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Schaltanlagen | Elektrotechnik

Luftisolierte Mittelspannungs-Schaltanlagen

ep7/2000, 4 Seiten

Mittelspannungs-Schaltanlagen (MSA) sind eine wichtige Komponente der Energieverteilung in Energieversorungsunternehmen, bei industriellen Anwendern und in der Gebäudetechnik. Eine MSA kann luftisoliert oder gasisoliert ausgeführt sein. Gasisolierte Anlagen zeichnen sich vor allem durch ihre kompakte Bauweise aus. Luftisolierte Anlagen besitzen viele Vorteile im Hinblick auf Betriebs- und Personensicherheit, Servicefreundlichkeit sowie vor allem bezüglich des geringeren Investitionsaufwandes. In diesem Beitrag werden in einer Übersicht luftisolierte 12-kVMittelspannungs-Schaltanlagen für Innenraumaufstellung vorgestellt.


1 Bauweise und Komponenten von luftisolierten Mittelspannungs-Schaltanlagen MSA werden nach dem Baukastenprinzip aus einzelnen metallgekapselten, typisierten Feldern, wie Leistungsschalter-, Trennschalter-, Trafoabgangs-, Generatoreinspeise-, Kupplungs- oder Messfeld, errichtet (Bild , ). Leistungsschalter können dabei mit Einschub- oder Fahrwagentechnik ausgerüstet sein. Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit von Lastschwerpunkten lassen sich Doppelsammelschienensysteme aus den gleichen Feldmodulen zusammenstellen. Die räumliche Anordnung erfolgt wahlweise als Wand- oder Freiaufstellung. Beim Doppelsammelschienensystem wird zusätzlich eine Rücken-Rücken- oder Gegenüber-Aufstellung notwendig. Ein Feld besteht aus mehreren Funktionsräumen (englisch: Compartments). Im allgemeinen gehören dazu der Leistungsschalter-, der Sammelschienen- und der Anschlussraum (alle mit Hochspannungspotential) sowie der Niederspannungsraum zum Unterbringen der sogenannten Sekundärtechnik (Bild ). Im Gegensatz zu einer geschotteten Anlage mit drei von einander isolierten Hochspannngsräumen besitzt eine teilgeschottete Anlage lediglich einen Sammelschienenraum und einen kombinierten Leistungsschalter- und Anschlussraum. Bei beiden Konstruktionsvarianten entweicht die bei einem inneren Fehler mit Lichtbogen auftretende Gasdruckwelle durch sich nach oben öffnende Druckentlastungsklappen. Die geschotteten oder teilgeschotteten Hochspannungsräume können mit verschiedenen Komponenten ausgerüstet werden. Der Leistungsschalterraum enthält je nach Versorgungskonzeption Leistungs-oder Lasttrennschalter. Eine Bestückung des Sammelschienenraumes mit Spannungswandlern und/oder Erdungsschalter und/oder des Anschlussraumes mit Strom-und Spannungswandlern sowie einem Erdungsschalter ist möglich. Der modulare Aufbau der Schaltanlagen steigert die Verfügbarkeit. Instandhaltungsmaßnahmen und Störungsbeseitigung lassen sich ohne Betriebsunterbrechnung durchführen. Außerdem erhöht die Erweiterungsmöglichkeit einer bestehenden Anlage ohne Modifikation der vor-Elektropraktiker, Berlin 54 (2000) 7 600 Mittelspannungstechnik Luftisolierte Mittelspannungs-Schaltanlagen C. Schichler, Falkensee b. Berlin Mittelspannungs-Schaltanlagen (MSA) sind eine wichtige Komponente der Energieverteilung in Energieversorungsunternehmen, bei industriellen Anwendern und in der Gebäudetechnik. Eine MSA kann luftisoliert oder gasisoliert ausgeführt sein. Gasisolierte Anlagen zeichnen sich vor allem durch ihre kompakte Bauweise aus. Luftisolierte Anlagen besitzen viele Vorteile im Hinblick auf Betriebs- und Personensicherheit, Servicefreundlichkeit sowie vor allem bezüglich des geringeren Investitionsaufwandes. In diesem Beitrag werden in einer Übersicht luftisolierte 12-kV-Mittelspannungs-Schaltanlagen für Innenraumaufstellung vorgestellt. Ausgeführte MSA b Einzelne Schaltfelder (Foto: Natus) Dipl.-Ing. Christine Schichler ist freie Fachjournalistin. Autor a Komplette Anlage für 12 kV (Foto: Felten & Guillaume) Prinzipdarstellung einer Mittelspannungs-Schaltanlage (MSA). (Die Felder besitzen häufig gleiche Abmessungen.) Einspeisefeld mit Leistungsschalter Kabelabgangsfeld mit Lasttrennschalter Kabelabgangsfeld Trafoabgangsfeld mit Lasttrennschalter Messfeld Motorabgangsfeld Elektropraktiker, Berlin 54 (2000) 7 601 handenen Schaltfelder die Investitionssicherheit des Anlagenbetreibers etwa in einem Gebäude. Funktionssicherheit und Isoliervermögen der Schaltanlage werden durch eine Typprüfung mit den Bemessungswerten von Kurzzeit-Stehwechselspannung und Stehblitzstoßspannung entsprechend VDE 0670 Teil 1000 bzw. IEC 60694 nachgewiesen (Tafel ). Die gleichbleibende Fertigungsqualität der Schaltanlage stellt eine Stückprüfung nach VDE 0670 Teil 6 und IEC 60298 sicher. 2 Bedien- und Personensicherheit Für die Bedien- und Personensicherheit sind Schalthandlungen nur bei geschlossenen Türen der Räume mit Hochspannungspotential (Bild ) ausführbar. Die eindeutige Zuordnung aller Schalt-, Trenn- oder Erdungsfunktionen an der Schrankfront zu den internen, mechanischen Schaltstellungen garantiert eine übersichtliche Bedienbarkeit und minimiert dadurch die Möglichkeit von Betriebsstörungen. Die nach VDE 0670 Teil 6 und IEC 60298 vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen, wie beispielsweise mechanische Verriegelungen gegen das Herausziehen oder Einschieben eines eingeschalteten Leistungsschalters, verhindern unzulässige Schalthandlungen. Die Störlichtbogenprüfung nach VDE 0670 Teil 6 (PEHLA-Richtlinie Nr. 4) und IEC 60298 Appendix AA gewährleistet, dass im Falle eines Fehlers in erster Linie das Bedienpersonal geschützt ist. Ebenso bleiben die Auswirkungen (Verunreinigung, Zerstörung) auf den betroffenen Schottraum begrenzt. Die Verschmutzung benachbarter Räume wird also verhindert. Mittelspannungstechnik 1 Tür zum Niederspannungsraum 2 Schutzgerät 3 Option: Kapazitives Spannungsprüfsystem für Abzweig und Sammelschie- 4 Hochspannungstür zum Leistungsschalterraum 5 Mechanische Schaltstellungsanzeige, Betätigungsöffnung und Abschließvorrichtung für das Schaltmodul 6 Mechanische Schaltstellungsanzeige 7 Blindschaltbild 8 Mechanische Schaltstellungsanzeige 9 Druckentlastungskanal 10 Sammelschienen 11 Durchführungsstützer 12 Durchführungswandler 13 Einschaltfester Erdungsschalter 14 Kabelanschluss für 4 Kabel je Phase 15 Kabel 16 Kabeltrageisen 17 Trennteil 18 Vakuum-Schaltröhren 19 Kombinierte Antriebs-und Verriegelungseinheit für Leistungsschalter, Trennteil und Erdungsschalter 20 Kontaktsystem 21 Untere Schottwand 22 Erdungssammelschiene 23 Option: Wagen A Leistungsschalterraum B Sammelschienenraum C Anschlussraum D Vakuum-Leistungsschaltermodul E Niederspannungsraum (Sekundärtechnik) Prinzipaufbau (Querschnitt) eines vollgeschotteten Leistungsschalterfeldes (Quelle: Siemens NXAIR M) Elektropraktiker, Berlin 54 (2000) 7 602 Tafel Elektrische und konstruktive Daten von luftisolierten MSA 12 kV bei Einfachsammelschienen-Anordnung (nach Hersteller-Angaben) Nennspannung ABB Alstom Altmann Driescher Baugatz/ Miebach Möller Natus Peters & Ritter Siemens 12 kV Calor & öhning Hoppe F & G Thieding Emag Regens- Dort- Dort-Ratingen burg Berlin Moosburg Berlin mund Krefeld Trier Hamburg mund Erlangen Typbezeichnung ZS1 AHA Böhning MSK 31 ESES WA NES- ZK 9 LS GT ... NXAIR M 91.2/0 H1001 Elektrische Kenndaten Bemessungs-Kurzzeit-Wechselspannung kV 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 Bemessungs-Blitzstoßspannung kV 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 Bemessungs-Kurzschlussausschaltstrom kA 50 20-50 31,5 50 31,5 31,5 50 31,5 Bemessungs-Kurzschlusseinschaltstrom kA 125 50-125 80 50 80 78 100 125 80 Bemessungs-Kurzzeitstrom kA 50 20-44 20 31,5 20 31,5 50 25 50 31,5 3 sec (max.) (1sec) (1sec) (1sec) Bemessungs-Betriebsstrom A 3150 / ...4000 630 2500 630 800 - 2000 4000 630/ ...4000 2500 der Sammelschiene 4000 2500 1250 Bemessungs-Betriebsstrom A 3150 / ...4000 400/ 630 - 630 630 - 1250 4000 630 ...4000 2500 der Abzweige 4000 630 2500 2500 Bemessungs-Betriebsstrom A 3150 / ...4000 400/ 1250 - 630 1250 4000 ...4000 2500 der Kupplung 4000 630 2500 Abmessungen pro Feld Breite bis 1250 A mm 650 700 - 660/ 800 600 800/ 700 650 700 - 800 Abzweigstrom 1200 960 700 800 1000 Breite über 1250 A mm 1000 700 - 800 1000 900 1000 700 - 800 Abzweigstrom 1200 1000 Tiefe (min.) mm 1350 1450 1100 1600 850 1330/ 120/ 1700 1225 1450 - max. 1480 1550 1650 1550 Höhe (min.) mm 2200 2330 2010 2400 2000 2400 2245 2400 2200 2200 - 2200 +190 2700 Aufstellungsbedingungen: 80-85 / Mindestabstände kunden-Wand/Decke mm 50/--- 100/--- --- / 500 20 / 200 spezifisch 0 / 300 'Raumhöhe mm 2400 3500 2100 min. 2800 2400 2800 2200 Tafel Anlagenmerkmale von luftisolierten MSA 12 kV bei Einfachsammelschienen-Anordnung (nach Hersteller-Angaben) Nennspannung ABB Alstom Altmann Driescher Baugatz/ Miebach Möller Natus Peters & Ritter Siemens 12 kV Calor & öhning Hoppe F & G Thieding Emag Regens- Dort- Dort-Ratingen burg Berlin Moosburg Berlin mund Krefeld Trier Hamburg mund Erlangen Typbezeichnung ZS1 AHA Böhning MSK 31 ESES WA NES- ZK 9 LS GT ... NXAIR M 91.2/0 H1001 Baukastenkonzept / Modulbauweise Einschubtechnik - Fahrwagentechnik - Lasttrennschalter H27 Leistungsschalter Vakuum Vakuum/ Vakuum SF6 Messfeld Schottung der Schaltanlage: Vollschottung Teilschottung - Schutzart IP 4 X IP 4 X IP 3X IP 3 X IP 3X IP 4X IP 4X IP 4 X IP 4 X IP 4 X IP 3XD IP 51 option Störlichtbogenprüfung Typ- und Stückprüfung fabrikfertig / Montage vor Ort /- /- Montage/IBS durch Fremdpersonal möglich Mittelspannungstechnik 3 Servicefreundlichkeit Servicefreundliche Schaltanlagen sind durch die Wartungsfreiheit der Vakuum-Leistungsschalter und durch lange Wartungsintervalle der gesamten Anlage im Rahmen der zulässigen Schaltspiele gekennzeichnet. Leistungsschalter gelten nach VDE 0670 Teil 1000 und IEC 60694 dann als wartungsfrei, wenn bis 10.000 Schaltspiele kein Nachschmieren oder Nachjustieren der beweglichen Bauteile notwendig ist. Die Anwenderfreundlichkeit unterstützt eine selbsterklärende Bediensymbolik sowie ein geringer Schulungsaufwand. Die genannten Eigenschaften gehören zu den Standardeigenschaften heutiger MSA. 4 Sekundärtechnik Für eine sichere Betriebsführung sorgt die Sekundärtechnik mit sämtlichen Hilfseinrichtungen im Niederspannungsraum (Bild ). Dieser Raum ist gegenüber den Hochspannungsräumen geschottet. Die Einrichtung umfasst Messgeräte, Schutzrelais und Bedienelemente. Mit ihrer Hilfe werden Funktionen wie Steuern, Verriegeln, Melden, Messen, Zählen, Registrieren und Schützen ausgeführt. Damit auch bei einer Netzstörung die Bereitstellung der dazu erforderlichen Hilfsspannungen sichergestellt ist, erfolgt die Stromversorgung der Sekundärtechnik häufig aus einer Batterieanlage. Anstelle der konventionellen Ausführung der Sekundärtechnik werden heute vorzugsweise mikroprozessor-gesteuerte Feldleit- und Schutzgeräte eingesetzt (Bild ; Bild a, Feld 3 von links oben). Ein einziges Gerät übernimmt dabei durch individuelle Programmierung alle sekundärtechnischen Aufgaben. 5 Marktübersicht zu luftisolierten MSA 12 kV Die elektrischen Kenndaten und Anlagenmerkmalen von aktuellen, luftisolierten Mittelspannungsanlagen sind in den Tafeln und dargestellt. Diese exemplarische Übersicht bietet einen repräsentativen Auszug aus der Angebotspalette ausgewählter Hersteller, um dem potentiellen Anwender, z. B. dem Fachbetrieb für Gebäudetechnik, die Auswahl zu erleichtern. Die Zusammenstellung zeigt bei den technischen Kenndaten nur geringe Unterschiede zwischen den vorgestellten Anlagen. Alle kommerziell verfügbaren 12-kV-MSA erfüllen die genormten dielektrischen Anforderungen mit einer Bemessungs-Kurzzeitwechselspannung von 28 kV und einer Bemessungs-Blitzstoßspannung von 75 kV. Den Bemessungs-Betriebsstrom der Sammelschiene und der Abzweige bestimmen die Einsatzbedingungen der Schaltanlage bzw. der einzelnen Felder. Am Markt verfügbare MSA weisen zulässige Betriebsströme zwischen 630 A und 4000 A aus. Die geometrischen Abmessungen ergeben sich aus der elektrischen Beanspruchung. Die Breite der einzelnen Anlagenfelder variiert zwischen 650 mm und 1200 mm. Für die Aufstellung der Schaltfelder ist eine Tiefe von 850 mm bis 1700 mm zu berücksichtigen. Die Anlagenhöhe beträgt mindestens 2000 mm. Weitere Aufbauten mit Ableitblechen oder -rohren nach außen sind vorzusehen, wenn der vom Hersteller vorgeschriebene Deckenabstand für ein gesichertes Entweichen einer Druckwelle nach einem inneren Fehler mit Lichtbogen nicht ausreicht. Die Auswahlentscheidung bei der Projektierung einer Schaltanlage wird nicht nur von den technischen Anforderungen bzw. Daten, sondern auch von zusätzlichen, mehr subjektiven Faktoren beeinflusst. Dazu zählen vor allem die bestehende, herstellerbezogene Betriebserfahrung und die örtlichen Gegebenheiten. Weiterhin ist zu beachten, dass bei einer Erweiterung einer bereits vorhandenen Anlage die Schnittstellen übereinstimmen. Merkmale wie Einschub- oder Fahrwagentechnik liegen im individuellen Ermessen des Betreibers. Aufgrund der modularen Bauweise der luftisolierten MSA können die Hersteller im allgemeinen alle kundenspezifischen Sonderanforderungen erfüllen. Außerdem ist bei den vorgestellten Ausführungen Montage und Inbetriebsetzung durch Fremdpersonal (mit geeigneter, nachzuweisender Qualifikation) zulässig. Elektropraktiker, Berlin 54 (2000) 7 603 Mittelspannungstechnik Beispiel eines Feldgerätes für Steuerung und Schutz (SIPROTEC 4) 1 LCD-Diplay 2 Navigationstasten 3 LED-Anzeigen 4 Funktionstasten (Foto: Siemens)

Autor
  • C. Schichler
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