+++ News +++ Praxistipps zum Energiesparen
Was tun gegen hohe Heizkosten?
Wirtschaftsminister Habeck spricht in einem Interview vom hydraulischen Abgleich. Der mache bis zu 15 % Energieeinsparung möglich. Angesichts der Prognosen, dass die Heizkosten im nächsten Jahr doppelt bis dreimal so hoch ausfallen werden, klingt das interessant.
Was leistet der hydraulische Abgleich?
Bei einer Gasheizung wird im Kesselraum (meist im Keller) durch einen Brenner Wasser erwärmt, das dann in Rohren durchs Gebäude und durch die Heizkörper in den Räumen geleitet wird. Die Heizkörper geben die Wärme an den Raum ab.
Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass alle Heizkörper in einem Gebäude möglichst gleichmäßig mit Wärme versorgt werden können. Das wird erreicht, indem man die Durchflüsse der Heizkörper begrenzt. Ohne hydraulischen Abgleich kommt es zu Zeiten großen Wärmebedarfs (also bspw. morgens, wenn viele Mieter eines Hauses in behaglicher Temperatur frühstücken möchten) vorübergehend zu einer Unterversorgung der entfernt liegenden Heizkörper, meist derjenigen im Dachgeschoss.
Bei einem ideal abgeglichenen System steht den Heizkörpern im Erdgeschoss derselbe Durchfluss zur Verfügung wie denen im Dachgeschoss. Bei hydraulischem Abgleich werden also alle Heizkörper einigermaßen gleichmäßig warm.
Investitionen brauchen Zeit
Die vom Wirtschaftsminister genannten 15 % Einsparpotential sind eine typische Größenordnung. Laut einer Studie des ITG Dresden an Einfamilienhäusern bewegen sich die Einsparungen im Schnitt bei 7-11 % – ohne jeden Komfortverlust! Abhängig vom Istzustand sind noch deutlich höhere Einsparungen möglich, teils über 20 %.
Wieso spart man Energie, wenn die Heizkörper gleichmäßig durchströmt werden?
Nennen wir den am weitesten vom Kessel entfernt liegenden Heizkörper mal den „letzten“ Heizkörper. Was tun, wenn dieser letzte Heizkörper unterversorgt wird, also nicht richtig warm wird? Richtig: Man stellt mehr Wärme zur Verfügung, indem man die Vorlauftemperatur erhöht. Man schickt also das Wasser vom Kessel aus mit höherer Temperatur durch die Heizkörper. So steht dem gesamten System mehr Wärme zur Verfügung, die es abgeben kann. Und das tut es leider undifferenziert. Es wird nämlich nicht nur der letzte Heizkörper wärmer, sondern auch alles zwischen ihm und dem Kessel. Auch die Leitungen, deren Wärmeabgabe unerwünscht ist, denn das führt zu Verlusten, die Effizienz nimmt ab. Optimalerweise betreibt man eine Heizung also mit der niedrigsten möglichen Vorlauftemperatur, die die gewünschte Beheizung schafft.
Heizungen werden daher außentemperaturgeführt betrieben. Ist es draußen kälter, soll der Kessel heißeres Wasser – mehr Wärmeleistung – zur Verfügung stellen, als wenn es wärmer ist. Das wird durch die Heizkurve beschrieben.
Damit ist klar: Der hydraulische Abgleich ist Voraussetzung für die optimale Einstellung der Heizkurve. Und nicht nur das: Auch die Pumpe kann nur optimal dimensioniert, eingestellt und betrieben werden, wenn die Durchflüsse der Heizkörper abgeglichen sind. Wenn sie außerhalb ihres optimalen Arbeitspunkts läuft, mag der Mehrverbrauch gering erscheinen, aber das summiert sich: sie läuft tausende Stunden pro Jahr.
Wie finde ich die "richtige" Temperatur?
Die „gewünschte Beheizung“ ist aber nicht nur durch die Wunschtemperatur definiert. Neben diesen (aus Sparsamkeit angenommenen) 20 °C, spielt auch eine Rolle, wie geduldig jemand ist. Wenn die Küche morgens, nachdem die Temperatur über Nacht auf 18 °C abgesenkt war, in 15 Minuten wieder auf 20 °C aufgeheizt werden soll, muss in diesen 15 Minuten die nötige Energie dafür in die Küche geliefert werden. Wenn dem System jedoch 30 oder 60 Minuten Zeit geben werden, um wieder 20 °C zu erreichen, kann (ungefähr) dieselbe Wärmemenge über einen längeren Zeitraum geliefert werden. Es muss also mehr heißes Wasser oder dieselbe Menge heißeres Wasser durch die Heizung gepumpt werden, wenn es schnell gehen soll. Die Heizlast ist also eine andere. Auch hier gilt: „So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.“, da ein Betrieb nach Worst-Case-Annahmen zu höheren Verlusten führt.
Entsprechend werden die Heizungen der Gebäude auf eine halbwegs gleichmäßige Beheizung ausgelegt. In diesem Fall treten keine exorbitanten Spitzenlasten während der Aufheizzeiten auf. Darum ist es nicht sinnvoll, Wohnungen nachts vollständig auskühlen zu lassen. Eine gemäßigte Absenkung hingegen ist sinnvoll, da die Wärmeverluste durch die Wände und durch Undichtigkeiten natürlich um so größer sind, je höher die Raumtemperatur ist.
Wie kann man Heizenergie sparen, ohne gleich in eine neue Heizung zu investieren?
Trägheit nutzen
Hat man die üblichen manuellen Heizkörperthermostate, muss man selbst Hand anlegen und die Einstellung jeweils abends und morgens ändern. Hier zählt Fingerspitzengefühl: nicht gleich eine ganze Stufe hochdrehen, wenn es zu kalt ist, sondern in Viertelstufen und erstmal abwarten und schauen. Ständiges manuelles Nachregulieren ist kontraproduktiv.
Durch programmierbare elektronisch gesteuerte Heizkörperthermostate können diese Vorgänge automatisiert werden. Solche Geräte passen die Solltemperatur in einem Raum zeitgesteuert an, das heißt diese senken beispielsweise abends die Solltemperatur von 20 auf 16 °C und erhöhen sie so zeitig wieder, dass die Raumtemperatur beim Aufstehen bereits der Tages-Solltemperatur entspricht. Die thermische „Trägheit“ des Raums gilt übrigens nicht nur beim Aufheizen: Auch abends kann man die Solltemperatur bereits eine gewisse Zeit vor dem Zubettgehen herunterfahren; es dauert, bis die Abkühlung fühlbar wird.
Elektronisch gesteuerte Thermostate helfen Sparen
Die elektronisch gesteuerten Thermostate sind nicht nur eine Komfortfrage: Sie sprechen aufgrund einer anderen Regelcharakteristik günstiger auf Temperaturänderungen an – auch das hilft Sparen.
Was in den eigenen vier Wänden gilt, gilt im großen Stil für Bürogebäude. Man sollte die Temperierung von Büros vor dem Hintergrund der auch nach Corona deutlich häufigeren Heimarbeit überdenken. Üblicherweise werden alle Büros in einem Gebäude an Arbeitstagen auf einer mittleren Solltemperatur gehalten, und die Nutzer können über Einzelraumregler nach oben oder unten davon abweichen. Es muss also niemand frieren. Ein Default-Wert nahe am Mittelwert dessen, was die Nutzer üblicherweise einstellen, zum Beispiel 21 °C, ist sinnvoll, wenn die Büros tatsächlich jeden Tag genutzt werden, doch während der Zeiten, die ein Büro nicht genutzt wird, spart man durch eine Absenkung bares Geld. Die Firma Henkel in Düsseldorf hat dies erkannt und plant, ihren Mitarbeitenden mehr Home-Office-Tage zuzugestehen. Ein klares Win-Win: Henkel spart Heizkosten, die Mitarbeitenden freuen sich über ein Mehr an Gestaltungsspielraum bei ihrer Arbeit.
Analoges gilt für die Kühlung im Sommer
Eine ganz einfache Maßnahme zur Reduzierung (nicht nur) der Heizkosten besteht übrigens darin, seine zu beheizende Fläche zu reduzieren. Das kann zum einen bedeuten, Räume, die nicht genutzt werden, nur minimal zu beheizen. Aber auch eine Reduzierung der Wohnfläche durch Umzug in eine kleinere Wohnung reduziert die Kosten – nicht nur die Heizkosten. Denn dass der Pro-Kopf-Energieverbrauch trotz erheblicher Effizienzsteigerungen bei der Technik nicht gesunken ist, geht auch darauf zurück, dass pro Kopf inzwischen eine viel größere Wohnfläche beansprucht wird.
Autor: Thomas Wollstein / aus: VDI-News (z. T. gekürzt)