Arbeits- und Gesundheitsschutz
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Arbeitsschutzunterweisung
Arbeitsschutz-Unterweisung "Störlichtbogen"
ep12/2007, 2 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 12 1 Neben der Körperdurchströmung ist der Störlichtbogen die größte Gefährdung, mit der eine Elektrofachkraft rechnen muss. Hauptursachen sind: · menschliches Fehlverhalten · alterungsbedingte Isolationsschäden und Kontaktfehler. Weitere Risiken: · Ausfall von Messwandlern · Überspannungen im System aufgrund von Schalthandlungen oder Blitzstoßspannungen · Verschmutzung der Anlage usw. Insbesondere bei Niederspannungs(NS)-Schalt- und Verteilanlagen ist durch den Anstieg der Netzkurzschlussleistungen und die zunehmend kleinräumigere Bauweise das Gefährdungspotential stark angestiegen. Bei Auslösen eines Störlichtbogens kommt es innerhalb weniger Millisekunden zu einem rasanten Druckanstieg und starker Wärmeentwicklung. Das kann zu starken Verbrennungen führen. Hinzu kommen die Emission elektromagnetischer Strahlung und das Entstehen von Metalldämpfen. Vor diesen Risiken sind die Mitarbeiter so gut wie möglich zu schützen (Bild ). 1. Einhalten der 5 Sicherheitsregeln Störlichtbögen werden meist durch Fehlverhalten bei Arbeiten an elektrischen Anlagen - häufig in der Nähe von unter Spannung stehenden Teilen - verursacht. Dabei werden fast immer die 5 Sicherheitsregeln nicht korrekt eingehalten. Um Störlichtbögen oder Spannungsverschleppungen zu vermeiden, ist besonderes Augenmerk auf die 5. Sicherheitsregel - „fremde, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken“ - zu richten. 2. Auswahl der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) Vor der Auswahl einer Schutzkleidung ist vom Unternehmer eine Gefährdungsanalyse durchzuführen, die vor allem Art, Umfang der Risiken am Arbeitsplatz, Arbeitsbedingungen und persönliche Konstitution des Trägers berücksichtigt. Es ist festzulegen, welche Schutzkleidung zum Einsatz kommt - ob z. B. die Anforderungen nach Klasse 1 (Prüfung mit 4 kA/0,5 s) oder nach Klasse 2 (7 kA/0,5 s) gemäß IEC 61482-1-2 erfüllt werden müssen. Bewertet wird hierbei vor allem, inwieweit die PSA vor Verbrennungen zweiten Grades schützt sowie ihr Entflammverhalten unter Störlichtbogenbedingungen. Zur kompletten Schutzausrüstung gehören neben der Kleidung noch Schutzhandschuhe und Gesichtsschutz. Wichtige Hinweise des Normengremiums K224: · An Arbeitsplätzen mit Lichtbogengefährdung ist grundsätzlich nur flammhemmende Kleidung zu tragen. · Normale Arbeitskleidung mit z. B. 220 g/m² bietet nur in NS-Anlagen mit einer 63 A-Hausanschlusssicherung einen begrenzten Schutz. · In öffentlichen NS-Spannungsnetzen kann an 95 % der möglichen Arbeitsstellen mit einem Kurzschlussstrom unter 6 bis 7 kA gerechnet werden. · In Ballungsgebieten und Industrienetzen können Kurzschlussströme deutlich über 10 kA auftreten. · Personenschutz kann nicht für unbegrenzt hohe Kurzschlussströme gewährleistet werden. 3. Maßnahmen für den aktiven Schutz Durch geeignete Maßnahmen beim Errichten und Betreiben von Schaltanlagen kann die Gefahr des Entstehens eines Störlichtbogens stark verringert werden. Beim Errichten ist besonders auf die richtige Dimensionierung, den Berührungsschutz und das Vermeiden von Potentialbrücken zu achten (Checkliste). Qualifiziertes Personal, das die Anwendung der 5 Sicherheitsregeln und die Arbeitsverfahren in der Nähe unter Spannung stehender Teilen beherrscht, ist für das sichere Betreiben unabdingbar. 4. Maßnahmen zum passiven Schutz Ist die Gefahr eines Störlichtbogens nicht auszuschließen, sind Maßnahmen zu treffen, die dessen räumliche Ausbreitung minimieren und den Lichtbogen zeitlich begrenzen. Diese sind entweder beim Errichten oder beim Betreiben zu ergreifen. Vor der Arbeit an einer Schaltanlage muss eine Risikoabschätzung, besonders unter Beachtung der Energie eines möglichen Lichtbogens, vorgenommen werden. Die Energie kann durch den Einsatz von flinken Arbeitsschutzsicherungen oder eines mobilen Lichtbogen-Kurzschließers (bis etwa 15 kA) reduziert werden. Weitere Maßnahmen: · Einsatz von typgeprüften Schaltanlagen mit Druckentlastungseinrichtungen · schnelle Lichtbogenerfassungen in Verbindung mit einer Kurzschließeinheit usw. Wichtig: Ist die Energie so hoch, dass ein sicheres Arbeiten an der Anlage unter Berücksichtigung dieser Maßnahmen nicht möglich ist, so muss die Anlage freigeschaltet werden. Bei Arbeiten an Schaltanlagen in der Nähe von unter Spannung stehenden Teilen muss die Gefährdung durch einen Störlichtbogen immer berücksichtigt werden. Durch die Verwendung geeigneter PSA in Verbindung mit weiteren Maßnahmen kann das Risiko jedoch erheblich reduziert werden. Das konsequente Anwenden der 5 Sicherheitsregeln ist ein Muss. M. Mehlem Fazit Empfehlungen zum Schutz der Mitarbeiter Unfallgefahren Arbeitsschutz-Unterweisung 72007 BGFE Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik Verteilung der thermischen Schädigungen Thema: Störlichtbogen 1 Ist eine Risikoabschätzung unter Beachtung der Energie eines zu erwartenden Lichtbogens durchgeführt worden? 2 Sind die Mitarbeiter handlungssicher in der Anwendung der 5 Sicherheitsregeln? 3 Ist das Personal über die besonderen Gefahren beim Arbeiten in der Nähe von unter Spannung stehenden Teilen unterwiesen und ist das dokumentiert? 4 Steht den Mitarbeitern die erforderliche PSA gemäß Gefährdungsbeurteilung zur Verfügung? 5 Wird bei Arbeiten ein ausreichender Abstand zu unter Spannung stehenden Teilen eingehalten? 6 Ist die Schaltanlage berührungssicher ausgeführt, und sind Potentialbrücken vermieden worden? 7 Ist der Einsatz flinker Arbeitsschutzsicherungen oder mobiler Lichtbogen-Kurzschließer (bis IK= 15 kA) möglich? 8 Werden typgeprüfte Schaltanlagen eingesetzt? 9 Sind die Schaltanlagen und die eingesetzten Betriebsmittel wartungsarm? 10 Sind die Überstromeinrichtungen geeignet, um einen möglichen Störlichtbogen schnellstmöglich zu unterbrechen? 11 Für energiereiche Anlagen: Ist der Einsatz einer Lichtbogenerfassung in Verbindung mit einer Kurzschliesseinrichtung möglich? Gefährdung durch Störlichtbögen CHECKLISTE Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 12 © Redaktion Elektropraktiker 10400 Berlin www.elektropraktiker.de Unterweisung - Vermeiden von Störlichtbögen beim Betreiben und Arbeiten an elektrischen Anlagen Erstunterweisung Wiederholungsunterweisung erfolgt: Ort: Datum: Lfd. Nr. Name, Vorname Unterschrift Lfd. Nr. Name, Vorname Unterschrift Die Unterweisung wurde durchgeführt von: Name, Vorname Unterschrift Verhalten bei ungewöhnlichen Vorkommnissen Sofort Arbeit einstellen, mit dem Arbeitsverantwortlichen Rücksprache halten und Anweisungen des Anlagenverantwortlichen befolgen! Durchführung Beispiele und Hinweise Anwendung der 5 Sicherheitsregeln - 1. Freischalten Vgl. dazu auch Arbeitsschutz-Unterweisung 5-2007 2. Gegen Wiedereinschalten sichern im ep Heft 6/2007 3. Spannungsfreiheit feststellen 4. Erden und Kurzschließen 5. Fremde, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken. Dabei ist ebenfalls geeignete PSA zu tragen. Auswahl der PSA gegen Störlichtbogen Wenn die Anlage nicht freigeschaltet werden kann, ist entsprechende persönliche Schutzkleidung zu tragen. Es ist eine Gefährdungsanalyse unter Berück- Ermittlung, ob im Fehlerfall mit dem Auftreten eines Störlichtbogens gerechnet sichtigung der geplanten Arbeiten zu erstellen. werden muss, wie energiereich dieser ist und wo dieser zu erwarten ist. Sollte die Gefährdungsanalyse ergeben, dass der zu erwartende Störlichtbogen zu energiereich ist (z. B. in Ballungsräumen oder bei Industrieanlagen), so muss die Anlage freigeschaltet werden. Gefährdungen definieren, für die PSA zusätzlich Hitze, Kälte, Isolation, Lärm geeignet sein muss Feststellen, welche Körperbereiche mit PSA Körper, Gesicht, Hände, Kopf, Füße ... zu schützen sind Bei der Beschaffung der PSA sind die Anforde- Beispiel: Schutzklasse 1 (4 kA/ 0,5 s) oder Schutzklasse 2 (7 kA/ 0,5 s) rungsparameter mit Normenverweisen anzugeben. nach IEC 61482-1-2 für Kleidung Lichtbogenanforderungen an isolierende Handschuhe und an Gesichtsschutzschirme werden derzeit in die Normenarbeit eingebracht. Die PSA muss vor Benutzung dahingehend überprüft Es ist zu prüfen, inwieweit die Schutzwirkung der PSA ausreichend zum werden, inwieweit die Schutzwirkung der PSA Schutz vor den ermittelten Gefährdungen ist ausreichend zum Schutz vor den ermittelten Beschädigte PSA darf nicht zum Einsatz kommen. Gefährdungen ist und ob sie in ordnungsgemäßem Falls eine Beschädigung vorliegt, sind die Anweisungen des Arbeits-Zustand ist. verantwortlichen zu beachten! Die Pflege- und Wartungshinweise sind zu beachten, Die Hinweise des Herstellers oder des textilen Mietdienstleisters sind z. B. wie muss eine PSA gereinigt werden? Welche einzuhalten. Pflegemittel dürfen verwendet werden? Im Zweifelsfall ist zu prüfen, inwieweit die Schutzkleidung noch die erforderliche Schutzwirkung besitzt. Persönliche Schutzmaßnahmen zur Verminderung Bei Arbeiten in der Nähe von unter Spannung stehenden Teilen sind die der Störlichtbogengefahr Abstände nach VDE 0105 (Bilder 1 und 2 sowie Anhang A) einzuhalten. Technische Maßnahmen zur Verminderungen der Auswirkungen eines Störlichtbogens Einsatz flinker Arbeitsschutzsicherungen Wo möglich, können die Anlagenschutzsicherungen durch flinke Arbeitsschutzsicherungen, die im Fehlerfall den Überstrom innerhalb kürzester Zeit unterbrechen, ersetzt werden. Einsatz mobiler Kurzschließer (bis 15 kA) Eine mobile Lichtbogenerfassung erkennt den Störlichtbogen. Der angeschlossene Kurzschließer schließt den Lichtbogen kurz, sodass dieser sofort erlischt. (Schutzeinrichtung ist derzeit in Erprobung)
Autor
- M. Mehlem
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