, ein so genanntes Oder-Konto, kann jeder von ihnen Auszahlung des gesamten Kontoguthabens verlangen. Daher kann auch der Gläubiger eines Kontoinhabers (Schuldners) das gesamte Kontoguthaben pfänden und sich auszahlen lassen. Er Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 9 Außenstände wirksam einziehen Die Konten des Schuldners abräumen Das Girokonto, Kontokorrentkonto - ein so genanntes laufendes Konto - gehört inzwischen zu den beliebtesten Zugriffsobjekten des Gläubigers, wenn ein Schuldner nicht zahlt. EP0906-714-720 21.08.2006 13:29 Uhr Seite 717 muss allerdings dem nichtschuldnerischen Kontomitinhaber die Hälfte der Summe auf Verlangen herausgeben. Hat der andere das Kontoguthaben abgehoben, kann der Gläubiger den Herausgabeanspruch seines Schuldners auf die Hälfte des Guthabens pfänden und den entsprechenden Betrag vom Kontomitinhaber heraus verlangen. Und-Konto. Anders ist die Lage bei einem Konto, über das die Mitinhaber nur gemeinsam verfügen können, einem so genannten Und-Konto. In diesem Falle ist für die Pfändung ein Vollstreckungstitel gegen alle Kontomitinhaber erforderlich. Sparkonto. Für die Sparkontenpfändung gibt es zwei Wege: Entweder findet der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Sachpfändung ein Sparbuch, nimmt es an sich und verständigt den Gläubiger hiervon. Dieser muss dann innerhalb eines Monats einen Pfändungsbeschluss über dieses Sparkonto erwirken. Im anderen Fall weiß der Gläubiger, dass der Schuldner ein Sparkonto bei einer bestimmten Bank unterhält. Er pfändet dieses und lässt die Herausgabe des Sparbuchs durch das Vollstreckungsgericht anordnen. Er kann dann den Gerichtsvollzieher mit der Abholung beauftragen, denn die Bank zahlt nur an denjenigen, der das Sparbuch vorlegt. Wichtig: Der Pfändungsbeschluss allein genügt für die Auszahlung des Guthabens nicht. Verdeckte Inhaberschaft. Eröffnet der Schuldner ein Sparkonto auf den Namen eines Dritten, zahlt darauf einen bestimmten Betrag ein und behält das Sparbuch im Besitz, geht die Rechtsprechung meistens von so genannter „verdeckter Inhaberschaft“ aus. Das Sparguthaben zählt zum Vermögen des Schuldners (OLG Koblenz, Neue Juristische Wochenschrift 1989, 2545). Bankforderungen haben Vorrang. Diesen Kontenpfändungen geht allerdings das Vertragspfandrecht der Banken und Sparkassen (Nr. 14 AGB-Banken und Nr. 21 AGB-Sparkassen), in das der Bankkunde durch Unterzeichnung der Allgemeinen Geschäftbedingungen vor Kontoeröffnung einwilligt, im Range vor. Das bedeutet, das Geldinstitut kann sich immer vorrangig aus den Guthaben der Bankkunden befriedigen. Kreditzusage pfänden Ist dem Schuldner von der Bank eine Kreditzusage - etwa in Form eines Dispokredits - erteilt worden, kann auch der Anspruch aus diesem gepfändet werden (BGH, Urteil vom 29.3.2001, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1937). Wichtig: Bloß geduldete Kontoüberziehung reicht nicht. Die Pfändungsformel, die man jeder Kontenpfändung hinzufügen sollte, lautet: Gepfändet werden die angeblich im Rahmen einer gegenwärtig oder künftig gewährten Kreditzusage gegenwärtig oder künftig bestehenden Ansprüche des Vollstreckungsschuldners auf Auszahlung von Kreditmitteln oder auf Überweisung an Dritte aus Kreditmitteln. Einen Zahlungsanspruch an das Geldinstitut erlangt der Gläubiger allerdings nach der Rechtsprechung des BGH erst, wenn der Schuldner den Kredit durch Auszahlung oder Überweisung abruft. Benötigt der Schuldner den Kredit, um sein Geschäft fort zu führen, muss er nach der Pfändung unverzüglich Kontakt zum Pfändungsgläubiger aufnehmen und ihn um Verzicht auf seine Rechte aus der Pfändung bitten. Dieser Bitte kommt der Gläubiger jedoch regelmäßig erst nach, wenn ihm der Schuldner ein Zahlungsangebot - etwa eine Abschlagszahlung - macht oder werthaltige Sicherheiten anbietet. Dann kann der Gläubiger der Bank und dem Schuldner schriftlich mitteilen, dass er auf seine Rechte aus dem Pfändungsbeschluss verzichtet (§ 843 Zivilprozessordnung). Dieser Verzicht gilt nur bezüglich der konkreten Pfändung. Der Titulierte Anspruch steht ihm weiter zu. Verzichtet der Gläubiger nicht auf seine Rechte aus der Pfändung, wird das Geldinstitut regelmäßig von seinem Kündigungsrecht „aus wichtigem Grund“ (Nr. 19 AGB-Banken, Nr. 26 AGB-Sparkassen) Gebrauch machen. Leistet die Bank aus dem gepfändeten Kredit an den Schuldner, muss sie wegen Verstoßes gegen das Zahlungsverbot den gleichen Betrag an den Pfändungsgläubiger zahlen. Gegenseitige Auskunftsrechte - und pflichten Gläubiger. Vor der Kontenpfändung hat der Gläubiger neben den bereits genannten Nachforschungsmöglichkeiten das Recht, den Gerichtsvollzieher, den er mit der Sachpfändung beauftragt hat, zu bitten, den Schuldner anlässlich des Pfändungsversuchs nach seinen Kontenverbindungen zu befragen. Der Schuldner muss diese Frage allerdings nicht beantworten. Beantragt der Gläubiger jedoch beim Gerichtsvollzieher, dem Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzunehmen, muss er seine Konten angeben. Geldinstitut. Nach Pfändung und Überweisung der Ansprüche aus den Konten ist das Geldinstitut als Drittschuldnerin verpflichtet, gegenüber dem Pfändungsgläubiger ab Zustellung der Pfändung binnen zweier Wochen folgende drei Fragen zu beantworten: 1. ob und inwieweit es die Forderung als begründet anerkennt und Zahlung zu leisten bereit ist, 2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen, 3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet ist. Wichtig: Der Gläubiger braucht sich allerdings zur Frage 1, wie das Banken gerne machen, nicht damit abspeisen zu lassen, dass eine Zahlungsbereitschaft nicht bestehe, „weil man eigene Forderungen gegen den Bankkunden“ habe. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Monatsschrift für Deutsches Recht, 2004, 114) erstreckt sich die Kontenpfändung auf das Auskunftsrecht als Nebenrecht der Pfändung. Die Zwangsvollstreckung durchbricht nämlich das Bankgeheimnis. Der Gläubiger kann also von der Bank genaue Auskunft darüber verlangen, welche Geldforderungen, in welcher Höhe und aus welchem Grund ihr gegen den Schuldner zustehen. Schuldner. Nach Pfändung und Überweisung steht dem Gläubiger auch ein umfassendes Auskunftsrecht gegen den Schuldner bezüglich der gepfändeten Konten zu. Konkrete Fragen zur Vermögenssituation, die er innerhalb einer Frist von etwa 10 Tagen zu beantworten hat, können ihm gestellt werden. Erteilt der Schuldner die Auskunft nicht, so ist er auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, sie zu Protokoll des Gerichtsvollziehers zu geben und ihre Richtigkeit an Eides Statt zu versichern (§ 836 Abs. 3 Zivilprozessordnung). Erscheint er zum Termin beim Gerichtsvollzieher nicht oder weigert er sich, die Fragen zu beantworten, kann er bis zu 6 Monaten in Haft genommen werden (§ 913 ZPO). Fragen an den Schuldner zur Kontenpfändung: Wie hoch ist der derzeitige Kontenstand bei den einzelnen Konten? Werden die Konten geführt als Einzelkonto, Oder-Konto oder als Und-Konto? Wird auf dem Konto (welches und mit welcher Kontonummer?) Arbeitseinkommen wiederkehrend überwiesen? Wie viel monatlich und von welchem Arbeitgeber? Werden Sozialgeldleistungen (Renten, Pensionen, Arbeitslosenunterstützung, Wohngeld) wiederkehrend überwiesen? Wenn ja, auf welches Konto, wann und in welcher monatlichen Höhe? Besteht eine Kreditzusage, insbesondere ein Dispokredit, in welcher Höhe und zu welchem Verwendungszweck? Wie lauten die Kontonummern der einzelnen Konten, vor allem der Sparkonten? Wo befinden sich die Sparbücher? In welcher Höhe und aus welchem Grund hat die Bank (Sparkasse) derzeit noch Forderungen? Kontenschutz Allgemeiner Kontenschutz. Für Lohn- und Gehaltskonten gibt es einen allgemeinen Kontenschutz. Dieser tritt aber nur ein, wenn der Schuldner ihn beantragt. Er besteht darin, dass die Pfändung vom Vollstreckungsgericht insoweit aufgehoben wird, als das Guthaben für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin der Pfändung nicht unterliegt. Wird also z. B. bei einem allein stehender Schuldner ohne Unterhaltspflichten, der monatlich 1000 Euro netto überwiesen erhält, sein Girokonto zur Monatsmitte gepfändet, wird die Pfändung auf seinen Antrag hin in Höhe von 495 Euro (= halber unpfändbarer Monatsbetrag) aufgehoben, um bis zum nächsten Zahltermin am 1. des Folgemonats seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Besonderer, zeitlich begrenzter Kontenschutz. Diesen Kontenschutz gibt es hinsichtlich auf dem Konto eingehender Sozialgeldleistungen wie z. B. Altersrenten: Der Schuldner darf 7 Tage lang von seinem gepfändeten Konto die überwiesene Sozialleistung ohne Rücksicht auf die Pfändung abheben. Allerdings muss ihm das Geldinstitut diesen Betrag nur aushändigen, wenn ihm bekannt oder nachgewiesen wird, dass es sich um eine Sozialleistung handelt. TIPP: Den Gläubigern ist daher zu empfehlen, die Sozialgeldleistung bereits „an der Quelle“, d. h. beim Sozialversicherungsträger, z. B. bei der Deutschen Rentenversicherung, zu pfänden, damit das Geld erst gar nicht auf das Konto des Schuldners gelangt. Literatur [1] David P.: Zum Vollstreckungstitel in Selbsthilfe, Elektropraktiker Berlin 59 (2005), S. 276. [2] David P.: Eidesstattliche Offenbarung als Druckmittel, Elektropraktiker Berlin 60 (2006), S. 276. [3] David P.: Vollstreckungszugriff gegen private Schuldner, Elektropraktiker Berlin 59 (2005) S. 527, 528. P. David Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 9 718 BETRIEBSFÜHRUNG EP0906-714-720 21.08.2006 13:29 Uhr Seite 718

Autor
  • P. David
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