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Marode Anlagen für Sicherheitszwecke
ep7/2007, 2 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 7 569 Literatur [1] VDI/VDE-Richtlinie 3694 Lastenheft/Pflichtenheft. [2] DIN V 19256 Leittechnik; Einrichtungen der Prozessleittechnik für industrielle Anlagen, Leitfaden für Planung, Erstellung und Betrieb. [3] NAMUR NA 35 Abwicklung von PLT-Projekten in der chemischen Industrie. [4] DIN EN 61082-1 bis 4 Dokumente der Elektrotechnik; Allgemeine und spezielle Regeln und Dokumente. [5] DIN 6779-1 bis 12 Kennzeichnungssystematik für technische Produkte und Produktdokumentation. [6] Kloust, H.: VDE-Schriftenreihe Band 101 Ausgewählte Kenngrößen für Automatisierungsanlagen, Tabellen, Bilder, Diagramme aus dem VDE-Vorschriftenwerk sowie einschlägigen EN- und DIN-Normen; Berlin Offenbach, VDE-Verlag, Ausgabe 2006. H. Kloust Marode Anlagen für Sicherheitszwecke ? In einem Pfarrheim mit Pfarrsaal, Großküche sowie weiteren Räumen sollte eigentlich nur ein Defekt der Notbeleuchtung behoben werden. Jedoch wurde hier eine 19 Jahre alte Elektroanlage in folgendem Zustand vorgefunden: Die Notbeleuchtung des Saals, auf dessen Bühne jährlich über 12 Theateraufführungen mit durchschnittlich 200 Zuschauern stattfinden, ist scheinbar schon längere Zeit defekt. Zur Versorgung der Notleuchten mit DC 24 V dient eine Zentralbatterieanlage, die sich im gleichen Kellerraum befindet, wie die Zählerwandler- und NSHV-Anlage. Sowohl Stromversorgungs- als auch Steuerplatine der Zentralbatterieanlage sind defekt. Die Batterien wurden zwar kürzlich mit mehr als 5 Liter Wasser aufgefüllt, haben aber keine Leistung mehr. Zudem sind die Versorgungsleitungen zu den Leuchten ohne Funktionserhalt in der Kabelrinne der normalen Elektroversorgung verlegt. Bei einem Brand im NSHV-Raum sind die Notleuchten praktisch nutzlos, da die Versorgungsleitungen schnell verbrennen würden. Eine Wartung durch eine Fachkraft hat noch nie stattgefunden. Lediglich in den ersten Jahren erfolgte eine Überprüfung durch Kirchenmitarbeiter. Das Gebäude wird in der Mitte durch eine Brandschutzmauer getrennt. Eine Brandschutztür mit Rauchschaltanlage, Feststelleinrichtung und automatischer Schließung verbindet beide Gebäudeteile. Die Rauchschaltanlage ist jedoch defekt und die Tür wird durch einem Holzkeil offen gehalten. Auch hier hat weder eine Wartung noch eine Überprüfung jemals stattgefunden. Trotz des Alters der Elektroanlage wurden bisher noch keine Wiederholungsprüfungen veranlasst. Hinzu kommt, dass der Pfarrsaal und ein weiterer Raum ständig an größere Privatgesellschaften vermietet werden, die dann auch die Küche mit mieten können. In ihr befinden sich häufig genutzte Gewerbe-Küchengeräte, die ebenfalls noch nie eine lassen mussten. Gleiches gilt auch für alle anderen ortsveränderlichen Geräte sowie für die Blitzschutzanlage des Gebäudes. Zu dem beschriebenen Anlagenzustand ergeben sich unter anderem folgende Fragen: War die Kabelführung ohne Funktionserhalt gemeinsam mit der restlichen Installation zur Zeit der Errichtung (1987) zulässig? Ist die Unterbringung der Notbeleuchtungsanlage, der normalen Elektroverteilung und der Zähleranlage in einem Raum erlaubt? Welche Wartungsvorschriften gelten für Notbeleuchtungsanlagen? Wer trägt die Verantwortung im Fall eines Schadens, der durch diese vernachlässigte elektrische Anlage verursacht wurde? ! Neue Vorgehensweise umfasst Gesamtkonzept. Es ist sehr verständlich, dass in der Anfrage geradezu Empörung über den vorgefundenen Zustand der Anlage deutlich wird. Was hier festgestellt wurde, ist das Ergebnis daraus, dass sich in dem Dschungel von Richtlinien und Normen in Deutschland sowie in den einzelnen Bundesländern nur noch einige wenige Fachleute zurecht finden. Doch die Nutzer, die letztlich damit umgehen müssen und nicht vom Fach sind, werden damit völlig allein gelassen. Es wurde lange darüber debattiert, wie sich dieser Missstand künftig beheben lässt. Nach und nach setzt sich nun eine neue Vorgehensweise durch, die praktikabel erscheint und nicht zwangsläufig dazu führt, dass neue Anordnungen den Nutzer dazu nötigen, sich durch für ihn unverständliche Vorschriftentexte zu arbeiten. Der Grundgedanke dieser neuen Vorgehensweise orientiert sich an der Praxis. Jede Elektrofachkraft, die einen Auftrag annimmt, bearbeitet, plant und letztlich ausführt, muss sich ein Gesamtkonzept für die Anlage überlegen. Dazu sind Berechnungen durchzuführen, Betriebs- und Lebensdauer von Betriebsmitteln festzustellen oder zu ermitteln, die Sicherheit einzuschätzen, sowie alle einzelnen Bauteile zu einem logisch funktionierenden Ganzen zusammenzufügen. Diese Überlegungen führen zwangsläufig dazu, dass sich der Errichter auch damit auseinandersetzen muss, wie die von ihm zu errichtende Anlage über die volle Lebensdauer in einem sicheren Zustand erhalten werden kann. Was liegt also näher, als dass der Errichter - gewissermaßen „geistiger Vater“ des Ganzen - diese konzeptionellen Gedanken bei der Übergabe auch gegenüber dem Nutzer offenlegt. Das macht vermutlich nicht einmal sehr viel zusätzliche Mühe. Hier bietet sich der Vergleich mit einem Automobilhersteller an. Dieser legt dem Fahrzeug eine Bedienungsanleitung bei, die er laut Gesetz sogar beilegen muss und aus der hervorgeht, was der Nutzer tun sollte, damit das Fahrzeug möglichst lange sicher funktioniert. Hierzu gehört beispielsweise, nach einer bestimmten Anzahl gefahrener Kilometer einen Ölwechsel EP0707-566-574 21.06.2007 12:53 Uhr Seite 569 570 LESERANFRAGEN Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 7 vorzunehmen, in bestimmten Zeitabständen den Reifendruck zu prüfen oder die Beleuchtung zu kontrollieren. Das versteht jeder Fahrzeugführer - auch ohne vom Fach zu sein. Ebenso setzt es sich nun mehr und mehr durch, dass ein Errichter dem Nutzer bei der Übergabe einer elektrotechnischen Anlage schriftlich und leicht verständlich mitteilt, wie er seine Anlage künftig behandeln muss, damit sie möglichst lange sicher funktioniert. Dabei kann sich der Errichter dann an den für ihn bekannten Rechtsverordnungen orientieren, die beispielsweise bestimmte Prüfzeiträume vorgeben - es sei denn, bestimmte Betriebsmittel oder Umgebungsbedingungen zwingen dazu, ganz andere Bedingungen zu stellen. Es sollte beachtet werden, dass bereits einige Normen der Reihe DIN VDE 0100 bei den Aussagen zu Wiederholungsprüfungen auf diese Vorgehensweise Bezug nehmen. Somit hätte der Nutzer sehr wohl etwas tun müssen, denn Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Es muss aber auch gesehen werden, dass solche Ignoranz in der Praxis handfeste Ursachen hat, denen man jedoch relativ einfach begegnen kann. Fachleute sollten hier die Nutzer der Anlagen nicht allein lassen und Servicebewusstsein zeigen. Außerdem lässt sich damit auch Eigenwerbung betreiben. Anlagen für Sicherheitszwecke errichten und betreiben. Grundsätzlich sind elektrische Anlagen für Sicherheitszwecke so zu errichten, dass ein zu schützender Bereich (üblicherweise der Brandabschnitt) durch zwei unabhängige Stromversorgungssysteme gespeist wird. Unter „unabhängig“ ist hier zu verstehen, dass alles getan werden muss, damit zu erwartende äußere Einflüsse, wie z. B. Feuer, Wasser, mechanische Beschädigungen oder ein Fehler in einem der Stromversorgungssysteme, nicht beide Systeme gleichzeitig außer Betrieb setzen können. Aus dieser Anforderung ergibt sich ganz zwangsläufig die Notwendigkeit einer separaten Aufstellung der Akkumulatorenanlage und die getrennte Verlegung der Kabel- und Leitungssysteme. Eine gemeinsame Unterbringung von normaler Elektroverteilung und Batterieanlage widerspricht natürlich der geforderten Unabhängigkeit und ist nicht zulässig. Eine 19 Jahre alte ungepflegte Akkumulatorenanlage kann unbesehen zur Schrottannahmestelle gebracht werden. Hier gibt es nichts mehr zu reparieren. Ob 1987 bereits Materialien existierten, die einen Funktionserhalt ermöglichen konnten, ist unerheblich. Bei der Neuinstallation einer Akkumulatorenanlage und der Umsetzung der Anforderung an die Systeme, unabhängig zu sein, muss die Anlage ohnehin gravierend verändert werden, um den Anforderungen an eine Versammlungsstätte oder bei der Küche an eine Arbeitsstätte zu genügen. Bei derartig eklatanten Mängeln kann man sich nicht einfach auf Bestandsschutz berufen. Die Elektrofachkraft ist verpflichtet, den Nutzer über die gesetzlichen Vorschriften zu unterrichten, was offenbar schon geschehen ist. Brandschutztür. Auch der Umgang mit der Brandschutztür ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Unwissenheit und eine fehlerhafte Einweisung zurückzuführen. Natürlich muss diese Tür umgehend überprüft werden. Auch die Holzkeile sind zu entfernen - möglichst so, dass sie nicht erneut zum gleichen Zweck missbraucht werden können. Wartungsvorschriften richten sich zunächst ausschließlich danach, was der Hersteller oder Errichter vorgibt. Für Sicherheitsbeleuchtungsanlagen gibt es natürlich auch maximale Prüffristen, die sich aus der BGV A3 [1] und der DIN VDE 0108-100 (VDE 0108-100) [2] ableiten lassen. Danach sollte monatlich kontrolliert werden, ob die Anlage prinzipiell richtig funktioniert, wobei gleich geprüft werden kann, ob eventuell Leuchtmittel defekt sind. Mindestens ein Mal im Jahr sollte die Anlage aber einer gründlichen Prüfung unterzogen werden. Dabei muss dann auch festgestellt werden, ob sie tatsächlich über die vorgegebene Betriebsdauer funktioniert. Verantwortung im Schadensfall. Selbstverständlich trägt der Besitzer oder gegebenenfalls der Verwalter der Anlage die Verantwortung im Fall eines Schadens. Mieter können im Allgemeinen darauf vertrauen, dass ihnen ein ordnungsgemäßes Mietobjekt übergeben wird, wobei der Vermieter nicht davor sicher sein kann, dass ihn ein Mieter bei Feststellung der Mängel anzeigt oder mindestens die Auslagen einfordert, die ihm entstanden sind, weil er eine Veranstaltung absagen musste. Trotz aller Sparzwänge und auch trotz des Risikos, einen Auftrag zu verlieren, halte ich es für die Verantwortung einer Elektrofachkraft, dem Kunden die möglichen Gefahren deutlich aufzuzeigen. Disziplinarische Maßnahmen, die durch Weiterleitung solcher Informationen an die Verantwortlichen entstehen, zeugen von keinem besonders guten Management. Im Übrigen dürften derartige Disziplinarmaßnahmen wohl kaum vor einem Arbeitsgericht Bestand haben. Literatur [1] BGV A3 Unfallverhütungsvorschrift - Elektrische Anlagen und Beriebsmittel; Aktuelle Nachdruckfassung 2005. [2] DIN VDE 0108-100 (VDE 0108-100):2005-10 Sicherheitsbeleuchtungsanlagen. T. Flügel Einstufung des Bereichs unter Badewannen ? Viele Jahre wurden Badewannen fest montiert und eingemauert oder mit Wannenträgern aus Styropor aufgestellt und an allen Rändern abgedichtet. Seitdem auch im privaten Bereich zum Beispiel Eckwannen als Whirlpool aufgestellt werden, sind diese häufig nur lose in die Raumecke gestellt, um sie später herausziehen zu können und die Wartung des Motors zu ermöglichen. Früher wurde der Bereich unter frei aufgestellten Wannen auch als Schutzbereich 1 bewertet, jedoch unter fest montierten Wannen gar nicht in eine Schutzzone eingestuft, so dass dort Leitungen verlegt werden durften. Ist im Bereich unterhalb einer Acryleckbadewanne in loser, nicht abgedichteter Einbauart eine Steckdosenverbindung zulässig? ! Neue Bereichseinstufung. Die frühere Festlegung, dass der Bereich unter fest NORMENAUSZÜGE Auszüge aus DIN-VDE-Normen sind für die angemeldete limitierte Auflage wiedergegeben mit Genehmigung 042.002 des DIN und des VDE. Für weitere Wiedergaben oder Auflagen ist eine gesonderte Genehmigung erforderlich. Maßgebend für das Anwenden der Normen sind deren Fassungen mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der VDE VERLAG GMBH, Bismarkstr. 33, 10625 Berlin und der Beuth Verlag Gmb H, Burggrafenstr. 6, 10787 Berlin erhältlich sind. Bereich 1 Bereich 0 Bereich 0 Bereich 1 225 225 außerhalb der Bereiche nach ungültiger Norm feste Abmauerung Oberkante Fertigfußoden Aufstellfläche a) b) als Bereich 1 festgelegt Bereich unter einer Wanne a) Nach geltender Norm gehört der Bereich unter einer Wanne, auch bei fest angebrachter Abmauerung zum Bereich 1 b) Nach alter, nicht mehr geltender Norm lag der Bereich unter einer Wanne „außerhalb der Bereiche“ EP0707-566-574 21.06.2007 12:53 Uhr Seite 570
Autor
- T. Flügel
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