Schutzmaßnahmen
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Blitz- und Überspannungsschutz
Störlichtbogenschutz an NS-Schaltanlagen (2)
ep7/2008, 3 Seiten
Maßnahmen zum Senken des Gefährdungspotentials Allgemeine Maßnahmen der Betreiber Die Betreiber können die Risiken z. B. wesentlich mit diesen Schutzmaßnahmen reduzieren: · Erstellen einer Gefährdungsanalyse · Einhalten der 5 Sicherheitsregeln bei Arbeiten an Anlagen · Einsatz anforderungsgerechter PSA · verbrauchs- und risikooptimierte Anlagenfahrweise - Auftrennungen · Erstellen von Schalthandlungsszenarien und -protokollen für Umschaltungen · vorbeugende und zustandsbezogene Wartung und Instandsetzung · Überprüfen von Kontakt-/Verbindungsstellen durch Thermografie · Personalschulungen usw. Oft kann man mit einfachen Maßnahmen bereits erhebliche Wirkungen erzielen. Vorhandenes Kurzschlussniveau ermitteln So wird das Kurzschlussniveau am Kurzschlussort im Wesentlichen durch die speisenden Transformatorenleistungen bestimmt. In der Regel werden mehrere Transformatoren zu Gruppen zusammengeschaltet, was das entsprechende Kurzschlussniveau vervielfacht. In vielen Fällen können jedoch in Schwachlastzeiten auch einzelne oder mehrere Transformatoren abgeschaltet werden, um das Kurzschlussniveau zu senken und damit auch das Risikopotential. Dies ist z. B. bei den Betreibern von Messehallen eine geübte Praxis, da im ausstellungsfreien Betrieb die Energie nicht benötigt wird. Bereits bei Anlagenplanung beachten Es muss davon ausgegangen werden, dass die Aufwendungen für die mit Anlageninspektion und -wartungen verbundenen Maßnahmen mit der Zeit steigen. Diese Kosten können durch den Einsatz hochwertiger Anlagen gegenüber Standardanlagen erheblich reduziert werden. Das muss jedoch bereits im Planungsprozess berücksichtigt werden, um von vornherein diese Folgekosten so gering wie möglich zu halten. Arbeitsschutz-Unterweisungen durchführen Darüber hinaus gehören Arbeitsschutz-Unterweisungen entsprechend des im ep 12/2007 veröffentlichten Arbeitsschutzbriefes Nr. 7/2007 oder spezielle Lichtbogenseminare, wie zum Beispiel „Lichtbogen live“ der Berufsgenossenschaft (BGETF) (Bild ), zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Betreiberaufgaben. Schadensereignis - Personen- und Anlagenschutz Trotz aller Schutzmaßnahmen kann es dennoch zu einem Schadensereignis mit einem Lichtbogen kommen. Niemand ist in der Lage voraussagen, wann und wodurch ein Kurzschluss eintreten wird. Auf Grundlage von statistischen Erhebungen der Berufgenossenschaft (BGFE) sind die Schäden meist durch menschliches Fehlverhalten verursacht. Da damit in den häufigsten Fällen Personenschäden verbunden sind, ist dem Personenschutz besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Durch den Einsatz äußerst schnell schaltender Technik wird neben dem Personenschutz jedoch auch ein Anlagenfunktionsschutz erreicht, der den Weiterbetrieb der Schaltanlagen innerhalb kürzester Zeit zulässt. Gefährdungen ermitteln 1. Energieniveau über Netzberechnung bestimmen Zum Abschätzen der Maßnahmen beim Auftreten eines Lichtbogenereignisses ist zuerst eine Betrachtung des anstehenden Energieniveaus für jede NS-Hauptschaltanlage und Unterverteilung durchzuführen. Dies wird am Besten auf der Grundlage einer Netzberechnung durchgeführt. Da bei der freigesetzten Lichtbogenenergie die Einwirkzeit eine wesentliche Rolle spielt, sollten die eingestellten Staffelzeiten bzw. die Abschaltzeiten der eingesetzten Sicherungen in diese Beurteilungen einbezogen werden. Für die Betrachtung ist jedoch erschwerend, für das Ergebnis aber verbessernd, dass der Lichtbogenstrom in der Niederspannung mit einem Faktor zwischen 0,3-0,8 angenommen werden muss. 2. Geeignete Schutzmaßnahmen auswählen Entsprechend den erzielten Werten müssen die zu verwendenden Schutzmaßnahmen ausgewählt und die Ausführung der Schaltanlagen dimensioniert werden. Da zum einen jedoch der Lichtbogenfaktor vor Schadenseintritt nicht vorherbestimmt und zum anderen Staffelzeiten durch geänderte Anlagenkonfigurationen verändert werden können, sollte für die Auswahl der Anlagen und des Schutzes der „worst case“ angenommen werden. Nach der Kurzschlussstromstärke differenzieren Kurzschlussströme bis 4 kA, 500 ms Diese sind in einspeisefernen Unterverteilungen, in Steuerungsverteilungen oder in Hausanschlusskästen anzutreffen. Zu treffende Maßnahmen: Personenschutz. Bereits für diese Arbeiten erscheint das Tragen lichtbogengeprüfter Schutzbekleidung sinnvoll. Trägt die Elektrofachkraft eine standardmäßige, nicht speziell verstärkte Arbeitsbekleidung, ist sie im Störlichtbogenfall erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt (vgl. auch Videos, unter www.elektropraktiker.de, Startseite). Mit einer aktuellen Norm für die Prüfungen dieser Kleidungen IEC 61482-1-2 wurde ein Kriterium für die Bewertung der Textilen geschaffen, das bis zu dem geprüften Niveau dem Verwender eine ausreichende Sicherheit gibt. Es ist jedoch unbedingt zu beachten, dass die Prüfungen mit Wechselspannung durchgeführt werden, Lichtbogenkurzschlüsse sich in der Regel aber - selbst bei 1-poliger Zündung - 3-polig ausweiten. Anlagenschutz. Die Sammelschienenabschnitte sollten untereinander geschottet sein, um ein Übergreifen auf benachbarte, nicht betroffene Abschnitte zu verhindern. Im betroffenen Schadensfall muss davon ausgegangen werden, dass elektronische Bauteile zerstört werden und sich durch den Kupferabbrand der Sammelschienen ein Kupferbeschlag auf allen Bauteilen ausbildet. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 7 600 BETRIEBSFÜHRUNG Störlichtbogenschutz an NS-Schaltanlagen (2) Dieser Beitragsteil geht vor allem auf Maßnahmen ein, die darauf gerichtet sind, die Elektrofachkräfte und Anlagen vor Lichtbogenereignissen zu schützen. Zudem können aktive und passive Schutzsysteme das Ausmaß eines Lichtbogens erheblich eindämmen und neben dem Schutz von Personen auch einen schnellen Weiterbetrieb der Anlage sichern. Beobachtungen beim Lichtbogentest im IPH, Berlin Kurzschlussniveau bis 15 kA, 500 ms Diese sind in Unter- und Hauptverteilungen kleinerer Single-Transformatoren anzutreffen. Personenschutz. Es ist darauf zu achten, dass möglichst Kleidung zum Einsatz kommt, die über das in der Norm festgelegte Maß geprüft ist. Es gibt bereits Gewebe, die Personen vor Kurzschlussströmen bis zu 10 kA wirkungsvoll schützen können oder sogar bis zu 15 kA Schutz bieten. Damit wäre beispielsweise die Person in unmittelbarer Nähe eines 630-kVA-Transformators (uk = 6 %) im Schadensfall wirkungsvoll geschützt. Zusätzlich sollten auch Hände und Gesicht in die Schutzmaßnahmen einbezogen werden. Anlagenschutz. Die Sammelschienenabschnitte sollten ebenfalls untereinander geschottet sein, damit ein Übergreifen auf benachbarte, nicht betroffene Abschnitte vermieden wird sowie ähnliche Folgen, wie im ersten Fall beschrieben. Mobile Kurzschlusseinrichtung Für das Kurzschlussniveau bis 15 kA wurde als zusätzlicher Schutz für Arbeiten unter Spannung (AuS) an NS-Schaltanlagen und -Verteilungen im September 2007 auf der AuS-Tagung in Dresden eine mobile Kurzschlusseinrichtung vorgestellt. Wirkungsweise Deren Wirkungsweise basiert darauf, dass mit einer zuvor installierten Lichtbogenlöscheinrichtung und zugehöriger Lichtbogensensorik ein Störlichtbogen bei Auftreten detektiert wird und in einer Zeit von kleiner als 5 ms der Lichtbogenkurzschluss in einen „satten“ Kurzschluss umgewandelt wird. Dadurch ist die zerstörende Wirkung des Lichtbogens „abgeschaltet“ und der Vorgang in einen satten Kurzschluss überführt. Nachfolgend erfolgt die Abschaltung der vorgeordneten Schutzorgane. Bedingt durch die eingesetzten Materialien und die gewünschte Mobilität der Einrichtung, wird das Niveau von 15 kA als maximaler Grenzbereich für Arbeiten an unter Spannung stehenden Anlagen verbleiben. Angebote der Schaltanlagenhersteller Ein Großteil der namhaften Schaltanlagenhersteller hat sich inzwischen auch der Störlichtbogen-Problematik angenommen. Spezielle Entlastungsklappen, Druckführungskanäle und Verschlussmechanismen an den Türen und Energieeinschüben wurden hierfür entwickelt. Bei Einsatz der entsprechenden Schaltanlagen ist jedoch zu klären, bis zu welchem Niveau und für welche Feldtypen die entsprechenden Störlichtbogenprüfungen durchgeführt wurden, da die Ergebnisse auf abweichend aufgebaute Feldtypen nicht übertragen werden können. Teilweise wurden Prüfungen auch nur mit verminderten Abschaltzeiten (z. B. 100 ms) durchgeführt. In diesen Fällen müssen die Ergebnisse rechnerisch umgesetzt werden, und es ist der Einsatz dieses Anlagentyps ausschließlich im Unterverteilungsbereich möglich. Hohe Kurzschlussströme Oberhalb eines Kurzschlussstromes von 15 kA erscheint der Schutz mittels PSA nicht mehr sinnvoll. Auf dem amerikanischen Markt sind Schutzanzüge verfügbar, die einem Kurzschlussstrom bis 50 kA standhalten sollen. Diese Anzüge ähneln in ihrem Aufbau und Beweglichkeit Raumanzügen und erschweren die Bedienbarkeit der Anlagen und Geräte um ein Vielfaches. Lichtbogen-Brennzeit wirksam verkürzen Je größer der treibende Kurzschlussstrom ist, umso größer sind die Beanspruchungen für die ausgewählten Materialien. Besonders zu beachten ist, dass bei gleicher Lichtbogenbrennspannung rein rechnerisch die Stromstärke fast „im Quadrat“ in die Energiebilanz eingeht. Soll BETRIEBSFÜHRUNG fon +49(0) 3375 9037-310 marketing@eldat.de Funk macht das Leben leichter und schöner. Energie effektiv einsetzen und sparen. Funk macht das Leben leichter und schöner. Sparbüchse. mehr unter www.eldat.de/sparbuechse ELDAT Funkprodukte passen sich Lebensabläufen effektiv an. Intelligente Funk- und Zeitschaltprodukte reduzieren bspw. den jährlichen Stand-by-Verbrauch von elektrischen Geräten eines Haushaltes um durchschnittlich ca. 90,-. Funk-Handsender machen zudem das Bedienen absolut komfortabel. Und der Einbau von ELDAT Funkprodukten ist denkbar einfach. Planen. Installieren. Anbringen. Fertig. nun ein Schutz über das bisher beschriebene Niveau realisiert werden, ist dies ausschließlich über eine Verkürzung der Brennzeit des Lichtbogen möglich. Auslösezeiten. Hierfür werden verschiedene Lösungen am Markt angeboten. Beispielsweise werden rückwärtige Verriegelungen oder gesteuerte Selektivität zur Senkung der Staffelzeiten der Leistungsschalter eingesetzt. Erfassungssysteme. Ebenso werden Lichtbogenerfassungssysteme in die Schaltanlagen integriert, welche einen vorgeordneten Leistungsschalter in Schnellzeit ausschalten. Einsatz von Löschtechnik Der maximalen Senkung der Lichtbogenauswirkungen stehen jedoch die viel zu langen Ausschaltzeiten der offenen Leistungsschalter, zwischen 30 und 60 ms, entgegen. Bereits nach 10 bis 15 ms werden an der Schadensstelle im Schaltfeld Drücke bis 200 kPa und Temperaturen bis 13000 K erreicht. Innerhalb kürzester Zeit sind Sammelschienen weggebrannt und das plasmatisierte Kupfer hat sich im gesamten Feld verteilt (Bild ) oder Hautpartikel versengt. Die betroffenen Personen müssen sofort ins Krankenhaus, die Anlage kann nicht weiterbetrieben werden. Gefährdungen reduzieren Diese Auswirkungen können nur durch den Einsatz äußerst schneller Löschtechnik reduziert werden. Eine solche Technik wird von Moeller schon seit Jahren mit dem System Arcon angeboten. Dadurch wird die Einwirkzeit des Störlichtbogens für den überwachten Bereich auf eine Zeitdauer von 2-3 ms reduziert, indem der Störlichtbogen in der Schaltanlage kurz nach dem Auftreten in einen satten Kurzschluss, ohne Lichtbogenerscheinung, umgewandelt wird. Dadurch bleiben die Schädigungen, auf einen sehr geringen Bereich, die unmittelbare Nähe des Entstehungsortes, begrenzt. Nach geringfügigen Instandsetzungsarbeiten (Bild ) können die Anlagen wieder eingeschaltet werden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass selbst in dieser kurzen Einwirkzeit - je nach Abhängigkeit des auftretenden Kurzschlussstromes - ein Energiegehalt bis zu 100 kJ freigesetzt werden kann. Das kann zu Beanspruchungen der Haut oder Schädigungen der Augen führen, sodass auch bei Einsatz der Arcon-Technik das Tragen von entsprechend ausgewählter Schutzkleidung empfohlen ist. System in der Praxis Arcon ist seit einigen Jahren im Einsatz und hat auch schon einige Personen und Anlagen wirkungsvoll geschützt. Der Schutzumfang der Arcon-Technik kann sich auf die gesamte Schaltanlage beziehen. Einschränkungen können ausschließlich im Bereich der Einspeisungen vor dem Einspeiseleistungsschalter entstehen, wenn aus Wirtschaftlichkeitsgründen nur das Hauptsammelschienen- und Verteilschienensystem, die Einspeise- und Abgangsbereiche und größeren Leistungsschalter in den Schutzbereich einbezogen werden. In der Industrie sind häufig jedoch neben reinen Energieverteilungsanlagen auch MCC-Anlagen mit der Verwendung von Einschüben für Motorsteuerungen vorzufinden. Der vollständige Lichtbogenschutz ist auch hier mit Arcon generell möglich. Für die Überwachung der Einschübe wäre jedoch ein erheblicher Verkabelungsaufwand mit einer Vielzahl von untereinander abzustimmender Komponententechnik erforderlich. Als optimierte Lösung bietet sich die störlichtbogenfeste Ausprägung der Einschübe untereinander und nach außen an. Dann kann auf das beschriebene Störlichtbogenschutzsystem verzichtet werden. Das setzt jedoch besondere Verschluss-Systeme, in die Anlage integrierte Druckführungskanäle und der Mittelspannungstechnik entlehnte Druckentlastungsklappen voraus. Durch entsprechende Verriegelungsmechanismen ist ein Einleiten eines Lichtbogens bei geöffnetem Einschub generell nicht möglich, da der Kontaktapparat des Einschubs erst bei geschlossenem Einschub mit der Feldverteilschiene verbunden wird. Bei geschlossenem Einschub wird der Störlichtbogen über den Druckführungskanal in einen ungefährdeten Bereich abgeleitet. All diese Maßnahmen wurden im Energieverteiler Moducon (Bild ) erfolgreich umgesetzt. Zusammenfassung Gerade auch in Schaltanlagen der Niederspannung, besteht ein sehr hohes Gefährdungspotential für Lichtbogenunfälle. Die Unfallhäufigkeit in Niederspannungs-Anlagen übertrifft sogar die in der Mittelspannung um ein Vielfaches. Damit sind in der Regel Schäden an Personen und auch an Anlagen verbunden. Bei der Entwicklung der Schaltanlagen waren in den vergangenen Jahren jedoch erhebliche Fortschritte hinsichtlich eines verbesserten Personen- und Anlagenschutzes zu verzeichnen. Diesbezügliche Vorschriften in Form neuer Prüfanforderungen oder neuer Technischer Regeln wurden immer umfangreicher. Durch die Beachtung einiger einfach umzusetzender Handlungsregeln kann jeder Betreiber einer Schaltanlage dazu beitragen, dass es gar nicht erst zur Einleitung eines Lichtbogenereignisses kommt. Für das verbleibende Restrisiko kann bei geringen Kurzschlussströmen die entsprechende Schutzkleidung (PSA) Verletzungen der Elektrofachkräfte verhindern. Die Auswirkungen in den Anlagen sind dennoch erheblich. Bei höheren Kurzschlussströmen kann nur schnelle Schalttechnik das Energieniveau so stark herabsetzen, dass keine nennenswerten Schäden mehr an Mensch und Technik auftritt. Generell zu beachtende Reihenfolge der Schutzmaßnahmen: 1 Vorbeugen durch konstruktive Lösungen 2 Vermeiden von Gefährdungen 3 Verhindern von Gefahrensituationen 4 Schützen im Fehlerfall. J. Klosowski Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 7 602 BETRIEBSFÜHRUNG zerstörte Sammelschiene nach offener Lichtbogenprüfung mit 10 kA, 300 ms, ohne Lichtbogenlöschung Störlichtbogenversuch im IPH-Prüffeld mit 65 kA, 300 ms - bestanden mit Moducon gereinigte Sammelschiene nach offener Lichtbogenprüfung mit 10 kA, 300 ms, Lichtbogenlöschung durch Arcon Fotos: Köhl
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Autor
- J. Klosowski
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