Arbeits- und Gesundheitsschutz
Erste Hilfe bei Unfällen (1)
luk9/2007, 2 Seiten
Geänderte Vorschriften Mit Inkrafttreten der berufsgenossenschaftlichen Vorschrift/Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) zum 1. Januar 2004 wurde u. A. auch die BG-liche Vorschrift „Erste Hilfe“ (VBG 109/BGV A5) außer Kraft gesetzt. Durch die Übernahme aller Grundsatzregelungen, d. h. auch der erforderlichen Maßnahmen der Ersten Hilfe, in die BGV A1, war es möglich, eine Verschlankung des Systems der BG-lichen Vorschriften für Unternehmer und Versicherte ohne eine Verminderung der Sachaussagen zu erreichen. Im dritten Abschnitt der BGV A1 enthalten die §§ 24 bis 28 die wesentlichen Regelungen für die Erste Hilfe im Sinne einer sachlogischen Gliederung als Konkretisierung der Schutzzielangaben des § 10 Arbeitsschutzgesetz. Einzelheiten dieser neuen Regelungen werden nachfolgend erläutert. Zunächst aber soll ein wichtiger Hinweis vorangestellt werden: Die Maßnahmen der Reanimation, d. h. der Wiederbelebung, z. B. bei elektrischen Unfällen, wurden vereinfacht. Wichtige Änderungen Die Herzdruckmassage ist das Wichtigste. Was tun bei einem Kreislaufstillstand? Die Erste-Hilfe-Maßnahmen umfassen nur wenige Schritte. Reagiert der Verletzte/Erkrankte nicht auf Ansprechen und atmet er nicht normal, dann soll der Ersthelfer knapp zweimal pro Sekunde 4 bis 5 cm tief in die Brustmitte drücken. Nach 30 Kompressionen folgt zweimal die Beatmung. Die Herzdruckmassage wird im Wechsel mit der Beatmung solange durchgeführt, bis normale Atmung einsetzt oder professionelle Hilfe eintrifft. Die Praxis dieser Wiederbelebungsmaßnahmen zeigt Bild auf der rechten Seite. Dieses Bild entspricht dem berufsgenossenschaftlichen Aushang „Erste Hilfe“ (BGI 510), in den die „Empfehlungen der Bundesärztekammer für die Reanimation 2006“ eingeflossen sind. Dieser aktuelle Aushang sollte in allen Betriebsstellen und auf Baustellen gut sichtbar angebracht werden. Er kann u. A. über die BG bezogen und im unteren Teil durch Angaben über die Notruf-Telefonnummern und die örtlich erreichbaren Ärzte und Krankenhäuser ergänzt werden. Gegenüber den bisherigen Empfehlungen sind Vereinfachungen festzustellen. Beispielsweise entfallen die bisher gelehrten zwei Initialbeatmungen zu Beginn der Wiederbelebungsmaßnahmen. Ziel ist, die Basismaßnahmen möglichst einfach zu gestalten und sofort nach Eintreten eines Kreislaufstillstandes schnell zur Herzdruckmassage zu kommen. Die neuen Empfehlungen sind einfacher und deshalb leichter erlernbar. Sie sollen die Hilfsbereitschaft der Ersthelfer erhöhen. Neben dem in Bild gezeigten Aushang „Erste Hilfe“ (BGI 510) hat der berufsgenossenschaftliche Fachausschuss „Erste Hilfe“ auch die Broschüre „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (BGI 503) und das ausführlich gestaltete Handbuch (BGI 829) aktualisiert. In der diesjährigen Neuauflage ent-Die Welt ist unvollkommen. Unfälle können daher auch in einem gut organisierten Betrieb nicht vollständig verhindert werden. Deshalb ist es erforderlich, im Betrieb auch für den Notfall vorzubereitet zu sein. Die aktuellen Änderungen in den Vorschriften nimmt die Serie zum Anlass, ausführlich zum Thema Erste Hilfe zu informieren. Arbeitssicherheit Erste Hilfe bei Unfällen (1) F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 LERNEN KÖNNEN 9/07 Aushang für jeden Betrieb und jede Baustelle Die örtlich verantwortlichen Führungskräfte haben die ergänzenden Eintragungen zu veranlassen. LuK-0907 22.08.2007 13:41 Uhr Seite 11 hält das Handbuch darüber hinaus auch Hinweise, wie zukünftig die stabile Seitenlage durchzuführen ist. Die ermächtigten Stellen für die Ausbildung betrieblicher Ersthelfer werden die neuen Lehraussagen zeitnah in die Erste-Hilfe-Lehrgänge integrieren. Pflichten des Unternehmers Die wesentlichen Pflichten des Unternehmers sind in § 24 der BGV A1 zusammengefasst, wo es heißt: (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass zur Ersten Hilfe und zur Rettung aus Gefahr die erforderlichen Einrichtungen und Sachmittel sowie das erforderliche Personal zur Verfügung stehen. Zu den hier erwähnten Einrichtungen und Sachmitteln gehören insbesondere Meldeeinrichtungen, Erste-Hilfe-Material, Rettungsgeräte, Transportmittel und in größeren Betrieben Sanitätsräume. Hierbei sind - soweit entsprechend der betrieblichen Situation erforderlich - auch Einrichtungen und Vorkehrungen zum Schutz der Helfer, z. B. persönliche Schutzausrüstungen in Form von Atemschutzgeräten, vorzusehen. Das erforderliche Personal umfasst in erster Linie Ersthelfer und in größeren Betrieben Betriebssanitäter sowie Versicherte, die in der Handhabung von Rettungsgeräten und Rettungstransportmitteln unterwiesen sind. Für die Sicherstellung der Ersten Hilfe im Betrieb kann der Unternehmer auch Personen mit einer höher qualifizierten Ausbildung in Erster Hilfe benennen. Eine höher qualifizierte Ausbildung in Erster Hilfe besitzen z. B. Personen mit sanitäts- oder rettungsdienstlicher Ausbildung oder Berufe des Gesundheitsdienstes, die aktuell im jeweiligen Betrieb tätig sind. (2) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass nach einem Unfall unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst wird. Eine optimale Versorgung im Rahmen der Ersten Hilfe ist Grundlage für eine erfolgreiche Heilbehandlung. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Versicherte bei Notfällen, z. B. Unfällen, Vergiftungen, Verätzungen, akuten Erkrankungen und nicht zuletzt auch elektrischen Unfällen einer ärztlichen Untersuchung und gegebenenfalls Versorgung zugeführt werden. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht hat der Unternehmer auch dafür zu sorgen, dass der Versicherte die Arbeit mindestens solange unterbrechen kann, bis Erste Hilfe geleistet ist. (3) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Verletzte sachkundig transportiert werden. Wenn als Folge eines Unfalles ein Transport zum Arzt, ins Krankenhaus oder nach Hause erforderlich wird, ist dieser Absatz zu beachten. Die Entscheidung über die Art des Transportes ist insbesondere abhängig von Art, Umfang und Schwere der Verletzung, der dem Verletzten möglichen Gehfähigkeit sowie der Länge der Beförderungsstrecke. Bestehen Zweifel bei der Auswahl des geeigneten Transportmittels, ist eine sachkundige Entscheidung möglichst durch einen Arzt herbeizuführen. Erfolgt der Transport durch den öffentlichen Rettungsdienst, so trifft dieser alle weiteren Entscheidungen. Für das Heilverfahren bei Arbeitsunfällen ist grundsätzlich das Urteil eines von der Berufsgenossenschaft bestellten sogenannten Durchgangsarztes maßgebend. (4) Der Unternehmer hat im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass Versicherte · einem Durchgangsarzt vorgestellt werden, es sei denn, dass der erstbehandelnde Arzt festgestellt hat, dass die Verletzung nicht über den Unfalltag hinaus zur Arbeitsunfähigkeit führt oder die Behandlungsbedürftigkeit voraussichtlich nicht mehr als eine Woche beträgt, · bei einer schweren Verletzung einem der von den Berufsgenossenschaften bezeichneten Krankenhäuser zugeführt werden, · bei Vorliegen einer Augen- oder Hals-, Nasen-, Ohrenverletzung dem nächsterreichbaren Arzt des entsprechenden Fachgebiets zugeführt werden, es sei denn, dass sich die Vorstellung durch eine ärztliche Erstversorgung erübrigt hat. Die Anschriften der Durchgangsärzte und der bezeichneten Krankenhäuser teilen die Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften den Betrieben mit. Die Internetadresse lautet: www.lvbg.de. Bei schweren Verletzungen kommt in der Regel der Rettungsdienst, gegebenenfalls mit Notarzt am Unfallort zum Einsatz, der auch die Einweisung in ein bezeichnetes Krankenhaus veranlasst. Liegen ausschließlich Verletzungen der Augen, Ohren, Nase oder des Halses vor, ist der Verletzte möglichst dem nächstgelegenen Facharzt vorzustellen. Die Vorstellung beim Durchgangsarzt ist dann nicht erforderlich. (5) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass den Versicherten durch berufsgenossenschaftliche Aushänge oder in anderer geeigneter schriftlicher Form Hinweise über die Erste Hilfe und Angaben über Notruf, Erste-Hilfe- und Rettungs-Einrichtungen, über das Erste-Hilfe-Personal sowie über herbeizuziehende Ärzte und anzufahrende Krankenhäuser gemacht werden. Die Hinweise und die Angaben sind aktuell zu halten. Den Mitarbeitern in den Betrieben ebenso wie auf Bau- und Montagestellen müssen die zur Ersten Hilfe notwendigen Informationen vermittelt werden. Neben der Unterweisung der Mitarbeiter ist der Unternehmer verpflichtet, durch berufsgenossenschaftliche Aushänge oder in anderer geeigneter Form Hinweise über die Erste Hilfe anzubringen. Als schriftlicher Hinweis zur Ersten Hilfe steht insbesondere der berufsgenossenschaftliche Aushang „Erste Hilfe“ (BGI 510) als Plakat (Bild ) zur Verfügung. Die notwendigen Angaben sind stets aktuell zu halten, z. B. beim Ortswechsel von Baustellen oder dem Arbeitsplatzwechsel eines Ersthelfers. (6) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass jede Erste-Hilfe-Leistung dokumentiert und diese Dokumentation fünf Jahre lang verfügbar gehalten wird. Die Dokumente sind vertraulich zu behandeln. Die Dokumentation eines Unfalles sowie der Erste-Hilfe-Leistung bildet eine wesentliche Grundlage für das mögliche Heilverfahren. Die lückenlose Aufzeichnung der Ersten Hilfe liefert eine wichtige Grundlage für die Planung und Organisation der Ersten Hilfe und des betrieblichen Rettungswesens. Die Aufzeichnungen dienen auch als Informationsquelle zur Identifizierung von Unfallschwerpunkten im Betrieb. Daneben besteht ein versicherungsrechtlicher Aspekt, da hiermit im Einzelfall der Nachweis für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls geführt werden kann. Zu diesem Zweck sind folgende Angaben zu dokumentieren: Namen des Verletzten bzw. Erkrankten, Datum/Uhrzeit des Unfalles bzw. Gesundheitsschadens, Ort, Hergang, Art und Umfang der Verletzung/Erkrankung, Namen der Zeugen, Datum und Uhrzeit der Erste-Hilfe-Leistung, Art und Weise der Erste-Hilfe-Maßnahmen, Name des Erste-Hilfe-Leistenden. Die Form der Erfassung der zu dokumentierenden Daten ist nicht festgelegt. Für die Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistung kann ein „Verbandbuch“ (BGI 511-1) oder ein „Meldeblock“ (BGI 511-3) verwendet werden. Bei der Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistung handelt es sich um Daten, die gegen den Zugriff Unbefugter zu sichern sind. Dies kann insbesondere durch organisatorische Maßnahmen, z. B. schriftliche betriebliche Anweisungen, erfolgen. H.-H. Egyptien Arbeitssicherheit F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 12 LERNEN KÖNNEN 9/07 LuK-0907 22.08.2007 13:41 Uhr Seite 12
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- H.-H. Egyptien
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