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Installationstechnik | Veranstaltung | Elektrotechnik

100 Jahre Gira - Vom Tumblerschalter zum intelligenten Haus

ep12/2005, 3 Seiten

Die 100-jährige Geschichte des Familienunternehmens Gira ist gleichzeitig ein Spiegelbild der Elektroinstallation im Wandel der Zeit. Dabei geht es nicht nur um kreative Technik, sondern auch um Experimentierfreudigkeit, Ideenreichtum und Design.


zum Einsatz kommen, wodurch energieintensive Verbraucher zeitversetzt betrieben werden können. Nach Abschluss der bereits laufenden Standardisierung sei mit einer verstärkten Durchsetzung zu rechnen. Dienstleistungsangebot Um individuelle, bedarfsorientierte und markttaugliche Dienstleistungen anbieten zu können, bedarf es einer Informationslogistik. Dies beinhalte laut Wolfgang Deiters, dem Institutsteilleiter des Fraunhofer Instituts für Software- und Systemtechnik, die Bewertung, Auswahl und Bereitstellung von Informationen, deren Transport zum Nutzungsort sowie die Bereitstellung der Informationen zu einem gewünschten Zeitpunkt. Als Anwendungsbereiche für Dienste, die einen Mehrwert für das Produkt „Wohnen“ darstellen, nannte Deiters das Gebäudemanagement, die Gesundheits- und Pflegedienste, Dienste für Komfort und Unterhaltung sowie Sicherheitsdienste. Der Nutzen IT-gestützter Mehrwertdienste läge für Bewohner in der Steigerung der Lebensqualität. Für Dienstleister seien die Vorteile in der Erweiterung ihres Angebots und damit in der Erschließung neuer Kunden und Geschäftsfelder zu sehen. Aussichten Zur Vermarktung eines intelligenten Haussystems ist die Zusammenarbeit mit der Wohnungsbranche nötig. So müsste diese eine individuelle Wohnraumgestaltung bieten und dadurch anspruchsvolle Kunden gewinnen, wie Burkhard Sibbe, Vorstandsvorsitzender der Hattinger Wohnstätten eG, berichtete. Dazu sei es nötig, zielgruppenspezifische Funktionen in den Wohnungen zu integrieren. Als Beispiel für die Umsetzung erwähnte er das Projekt „Smarter Wohnen NRW“. Dort wurden 185 Wohnungen mit einer marktfähigen Ausstattung aus den Bereichen Sicherheit, Gesundheit, Komfort, Multimedia und Facility Management vernetzt und sind inzwischen beziehbar. Wie Klaus Scherer, Leiter des Inhaus-Zentrums berichtete, sei der Bau eines zweiten Inhaus-Innovationszentrums geplant. Es soll als Plattform für die Entwicklung und das Testen von Systemlösungen wie z. B. seniorengerechtes Wohnen und energieoptimierte Gebäude dienen. Der Bau soll Anfang 2006 beginnen. Hohe Qualität und gute Formgebung als Prinzip Technischer Fortschritt, hohe Gestaltungskompetenz, aber auch der dreistufige Vertriebsweg mit einem direkten Draht zum Handwerk sind Konstanten, die sich durchgängig in der Unternehmensgeschichte beobachten lassen. Schon die Gründer, die Brüder Gustav und Richard Giersiepen, hatten klare Vorstellungen von der Bedeutung stetiger Innovationen für ihr Unternehmen Dabei haben sie immer auf die Familie und den Standort Radevormwald gesetzt, was sich auch im Namen des Unternehmens widerspiegelt: GIRA setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben des Familiennamens Giersiepen und der Ortsbezeichnung Radevormwald. Experimentierfreudig, ideenreich und mit großer Innovationsbereitschaft starten die Gründer zunächst mit einem Tumblerschalter, doch schon bald umfasst das Angebot nahezu das gesamte Sortiment der damaligen Elektroinstallation. In den 20er Jahren setzt sich im Unternehmen das Prinzip der hohen Qualität und guten Formgebung endgültig durch - damals durchaus ungewöhnlich, denn die Qualitätsstandards von Elektroprodukten sind generell niedrig. Gira aber will zum Vorreiter werden, was mit der Steckdose Nr. 265 und dem Doppel-Riegelschalter von 1929 auch gelingt. Letzterer gilt bis in die 50er Jahre als der Qualitäts-Schalter. Eine Abdeckung für alle Schalter und Taster Ende der 50er Jahre revolutioniert ein Baukastensystem die Branche, das auch Großhandel und Handwerk eine ganze Reihe von Vorteilen bringt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es fast ausschließlich komplett montierte Schalter gegeben. Beim variabel kombinierbaren Schaltersystem werden dagegen Wippschalter und Taster aufeinander abgestimmt und können mit der gleichen Abdeckung versehen werden. Dieser Entwicklungsschritt hat weit reichende Auswirkungen, bedeutet er doch die Vorgabe eines ganz neuen technischen Standards: Die gleiche Abdeckung für alle Schalter und Taster - ob rund, quadratisch oder als Kombinationseinsatz. Innerhalb weniger Monate muss das gesamte Lieferprogramm umgestellt werden, doch die Idee des vielfältig kombinierbaren Baukasten-Programms setzt sich am Markt schnell durch. Weil zudem Abdeckungen und Einsätze getrennt angeboten werden, kommt es zu spürbaren Entlastungen bei Lagerung, Lieferung und Montage. Das Unterputz-Programm beispielsweise umfasst nunmehr 35 statt 162 Positionen. Auch optisch wird Neues gewagt: Weiße Wippen ersetzen konsequent die phosphoreszierenden grünen, die mit der Zeit nachdunkeln. „Ganz weiß ist doch schöner“, lautet dazu die Anzeigenkampagne, die jetzt auch direkt Architekten anspricht. 1966 kommt der Flächenschalter 1966 stellt Gira den „Flächenschalter“ vor, bei dem der Schaltvorgang auf nahezu der gesamten Abdeckung ausgelöst werden kann (Bild ). Selbst wenn die Hände nicht frei sind, lässt sich dieser Flächenschalter sehr einfach bedienen - und sei es mit dem Ellenbogen. Das neue Schalterprogramm setzt Maßstäbe, denen bald alle namhaften Schalterhersteller folgen. Es markiert aber auch den Beginn der Mehrwertinstallation, also eines zusätzlichen Angebots, das neben den Standardschaltern eine anspruchsvollere Produktlinie zu einem höheren Preis bietet. Der Flächenschalter wird ein voller Erfolg, der dem Unternehmen nicht nur Kundenzuwachs, sondern auch Imagegewinn und Designkompetenz einbringt. Zusammenarbeit mit dem Designer Odo Klose Die Designansprüche baut Gira in den folgenden Jahrzehnten systematisch aus. 1970 beginnt die exklusive Zusammenarbeit mit dem Designer Prof. Odo Klose, der zunächst einen äußerst flachen Sensorschalter entwickelt, aus dem Mitte der 70er Jahre das Programm S-Komfort abgeleitet wird. Auch im Marketing geht das Unternehmen neue Wege: S-Komfort wird bewusst nicht als Messeneuheit gezeigt, sondern Großhändlern und Elektromeistern in einem umgebauten Präsentations-Bus persönlich vorgestellt. Und auch für die Verpackung entsteht ein neues, innovatives Konzept. In der „Abknackverpackung“ kann jedes Einzelteil bei Bedarf separat an einer perforierten Kante abgetrennt werden, alle anderen Teile sind dadurch besser und länger geschützt. Die variable Verpackung ermöglicht zudem ein damals einmaliges Angebot an den Großhandel: Mit einem speziellen Regaleinsatz hat das vollständige S-Komfort-Programm Platz auf nur einem Meter Regal. Die Serie wird so nicht nur bei Bauherren und Architekten zum Favoriten, sondern auch beim Großhandel. Die Architekten als Ansprechpartner werden für das Unternehmen immer wichtiger. Mit Beginn der 80er Jahre wünschen sie sich Schalter und Steckdosen, die zu den klaren Farben der Kunststoff-Türgriffe von Hewi passen. Prof. Klose entwirft daraufhin den Schalter S-Color (Bild Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 12 948 BRANCHE AKTUELL 100 Jahre Gira Vom Tumblerschalter zum intelligenten Haus Die 100-jährige Geschichte des Familienunternehmens Gira ist gleichzeitig ein Spiegelbild der Elektroinstallation im Wandel der Zeit. Dabei geht es nicht nur um kreative Technik, sondern auch um Experimentierfreudigkeit, Ideenreichtum und Design. 1966 vorgestellt: Der Flächenschalter EP-1205-945-950 18.11.2005 11:40 Uhr Seite 948 EP-1205-945-950 18.11.2005 11:40 Uhr Seite 949 ), der 1985 in zahlreichen Farben auf den Markt kommt. Er wird nicht nur ein großer Verkaufserfolg, sondern erhält mehrere Designpreise. Die Ausrichtung auf den Architekten ist aber nicht auf das Programm selbst beschränkt, sondern umfasst auch die entsprechenden Marketingaktivitäten und den gesamten Unternehmensauftritt. Der Kommunikationsdesigner Prof. Hans Günter Schmitz gibt Gira ein neues, klares Profil, das den hohen Designanspruch des Unternehmens widerspiegelt. 1994 wird mit dem neuen Vertriebs- und Schulungszentrum auch die Firmenarchitektur in das Konzept mit einbezogen. Ein Jahr darauf gibt es für den Gesamtauftritt den Ehrenpreis für Corporate Design und Design-Management des Designpreises Nordrhein-Westfalen. Weiterentwicklung zum Systemanbieter Das Programm S-Color ist aber auch in technischer Hinsicht wegweisend: Es bietet über 100 Funktionen der Elektrotechnik, darunter Dimmer, Jalousieschalter und später auch die Tastsensoren des neuen Instabus-Systems. Spätestens hier beginnt der jüngste Abschnitt in der Geschichte des Familienunternehmens: die Weiterentwicklung zum Systemanbieter der Gebäude-Installationstechnik. Als sich die führenden Unternehmen im Jahr 1990 zusammenschließen, um einen europäischen Instabus-Standard zu schaffen, ist Gira als Gründungsmitglied von Anfang an dabei. Dabei steht fest: Die leichte Bedienbarkeit der komplexen Gebäudetechnik würde ausschlaggebend für die Akzeptanz des EIB sein. Die Tastsensoren, die beim Instabus die normalen Schalter ersetzen, spielen für das Unternehmen eine entscheidende Rolle. Ihre Funktionalität wird stets weiterentwickelt, es wachsen ihnen immer neue und komplexere Funktionen zu, beispielsweise die Steuerung von ganzen Lichtszenen oder der Heizungsanlage. Mit den jüngsten Produktentwicklungen hat das Unternehmen die Herausforderung „Intelligentes Haus“ angenommen: Der Home Server, der Smart Sensor und das Smart Terminal tragen mit dazu bei, „dumme“ Gebäude deutlich intelligenter auszustatten, aber auch für die Menschen beherrschbar und leicht bedienbar zu machen. Die rasante Produktentwicklung führt 1998 zu einem großen Schritt, um Lieferung, Lagerung und Bestellung zu erleichtern. Das Unternehmen entwickelt deshalb zwei Design-Plattformen, in denen alle Technologien konsequent in die Gira-Schalterwelt integriert sind, und die zugleich die Typenvielfalt durch die gleichen Einsätze für mehrere Schalterprogramme erheblich reduziert. Für den Innenbereich entsteht so das System 55 mit den Programmen Standard 55, E2, Event und Esprit, für außen die Designlinie TX_44, die auch in Energiesäulen und Panels zum Einsatz kommt. Eine weitere technische Innovation ist die Integration von komplexen Funktionen in die 58er-Unterputzdose, wie beispielsweise beim Unterputz-Radio und jüngst beim Türkommunikations-System. Enge Beziehung zum Handwerk Doch nicht nur Qualität, Funktionalität und gutes Design zeichnen die 100-jährige Unternehmensgeschichte aus, sondern auch ein durchgängiges Marketing und eine enge Beziehung zum Handwerk. Seit jeher hat Gira konsequent den dreistufigen Vertriebsweg beschritten und mit dem Elektrohandwerk sowie Großhandel ein kooperatives Marketing mit zahlreichen Facetten praktiziert - beispielweise die Unterstützung bei eigenen Werbemaßnahmen, aber auch die Weiterbildung in Seminaren und anderen Veranstaltungen. Seit 1997 unterstützt das Unternehmen mit dem Club der Gira Aktiv Partner das Elektrohandwerk darin, sich selbst stärker als Marke zu positionieren und sich dadurch effizienter zu vermarkten. Energiepass und Energieeffizienz Der Energiepass wird ein „wesentlicher Marktstein für die Erhöhung der Energieeffizienz im Gebäudebereich“ sowie „ein wichtiger Maßstab für den Wert einer Immobilie“ sein, das sagte der neue Vorstandsvorsitzende des Fachverbandes für Energie-Marketing und -Anwendung (HEA) beim VDEW, Dieter H. H. Stolte auf der Pressekonferenz im Rahmen dieser Jahrestagung. Einer Potentialabschätzung des Fachverbandes nach, wurden 84 % des Gebäudebestandes in Deutschland vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung von 1984 errichtet. „In punkto Verbesserung der Energieeffizienz gibt es also großen Handlungsbedarf“, so Stolte weiter. Neben Maßnahmen im baulichen und anlagentechnischen Bereich, wurden die verstärkte Nutzung von Wärmepumpen, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und die verbrauchsnahe Bereitstellung von Warmwasser über Durchlauferhitzer als Möglichkeiten genannt, die Energieeffizenz zu verbessern. Austattungswerte im Alt- und Neubau Der Fachverband HEA stellte fest, dass die Qualität eines Gebäudes nicht allein durch den Energieverbrauch bestimmt wird und eine den heutigen Ansprüchen genügende Elektroinstallation ebenso wichtig ist, da diese in vielen Fällen überaltert und „entsprechend marode“ sei. So müsse beispielsweise in vielen Altbauten eine zu geringe Zahl von Stromkeisen eine immer größere Zahl von Hausgeräten mit Strom versorgen. Dies berge unter anderem die latente Gefahr eines Schwelbrandes durch Erwärmung der Leitungen. Auch im Neubau zeige sich vielfach ein ähnliches Bild - hier mangele es an Steckdosen, Lichtanschlüssen, Sicherheitselementen und Kabelsystemen für die Nutzung moderner Techniken wie beispielsweise Internet, Breitband oder LAN (Local Area Network). Information und Service durch Elektro+ Diese Situation veranlasste die HEA gemeinsam mit Unternehmen aus dem Installationsbereich die Initiative Elektro+ (siehe auch Messebericht in Heft 10/2005, S. 740) ins Leben zu rufen. Dieses mit dem Ziel, die Ausstattungswerte von Elektroanlagen in Wohngebäuden zu verbessern und - mit der Sternkennzeichnung nach RAL RG 678 - auch Laien leicht verständlich vorzugeben. Elektro+ soll insbesondere darstellen, welche Elektroinstallation notwendig ist, um gewünschte Elektrogeräte, Audio, Video oder PC nutzen zu können. Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 12 950 BRANCHE AKTUELL Mit Beginn der 80er Jahre wünschten sich die Architekten Schalter und Steckdosen, die zu den klaren Farben der Kunststoff-Türgriffe von Hewi passen Auf dem Weg zum „intelligenten Haus“: Der Smart Sensor Fotos: Gira HEA-Jahrestagung 2005 in Ulm Plus durch Energieeffizienz und Ausstattungswerte Der Energiepass wird ein wichtiges Kriterium zum Bestimmen des Wertes einer Immobilie und zur Erhöhung der Energieeffizienz im Gebäudebereich. Jedoch ist auch eine den heutigen Ansprüchen genügende Elektroinstallation entscheidend für die Qualität eines Gebäudes. Der neue Vorstandsvorsitzende des HEA-Fachverbandes, Dieter H. H. Stolte bei der Eröffnung der Jahrestagung EP-1205-945-950 18.11.2005 11:40 Uhr Seite 950

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