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Recht
Außenstände wirksam einziehen - Drei neue Reformgesetze zur Zwangsvollstreckung
ep2/2010, 2 Seiten
1. Kontenpfändungsschutz Das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009 tritt am 01.07.2010 in Kraft. Regelungen bis zum 30. Juni 2010 Lohn- und Gehaltskonten eines Schuldners bei Geldinstituten sind gegen Pfändung insoweit geschützt, als der Schuldner die Geldmittel daraus zur Deckung seines Lebensbedarfs bis zum nächsten Auszahlungstermin benötigt. Welche Beträge das sind, ergibt sich aus der Lohnpfändungstabelle (vgl. dazu Beitrag „Zugriff auf Lohn und Altersversorgung des Schuldners“, ep 6/2007, S. 492-494). Der Kontenschutz tritt aber nicht automatisch, sondern nur auf besonderen Antrag des Schuldners ein, nachdem ihm der Pfändungsbeschluss zugestellt wurde. Diesen muss er beim Amtsgericht, dem Vollstreckungsgericht, das die Pfändung ausgesprochen hat, stellen (vgl. dazu auch Beitrag: „Die Konten des Schuldners abräumen“, ep 9/2006, S. 717-718). Das Gericht verlängert dann den Lohnpfändungsschutz auf die bargeldlose Überweisung und hebt die Pfändung in Höhe des geschützten Betrags, auch für die folgenden Monate, auf. Alle anderen Gelder auf dem Konto des Schuldners, z. B. Mieteinnahmen, sind dagegen nicht geschützt und werden von dem Geldinstitut voll an den Gläubiger abgeführt - vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21.12.2004, Monatsschrift für deutsches Recht 2005, S. 650. Laufende Sozialgeldleistungen, z. B. alle Renten, Pensionen, Krankengelder, die auf dem Konto eingehen, werden wie Arbeitseinkommen - ebenfalls unter dem Schutz der Lohnpfändungstabelle - gepfändet. Allerdings wird der auf dem Konto eingegangene Betrag sieben Tage lang von der Pfändung nicht erfasst (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch I). Das bedeutet, der Schuldner kann in dieser Zeit das Geld ungehindert abheben oder überweisen, weil das Geld innerhalb dieser Schutzfrist dem Gläubiger nicht ausbezahlt werden darf. Ab dem 01.07.2010 bleibt es dem Schuldner bis 30.12.2011 überlassen, ob er ein so genanntes Pfändungsschutzkonto bei einem Geldinstitut einrichten oder sich der bisherigen Kontoschutzvorschriften bedienen möchte. Ab 1. Januar 2012 läuft der herkömmliche Kontenpfändungsschutz alternativlos aus. Es steht dann nur noch das Pfändungsschutzkonto zur Verfügung. Die Rechtslage ab dem 1. Juli 2010 Künftig kann jede natürliche Person ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einrichten, das einen automatischen Pfändungsschutz in Höhe des Pfändungsfreibetrags nach § 850 c Abs. l ZPO (derzeit 985,15 Euro) pro Monat gewährt. Nur ein P-Konto. Jede Person darf nur ein P-Konto einrichten. Um Missbräuche zu verhindern, werden die Geldinstitute ermächtigt, der Schufa die Einrichtung eines P-Kontos zu melden und bei jedem Antrag eines Kunden zu prüfen, ob dieser anderweitig bereits ein solches Konto besitzt. Aus dem Pfändungsfreibetrag können Überweisungen, Barabhebungen, Daueraufträge und Lastschriften vorgenommen werden, auch wenn das Konto bereits gepfändet wurde. Übertrag des Guthabens. Wird der pfändungsfreie Monatsbetrag nicht ausgeschöpft, wird er auf den Folgemonat übertragen. Auf diese Weise kann der Schuldner ein Guthaben für später zu erbringende Leistungen ansparen. Einkünfte nicht mehr nachweispflichtig. Anders als beim derzeitigen Pfändungsschutz nach § 850 k ZPO, der nur für wiederkehrendes Arbeitseinkommen und nur auf Antrag des Schuldners gewährt wird, kommt es auf die Art der Einkünfte, die auf das P-Konto fließen, nicht mehr an. Damit braucht der Schuldner die Art der Einkünfte nicht mehr gegenüber Banken und Gerichten nachzuweisen. Es wird damit auch das Guthaben, das aus Einkommen Selbstständiger, aus Mieteinkünften oder Geldzuwendungen stammt, geschützt. Bei Vorlage entsprechender Bescheinigungen, z. B. des Arbeitgebers, der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder Schuldnerberaters, kann der Pfändungsschutzbetrag erhöht werden - etwa bei Unterhaltspflicht für eine weitere Person um 370,76 Euro (§ 850c I 1 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 121 Außenstände wirksam einziehen Drei neue Reformgesetze zur Zwangsvollstreckung Im Jahr 2009 wurden drei Gesetze verabschiedet, die künftig für Unternehmer beim Einzug ihrer Forderungen zu beachten sind. Dabei kann der Gläubiger z. B. auch die Versteigerung gepfändeter Gegenstände des Schuldners über das Internet beantragen, um so schneller an sein Geld zu kommen. Elektro-Ausschreibungen - täglich neu und aktuell U Meisterkurse + Fortbildungen UÊ Jobangebote + Gesuche U Betriebsübernahmen + Existenzgründungen U Kleinanzeigen + Materialbörsen Erfolg ist Handwerk www.elektro-boxx.de Wünsche Meisterkurse + Fortbildungen Betriebsübern. + Existenzgründ. 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So können z. B. Gemälde und andere Kunstgegenstände über ein privates Auktionshaus oder in einer Großstadt vor einem größeren Bieterkreis versteigert werden. Bei Gold- und Silberwaren sowie bei Wertpapieren ist der freihändige Verkauf durch den Gerichtsvollzieher gestattet. Gepfändetes Geld ist direkt an den Gläubiger abzuführen. Neu - Internet als Plattform. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung vom 30.07.2009 hat der Gerichtsvollzieher, der gepfändet hat, die Wahl, entweder die Versteigerung öffentlich vor Ort oder im Internet über eine Versteigerungsplattform durchzuführen (vgl. § 814 neu ZPO). Als Internetadresse dient vorerst justizauktion.de. Rechtsverordnungen. Die Landesregierungen bestimmen für ihr Bundesland die näheren Bedingungen für die Internetversteigerung durch Rechtsverordnungen. Das betrifft vor allem: · Beginn, Ende und Abbruch der Versteigerung sowie deren Bedingungen · die Zulassung und der Ausschluss von der Teilnahme · die Anonymisierung der Angaben zur Person des Schuldners vor ihrer Veröffentlichung und der Daten des Bieters · sowie die Internetplattform. Wichtig: § 806 ZPO - keine Gewährleistung bei Pfandveräußerung. Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines Mangels im Recht oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache ein Anspruch auf Gewährleistung nicht zu. Besonderheiten der Internetversteigerung · es bleibt beim Gewährleistungsausschluss nach § 806 ZPO · die Versteigerungsdauer kann mehrere Tage betragen · Gebote können wegen des weltweit möglichen Zugangs 24 Stunden am Tag abgegeben werden · Zeitzuschlag nach Nr. 500 KV GvKost G entfällt · die Verwertungsgebühr bleibt bei 40 Euro gemäß Nr. 300 KV GvKost G Vorteile · erheblich größerer Bieterkreis gegenüber der Präsenzversteigerung · Anreise zum Versteigerungstermin entfällt · keine Bindung an eine bestimmte Geschäftszeit, die viele Bieter aus Zeitgründen nicht wahrnehmen können. · Gläubiger und Schuldner profitieren: Die Forderung des Gläubigers kann schneller und in größerem Umfang erfüllt werden, dem Schuldner bleibt die Verwertung weiterer Gegenstände erspart. Der Gläubiger kann einen entsprechenden Verwertungsantrag beim zuständigen Bezirksgerichtsvollzieher stellen. 3. Sachaufk Iärung Das Gesetz zur Reform der Sachaufk Iärung in der Zwangsvollstreckung vom 31.07.2009 bringt deutliche Fortschritte im Zwangsvollstreckungsverfahren. Es tritt aber erst am 1. Januar 2013 in Kraft. Wichtige Neuerungen Aufenthaltsort. Der Gerichtsvollzieher darf nach Erteilen des Vollstreckungsauftrags und Übergabe des Vollstreckungstitels durch den Gläubiger den Aufenthaltsort des Schuldners ermitteln. Das ist bisher Aufgabe des Gläubigers. Ist der Aufenthaltsort über die Meldebehörde nicht zu erfahren - „Unbekannt verzogen“ - darf der Gerichtsvollzieher Anfragen an das Ausländerzentralregister in Köln, an die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg nach dem Aufenthaltsort des Schuldners richten. Während derzeit bei der Zwangsvollstreckung Informationen über das Vermögen und Einkommen des Schuldners erst nach einem erfolglosen Sachpfändungsversuch über die Eidesstattliche Offenbarungsversicherung möglich sind (vgl. dazu Beitrag: „Eidesstattliche Offenbarung als Druckmittel“, ep 4/2006, S. 275-276), ist der Schuldner nach dem neuen Recht bereits zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens gegenüber dem Gerichtsvollzieher zur Vermögensauskunft ohne vorherigen Vollstreckungsversuch verpflichtet. Zur Abgabe der Vermögenserklärung setzt der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist von zwei Wochen und bestimmt einen Erklärungstermin für den Fall, dass der Schuldner die Forderung des Gläubigers innerhalb dieser Frist nicht vollständig beglichen hat. In diesem Termin muss der Schuldner in den Geschäftsräumen des Gerichtsvollziehers alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände zu Protokoll geben und an Eides statt versichern, die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht zu haben. Zusätzliche Informationsquellen. Kommt er seiner Pflicht zur Erteilung der Vermögensauskunft nicht nach, darf der Gerichtsvollzieher Daten bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern und beim Kraftfahrt-Bundesamt abrufen. Haftbefehl. Auch kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers Haftbefehl zum Erzwingen der Vermögensauskunft erlassen. Die Haftdauer darf sechs Monate nicht übersteigen. Erst nach Ablauf von zwei Jahren kann der Gläubiger eine erneute Vermögensauskunft beantragen. Es sei denn, er macht Tatsachen glaubhaft, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Ratenzahlung. Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein und dem Schuldner Ratenzahlungen mit einer Tilgung innerhalb von zwölf Monaten - bisher nur sechs Monate - gestatten. Über den Zahlungsplan und den damit verbundenen Verwertungsaufschub hat er den Gläubiger unverzüglich zu unterrichten. Widerspricht der Gläubiger, wird der Zahlungsplan hinfällig. In jedem Bundesland wird ein Zentrales Vollstreckungsgericht eingerichtet, bei dem der Gerichtsvollzieher die von den Schuldnern abgegebenen Vermögensverzeichnisse in elektronischer Form hinterlegt. Dort werden sie verwaltet und spätestens nach zwei Jahren gelöscht. Gerichtsvollzieher können die Vermögensverzeichnisse zu Vollstreckungszwecken abrufen. Das zentrale Vollstreckungsgericht führt auch ein landesweites, elektronisches Schuldnerverzeichnis, in das auf Anordnung des Gerichtsvollziehers Schuldner eingetragen werden, die ihrer Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft nicht nachgekommen sind. Der Inhalt des Verzeichnisses kann für Zwecke der Zwangsvollstreckung von jedem durch Abfrage im Internet eingesehen werden. Auch Vollstreckung-, Insolvenz- und Registergerichte sind zur Einsichtnahme befugt. Der vom Deutschen Gerichtsvollzieherbund geforderten Übertragung der Forderungspfändung - Pfändung von Geldforderungen des Schuldners gegen Drittschuldner - auf den Gerichtsvollzieher, wurde vom Gesetzgeber nicht entsprochen. Für die Forderungspfändung, z. B. Lohn- und Kontenpfändung, bleiben nach wie vor die Amtsgerichte - Vollstreckungsgerichte - am Wohnsitz des Schuldners zuständig. P. David 122 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2
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- P. David
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