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Betriebsführung

Unzulässige Erhöhungen der Beiträge in der PKV

ep7/2010, 2 Seiten

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der PKV enthalten häufig die Klausel, dass der Beitrag erhöht werden kann, wenn die erforderlichen Leistungen von den kalkulierten um über 10 % abweichen. Viele Beitragsanpassungen durch private Krankenversicherer könnten aber unwirksam sein – so äußerte sich zumindest die 12. Kammer des Landgerichts München I bei einer Verhandlung im März 2010.


Verhandlung zur Beitragsanpassungen in der PKV Bei einer Verhandlung am 04.03.2010 äußerte sich die auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Kammer des Landgerichts (LG) München I - Az. 12 O 23234/09 - dahingehend, dass viele Beitragsanpassungen durch private Krankenversicherer unwirksam sein könnten. Fragwürdige Klausel der AVB. Grundlage der Ausführungen des Gerichts war die Klage eines Versicherungsnehmers. Dieser stieß in seinen Vertragsbedingungen auf eine Klausel, welche entgegen eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2004 - Az. IV ZR 117/02 = NJW 2004, 2679 - gestattete, die Beiträge in seiner „Beobachtungseinheit Männer“ auch dann anzupassen, wenn der insoweit maßgebliche auslösende Faktor beispielsweise nur bei der „Beobachtungseinheit Frauen“ die vereinbarte Grenze überschritten hatte: „... Ergibt die Gegenüberstellung bei mindestens einer Beobachtungseinheit eine Abweichung von mehr als diesem Vomhundertsatz, so werden die Tarifbeiträge aller Beobachtungseinheiten überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Bei einer Abweichung von mehr als 5 % können die Beiträge aller Beobachtungseinheiten des Tarifs vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden ...“ Nachfrage beim Versicherer. Tatsächlich ergab seine Nachfrage beim Versicherer, dass in den Jahren 2003 und 2004 der „auslösende Faktor“ nur bei anderen „Beobachtungseinheiten“ als der des Klägers die erforderlichen Grenzen überstieg und trotzdem eine Prämienerhöhung erfolgte. Hierauf angesprochen, bot der Versicherer lediglich einen Betrag im niedrigen dreistelligen Bereich an, da eine entsprechende Beitragssteigerung ja spätestens bei der nächsten Überprüfung erfolgen würde. Beitragsrückerstattung und Unwirksamkeit der Klausel Hiermit gab sich der Versicherte jedoch nicht zufrieden und klagte nicht nur auf Rückerstattung der infolge seines Erachtens - überdies auch schon 2001 und 2002 - unberechtigten Erhöhungen zuviel gezahlten Beiträge, sondern auch auf Feststellung der Unwirksamkeit der zwischenzeitlich geänderten Klausel in den Versicherungsbedingungen sowie der Bedingungsanpassung. Güteverhandlung. Im Rahmen der Güteverhandlung deuteten die Richter an, dass sie dem klägerischen Vortrag weitgehend folgen. So seien nach vorläufiger Einschätzung sämtliche Beitragsanpassungen zwischen 2001 und 2004 unwirksam, da entweder der auslösende Faktor nur bei einer anderen „Beobachtungseinheit“ die maßgeblichen Hürden überschritten hatte oder aber nur zwischen 5 und 10 % lag. Dies genügte angesichts der Unwirksamkeit der Klausel jedoch nicht für eine Prämienerhöhung, da somit die gesetzliche Grenze von mindestens 10 % galt. So heißt es wörtlich im Terminprotokoll: „Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass die Kammer die ursprüngliche Klausel, die die Erhöhung tragen sollte, für unwirksam hält.“ Das Gericht äußerte sich jedoch noch weitergehend: Die Wirksamkeit der Klausel stehe nicht nur deshalb infrage, weil in der alten Fassung keine - wie der BGH klarstellte, gesetzlich geforderte - Trennung zwischen den „Beobachtungseinheiten“ erfolgte, sondern auch deshalb, weil der Versicherer die Möglichkeit der Vereinbarung eines niedrigeren Prozentsatzes mit einer im Gesetz gar nicht vorgesehenen Kann-Bestimmung verband. Dies eröffne ihm in rechtlich bedenklicher Weise die Möglichkeit zu tun und zu lassen, was er will. So könnte er bei einem auslösenden Faktor zwischen 5 und 10 % - etwa bei Kostensteigerungen - die Beiträge stets erhöhen, im Falle von Senkungen aber zu Lasten der Versicherten von gebotenen Prämienreduzierungen absehen. Wörtlich äußerte sich das Gericht dazu: „Zweifel bestehen insoweit,als bei einer fünfprozentigen Erhöhung ein Ermessen vereinbart ist.“ Viele Krankenversicherte könnten betroffen sein Dieser weitere vom Gericht gesehene Grund für eine mögliche Unzulässigkeit der Klausel betrifft erheblich mehr private Krankenversicherer, da viele Bedingungswerke eine derartige Kann-Bestimmung für eine gegenüber den gesetzlich vorgesehenen 10 % verminderte Grenze beinhalten, während eine unzureichende Trennung zwischen den „Beobachtungseinheiten“ in den AVB nur vereinzelt vorkam. Allerdings sind nicht alle Tarife jedes Versicherers betroffen - so sehen beispielsweise Tarife der ehemaligen DBV-Winterthur Krankenversicherung - heute Axa - ohnehin nur die gesetzliche Schranke von 10 % vor. Eine aufgrund des BGH-Urteils vorgenommene Bedingungsanpassung zum 01.01.2005 erachteten die Richter ebenfalls für unwirksam, da eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür keine Berechtigung bietet. In der Sitzungsmitschrift ist dazu notiert: „Weiterhin dürfte die Ersetzung im Jahre 2005 nicht wirksam sein.“ BETRIEBSFÜHRUNG Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 578 Unzulässige Erhöhungen der Beiträge in der PKV Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der PKV enthalten häufig die Klausel, dass der Beitrag erhöht werden kann, wenn die erforderlichen Leistungen von den kalkulierten um über 10 % abweichen. Viele Beitragsanpassungen durch private Krankenversicherer könnten aber unwirksam sein - so äußerte sich zumindest die 12. Kammer des Landgerichts München I bei einer Verhandlung im März 2010. vor allem Informationen darüber verschaffen,ob er den Geschäftsführer der Gmb H, weil er den Insolvenzantrag nicht richtig oder nicht rechtzeitig - spätestens drei Wochen nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft - gestellt und damit Insolvenzverschleppung - § 15a Abs. 1 u. 4 Insolvenzordnung, § 823 Abs. 2 BGB - begangen hat, auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. 9. Schuldner trickst bei der Steuerklassenwahl Beziehen beide Ehegatten Arbeitslohn und werden gemeinsam veranlagt, stehen ihnen zwei Steuerklassenkombinationen zur Wahl: · IV/IV als gesetzlicher Regelfall bei in etwa gleichem Verdienst · III/V, wenn der Ehegatte mit Steuerklasse III 60 % oder mehr, der Ehegatte mit Steuerklasse V 40 % oder weniger des gemeinsamen Arbeitseinkommens verdient. Der BGH, Beschl. v. 04.10.2005 - VII ZB 26/05 (vgl. dazu Beitrag: „Beliebte Schuldnertricks - wie man sie abwehrt“, ep 3/05, S. 182-183) hat inzwischen entschieden, dass die Vorteile der Ehegattenbesteuerung der Pfändung unterliegen: Wählt der Schuldner, der deutlich mehr verdient, nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses statt der bisherigen Steuerklasse Ill die, für ihn ungünstigere Klasse V - so kann der Gläubiger beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, das den Pfändungsbeschluss erlassen hat, beantragen: „Es wird angeordnet, dass der Arbeitgeber (Drittschuldner) bei der Berechnung des pfändbaren Lohnteils anstelle der in der Lohnsteuerkarte des Schuldners eingetragenen Lohnsteuerklasse V die Lohnsteuerklasse IV zugrundezulegen hat.“ Den gleichen Antrag kann er beim Vollstreckungsgericht stellen, wenn der Schuldner vor Zustellen des Pfändungsbeschlusses angesichts bestehender Schulden und zu erwartender Lohnpfändung „vorbeugend“ in die ungünstigere Steuerklasse wechselt (Beispiel). P. David Das Verfahren vor dem LG München I endete schließlich mit einem Vergleich, wonach sich der Versicherer verpflichtete, den von seinem Kunden geltend gemachten Betrag i.H.v. mehr als 4300 Euro zu bezahlen. Der Versicherungsnehmer erkannte seinerseits die geänderte streitgegenständliche Klausel sowie den aktuellen Beitrag im Hinblick auf künftige Beitragsanpassungen als wirksam an. Die Richter hatten zuvor auf die mit einer Entscheidung verbundenen wirtschaftlichen Probleme hingewiesen. Bemerkenswert ist hingegen, dass eine andere (Berufungs-) Kammer des LG München I Mitte Januar noch - angesichts dieser Einschätzungen der 12. Kammer kaum haltbar - eine Klausel mit vergleichbarem Wortlaut entschieden hatte: „...Wenn die Gegenüberstellung der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen für eine Beobachtungseinheit eine Abweichung von mehr als 10 % ergibt, werden die Tarifbeiträge aller Beobachtungseinheiten des Tarifs überprüft und ggf. angepasst. Bei einer Abweichung von mehr als 5 % können die Tarifbeiträge überprüft und ggf. angepasst werden.“ Dies sei ausschließlich dahingehend interpretierbar, dass eine BGH-konforme Beitragsanpassung lediglich dann erfolgen könne, wenn der auslösende Faktor in der entsprechenden „Beobachtungseinheit“ überschritten werde. Die Klausel sei nur so zu „verstehen, dass die Tarife nur dann angepasst werden dürfen, wenn die Gegenüberstellung der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen für eine Beobachtungseinheit eine Abweichung von mehr als 10 % ergibt“. Eine solche Auslegung sah die 34. Kammer als einzig mögliche an, obwohl der verklagte Versicherer selbst in der Berufungsinstanz ein Schreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom Januar 2007 vorgelegt hatte, in welcher die Aufsichtsbehörde rügte, dass „bisher ... keine Anpassung des § 8b AVB an die Rechtsprechung des BGH erfolgt“ war. Bezeichnenderweise ging die 34. Kammer des LG München I in der Begründung ihres klageabweisenden Urteils mit keinem Wort auf diese schriftliche Äußerung der BaFin ein. Mangels Zulassung der Revision wurde die Entscheidung rechtskräftig. Fehler in der Umsetzung. Seit der Deregulierung 1994 bis heute ist es den meisten Versicherern nicht gelungen, die gesetzlichen Bestimmungen richtig umzusetzen - die Nachbesserungen seit dem BGH-Urteil von 2004 blieben großteils nur unvollkommenes Stückwerk. So stützen sich die meisten Krankenversicherer bis heute in vielen Tarifen auf unwirksame Beitragsanpassungsklauseln. Das Urteil des BGH hat keine volle Rechtssicherheit gebracht. Es ist im Gegenteil nach 2004 sogar Anlass zu weiteren systematischen Fehlern der Versicherer geworden. Da der Treuhänder, dessen Zustimmung vor jeder Prämienänderung einzuholen ist, jeweils über die ihm konkret vorgelegte Erhöhung oder Ermäßigung entscheidet und nicht nur über die Festsetzung einer neuen Beitragshöhe, stellt sich etwa nach unzulässigen Erhöhungen in der Vergangenheit zudem die Frage der Wirksamkeit von Beitragsanpassungen auch dann, wenn im Einzelfall bei der Überprüfung die Voraussetzungen an sich erfüllt sind. Fazit Privat Krankenversicherte sollten die Regelungen zu Beitragsanpassungen in den Bedingungswerken zu ihren Verträgen, auch frühere Fassungen, daraufhin durchsehen, ob ggf. nicht hinreichend zwischen den „Beobachtungseinheiten“ unterschieden wurde und Kann-Bestimmungen enthalten sind. Ist dies der Fall, so sollten beim Versicherer die Höhen der auslösenden Faktoren erfragt werden, da sich nur anhand dieser feststellen lässt, ob Beitragsanpassungen in der Vergangenheit bis heute ggf. unwirksam sind. Ergeben sich hiernach Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit von Prämienerhöhungen, empfiehlt sich eine rechtliche und versicherungsmathematische Begutachtung durch Anwalt oder Aktuar - www.pkv-gutachter.de. J. Fiala, T. Keppel, P. A. Schramm Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 579 DIN UVV DIN EN BGB Ein Service der Fachzeitschrift ELEKTRO PRAKTIKER Das Zusatzpaket im Internet monatlich aktuelle Fachinformationen mit der Zeitschrift ELEKTROPRAKTIKER 4.700 Fachbeiträge von 1999 bis zur aktuellen Ausgabe im Online-Gesamtarchiv Überblick über 6.000 Regelwerke und ihre Zuständigkeit Aktualisierungsmeldung bei Normenänderungen jährlich 6 Ausgaben der Zeitschrift ep Photovoltaik Jetzt anmelden und gratis testen! www.elektropraktiker.de VDE BSich V BGV Mehr Elektropraxis geht nicht!

Autoren
  • J. Fiala
  • T. Keppel
  • P. A. Schramm
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