Energietechnik/-Anwendungen
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Elektrotechnik
Stromausbauprognosen für erneuerbare Energien
ep8/2009, 6 Seiten
Ziele und Prognosen für die Stromversorgung 2020 Die europäische Photovoltaikindustrie (EPIA) formulierte im Herbst 2008 auf einem Treffen von rund 50 Vorständen großer Solarunternehmen am Rande der Europäischen Photovoltaik-Konferenz in Valencia einen äußerst ehrgeizigen Plan: Man wolle den Anteil des Solarstroms an der Gesamtstromerzeugung bis zum Jahre 2020 von aktuell 0,6 auf 12 % steigern, also verzwanzigfachen. „Utopisch!“ sind sich bis heute zahlreiche Kritiker einig. Andere hingegen zeigen sich optimistischer. „Das ist zwar sehr ehrgeizig, aber nicht vollkommen unrealistisch“, urteilt beispielsweise Prof. Dr. Michael Powalla vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW). Die Mehrzahl der Branchenkenner hofft darauf, dass diese Prognose zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung („selffulfilling prophecy“) wird. Ob harsche Kritik, berechtigte Zuversicht oder Zweckoptimismus - unterschiedliche Einschätzungen zeigen sich gewiss nicht nur gegenüber Prognosen zur Energiegewinnung mit Hilfe der Photovoltaik, sondern auch gegenüber Zukunftsszenarien, in denen regenerative Energien generell einbezogen werden und die in der jüngsten Vergangenheit fast inflationär verbreitet wurden. Die meisten gehen zielorientiert vor, was bedeutet, dass sie einen Anteil von beispielsweise 30 % regenerativer Energie am Stromverbrauch als Ziel festlegen und dann einen wahrscheinlichen Ausbaupfad skizzieren. Um eine Zielmarke, die häufig aus politischen Absichtserklärungen stammt, nicht als Beschränkung nach oben wirken zu lassen, hat der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) für seine Prognose „Stromversorgung 2020“ [1] auf eine Vorabfestlegung verzichtet und einen aus Sicht der Branchenunternehmen möglichen Wert ermittelt. Die Prognose beruht damit auf Analysen und Abschätzungen aller Spartenverbände des BEE und berücksichtigt sowohl vorhandene Erzeugungskapazitäten und bereits getätigte Investitionen als auch vergangene und zukünftige technologische Entwicklungen. Das Ergebnis der Studie „Stromversorgung 2020“ des BEE lasse erwarten, so die Autoren, dass die erneuerbaren Energien im Jahr Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 8 Energieversorgung FÜR DIE PRAXIS Stromausbauprognosen für erneuerbare Energien W. Wilming, Ahaus Die Stromversorgung soll sich in nicht allzu ferner Zukunft voll und ganz aus regenerativen Energien speisen. Viele Branchenverbände unterteilen die Reise zu diesem ambitionierten Ziel in kleinere Schritte und geben Wegmarken vor; andere, unter ihnen zahlreiche Kommunen, fassen gleich 100-Prozent-Beschlüsse. Doch ein Problem stellt sich in allen Fällen: Solar- und Windgeneratoren schwanken wetterbedingt in ihrer Leistungsabgabe. Eine kontinuierliche Stromversorgung können sie nur im Verbund mit Speicheranlagen garantieren. Autor Wilhelm Wilming ist freier Fachautor für erneuerbare Energien, Ahaus. Steigender Anteil erneuerbarer Energien Quelle: BEE EP0809-629-634 04.08.2009 14:17 Uhr Seite 629 Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 8 630 FÜR DIE PRAXIS Energieversorgung 2020 das prägende Element der deutschen Stromversorgung sein und mit der Produktion von rund 278 TWh einen Anteil von rund 47 % an der Versorgung übernehmen werden (Bild ). Die installierte Leistung wird demnach von 35 GW Ende 2007 auf 111 GW bis Ende 2020 zunehmen (Tafel ). Alle erneuerbaren Energien verzeichnen im betrachteten Zeitraum ein deutliches, wenn auch unterschiedlich starkes Wachstum. In den Sparten Wasserkraft, Bioenergie und Windenergie erwartet man neben dem Zubau einen wesentlichen Beitrag durch die Modernisierung bestehender Anlagen („Repowering“). Der BEE betont, dass die in der Studie verwendeten Annahmen konservativ angesetzt sind und einen Sicherheitspuffer enthalten. Wie Bild zeigt, liefern die Sparten der erneuerbaren Energien unterschiedliche Mengen Strom. Allen gemein ist jedoch, dass die Mengen kontinuierlich steigen. Die Windenergie wird laut Prognose der größte Stromproduzent im Bereich der Regenerativenergien bleiben und bis zum Jahre 2020 nach Branchenerwartungen mit 149 TWh/a ein Viertel des gesamten deutschen Stromverbrauchs decken. Der Ausbau der Windenergie an Land erhöht dort die installierte Leistung von heute etwa 24 auf 45 GW um fast das Doppelte. Bei der Entwicklung von Windparks auf hoher See (offshore) geht die Branche davon aus, dass das Ziel der Bundesregierung, nämlich eine installierte Leistung von 10 GW, bis zum Jahr 2020 erreicht werden wird. Die zweitgrößte Menge „grünen Stroms“ dürften Bioenergieanlagen liefern, nämlich 54 TWh/a, bei einem Anstieg der installierten Leistung von 4,1 GW im Jahre 2007 auf 9,3 GW zum Ende des Prognosezeitraums im Jahr 2020. Den größten Anteil daran erwartet man von Biogas, gefolgt von fester und flüssiger Biomasse sowie Klär- und Deponiegas. Bioenergieanlagen bilden damit die zweitstärkste Säule in einer ausschließlich von Regenerativenergien getragenen Stromversorgung. Unter den nichtfluktuierenden Erzeugern ist sie sogar die stärkste, was für die Bereitstellung von Regelenergie in einem Erzeugungsverbund mit Wind- und Sonnenenergie zum größten Vorteil wird. Auch die Stromerzeugung aus Geothermie (Bild ), die bisher nur ein Schattendasein führt, ist im Kommen. Haupttreiber dieser Entwicklung sind die mit dem EEG 2009 erheblich verbesserten Rahmenbedingungen. So erhalten Projekte der Tiefen-Geothermie über das Marktanreizprogramm der Bundesregierung eine zusätzliche Förderung, die einen Teil des Risikos abdeckt. Ende 2008 war eine elektrische Leistung von rund 6,6 MW installiert, die Stromproduktion lag bei etwa 0,018 TWh/a. Die Studie geht davon aus, dass sie auf etwa 3,8 TWh/a wachsen wird. Das wäre eine Vervielfachung um den Faktor 211. Vom Potential der Photovoltaik war eingangs schon kurz die Rede: Die EPIA sieht die Möglichkeit, den Anteil des Solarstroms an der Gesamtstromerzeugung bis zum Jahre 2020 zu verzwanzigfachen. Die Aussage der BEE-Studie ist hingegen in diesem Punkt etwas weniger optimistisch, geht aber immerhin noch von einer Verzehnfachung aus, was einer Steigerung der installierten Leistung auf etwa 39,5 GW entspräche. Die PV würde damit nach der Geothermie und der Offshore-Windenergie das stärkste Wachstum aller Energieerzeuger aus dem Bereich der Regenerativenergien erleben und rund 7 % zur Stromversorgung beitragen. Eine besondere Dynamik erwartet die Branche ab Mitte des nächsten Jahrzehnts, wenn die sogenannte Netzparität erreicht sein wird, also die Situation, ab der die Stromerzeugung mit der eigenen PV-Anlage preisgünstiger sein wird als der Strombezug vom öffentlichen Energieversorger. Wachstum der erneuerbaren Energien nach Sparten Quelle: BEE Schema der Geothermienutzung in Landau Tafel Leistungsbilanz 2007 und 2020 Quelle: BEE Leistung in GW 2007 2020 Veränderung in GW Installierte Leistung, konventionell 102,8 84,3 -18,5 Installierte Leistung, erneuerbare 34,9 111,0 +76,1 Installierte Leistung, Speicher 5,7 10,0 +4,3 Summe installierte Leistung 143,3 205,2 61,9 gesicherte Leistung EE 6,9 15,3 +8,4 gesicherte Leistung, konventionelle 84,7 66,7 -18,0 gesicherte Leistung Speicher 5,7 9,9 +4,2 Summe gesicherte Leistung inkl. Systemdienstleistung (SDL) 97,3 91,9 -5,4 abzüglich Reserve für SDL 7,0 8,0 +1,0 = gesicherte Leistung 90,3 83,9 -6,4 abzüglich Höchstlast 78,5 76,0 -2,5 = verbleibende Leistung 11,8 7,9 -3,9 EP0809-629-634 04.08.2009 14:17 Uhr Seite 630 Bei der sogenannten kleinen Wasserkraft erwartet die Branche bis zum Jahre 2020 aufgrund neuer ökonomischer Anreize im EEG 2009 einen stärkeren Zubau als bisher. Das gilt angesichts steigender Preise für Energie aus fossilen Brennstoffen auch für Investitionen in große Wasserkraftwerke. Erwartet wird eine Steigerung der Stromproduktion aus großer und kleiner Wasserkraft auf 32 TWh/a bei einer installierten Leistung von 6,5 GW. Mögliche Konflikte zwischen Naturschutz und Wasserkraftnutzung sind aus Sicht der Branche gut lösbar, insbesondere aufgrund der verbesserten Regelungen im EEG 2009, weshalb die Branchenprognose von großen Potentialen durch die Modernisierung bestehender Anlagen und die Reaktivierung stillgelegter Kraftwerke ausgeht. Die zentralen Schlussfolgerungen aus der Prognose „Stromversorgung 2020“ lassen erwarten, dass in Deutschland die erneuerbaren Energien den von der EU geforderten Anteil von 18 % am Energieverbrauch erreichen werden und dass sie sich in den vorhandenen Kraftwerkspark werden integrieren lassen, ohne Abstriche bei der Versorgungssicherheit machen zu müssen. Die sowohl rechtlich als auch ökonomisch begründete vorrangige Einspeisung und Nutzung erneuerbarer Energien hat eine niedrigere Auslastung der bereits vorhandenen thermischen Kraftwerke zur Folge, weshalb der BEE auch eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke ablehnt. Der BEE prescht mit seiner eindeutigen Aussage von 47 % offensiv an die Spitze, während beispielsweise das Umweltministerium in seiner Roadmap Energiepolitik 2020 von einem Anteil der Regenerativenergie an der Stromerzeugung „von mehr als 30 Prozent“ ausgeht und damit sein Ziel etwas vage formuliert. Alle sind sich ferner sicher, dass die jetzige Entwicklung auch nach 2020 weitergehen wird. Dann würde die nächste Etappe folgen, an deren Ende das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Jahr 2050 einen Meilenstein von knapp 80 % im weltweiten Durchschnitt sieht (Energiestudie für Greenpeace International). Zu einer Energieversorgung, zu 100 % getragen von den erneuerbaren Energien, wäre es dann in der Tat nicht mehr weit. Ausgleich schwankender Energieabgabe Das stärkste Argument gegen den Einsatz von Photovoltaik- und Windenergieanlagen war bislang immer deren schwankende Energieabgabe, bedingt durch nicht beeinflussbare wechselnde Wetterverhältnisse. Folglich lasse sich nicht sicherstellen, so die Kritiker, dass in einem Portfolio mit einem hohen oder sogar 100-%igen Anteil von Sonnen-, Wind-und anderen Regenerativenergien die erforderliche Nachfrage zu jeder Zeit gedeckt und eine sichere Stromversorgung gewährleistet werden kann. In der jüngsten Vergangenheit wurden von verschiedenen Seiten Projekte gestartet, die nachweisen sollen, dass sich Regenerativstromerzeuger problemlos in vorhandene Kraftwerksstrukturen integrieren lassen. 2.1 Pilotprojekt Kombikraftwerk Im Pilotprojekt „Kombikraftwerk“ werden elf Windenergieanlagen, vier Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke, zwanzig Photovoltaikanlagen sowie ein Pumpspeicher-Kraftwerk zu einem Verbund zusammengeschaltet und zentral geregelt (Bild ). Die Generatoren sind über ganz Deutschland verteilt, was helfen soll, ein regional unterschiedlich großes Angebot an Wind- und Sonnenenergie in gewissem Maße auszugleichen. Bei dem Projekt handelt sich um eine gemeinsame Initiative der Firmen Enercon, Solarworld und Schmack Biogas, das durch viele Branchenpartner sowie dem Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) der Universität Kassel unterstützt wird. Das Besondere an dem Konzept: Das Kombikraftwerk deckt den Strombedarf von Deutschland im Maßstab 1:10000 ausschließlich mit erneuerbaren Energien. Der gewählte Maßstab entspricht dem jährlichen Strombedarf einer Kleinstadt wie Stade mit etwa 12000 Haushalten. Das Projekt zeigt also im Kleinen, was auch im Großen möglich ist. 2.2 Regenerative Modellregion Harz Die „Regenerative Modellregion Harz“ (Reg-Mod Harz) ist eines von sechs Modellprojekten, die im Rahmen des Programms „E Energy“ gefördert werden. Eine der zentralen Aufgaben besteht auch hier darin, PV- und Windgeneratoren sowie Biogas- und Wasserkraftanlagen zu einem virtuellen Kraftwerk zusammenzuführen. Anders als beim oben besprochenen Kombikraftwerk werden in diesem Fall auch elektrische Verbraucher wie beispielsweise programmierbare Haushaltsgeräte und Energiespeicher mit einbezogen - unter Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie. Durch die Koordination von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch soll der Nachweis erbracht werden, dass eine stabile, zuverlässige und verbrauchernahe Versorgung mit elektrischer Energie möglich ist - auch mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energieträger. 2.3 100-%-Erneuerbare-Energie-Regionen Die Zukunft ist dezentral - unter diesem Motto will das Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien (de ENet) mit Sitz in Kassel die Entwicklung integrierter Systemlösungen in der Energieversorgung vorantreiben. Im Rahmen eines ihrer zahlreichen Forschungs-und Entwicklungsvorhaben, des Projekts „100-%-Erneuerbare-Energie-Regionen“, untersucht und unterstützt die de ENet Regionen Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 8 631 Jetzt bestellen! EIB-Basiswissen Ich bestelle zur Lieferung gegen Rechnung zzgl. Versandspesen zu den mir bekannten Geschäftsbedingungen beim huss-shop, HUSS-MEDIEN Gmb H, 10400 Berlin Expl. Bestell-Nr. Titel /Stück 3-341-01540-7 Frank, EIB/KNX 29,80 KUNDEN-NR. 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Gerade diese Gleichrangigkeit von Forschung und Transfer macht nach den Worten der Initiatoren den besonderen Charakter des Projektes aus. Ein langfristiges Projektziel ist es, ein Netzwerk aus 100-%-EE-Regionen zu schaffen, das sich durch regen Austausch untereinander selbst trägt. Mittlerweile sind 90 deutsche Regionen und Kommunen als „100-%-Erneuerbare-Energie-Regionen“ klassifiziert, wie jüngst auf dem ersten Kongress gleichen Namens bekanntgegeben wurde. Der Wandel des Energiesystems müsse vor allem in den Regionen geleistet werden, war zu hören. „100-%- Kommunen sind keine seltenen Orchideen mehr“, sagte Jörg Mayer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien. „Mit dem heute verfügbaren Wissen und den gleichermaßen günstigen geographischen wie politischen Rahmenbedingungen bieten erneuerbare Energien allen deutschen Kommunen und Regionen ein ertragreiches Geschäftsmodell, das kein kluger Kämmerer mehr ignorieren darf. Die solare Bewegung steht vor dem Massenstart.“ Auf dem Kongress wurden erstmalig die Ergebnisse des Projektes „Entwicklungsperspektiven für nachhaltige 100-%- Erneuerbare-Energie-Regionen“ vorgestellt, das die de ENet in enger Kooperation mit der Universität Kassel durchgeführt hat. Darin geht es vor allem um zwei wesentliche Ziele: zum einen um die Erforschung von Erfolgsfaktoren und Hemmnissen in Kommunen und Landkreisen, die sich bereits sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigen, und zum anderen um die Vernetzung dieser Kommunen und Regionen untereinander. Veranstalter des Kongresses waren neben der de ENet die Agentur für Erneuerbare Energien und der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Trotz aller Fortschritte und Projekterfolge: Die Schwierigkeiten wachsen, je näher man dem Ziel kommt. Der genannte 1:10000-Beleg darüber, dass sich Deutschland prinzipiell zu 100 % mit erneuerbaren Energien versorgen lässt, kann nicht endgültig überzeugen. Vielmehr würden auf dem Weg zu einem 1:1-Maßstab wohl bald zwei Schwachstellen erkennbar werden, wenn die von den Branchenverbänden für das Jahr 2020 prognostizierten Leistungskapazitäten von 39,5 GW bei der Photovoltaik (die EPIA spricht sogar von 80 GW) und 55 GW bei der Windenergie tatsächlich Realität werden sollten: Zum einen darf bezweifelt werden, dass bis dahin Biogaskraftwerke in so großer Zahl installiert sein werden, dass sie eine mögliche Leistungslücke von mindestens 95 GW schließen könnten, wenn Photovoltaik- und Windenergieanlagen bei Nacht und Windflaute ausfallen. Zum andern stellt sich die Frage, wohin mit dem Überschuss, wenn Sonne und Wind Strom erzeugen, dessen Menge bei weitem das übertrifft, was die Netze aufnehmen können. Um eine 100-%ige Stromversorgung mit Hilfe erneuerbarer Energien realisieren zu können, sind also zwei Probleme ins Visier zu nehmen: Es fehlen Kraftwerke, die schnell genügend ausfallsichere Regelenergie zur Verfügung stellen können, und es mangelt an ausreichendem Speichervolumen. Bioenergieanlagen für die Regelenergie Die gut ausgebaute europäische Stromversorgung orientiert sich in seiner heutigen Grundstruktur an zentralen, großen Kraftwerken, die über das Verbundnetz miteinander verknüpft sind und den Strom in fast alle Regionen Europas liefern. Da elektrische Energie nur sehr aufwendig zu speichern ist, muss sie entsprechend dem zeitlichen Bedarf bereitgestellt werden. Um das Netz nicht zu überlasten und keine Ressourcen zu verschwenden, betreiben die Energieerzeuger daher eine detaillierte und mittlerweile sehr präzise Planung des Strombedarfs des jeweils kommenden Tages, um nur soviel Energie zur Verfügung zu stellen, wie benötigt wird. Strom aus dezentralen Kleinkraftwerken wie Windenergieanlagen, Blockheizkraftwerken und Photovoltaikgeneratoren wird von Energieerzeugern häufig als eine Einspeisung gesehen, die das bestehende ausgeklügelte System der Bereitstellung von Energie stören könnte, insbesondere deshalb, weil nicht planbar ist, wann die Sonne scheint oder der Wind weht. Hinzu kommt, dass hohe Anteile an fluktuierender Einspeiseleistung von den Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 8 632 FÜR DIE PRAXIS Energieversorgung Das Kombikraftwerk deckt den deutschen Strombedarf im Maßstab 1:10000 megacom ist ein deutscher Hersteller für Hausnotruf ohne zusätzliche Installationskosten, mit der Möglichkeit, Rauchmelder anzuschließen, zu einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Nähere Infos unter Telefon 04191 90850 oder www.megacom-gmbh.de Anzeige EP0809-629-634 04.08.2009 14:17 Uhr Seite 632 Energieversorgung FÜR DIE PRAXIS Netzbetreibern die Bereitstellung teurer Regelleistung bedeuten. Um die wachsende Einspeisung aus nachhaltigen Energiequellen besser kalkulieren zu können und die Produktion von Strom aus anderen Quellen entsprechend zu mindern, benötigen die Energieerzeuger Prognosesysteme zur Vorhersage der Menge des künftig eingespeisten Stromes aus Wasser-, Wind- oder Sonnenkraft. Ein ideale Ergänzung zur Photovoltaik- und Windenergie ist die Bioenergie. Biokraftwerke sind in kurzer Zeit betriebsbereit und können Versorgungslücken, die bei einem ausbleibenden Energieangebot von Sonne und Wind entstehen können, schnell schließen. Wegen der steigenden Verbreitung von PV- und Windenergieanlagen könnte die energetische Nutzung von Bioenergie in zukünftigen Energieversorgungsstrukturen eine zentrale Rolle spielen. Doch hier beginnt das Problem, das schon angesprochen wurde: Um zukünftig überhaupt eine zentrale Rolle spielen zu können, müsste in den kommenden zehn Jahren ein Bio-Kraftwerkspark für Regelenergie mit einer Gesamtleistung von bis zu 95 GW und vielleicht mehr aufgebaut werden. Zur Ernüchterung: In der Branchenprognose „Stromversorgung 2020“ wird eine aktuell installierte Leistung von 4,1 MW (Stand Ende 2007) genannt, die nach Einschätzung des BEE bis zum Jahre 2020 auf gut 9,3 MW ausgebaut werden könnte. Das ist nur ein Bruchteil dessen, was gebraucht würde, selbst wenn eine Leistung von etwa 10 GW aus Pumpspeicherkraftwerken, die bis zum Jahr 2020 noch in Betrieb gehen könnten, mit in die Rechnung einbezogen würden. Das bedeutet: Ein Kombikraftwerk mit Windenergie- und Biogasanlagen, Blockheizkraftwerken, PV-Generatoren sowie Pumpspeicher-Kraftwerken, das wie oben beschrieben in einem 1:10000 Maßstab funktioniert, würde eine sichere Stromversorgung für ganz Deutschland mangels Masse an schneller Regelenergie nicht gewährleisten können. Speichertechnologien Es ist deutlich geworden, dass bei zukünftigen Stromversorgungskonzepten, die ausschließlich auf erneuerbare Energien setzen, große Energiespeicher unverzichtbar sind. Sie können als Speicherseen angelegt werden, an denen sich zur Deckung schneller Regelenergie große Pumpspeicherkraftwerke betreiben lassen. Sie können aber auch in Form von elektrischen Speichern wie beispielsweise Batterien, supraleitenden magnetische Energiespeichern (SMES) oder Doppelschichtkondensatoren ausgeführt werden. 4.1 Pumpspeicher-Kraftwerke Die ausgereifteste Großtechnik der Energiespeicherung stellt nach wie vor die Pumpspeicherung dar. Bei diesem Verfahren wird überschüssige elektrische Energie dazu verwendet, Wasser aus einem „Untersee“ in einen hoch gelegenen „Obersee“ zu pumpen, wobei sich die elektrische Energie in potentielle Energie umwandelt und bis auf Aufruf gespeichert wird (Bild ). Die deutschen Stromerzeuger und Netzbetreiber können schon seit mehr als 70 Jahren auf solche Speicherkraftwerke zugreifen: Die ersten Anlagen, das Koepchenwerk südlich von Dortmund und das PSW Niederwartha bei Dresden, wurden bereits Ende der 1920er Jahre errichtet. Das größte seiner Art befindet sich seit 2003 in Goldisthal (Thüringen). Es leistet 1060 MW und besitzt einen Gesamt-Stauraum von 12 Mio. m3 Wasser und damit eine Speicherkapazität von 8480 MWh. Eine ähnlich große Prinzip eines Pumpspeicher-Kraftwerks prüft seit 1889 Diagnostische Isolationsprüfung: MIT520/2 Schauen Sie in die Zukunft! Mit der diagnostischen Isolationsprüfung des MIT520/2 erkennen Sie rechtzeitig den künftigen Zustand der Isolation! 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Mit ihrer Ausdehnung und ihren speziellen Geländeanforderungen kommen Pumpspeicher-Kraftwerke für einen breiten Einsatz allerdings auch kaum in Frage, zumal sich die Nutzung von Windenergieanlagen, deren überschüssige Leistungen abgeschöpft und gespeichert werden sollen, auf den flachen Norden konzentriert, wo keine hoch gelegenen natürlichen Speicherbecken zur Verfügung stehen. Zur Ergänzung seien hier noch Druckluft-Gasturbinen-Kraftwerke (CAES-Kraftwerke; Compressed Air Energy Storage) genannt. Zurzeit sind weltweit erst zwei solcher Anlagen in Betrieb: das eine in Huntorf bei Hannover (Bild ), das andere in McIntosh (USA). Trotz des Riesenpotentials ist auch hier Euphorie vorerst nicht angebracht, zumal die Entwicklung Zeit benötigt. 4.2 Elektrische Speicher Die bekanntesten elektrischen Speicher sind wohl Batterien (Bild ). Sie werden in großen Stückzahlen gefertigt, die verwendeten Materialien sind in der Regel preisgünstig. Besonders kritisch ist bei Batterien die begrenzte Lebensdauer. Ihr Einsatz als alleiniger Speicher in einem fluktuierenden Stromerzeugungssystem ist deshalb nur bedingt möglich. Forschungsarbeiten nehmen sich zurzeit dieses Problems an und versuchen, Verbesserungen herbeizuführen. Supraleitende magnetische Energiespeicher (SMES) speichern Energie im magnetischen Feld einer Spule. Ihr wohl größter Vorteil liegt in der schnellen Verfügbarkeit der elektrischen Leistung, die im Bereich von Millisekunden bereitgestellt werden kann. Weitere Vorzüge sind die beliebig hohe Zykluszahl, beliebige Tiefentladung, hohe Lebensdauer und eine hohe Leistung bei verhältnismäßig kleiner gespeicherter Energie. Schon seit langem konzentrieren sich Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf SMES mit Energien und Leistungen im Bereich von mehreren Megajoule beziehungsweise Megawatt. Elektrochemische Doppelschichtkondensatoren sind ein neuartiges Speicherelement, das die Lücke zwischen konventionellen Kondensatoren und Batterien schließt. Ihr Aufbau und ihre Wirkungsweise bringen eine Reihe von Vorteilen gegenüber anderen Speichern mit sich. So sind sie wegen ihrer hohen Zyklenfestigkeit, Leistungsdichte und Wartungsfreiheit sowie wegen ihres hohen energetisches Wirkungsgrads besonders gut geeignet für die Speicherung elektrischer Energie in fluktuierenden Stromerzeugungsanlagen. Der zukünftige Einsatz von Doppelschichtkondensatoren oder Superkondensatoren wird in jenen Bereichen liegen, die kurzzeitig hohe Leistungsanforderungen stellen. Obwohl diese „Super Caps“ immer noch sehr teuer sind, haben ihre Eigenschaften als Energiespeicher in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit hervorgerufen. Eine für die Zukunft interessante Möglichkeit, Energie zu speichern, besteht darin, mit Hilfe elektrischer Energie in einem Elektrolyseur Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Der Wasserstoff kann bei Bedarf über eine Brennstoffzelle direkt wieder in elektrische Energie und Wärme umgewandelt werden. Der Vorteil des Wasserstoffs als Energieträger liegt in seiner Speicherbarkeit und Transportfähigkeit, obwohl für eine funktionierende Wasserstoffwirtschaft noch einige Probleme zu lösen sind. Eine neue Hoffnung für die Speicherzukunft wird zurzeit mit dem Schlagwort Vehicle-to-grid beworben: Die Bundesregierung will bis zum Jahre 2020 rund eine Million Elektro- und Hybridfahrzeuge ans Netz und auf die Straße bringen. Deren Batterien stellen ein beträchtliches Speicherpotential dar. Bis zur Praxisreife im großen Stil sind allerdings noch einige Fragen zu klären: Die Technik für das Be- und Entladen der Batterien am Stromnetz muss noch optimiert werden; die Batterien dürfen bei den vielen Ladevorgängen nicht schneller verschleißen; Autobesitzer, die ihren Wagen zur Netzstabilisierung zur Verfügung stellen, müssen dafür natürlich entlohnt werden. Die Technik ist für Kraftwerksbetreiber neben ihrem Potential zur Netzstabilisierung besonders interessant, weil ein „Vehicle Grid“ auch Spitzenstrom liefern kann. Literatur [1] Stromversorgung 2020. Wege in eine moderne Energiewirtschaft. Berlin: Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) 2009. Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 8 634 FÜR DIE PRAXIS Energieversorgung Prinzip des Druckluft-Gasturbinen-Kraftwerks in Huntorf bei Hannover Aufbau eines Blei-Akkumulators für Solaranlagen Quelle: Varta megacom ist ein deutscher Hersteller für Schwesternrufanlagen drahtlos und drahtgebunden, mit und ohne Sprache, zu einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Nähere Infos unter Telefon 04191 90850 oder www.megacom-gmbh.de Anzeige EP0809-629-634 04.08.2009 14:20 Uhr Seite 634
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- W. Wilming
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