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Elektrotechnik | Kabel und Leitungen

Nichtlineare Lasten am Drehstromnetz

ep7/2008, 1 Seite

Wenn drei Geräte mit Gleichrichtung (z. B. NF-Leistungsverstärker mit Ausgangsleistungen von etwa 1500 W bis 2000 W) in Sternschaltung an einem Drehstromnetz betrieben werden, fließt im Neutralleiter selbst bei gleichmäßiger Auslastung der dreifache Strom gegenüber einem Außenleiter (praktische Messungen ergaben etwa den 2,5-fachen Strom). Eine Kompensation der Ströme findet nicht statt. Wie lässt sich praktisch der Stromanschluss für ein solches System realisieren? Verfügt ein übliches fünfadriges Kabel, das für die Außenleiterströme dimensioniert ist, über ausreichend Reserven für den Neutralleiter? Muss ein Kabel, das für den tatsächlichen Strom im Neutralleiter dimensioniert ist, auf der Verbraucherseite nochmals abgesichert werden? Lösungen, bei denen mehrere Verstärker in einem Schrank zusammengefasst und von außen einzeln mit Einphasen-Wechselstrom versorgt werden, haben sich in der Praxis nicht bewährt, da offensichtlich Folgendes gilt: 1 Schrank = 1 Verbraucher = 1 Elektroanschluss.


596 LESERANFRAGEN Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 7 Nichtlineare Lasten am Drehstromnetz ? Wenn drei Geräte mit Gleichrichtung (z. B. NF-Leistungsverstärker mit Ausgangsleistungen von etwa 1500 W bis 2000 W) in Sternschaltung an einem Drehstromnetz betrieben werden, fließt im Neutralleiter selbst bei gleichmäßiger Auslastung der dreifache Strom gegenüber einem Außenleiter (praktische Messungen ergaben etwa den 2,5-fachen Strom). Eine Kompensation der Ströme findet nicht statt. Wie lässt sich praktisch der Stromanschluss für ein solches System realisieren? Verfügt ein übliches fünfadriges Kabel, das für die Außenleiterströme dimensioniert ist, über ausreichend Reserven für den Neutralleiter? Muss ein Kabel, das für den tatsächlichen Strom im Neutralleiter dimensioniert ist, auf der Verbraucherseite nochmals abgesichert werden? Lösungen, bei denen mehrere Verstärker in einem Schrank zusammengefasst und von außen einzeln mit Einphasen-Wechselstrom versorgt werden, haben sich in der Praxis nicht bewährt, da offensichtlich Folgendes gilt: 1 Schrank = 1 Verbraucher = 1 Elektroanschluss. ! Oberschwingungsströme belasten den Neutralleiter. Trotz sinusförmiger Netzspannung fließen in Stromkreisen mit nichtlinearen Lasten nichtsinusförmige Ströme. Zu solchen Lasten gehören z. B. eisengesättigte Induktivitäten, wie Transformatoren (insbesondere Kleintransformatoren), Wandler sowie Gasentladungslampen und Stromrichterventile [1]. Also zählen auch die Gleichrichter der NF-Verstärker dazu. Der nichtsinusförmige Strom, den diese Gleichrichter dem Netz entnehmen, führt zu Spannungsfällen auf der Netzzuleitung, die stark oberschwingungshaltig sind und sich so als Rückwirkung im ganzen Versorgungsnetz bemerkbar machen. Für die Beantwortung der Frage sind die Oberschwingungen des so genannten Nullsystems interessant. Die Frequenzen dieser Oberschwingungen sind jene ganzzahlige Vielfache der Grundschwingung (50 Hz), die sich durch Drei teilen lassen, also Oberschwingungen mit den Ordnungszahlen 3 (150 Hz), 6 (300 Hz), 9 (450 Hz) usw. Da die dazugehörigen Ströme gegeneinander nicht phasenverschoben sind, addieren sich die Beträge ihrer Stromstärken zu einer arithmetischen Stromsumme in dem Neutralleiter. Aufgrund ihres hohen Anteils spielen hier die Oberschwingungen mit ungerader Ordnungszahl - also die 3., die 9., die 15. usw. - eine geradezu fatale Rolle bei der Belastung des Neutralleiters. Dies bestätigen auch die vom Anfragenden durchgeführten Messungen, da trotz einer symmetrischen Belastung des Drehstromkreises im Neutralleiter der 2,5-fachen Strom gegenüber dem Strom im Außenleiter festgestellt wurde. Im Bild ist eindrucksvoll dargestellt, dass die Ströme bei 50 Hz in den drei Außenleitern L1, L2 und L3 keinen Strom im Neutralleiter verursachen, da ihre Summe Null ist (unteres Diagramm). Jedoch addieren sich die Ströme der 3. Oberschwingung im Neutralleiter arithmetisch. Schutz des Neutralleiters vor Überlastung ist notwendig. Die geltenden Normen gehen auf das Vorhandensein von Oberschwingungen in besonderer Weise ein. So weist die DIN VDE 0100-520 [2], Abschnitt 524.3, im Zusammenhang mit verringerten Neutralleiterquerschnitten darauf hin, dass die Belastung des Neutralleiters durch Ströme der 3. Oberschwingung höher sein kann als die eines Außenleiters. Aus diesem Grund verweist [2] auf Abschnitt 9.2. von DIN VDE 0100-430 [3]. Darin wird für den Fall einer möglichen Überlastung des Neutralleiters eine Überstromerfassung im Neutralleiter verlangt, die die Abschaltung der Außenleiter, jedoch nicht unbedingt des Neutralleiters, bewirkt. Dimensionierung des Neutralleiters hat Vorrang. Auch die DIN VDE 0298-4 [4] verweist mehrfach auf die Oberschwingungen, z. B. im Abschnitt 4.3.2 sowie ebenfalls im Anhang B „Auswirkung von Oberwellenströmen auf symmetrisch belastete Drehstromsysteme“. Darin heißt es: „Wird im Neutralleiter eine höhere Stromstärke als im Außenleiter erwartet, ist der Nennquerschnitt des Kabels oder der Leitung auf Basis des Neutralleiterstromes zu bestimmen.“ Bei einem Anteil der 3. Oberschwingung von mehr als 33 % am Phasenstrom wird von der Norm die Dimensionierung gemäß dem zuvor zitierten Grundsatz sogar verlangt. Fazit. In symmetrisch belasteten Drehstromsystemen ist der Strom im Neutralleiter nicht Null, wenn Oberschwingungen vorhanden sind. Der Querschnitt des Neutralleiters muss in diesem Fall entsprechend der Belastung durch die Ströme des Nullsystems, insbesondere durch die Ströme der 3. Oberschwingung, dimensioniert werden. Wenn so verfahren wird, ist eine besondere Stromerfassung im Neutralleiter nach [3] nicht notwendig. Die zu erwartenden Ströme des Nullsystems können beim Hersteller der Geräte erfragt oder durch Messungen ermittelt werden. Literatur [1] Grapentin, M.: EMV in der Gebäudeinstallation. Elektropraktiker-Bibliothek; Huss-Medien Gmb H, Berlin 2000. [2] DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520):2003-06 Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 5: Auswahl und Errichtung von elektrischen Betriebsmitteln - Kapitel 52: Kabel- und Leitungsanlagen. [3] DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430):1991-11 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Schutzmaßnahmen; Schutz von Kabeln und Leitungen bei Überstrom. [4] DIN VDE 0289-4 (VDE 0298-4):2003-08 Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen - Teil 4: Empfohlene Werte für die Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen für feste Verlegung in und an Gebäuden und von flexiblen Leitungen. F. Schmidt Fehlerstromschutz nach Teilsanierung eines Plattenbaus ? Als Planer habe ich für eine Wohnungsgenossenschaft schon mehrfach so genannte Teilsanierungen geplant. Aufgrund der Anforderungen in der neuen Fassung von DIN VDE 0100-410 stehe ich vor folgendem Problem: In einem WBS70-Plattenbau sollen der Kleinverteiler (Installationsschacht in der Küche) sowie die Stromkreise für das Bad und die Waschmaschine erneuert werden. Da die Verkleidung des Installationsschachts in der Küche vollständig demontiert und erneuert wurde, sind auch neue Installationsgeräte sowie ein neuer Stromkreis installiert worden. Die restliche Installation darf aus Kostengründen nur geprüft und aufgebunden werden. Mit dem Inkrafttreten der neuen DIN VDE 0100-410 ist dann bei dem nächsten Bauvorhaben auch der neue Stromkreis in der Küche mit Hilfe einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung abzusichern. Wie ist mit der „Bestandsinstallation“ in der Küche zu verfahren, sind hier zwei Schutzmaßnahmen zulässig? Ströme im Außenleiter L1: IL1 = Grundschwingungsstrom (50 Hz) = 100 % I3L1 = Strom der 3. Harmonischen Oberschwingung (150 Hz), z. B. 45 % Ströme im Außenleiter L2: IL2 = Grundschwingungsstrom (50 Hz) um -120° phasenverschoben = 100 % I3L2 I3L1 (150 Hz, keine Phasenverschiebung), z. B. 45 % Ströme im N-Leiter: IN = Grundschwingungsstrom = 0 % I3N = Strom der 3. Harmonischen Oberschwingung = I3L1 + I3L2 + I3L3 = 135 % Ströme im Außenleiter L3: IL3 = Grundschwingungsstrom (50 Hz) um +120° phasenverschoben = 100 % I3L3 I3L2 (150 Hz, keine Phasenverschiebung), z. B. 45 % I3L1 IL1 I3L2 IL2 I3L3 I3N IL3 Diagramme der Leiterströme eines Drehstromsystems

Autor
  • F. Schmidt
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