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Elektrotechnik | Energietechnik/-Anwendungen

Notstromaggregate für "bestimmungsgemäßen Gebrauch" freigeben

ep2/2010, 3 Seiten

Zu meinen Aufgaben gehört es u. a., kleine Notstromaggregate zu warten und zu prüfen, um diese auf Wunsch anderen Bereichen unseres Unternehmens oder auch Fremdfirmen zur Verfügung zu stellen. Nun habe ich einige Notstromaggregate erhalten, die mir Kopfschmerzen bereiten. Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, wie ich mich verhalten soll, um diese Geräte gemäß § 4 der Betriebssicherheitsverordnung so bereitzustellen, dass „ ...sie für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen geeignet sind und bei deren bestimmungsgemäßer Benutzung Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet sind.“ Die betreffenden Notstromaggregate haben: • nur eine geringe Leistung (bis 3 kVA), • einen vollisolierten Körper mit einigen leitfähigen berührbaren Teilen, • eine DS-CEE-Steckdose sowie eine WS-Schukosteckdose • weder einen Anschluss für einen Erder noch eine Isolationsüberwachung, • einen ungeerdeten und nicht mit dem Netz des Aggregats verbundenen Schutzleiter, der die Schutzkontakte der beiden Steckdosen verbindet und • die CE-Kennzeichnung. Die Wirksamkeit der deswegen notwendigen Isolierungen und alle anderen den ordnungsgemäßen Zustand des Aggregats repräsentierenden Eigenschaften habe ich durch eine Prüfung nach DIN VDE 0701-0702 nachgewiesen. Ich gehe somit davon aus, dass • bei den Aggregaten die Schutzmaßnahme „Schutztrennung mit mehreren Verbrauchern“ vorliegt, die in DIN VDE 0100-410, Abschnitt 14, behandelt wird und • die Aggregate in Ordnung sind. Mein Problem entsteht durch ein auf allen Aggregaten neben den Steckdosen aufgebrachtes Hinweisschild mit der Aufschrift: „Achtung! Es darf gleichzeitig immer nur eine der Steckdosen verwendet werden!“ Ob diese Kennzeichnung durch den Hersteller oder den Vorbesitzer erfolgte und welche Begründung es dafür gab, konnte ich nicht feststellen. Ich möchte hier nicht über den möglicherweise ja vorhandenen Sinn und Zweck der Kennzeichnung spekulieren. Allerdings bin ich mir relativ sicher, dass dieser Hinweis von Anwendern der Aggregate nicht durchgehend beachtet wird. Die Qualifikation und die Sprachkenntnisse der mir bekannten Mitarbeiter haben zur Folge, dass jede sichtbare Steckdose auch benutzt wird – und das ohne zu fragen, ob es zulässig ist. Wie ich feststellen konnte, werden bedenkenlos sogar Steckdosenleisten oder Verteiler verwendet, um weitere Geräte zu betreiben. Was also ist zu tun, um der Betriebssicherheitsverordnung zu entsprechen? • Ist es möglich, die beschriebene Kennzeichnung zu demontieren oder übersehe ich eine Gefährdung, die ihre Existenz recht fertigt? • Sollte ich jedem Aggregat eine Bedien-/Arbeitsanleitung hinzuzufügen, die sicher nicht wirksamer sein würde als das Schild? • Sollte ich alles so belassen wie es ist, da der Anwender für die Sicherheit der mit dem Aggregat von ihm errichteten Anlage verantwortlich ist und genüge ich damit meiner Pflicht als Elektrofachkraft gegenüber den nicht fachkundigen Anwendern?


Hinweisschild. Auch wenn der Hersteller oder der Betreiber Gründe dafür haben, den gleichzeitigen Anschluss von zwei Geräten zu vermeiden, ist dieser Schild wohl eher ein „Schildbürgerstreich“, denn
  • es bietet keine Gewähr für eine vollständige Information aller Mitarbeiter über die notwendige Verhaltensweise;
  • es enthält keine Informationen über die Gründe des Hinweises und die möglicherweise entstehende Gefährdung;
  • erfahrungsgemäß werden solche Hinweise spätestens dann missachtet, wenn ihre Beachtung den Arbeitsablauf behindern würde.
Wenn es Gründe dafür gibt, das gleichzeitige Anschließen von zwei Geräten verhindern zu müssen – z. B. weil mit Isolationsfehlern verschiedener Außenleiter der Geräteanschlussleitungen gerechnet werden muss – dann müssen technische Maßnahmen angewandt werden. Diese Hinweisschilder sollten entfernt werden – unabhängig von allen anderen Aktivitäten/Maßnahmen.
Freigabe für den bestimmungsmäßigen Gebrauch. Sofern diese Aggregate aus der Ferne zu beurteilen sind, gewährleisten sie die Schutzmaßnahme „Schutztrennung mit mehr als einem Verbrauchsmittel“. Mit der vom Anfragenden durchgeführten Prüfung hat er den ordnungsgemäßen Zustand der Aggre gate festgestellt und kann sie somit für den „bestimmungsgemäßen Gebrauch“ freigeben. Nun ist er aber
  • praktisch der Besitzer/Betreiber der Aggregate und somit für die Sicherheit der diese „Arbeitsmittel“ verwendenden Personen zumindest mitverantwortlich und
  • die einzige fachkundige Person, die alle auftretenden und beim möglicherweise stattfindenden „nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch“ die zusätzlich entstehenden Gefährdungen beurteilen kann.
Hinzu kommt, dass in diesem Fall ein solcher nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch (z. B. falsche Leitungen, Isolationsfehler) sehr wahrscheinlich ist. Bei Betrachtung der für die Schutztrennung mit mehreren Verbrauchsmitteln geltenden Vorgaben in DIN VDE 0100- 410 [2] wird klar, dass auf Baustellen u. Ä. eine ständige Kontrolle, möglichst durch eine Fachkraft, erfolgen muss, um den ordnungsgemäßen Zustand der Schutzmaßnahme Schutztrennung zu erhalten und auch den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu sichern. Das heißt, wenn der Anfragende seiner Verantwortung als Prüfer, Betreiber und vor allem als einzige in diesem Arbeitsprozess/-ablauf tätige Elektrofachkraft (Sicherheitsgarant) gerecht werden möchte, dann muss er
  • die am Einsatzort bei der Bedienung dieser Aggregate für die dort tätigen Personen möglicherweise auftretenden Gefährdungen ermitteln und beurteilen und
  • den Anwendern dieser Aggregate die notwendige Unterstützung zur Abwehr dieser Gefährdungen geben.
Da wird es nicht ausreichen – zumindest nicht in jedem Fall – wenn er eine Betriebs-/Bedienanleitung für die Aggregate erarbeitet und die Mitarbeiter seines Kunden entsprechend unterweist. Vielmehr muss z. B. auch sichergestellt werden, dass die an das jeweilige Aggregat angeschlossenen Gebrauchsgeräte und Leitungen nicht Isolationsfehler aufweisen, d. h. sie sind vor der Inbetriebnahme des Aggregats zu prüfen. Weiterhin ist es auch notwendig, eine ausreichende Überwachung der Aggregate und der Gebrauchsmittel mit ihren Leitungen am Einsatzort vorzunehmen, um das Entstehen von Isolationsfehlern zu verhindern. Ebenso ist bei dem „Ideenreichtum“ unserer Bauarbeiter wohl damit zu rechnen, dass sie kurzerhand eine Mehrfachsteckdose aus dem Baubüro ausleihen, um „Anschlussprobleme“ zu beseitigen.
Es sind somit ständig wachsame Augen erforderlich, um dafür sorgen zu können, dass der bereitgestellte Zustand des Aggregats auch tatsächlich erhalten bleibt. Der Anfragende sollte deswegen immer fordern, dass ein Mitarbeiter des Anwenders, welcher zumindest die Qualifikation einer elektrotechnisch unterwiesene Person vorweisen kann, mit einer entsprechenden Kontrolle beauftragt wird. Die Aufgaben dieses Kontrollbeauftragten werden von Anfragenden in der Betriebsanweisung konkret benannt. In den Leihverträgen und bei dem Einweisen der Mitarbeiter des Verantwortlichen bei der Übergabe sollte dies ebenfalls erfolgen. Als der letztlich immer Mit- Verantwortliche sollten sich der Fragesteller die Einsatzsorte hin und wieder auch selber ansehen.

Quellen

Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV vom 27. September 2002.

DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen - Schutz gegen elektrischen Schlag.


Autor
  • K. Bödeker
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