Licht- und Beleuchtungstechnik
Stadionbeleuchtung
Licht für Poldi & Schweini
08.06.2016
Bei der Fußball-EM wird viel über Spieler und Stadien gesprochen, aber kaum über die Beleuchtung der Arenen. Dabei sind moderne Stadien Kathedralen des Lichts – innen taghell, außen strahlend und funkelnd.
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Wenn es draußen dunkel wird, knipst der Stadiontechniker die Scheinwerfer an. Für die Besucher wirkt das so unspektakulär wie das abendliche Einschalten der Straßenbeleuchtung.
Doch mit dem guten alten Flutlicht ist es schon lange nicht mehr getan. Die Stadionbeleuchtung wird zum Festival of Lights – zur Materialschlacht, in der jeder Hersteller seine eigene Lichtrevolution ausruft.
Neueste Technologien ermöglichen die Ausleuchtung des Rasens in einer Qualität, die auch den Ansprüchen der TV-Sender an HDTV-Übertragungen gerecht wird. Schwenkt die Kamera zur Auswechselbank, kann der Fernsehzuschauer jede Strähne auf Poldis Kopf zählen und sich am Licht erfreuen, das sich im Gel des akkurat gekämmten Haupthaars spiegelt.
Nicht ohne Grund sind die Hersteller der Hightech-Lichtanlagen stolz auf ihre Produkte. Sie verzaubern die Stadien zu magischen Diamanten, die sich majestätisch aus der Dunkelheit erheben.
Der Feind dieser Inszenierungen ist die Sonne. Bei Tagesanbruch schlägt der St.-Pauli-Effekt unbarmherzig zu.
Nähert man sich nachts einem ultramodern beleuchteten Stadion, wirkt es so überwältigend wie ein gleißend helles Raumschiff, das sich in der Galaxie verirrt hat. Man möchte einsteigen und zu Prinzessin Leia nach Endor fliegen.
Am Tage folgt die große Ernüchterung. Ohne theatralische Inszenierung des künstlichen Lichts verpufft die Magie. Bei stinknormalem Sonnenschein sehen manche hochmodernen Stadien aus wie die Reeperbahn um zehn Uhr vormittags – banal und öde. Eine Ausnahmearchitektur wie das Stade de Bordeaux, das auch am Tag beeindruckt, ist eben wirklich eine Ausnahme.
Wir stellen einige moderne EM-Stadien und ihre Beleuchtungssysteme vor.
Paris – Stade de France
Für die Lichtanlage des französischen Nationalstadions bekam Osram den Zuschlag. 476 Flutlichtstrahler mit je einer 2000 Watt Hochdruckentladungslampe beleuchten Spielfeld und Ränge. Das sind respektable 952 kW – genug, um Poldi in der 83. Minute beim Aufwärmen zuzusehen.
Bilder vom Stade de France:Hier klicken
Das Stade de France aus Fanperspektive. Pokalfinale 2016, Olympique Marseille - Paris Saint-German: 2:4. Zlatan Ibrahimovic schießt PSG mit zwei Treffern zum zehnten Finalsieg im Coupe de France. Nicht ohne Grund singen seine deutschen Fans: I love you, ich liebe dich, Zlatan Ibrahimovic! (Video: Alex Perrouz)
Lille – Stade Pierre-Mauroy
Für die Front des neugebauten Stade Pierry-Mauroy entwarfen die Architekten Valide & Piste und Pierre Ferret eine Medienfassade. Realisiert wurde sie von Haver & Boecker und Traxontechnologies/Osram.
Über die 2.046 Quadratmeter große Fassade spannt sich ein Architekturgewebe aus Draht. Hinter dem Edelstahl wurden auf einer Fläche von 20 x 120 Metern insgesamt 4,3 Kilometer LED-Profile montiert. Sie liefern 70.000 Bildpunkte mit bis zu 16 Millionen Farben.
Die Bildpunkte sind auf der Medienfassade in drei unterschiedliche Auflösungsbereiche unterteilt. Ein hochauflösender Screen ist für Videos geeignet, ein zweiter Screen mit geringerer Auflösung dient für Laufschriften, und ein dritter Screen wird für Hintergrundgrafiken genutzt.
Bilder vom Stade Pierre-Mauroy:Hier klicken
Präsentation der Medienfassade am Stade Pierre.Mauroy (Video: traxontechnologies)
Lyon – Stade de Lyon, Nizza – Stade de Nice, Saint-Étienne – Stade Geoffroy-Guichard
Die Stadien in Lyon, Nizza und Saint-Étienne wurden für die EM 2016 neu gebaut. In allen drei Stadien erhielt Zumtobel mit seiner Marke Thorn den Auftrag für die Beleuchtung.
In jedem Stadion installierte Thorn bis zu 300 Flutlichter, um die Spielfläche gleichmäßig und schattenfrei mit 2.000 Lux auszuleuchten. Als Anforderung an die TV-Übertragung in HDTV schrieb die UEFA eine vertikale Lichtverteilung von 1.500 Lux vor. Die horizontale Lichtverteilung gibt Thorn mit 2.577 Lux an.
Für Aufnahmen in Zeitlupe muss das Licht beinahe flimmerfrei sein. Vor allem für kurze TV-Sequenzen verlangt die UEFA einen Flickerfaktor unter 5 Prozent. Weitere Bedingungen sind der Farbwiedergabewert (≥80 Ra), die Farbtemperatur (5.000 - 6.200 Kelvin) und der Blendwert (GR >50).
Weil nicht bei jedem Anlass das optimale Licht benötigt wird, liefert Thorn vier Modi für unterschiedliche Anforderungen. Modus 1 ist die Highend-Stufe für Ereignisse wie die EM 2016 (2.000 Lux). Spiele der Ligue 1 und der Nationalmannschaft werden im Modus 2 ausgeleuchtet (1.600 Lux). Modus 3 (1.400 Lux) und Modus 4 (1.000 Lux) genügen für Training oder Wartungsarbeiten.
Hier klicken für Bilder vom Stade de Lyon, Stade de Nice und Stade Geoffroy-Guichard.
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