Betriebsführung
|
Recht
Wie man Außenstände wirksam einzieht - Eidesstattliche Offenbarung als Druckmittel
ep4/2006, 2 Seiten
Entstehungsgeschichte Die eidesstattliche Offenbarungsversicherung löste am 01.07.1970 den bis dahin vor dem Amtsrichter abzulegenden Offenbarungseid ab. Das Offenbarungsversicherungsverfahren wurde dem Rechtspfleger des Amtsgerichts - Vollstreckungsgerichts - übertragen. Seit 01.01.1999 ist für die Abnahme der Offenbarungsversicherung der Gerichtsvollzieher am Wohnsitz des Schuldners zuständig. Zweck des Offenbarungsverfahrens Das Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Offenbarungsversicherung bildet für den Gläubiger ein wesentliches Hilfsmittel, durch Offenlegung des Vermögens und Einkommens des Schuldners einen Einblick zu bekommen, ob und welche Vollstreckungsmöglichkeiten gegen diesen etwa noch bestehen. Das Verfahren stellt für den Gläubiger oft die letzte Möglichkeit dar, seinen mit einem Vollstreckungstitel (Vollstreckungsbescheid, Urteil, Notarielles Schuldanerkenntnis) ausgestatteten Anspruch doch noch durchzusetzen. Der Antrag des Gläubigers, dem Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzunehmen, ist daneben aber auch ein gutes Druckmittel, ihn zur Zahlung - wenn auch oft nur in Raten - zu bewegen, denn er kann damit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis („schwarze Liste“) entgehen. Wer im Schuldnerverzeichnis steht, ist regelmäßig nicht kreditwürdig. Ihm wird nur gegen Barzahlung geliefert. Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis wird bei der Schufa [1] als Negativmerkmal vermerkt und auf diese Weise vor allem den Geldinstituten bekannt. Das Schuldnerverzeichnis wird bei dem Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohn-oder Firmensitz hat, geführt. In das Verzeichnis werden alle Schuldner eingetragen, die · entweder eine eidesstattliche Offenbarungsversicherung abgegeben haben · oder gegen die eine Haftanordnung ergangen ist, weil sie zum Offenbarungstermin nicht erschienen sind · oder die Abgabe der Offenbarungsversicherung ohne Grund verweigert haben. Schuldner, die sich zur Abzahlung ihrer Schulden - und sei es nur in angemessenen Raten - verpflichten, können den unangenehmen Folgen entgehen, weil dann der Gläubiger bereit ist, auf eine Offenbarungsversicherung zu verzichten. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 Wie man Außenstände wirksam einzieht Eidesstattliche Offenbarung als Druckmittel Der Antrag des Gläubigers, dem Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzunehmen, ist nicht nur wichtige Informationsquelle für den Einblick in die Vermögens- und Einkommenslage des Schuldners. Daneben ist sie auch ein gutes Druckmittel, ihn zur Zahlung - wenn auch oft nur in Raten - zu bewegen. EP0406-266-277 21.03.2006 16:00 Uhr Seite 275 Dies kann im Rahmen einer Sachpfändung gegenüber dem Gerichtsvollzieher oder vor der Versteigerung gepfändeter Gegenstände oder auch - als letzte Möglichkeit - im Offenbarungstermin geschehen. Die Zahl der Offenbarungsverfahren stieg von drei Millionen im Jahre 2000 auf nahezu vier Millionen im Jahre 2004, die Zahl der Haftanordnungen im gleichen Zeitraum von 600 000 auf 700 000. Vorgehen des Gläubigers Das Offenbarungsverfahren setzt wie jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme voraus, dass der Gläubiger im Besitz eines bereits zugestellten Vollstreckungstitels, z. B. eines Vollstreckungsbescheids aus dem gerichtlichen Mahnverfahren, ist. Zwei mögliche Wege Trifft das zu, können zwei Wege eingeschlagen werden: Sachpfändung. Entweder der Gläubiger beauftragt den Gerichtsvollzieher, in dessen Bezirk der Schuldner wohnt mit der Sachpfändung. Auf Anfrage an das Amtsgericht - Gerichtsvollzieher/Verteilungsstelle - wird der zuständige Gerichtsvollzieher benannt. Er wartet deren Ergebnis ab und stellt dann, wenn sie erfolglos geblieben ist, den Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung Kombiauftrag. Er kann auch dem Gerichtsvollzieher gleich einen Kombiauftrag erteilen, indem Sachpfändungsantrag und für den Fall ihrer Erfolglosigkeit Antrag auf Offenbarungsversicherung gleichzeitig, z. B. gemäß dem im ep veröffentlichten Muster [2], gestellt werden. Vorraussetzung für die eidesstattliche Offenbarungsversicherung ist stets ein fehlgeschlagener Sachpfändungsversuch. Sei es, weil dem Gerichtsvollzieher die Durchsuchung der Wohn- oder Geschäftsräume verweigert wird, oder es wurden keine ausreichenden pfändbaren Gegenstände vorgefunden. Bei einem Unternehmer muss die Pfändung sowohl in seiner Wohnung als auch in seinem Geschäftslokal erfolglos geblieben sein. Vermögensverzeichnis In beiden oben genannten Fällen händigt der Gerichtsvollzieher dem Schuldner ein Formblatt „Vermögensverzeichnis“ mit drei Zusatzblättern aus. Das Formblatt enthält 28 Gruppen von Fragen, die das Vermögen und Einkommen betreffen. Die drei Zusatzblätter beinhalten Fragen zu Immobilien, Gewerbe und Lebensversicherungen. Offenbarungstermin Der Schuldner wird zu einem Offenbarungstermin vorgeladen und vom Gerichtsvollzieher aufgefordert, die Fragen genau und vollständig zu beantworten. Dazu wird ihm ein Merkblatt als Anleitung übergeben. Im Offenbarungstermin muss er dann - nach Belehrung über die Strafbarkeit einer vorsätzlich oder fahrlässig begangenen falschen eidesstattlichen Versicherung (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe!) - zu Protokoll an Eides Statt versichern, dass er die Angaben im Vermögensverzeichnis samt Zusatzblättern nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Der Gläubiger kann am Offenbarungstermin selbst oder durch einen Vertreter teilnehmen und Fragen stellen. Er sollte in seinem Antrag an den Gerichtsvollzieher diesem mitteilen, dass er teilnehmen möchte, worauf er vom Termin verständigt wird. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Fragen im Formblatt „Vermögensverzeichnis“ das Vermögen des Schuldners nicht vollständig erfassen. Daher kann der Gläubiger diese Fragen in einer Zusatzfragenliste dem Gerichtsvollzieher übersenden und ihn bitten, diese Fragen im Termin dem Schuldner zu stellen. Der Gläubiger kann aber auch am Termin teilnehmen und dort die Fragen an den Schuldner direkt stellen. Die folgenden Fragen sind in dem Formblatt nicht enthalten, aber zur Entdeckung weiterer Zugriffsmöglichkeiten nützlich: · Ist Ihnen im Rahmen Ihrer Bankverbindung ein Dispokredit eingeräumt worden oder besteht eine sonstige Kreditzusage? In welcher Höhe? Ist der Kredit zweckgebunden? · Haben Sie Gelder auf den Namen einer anderen Person (Name, Anschrift) auf deren Konto (Leihkonto) angelegt? Wie lauten das Konto und das Geldinstitut? Besitzen Sie Verfügungsbefugnis über dieses Konto? · Besitzen Sie eine Internet-Domain? Wie lautet diese? · Welche private Altersversorgung neben der gesetzlichen bauen Sie auf? In welcher Form und bei welcher Institution? · Haben Sie einen Teil Ihres Arbeitseinkommens zur Sicherheit abgetreten? An wen und zur Sicherung welcher Forderung? · Sind Sie unwiderruflich Bezugsberechtigter einer Kapitallebensversicherung? Wird eine Direktversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung von Ihrem Arbeitgeber für Sie geführt? Wie viel wird darauf monatlich eingezahlt? Nennen Sie die Versicherungsgesellschaft und deren Geschäftszeichen. Falls der Schuldner bereits innerhalb der letzten drei Jahre die Offenbarungsversicherung abgelegt haben sollte - was der Gerichtsvollzieher für den Gläubiger durch Anfrage beim Schuldnerverzeichnis ermittelt - kann er sich für 15 Euro eine Ablichtung des beim Vollstreckungsgericht vorhandenen Vermögensverzeichnisses besorgen. Stellt man fest, dass obige Fragen nicht gestellt wurden, kann man Nachbesserung beim Gerichtsvollzieher, der die eidesstattliche Offenbarungsversicherung entgegen genommen hat, beantragen. Die Nachbesserung ist kostenfrei. Eine neue Offenbarungsversicherung kann vom Schuldner verlangt werden, wenn: · seit der vorhergehenden drei Jahre verstrichen sind · seit der letzten Offenbarungsversicherung ein Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner aufgelöst wurde · glaubhaft gemacht wird, dass er zwischenzeitlich neues Vermögen erworben hat · der Bezug von Arbeitslosengeld weggefallen ist · der Schuldner einen Gewerbebetrieb aufgegeben hat · der Gläubiger glaubhaft macht, dass nach der Lebenserfahrung unter Berücksichtigung des Alters des Schuldners, seiner Berufsausbildung, seiner Arbeitsfähigkeit, der allgemeinen Arbeitsmarktlage und gegebenenfalls des Zwangs zur Arbeit infolge Unterhaltsverpflichtungen ein arbeitswilliger Schuldner wieder einen Arbeitsplatz hätte finden können. Kosten Die Sachpfändung kostet 20 Euro und die eidesstattliche Offenbarungsversicherung 30 Euro. Die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses ist kostenlos. Für die Verhaftung eines Schuldners, der zum Offenbarungstermin nicht erscheint, bezahlt man 30 Euro - für die Ablichtung eines bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses 15 Euro. Alle diese Beträge sind als notwendige Zwangsvollstreckungskosten vom Schuldner zu tragen. Kann dieser nicht zahlen, wird der Gläubiger dafür in Anspruch genommen. Literatur [1] Möbus, H.: Wie die Prüfung der Kreditwürdigkeit erfolgt, Elektropraktiker Berlin 59 (2005) 3, S. 184 [2] David, P.: Vollstreckungszugriff gegen private Schuldner, Elektropraktiker Berlin 59 (2005) 7, S. 526 P. David Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 276 BETRIEBSFÜHRUNG EP0406-266-277 21.03.2006 16:00 Uhr Seite 276
Ähnliche Themen
Autor
- P. David
Downloads
Laden Sie diesen Artikel herunterTop Fachartikel
In den letzten 7 Tagen:
Sie haben eine Fachfrage?