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Elektrotechnik | Schutzmaßnahmen

Gerät der Schutzklasse II als Ersatz für Gerät der Schutzklasse I

ep4/2010, 3 Seiten

Ein älterer ortsfester Warmwasserspeicher der Schutzklasse I soll gegen einen neuen der Schutzklasse II ausgetauscht werden. Bei dem neuen Gerät wird der Schutzleiter nicht benötigt. Ich verstehe nicht, warum er nicht an die im Gerät vorhandenen leitfähigen Teile angeschlossen wird und möchte gern wissen, wie ich nun das nicht angeklemmte Schutzleiterende normgerecht zu behandeln habe. 1. Entspricht die nach dem Austausch vorzunehmende Prüfung einer Erstprüfung? 2. Muss der PE-Leiter in das Gerät der Schutzklasse II eingeführt werden? 3. Wenn ja, muss er darin dann fest angeschlossen werden, obwohl keine Anschlussstelle vorgesehen ist? 4. Muss dieser nicht wirksame und am Gerät nicht benötigte Schutzleiter trotzdem hinsichtlich seiner Durchgängigkeit überprüft werden? 5. Gibt es Vorgaben zur Qualität der Durchgängigkeit?


Die in der Anfrage geäußerten Bedenken hinsichtlich des nicht angeschlossenen Schutzleiters sind aus meiner Sicht in vollem Umfang berechtigt. Selbst wenn er nicht benötigt wird, um berührbare leitfähige Teile in eine Schutzmaßnahme gegen elektrischen Schlag einzubeziehen, sollte die vorhandene Möglichkeit zum Erhöhen der Sicherheit bei diesem der Feuchte ausgesetzten Gerät doch genutzt werden. Natürlich ist es Sache des Geräteherstellers und der betreffenden Gerätenorm [1], diese Entscheidung zu treffen.
Andererseits ist es für mich unverständlich, wieso ein Gerät mit dem Anschluss an die Wasserleitung der Schutzklasse II zugeordnet werden kann. Der Anfragende sollte sich mit dem Hersteller (Konformitätserklärung/CE-Zeichen [2]) oder ggf. mit der Prüfstelle (GS-Zeichen) in Verbindung setzen, um genauere Informationen zu erhalten. Aus meiner Sicht ist da etwas faul im Staate oder beim Hersteller.
Prüfung nach Geräteaustausch. Im Prinzip ist diese Prüfung eine Erstprüfung, da das Gerät ein Teil der Anlage ist. Auch wenn in der hierfür zutreffenden Norm [3] nicht ausdrücklich von Instandsetzung oder Auswechselung von Anlagenteilen die Rede ist, muss in diesem Fall natürlich trotzdem entsprechend der Festlegung: „Bei ... Änderungen einer bestehenden Anlage muss nachgewiesen werden, dass ... (diese) ... deren Sicherheit nicht beeinträchtigen...“ so geprüft werden, wie es bei einer Erstprüfung erforderlich ist. Aber auch hier hat der Prüfer letztlich zu entscheiden – wie auch bei der Erstprüfung – welche der vorgegebenen Einzelprüfungen erforderlich oder überflüssig sind oder was zusätzlich zu tun ist.
Einführung des PE-Leiters in ein Gerät. Nein, eine solche Vorgabe gibt es nicht. Sie wäre auch nicht zu begründen. Wird der PE-Leiter in das Gerät eingeführt, so muss gewährleistet sein, dass dieser Schutzleiter
  • auch künftig den Anschluss eines Geräts mit einer Schutzleiterschutzmaßnahme ermöglicht und
  • gegen andere leitfähige Teile isoliert ist.
Den Schutzleiter zu isolieren heißt, er ist
  • entweder an eine dafür vorgesehene Anschlussklemme anzuschließen
  • oder am Anschlussende mit einer ausreichend widerstandsfähigen Basisisolierung zu versehen (Schrumpfschlauch).
Natürlich kann der Anfragende den PE-Leiter dazu in das Gerät einführen, wenn dies aufgrund der örtlichen Bedingungen sinnvoll oder nicht anders möglich ist. Ebenso bestünde die Möglichkeit, eine gesonderte Anschlussdose zu errichten, in welcher der Schutzleiter endet.
Anschluss des PE-Leiters. Bei einem Gerät der Schutzklasse II darf ein in das Gerät eingeführter PE-Leiter nicht angeklemmt werden, weder an eine gesonderte Klemme noch an ein leitfähiges Teil der Tragekonstruktion usw. (Ausnahmen siehe [4]). Wenn ein solcher Anschluss vorgesehen wird, dann erfüllt das betreffende Gerät nicht mehr die Bedingungen der Schutzklasse II, obwohl die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme „verstärkte Isolierung“ dadurch in keiner Weise beeinträchtigt wird (Bild (1)). Eine Elektrofachkraft müsste dann – wenn sie den Buchstaben des Gesetzes folgen will – das Kennzeichen für die Schutzklasse II (Doppelquadrat) entfernen oder überkleben.
Prüfen der Durchgängigkeit. Der PE-Leiter ist bei vorschriftsmäßiger Ausführung natürlich ein „Schutzleiter“, an den alle in eine Schutzleiter- Schutzmaßnahme einzubeziehenden Teile angeschlossen werden können. Hierfür ist er mit den übrigen Leitern der Anlage errichtet worden. Somit ist bei der Erstprüfung also nachzuweisen, dass er diese Aufgabe bzw. die von ihm zu gewährleistenden Voraussetzungen erfüllt. Das heißt, entsprechend [4], muss „... eine Prüfung der elektrischen Durchgängigkeit ... durchgeführt werden ...“. Im vorliegenden Fall könnte der Anfragende nunmehr folgende Standpunkte vertreten:
  • Mit der Erstprüfung der Anlage muss dieser Nachweis bereits erbracht worden sein.
  • Der Schutzleiter wurde nicht verändert oder erweitert, sodass keine Notwendigkeit besteht, ihn zu prüfen.
  • Da an dieser Stelle keine Schutzleiterschutzmaßnahme zur Anwendung kommt, ist es auch nicht erforderlich festzustellen, ob die Voraussetzungen für ihre Wirksamkeit gegeben sind.
  • Wenn der Warmwasserspeicher irgendwann einmal gegen ein Gerät mit Schutzleiterschutzmaßnahme ausgetauscht werden sollte, muss diese Prüfung ohnehin durchgeführt werden.
Natürlich ließe sich ebenfalls folgendermaßen argumentieren:
  • Dass der zuvor erwähnte Austausch von einer Elektrofachkraft vorgenommen und dann ordnungsgemäß geprüft wird, ist nicht unbedingt selbstverständlich – als verantwortungsbewusste Elektrofachkraft könnte man ja vorausschauend denken und vorbeugend handeln.
  • Wenn der Schutzleiter defekt sein sollte, ist es für den Betreiber besser, dies jetzt schon zu wissen und sich auf die Instandsetzung vorzubereiten.
  • Es empfiehlt sich, das Erfüllen der neuen Vorgabe, dass in jeder Leitung ein Schutzleiter mitzuführen ist [5], auch hier schon zu berücksichtigen.
  • Der Prüfaufwand ist nicht der Rede wert.
Es bleibt – aus meiner Sicht – somit dem Anfragenden überlassen, ob er sich nun unter Berücksichtigung des dargestellten „Für und Wider“ verpflichtet fühlt, eine Schutzleiterwiderstands- oder eine Spannungsmessung vorzunehmen, um sich vom Zustand des Schutzleiters bzw. vom Vorhandensein seiner Schutzfunktion zu überzeugen. Allerdings, wenn dieser Nachweis nicht geführt wird und später einmal aufgrund eines Schutzleiterfehlers ein Schaden entsteht, hat die Elektrofachkraft gegenüber einem Sachverständigen oder Richter mit Sicherheit die schlechteren Karten. Auch wenn es dafür also keine direkte Vorgabe gibt, der Durchgang des Schutzleiters sollte nachgewiesen werden.
Qualitätsvorgaben. Der besagte „Durchgang“ ist nirgendwo exakt definiert. Ebenso wenig gibt es für diesen Fall einen Grenzwert für den Schutzleiterwiderstand, wie er für die Geräte – mit einigem „Wenn“ und „Aber“ [1] – festgelegt wurde. Entscheidend ist, dass der Schutzleiter folgende ihm zugedachte Aufgabe erfüllt: „Leiter zum Zweck der Sicherheit, z. B. Schutz gegen elektrischen Schlag.“
Somit muss er an dieser Stelle, wie an allen Anschlussstellen der Endgeräte, die Abschaltbedingungen nach [4] sicherstellen. Der ausreichende „Durchgang“ ist gegeben, wenn
  • im TN-System die Messung der Schleifenimpedanz mit positivem Ergebnis abgeschlossen wurde oder
  • der diesem Messergebnis entsprechende Schutzleiterwiderstand bei seiner Messung nicht überschritten wird.
Zusammenfassung. Bei den Schutzklassen ist nicht alles leicht verständlich – einige Vorgaben sind recht widersprüchlich. An Stelle des Anfragenden würde ich als einfachste Lösung die Anschlussleitung in das Gerät einführen und den Schutzleiter mit einem Schrumpfschlauch versehen, nachdem seine Durchgängigkeit festgestellt wurde. Wenn er es als notwendig ansieht, bei den späteren Wiederholungsprüfungen ebenfalls die Durchgängigkeit nachzuweisen, könnte er eine gesonderte Anschlussdose mit Schutzleiterklemme errichten.
Keinesfalls sollten er das Gerät verändern, indem er den Schutzleiter an leitfähige Teile der Tragekonstruktion anschließt. Weist das Gerät kein GS-Zeichen auf – diese Feststellung wäre ein negatives Ergebnis der Erstprüfung – und ist keine Klärung der Sachlage mit dem Hersteller möglich, dann würde ich seinen Einsatz ablehnen.

Quellen

DIN EN 60 335-2-21 (VDE 0700-21):2009-06 Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke – Teil 2-21: Besondere Anforderungen für Wassererwärmer (Warmwasserspeicher und Warmwasserboiler).

Bödeker, K.: Prüfen von Geräten mit CE-Kennzeichnung. Leseranfragen; Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 12; S. 1072.

DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600):2008-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen.

DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410:2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen, Schutz gegen elektrischen Schlag.

DIN VDE 0100-200 (VDE 0100-200):2006-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 200: Begriffe.


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Autor
  • K. Bödeker
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