Innungen und Verbände
Für gute Partnerschaft mit dem Energieversorger
ep12/2006, 1 Seite
Auswirkungen in der Praxis Von vielen Inhabern der Elektrofachbetriebe der betroffenen Bundesländer wird das neue Konzept sehr kritisch betrachtet. Daher informierte sich der ep aus erster Hand zum aktuellen Stand in dieser Angelegenheit und fragte zur Fachmesse Belektro 2006 beim Vorsitzenden des Landesinnungsverbandes der Elektro- und Informationstechnischen Handwerke Berlin/Brandenburg Herrn Werner Gutschmidt nach (Bild ): Herr Gutschmidt, warum wurde die bestehende Marktpartnerschaft mit dem Elektrohandwerk seitens der Envia M aufgekündigt? Welche Gründe sehen Sie dafür? W. Gutschmidt: Vielleicht darf ich zuvor auf die frühere Zusammenarbeit mit dem Energieversorger eingehen. Bis zum Beginn des Jahres bestand aus meiner Sicht eine gute Zusammenarbeit der Elektrofachbetriebe mit Envia M als gleichberechtigte Marktpartner. Der Versorger führte z. B. technische Schulungen für das Elektrohandwerk durch, um gegenüber dem Kunden stets auf dem aktuellen Stand zu sein. Dafür warben unsere Betriebe bei neuen Kunden, den Stromvertrag mit Envia M abzuschließen. Trotz guter Erfolge wurden die dafür zustehenden 20 Euro Provision je Neuvertrag von den Betrieben nur in wenigen Fällen eingefordert. Dennoch beklagte der Versorger plötzlich zu hohe Kosten und Aufwendungen dieser Zusammenarbeit. Für mich, ehrlich gesagt, nicht verständlich. Dann wurden wir mehr oder minder erst von Veröffentlichungen in der Presse davon überrascht, dass nun diese Partnerschaft ausgedient hat. Warum sehen Sie diese Entwicklung mit kritischen Augen an? W. Gutschmidt: Stellen Sie sich doch einmal vor, dass von den etwa 1000 Betrieben, die bisher - das zwar auf freiwilliger Basis - die Möglichkeiten der Marktpartnerschaft nutzen konnten, jetzt nur noch 30, vielleicht maximal 50 Betriebe, dafür überhaupt noch infrage kommen. Das bedeutet, die anderen Betriebe, die den weitaus größten Anteil ausmachen, bleiben ausgegrenzt. Das ist für meine Begriffe eine Ausnutzung der marktbeherrschenden Position zum Nachteil der Elektrohandwerkergemeinschaft. Ich möchte dazu ein Beispiel nennen, wie sich diese Konstellation praktisch auswirken könnte: Ein Fachbetrieb erhält beispielsweise vom Kunden den Auftrag, eine Wärmepumpe zu installieren. Gleichzeitig nimmt der Betrieb die entsprechende Anmeldung beim Energieversorger vor. Dabei kann er bei diesem Auftrag auf die Finanzierung des Versorgers zurückgreifen und auch die Stromgutschrift beanspruchen. Damit ist er sicher in einer vergleichsweise besseren Position als die übrigen Betriebe. Wie sehen Sie denn die Situation für die Fachbetriebe als Franchise-Filialen von Envia M? W. Gutschmidt: Was die neuen Franchisebetriebe anbetrifft, werden diese sicher erst einmal von dem Wettbewerbsvorteil profitieren, sowie ich das bereits erwähnte. Es ist anzunehmen, dass sie durch den Franchisevertrag durchaus in den Genuss von Einkaufsvorteilen kommen können. Was jedoch auf einem anderen Blatt steht ist, dass sie dabei ihre Unabhängigkeit als selbstständige Unternehmen größtenteils verlieren. Als Franchisenehmer ist man schließlich in der Pflicht, unter der Marke des Franchisegebers, also Envia M, die gelieferten Produkte und Materialien zu verbauen, die Vertriebsstrategie des Energieversorgers konsequent umzusetzen. Gibt es einen Dialog, um gemeinsam diese Probleme auch vor allem im Interesse der Kunden zu lösen? W. Gutschmidt: Leider scheint die Sache im Moment etwas festgefahren zu sein. Es liegt zwar seitens des Versorgers ein neues Angebot für eine Zusammenarbeit vor. Jedoch hält man offensichtlich strikt an der Umsetzung des Franchisekonzepts und der Bevorzugung einzelner Fachbetriebe fest. Das können wir so nicht akzeptieren. Ich halte das Ganze für ein wettbewerbsrechtliches Problem. Es besteht seitens Envia M die Versorgungspflicht der Kunden. Diese damit entstandene Kundennähe und Vertrauensposition wird aus meiner Sicht ungerechtfertigt ausgenutzt. Wie sehen Sie denn die Zukunft der Elektrohandwerkergemeinschaft, und wie stellen Sie sich denn eine Lösung vor? W. Gutschmidt: Wir sind jederzeit gesprächsbereit. Dabei muss es sich aber um einen Vorschlag handeln, der eine gleichberechtigte Marktpartnerschaft zum Ziel hat. Das setzt voraus, dass nicht nur einige wenige Betriebe in diese Zusammenarbeit einbezogen werden, sondern alle Elektrofachbetriebe, die daran interessiert sind. Im Endeffekt geht es um die Stärkung der Elektrohandwerkergemeinschaft und um einen guten Service für unsere Kunden. Herr Gutschmidt, vielen Dank für das Gespräch. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 12 1006 BETRIEBSFÜHRUNG Für gute Partnerschaft mit dem Energieversorger Zum 30. Juni 2006 hatte Envia M den etwa 1000 ostdeutschen Elektrofachbetrieben in ihrem Versorgungsgebiet die bis dahin bestehende Marktpartnerschaft aufgekündigt. Für die künftige Zusammenarbeit wurde eine Franchisekonzept vorgelegt mit der Begründung, den Service für den privaten Endkunden damit wesentlich zu verbessern. Als Filialpartner kommen aber nur noch ausgewählte Fachbetriebe dafür infrage. W. Gutschmidt im Gespräch mit dem ep während der Fachmesse Belektro IM ÜBERBLICK Fakten zur derzeitigen Situation Über Envia Mitteldeutsche Energie: · eine von zwölf Regionalgesellschaften der RWE Energy AG und · führender regionaler Energiedienstleister in den neuen Bundesländern Änderungen des Vertragsverhältnisses zu Jahresbeginn: · Kündigung der bisherigen Marktpartnerschaft mit den Elektrofachbetrieben zum 30.06.2006 · Vorstellung eines neues Partnerprojekts unter der Überschrift: „Dem Kunden ein Stück näher“: Ausgewählte Elektroinstallationsbetriebe werden zur Franchise-Filiale von Envia M. · Eröffnung der ersten Franchise-Filialen im Januar und Februar 2006 in: · Cottbus - ESA Elektro-Service und Anlagenbau, · Taucha (bei Leipzig) - Windolph Elektromontagen und · Marienberg - Licht & Kraft Elektroanlagenbau. Leistungsspektrum der neuen Filialen: Angebot eines Leistungspakets, bestehend aus Beratung, Verkauf, Installation, Finanzierung, anfangs für Energieanwendungen wie Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen mit fünf Jahren Garantie seitens der Envia-Partner auf alle Installationsleistungen Ziele: · Herstellen des direkten Kontakts zum Endkunden auch über die Partner-Filiale · Mittelfristig ist es geplant, das Filialnetz flächendeckend auszubauen. EP1206-1000-1008 21.11.2006 10:28 Uhr Seite 1006
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