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Elektrotechnik
Neue Kohlekraftwerke werden klimafreundlicher
ep9/2004, 1 Seite
Klimaschutz kommt nach Wirtschaftlichkeit Veranstalter der dreitägigen Konferenz mit etwa 300 Teilnehmern waren insbesondere die deutsche Energie-Agentur (dena) und die Landesinitiative Zukunftsenergien Nordrhein-Westfalen (NRW) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und des zuständigen NRW-Ministeriums. Minister Wolfgang Clement (offensichtlich Initiator der Konferenz und verantwortlicher Politiker in der Bundesregierung für die Energieversorgung) begründete in seinem einleitenden Vortrag ausführlich Rolle und Chancen einer auf Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz orientierten Stromversorgung mit innovativen Kraftwerken. Kritisch äußerte er sich zum gegenwärtigen Wandel des Versorgungskonzepts, das der Minderung von CO2-Emissionen den Vorrang einräumt und dabei die Wirtschaftlichkeit bremst. Das betrifft nach seiner Einschätzung die noch nicht voll marktfähigen Stromerzeuger wie Wind, aber auch die Zusatzkosten durch Ökosteuer und den Zwang zum Netzumbau. Schützenhilfe erhielt Clement vom Direktor der Internationalen Energie-Agentur (IEA), dem Franzosen Claude Mandil: „Energie spielt bei der Förderung von Wirtschaftswachstum eine Schlüsselrolle. Mittlerweile sind riesige Investitionen nötig, um den schnell wachsenden Bedarf zu decken und veraltete Infrastrukturen zu ersetzen.“ Unterstützt wurde der Redner nicht zuletzt durch die Stromwirtschaft, die insbesondere die Bevorzugung der Klimatechnik und zusammen mit der Ökosteuer die Förderung der Erneuerbaren Energien (EE) nach den Richtlinien des Erneuerbare-Energie-Gesetze (EEG) zum wiederholten Male kritisch bewertete. Die Stromversorger stehen nach eigener Einschätzung vor dem Problem, mit einer wirtschaftlich gesunden Stromversorgung der Zukunft gleichzeitig Investoren und Verbraucher zu befriedigen. Clement setzt, wie die überwiegende Mehrzahl der Redner, auf die Weiterentwicklung der einschlägigen Kraftwerkstypen: Dazu gehört in erster Linie die Verbesserung des Wirkungsgrades - unabhängig vom fossilen Primärenergieträger Kohle oder Erdgas. Dadurch kann eine bestimmte Menge Elektroenergie mit weniger Primärenergie und damit CO2-gemindert erzeugt werden. Dieser Effekt lässt sich insbesondere durch ein neues Kraftwerk nutzen, das ein altes, inzwischen weitgehend verschlissenes ersetzt. Gleichzeitig werden die Kraftwerke mit der Wirkungsgraderhöhung wirtschaftlicher. Parallel zu dieser Wirkungsgraderhöhung arbeiten die Forscher an einem Kraftwerk, dessen CO2 nicht in die Atmosphäre entweichen kann - laut Clement ein Langzeitprojekt, das bis zum Jahr 2025 realisiert werden könnte. Fossile Kraftwerke contra Windenergie In Europa besteht ein aktueller Erneuerungsbedarf an Kraftwerken von 200 000 MW. Davon entfallen auf Deutschland 40 000 MW (Ersatzbedarf für Altanlagen mit einer technischen Lebensdauer von 40 Jahren). Das bedeutet, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten etwa jedes dritte Kraftwerk durch einen Neubau ersetzt werden muss. Darüber hinaus besteht hier ein Kapazitätsbedarf von 21 700 MW, der als Ersatz für die abzuschaltenden Atomkraftwerke bis 2021 gedeckt werden muss (zusätzliche Kapazität gemäß VGB). Inwieweit diese Kraftwerksleistung durch Erneuerbare Energien abgedeckt werden sollen, ging begrenzt aus dem Vortrag von Stephan Kohler (Chef der dena und Mitveranstalter) hervor. Er erinnerte an die EU-Ziele im Bereich der Stromversorgung (12 % bis 2010, 20 % bis 2020) und stellte die Strategie der Bundesregierung zur Erschließung des Windenergiepotentials im Meer (Offshore) vor: · 2007: rund 500 MW (Startphase), · von 2007 bis 2010: 2000 bis 3000 MW (Ausbau) und · von 2011 bis 2030: 20 000 bis 25 000 MW. Es handelt sich dabei um bereits im Januar 2002 getroffene Festlegungen, deren Aktualität bezweifelt werden muss. Hauptinhalt seines Vortrages war die Information über eine von der dena bearbeiteten Studie zum Thema „Netzintegration von Windenergie“. Das betrifft u. a. die Offshore-Kraftwerke, die im Gegensatz zur bisherigen Struktur des Verbundnetzes fern von den industriellen Stromverbrauchern in Küstennähe errichtet werden. Da die übrigen Verbindungen des Höchstspannungsnetzes weitgehend ausgelastet sind, ist eine zusätzliche Netzverbindung unverzichtbar. Notwendig ist eine 1 000 bis 1 200 km lange 380-kV-Hochspannungstrasse, die die Kosten des Offshore erzeugten Stromes erhöht und möglicherweise den Inbetriebnahmetermin verschiebt. Braun- und Steinkohle sichern die Grundlast Den weitaus größten Teil der Tagung nahmen Berichte über abgeschlossene und laufende Forschungsarbeiten ein. So konnten bereits Anfang der 90er Jahre in ostdeutschen Braunkohlerevieren Kraftwerke mit Wirkungsgraden zwischen 27 und 34 % durch fünf Neubauten mit 40 bis 42 % ersetzt werden. Das weltweit beste Braunkohlekraftwerk in NRW erreicht sogar mehr als 43 %. Fernziel ist die 50-%-Marke, die nach Expertenmeinung etwa 2015 erreicht wird. Auch im Bereich der Steinkohlenkraftwerke orientieren die Forschungsarbeiten auf Wirkungsgraderhöhung. Nächstes Ziel ist der Bau eines Dampfkraft-Referenzkraftwerkes, mit dem der Wirkungsgrad von 40 % auf 46 bis 48 % gesteigert wird. Nach Plan kann dann ab 2008 ein solches Kraftwerk auf dem Weltmarkt angeboten werden. Darüber hinaus laufen Arbeiten im In- und Ausland, um mittelfristig ebenfalls 50 % zu realisieren. Bei allen Arbeiten dieser Art besteht die Aufgabe, Druck und Temperatur unter Einsatz neuer Materialien zu erhöhen. Kombikraftwerk mit höchstem Wirkungsgrad Werden Kraftwerke mit Erdgas betrieben, sind wegen der besseren Umweltbilanz dieses Energieträgers von vornherein geringere CO2-Emissionen als bei Kohlekraftwerken zu erwarten. Sie können schnell starten und werden deshalb häufig als Spitzenlastkraftwerke eingesetzt. Allerdings gilt Erdgas als wenig preisstabil und als ein importabhängiger Energieträger, der bei weitem nicht so versorgungssicher ist, wie heimische Braunkohle oder importierte Steinkohle. Tagungsthema war Erdgas vor allem in Verbindung mit Kombikraftwerken. Dieses sind Gas- und Dampfkraftwerke (GuD-Kraftwerke), deren elektrischer Wirkungsgrad auf etwa 60 % gesteigert werden konnte. Da diese Systeme derzeit nur aschefreie Brennstoffe wie Erdgas oder leichtes Heizöl verarbeiten können, werden zurzeit andere Kombisysteme mit Kohlevergasung oder Druckkohlenstaubfeuerung usw. erforscht. Langer Weg zum CO2-emissionsfreien Kraftwerk Da die Wirkungsgradverbesserungen allein nicht ausreichen, die CO2-Emissionen im erforderlichen Umfang zu reduzieren, wird weltweit nach noch effektiveren Systemen geforscht. Ziel ist die Isolation des beim Verbrennungsprozess entstandenen CO2 und seine anschließende dauerhafte Speicherung. Die Konferenz zeigte, dass in vielen Ländern - die USA und Deutschland einbezogen - an der Verwirklichung dieses Konzepts schon seit Jahren gearbeitet wird. Allerdings bestehen zurzeit noch erhebliche wirtschaftliche Probleme. Dr. L. Plass, Vizepräsident der Lurgi-AG nannte einige: „Es muss mit Wirkungsgradeinbußen zwischen 6 und 14 %, einem erheblichen Mehrbedarf an Brennstoff (10 bis 35 %) bei gleicher Nennleistung und zusätzlichen Investitionen (30 bis 150 %) gerechnet werden.“ Noch steht die Entwicklung dieser Technologie erst am Anfang, so dass in den kommenden 20 Jahren durchaus mit besseren Ergebnissen gerechnet werden kann. Vertreter der Stromwirtschaft haben aber schon heute darauf hingewiesen, dass an hohen Kosten der Einsatz scheitern könnte. H. Kabisch Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 9 682 BRANCHE AKTUELL Internationaler Fachkongress in Berlin Neue Kohlekraftwerke werden klimafreundlicher Fossile Energieträger wie Kohle und Erdgas sind weltweit die wichtigste Grundlage zur Stromerzeugung. Gleichzeitig sind sie auch die schlimmsten Klimakiller. Letzteres soll durch innovative Kraftwerkstechnologien verändert werden.
Autor
- H. Kabisch
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