
Internationaler Frauentag
Wer erfand den Scheibenwischer?
Nicht die Herren Daimler oder Benz dachten an klare Sicht beim Fahren, sondern Mary Anderson. Zum Internationalen Frauentag erinnert ep an sechs Erfinderinnen und Technikerinnen – stellvertretend für alle Frauen, die sich in der Männerwelt der Ingenieure behaupten müssen.
Mary Anderson, 19. Februar 1866–27. Juni 1953, USA: Erfinderin des Scheibenwischers
Bauunternehmerin, Winzerin, Rancherin – Mary Anderson besaß viele Talente. Doch eine Erfindung machte sie berühmt. Als sie im Winter 1902 die Stadt New York besuchte und in die Straßenbahn stieg, bemerkte sie, dass der Fahrer mit offener Windschutzscheibe fuhr. Aufgrund des Eisregens hätte er durch die Scheibe keine klare Sicht gehabt.
Nach der Rückkehr in ihre Heimatstadt Birmingham (Alabama) skizzierte sie eine handbetriebene Anlage, die die Windschutzscheibe frei hielt. Ein lokales Unternehmen baute ein funktionstüchtiges Modell, und 1903 wurde ein 17-jähriges Patent für die Scheibenwaschanlage auf ihren Namen ausgestellt.
Andersons Gerät bestand aus einem in der Nähe des Lenkrads angebrachten Hebel, mit dem der Fahrer bei Bedarf auf der Windschutzscheibe einen gefederten Schwingarm mit einem Gummiblatt in Bewegung setzen konnte. Anschließend kehrte der Schwingarm wieder in die Ausgangsposition zurück.
Die erste Scheibenwaschanlage war erfunden.
In der Automobilindustrie wurde das grundlegende Design Andersons später als Vorlage für die Serienausstattung mit Scheibenwischern übernommen.
Josephine Cochran, 08. März 1839–03. August 1913, USA: Erfinderin des Geschirrspülers
Josephine Cochran war eine reiche Lady, die gern Partys gab. Zu ihrem und zum Leidwesen ihrer Angestellten sammelten sich bei den Feierlichkeiten Unmengen von schmutzigem Geschirr an, das bei der Reinigung oft zerbrach. Sie selbst wollte aber nicht abwaschen, weshalb sie sich mit einem Gerät für das Abwaschen befasste.
Das Ergebnis war ein Geschirrspüler, den sie mit dem Eisenbahnmechaniker George Buttler entwickelte und 1886 patentieren ließ.
1893 wurde Josephine Cochran auf der Weltausstellung in Chicago mit dem Preis für die beste mechanische Konstruktion, Haltbarkeit und Zweckentsprechung ausgezeichnet. Ihre Erfindung revolutionierte vor allem die Arbeitsabläufe in Gastronomie und Hotelgewerbe.
Marie Curie, 07. November 1867–04. Juli 1934, Polen/Frankreich: Entdeckerin der Radioaktivität
Marie Skłodowska Curie war eine der bedeutendsten Physikerinnen und Chemikerinnen. Die gebürtige Polin lebte und arbeitete in Frankreich. Curie untersuchte die – bis dato eher unbeachtete – 1896 von Henri Becquerel beobachtete Strahlung von Uranverbindungen für ihre Doktorarbeit in Paris und prägte dafür das Wort radioaktiv.
Im Ersten Weltkrieg setzte sich Curie für eine bessere Behandlung von verwundeten Soldaten in unmittelbarer Nähe der Front ein und entwickelte als Radiologin Röntgenwagen. Sie beteiligte sich an der Qualifizierung des notwendigen Personals und engagierte sich nach dem Krieg in der Internationalen Kommission für Geistige Zusammenarbeit des Völkerbundes für bessere Arbeitsbedingungen von Wissenschaftlern.
1903 erhielt sie für ihre Erforschung der Radioaktivität einen anteiligen Nobelpreis für Physik und 1911 den Nobelpreis für Chemie. Damit gehört Marie Curie als einzige Frau zu den vier bisherigen Mehrfach-Nobelpreisträgern.
Melitta Bentz, 31. Januar 1873–29. Juni 1950, Deutschland: Erfinderin des Kaffeefilters
Melitta Bentz war keine Technikerin. Trotzdem machte sie eine epochale Erfindung.
Als Mutter und Hausfrau suchte sie nach einer einfachen Methode, um den Kaffeesatz vom fertigen Kaffee zu trennen. Dazu bohrte sie mit Nägeln Löcher in den Boden einer Konservendose, legte über den Boden ein Löschblatt aus dem Schulheft ihres Sohnes, häufte darauf den Kaffee und goss Wasser in die Konservendose.
Simpel, aber genial. Die Technik stieß bei Freunden auf große Begeisterung.
1908 erhielt Melitta Bentz vom Kaiserlichen Patentamt einen Gebrauchsmusterschutz für ihren Rundfilter mit vorgefertigtem Filterpapier. Die enorme Verbreitung ihrer Erfindung führte dazu, dass der Name Melitta zeitweise als Synonym für Kaffeefilter verwendet wurde.
Die Melitta Unternehmensgruppe Bentz KG beschäftigt heute weltweit 3.300 Mitarbeiter und wird von Melitta Bentz’ Enkeln Thomas und Stephan geführt.
Cécile Butticaz, 02. Juli 1884–01. Juni 1966, Schweiz: Erste diplomierte Elektroingenieurin
Auch Cécile Butticaz war keine Forscherin oder Erfinderin. Sie stammte aus der Familie eines schweizerischen Fabrikdirektors. Butticaz studierte an der Universität in Genf und besuchte vier Jahre die Ingenieurschule in Lausanne.
1907 erlangte sie dort als erste Frau in Europa ihr Diplom als Elektroingenieurin. Ab 1909 leitete sie ein Ingenieurbüro und promovierte 1929 an der Universität Genf im Fach Physik.
Damit drang Cécile Butticaz in eine bis dato von Männern beherrschte Welt ein und machte anderen Frauen Mut, ein technisches Studium zu absolvieren.
Caroline Haslett, 17. August 1895–04. Januar 1957, Großbritannien: Elektroingenieurin
Caroline Haslett arbeitete nach ihrem Schulabschluss zunächst als Sekretärin in einer Maschinenbaufirma. Während des Ersten Weltkriegs ließ sie sich auf eigenen Wunsch in die Produktion versetzen. Mit dem dort erworbenen Wissen machte sie einen Abschluss als Ingenieurin und qualifizierte sich später zur Elektroingenieurin.
Sie setzte sich vor allem für Frauen in der Ingenieurswelt ein und gründete 1919 die Women's Engineering Society (WES), dessen erste Geschäftsführerin sie wurde. Mit der WES und der von ihr initiierten Zeitschrift „The Woman Engineer“ wollte sie die professionelle Ausbildung von Frauen in Ingenieurberufen fördern.
1924 gründete sie die Electrical Association for Women und blieb bis 1956 deren Direktorin. Über 90 Zweigstellen im ganzen Land und zehntausend Mitglieder machten ihre Arbeit zu einem großen Erfolg.
1930 traf sie Albert Einstein auf der Welt-Energie-Konferenz in Berlin. Ihr Besuch führte zur Gründung des Deutschen-Frauen-Ingenieurs-Vereins.
Als Haslett 1936 Henry Ford im Edison Museum in Tennessee Valley traf, stellte sie überrascht fest, dass der Gebrauch der Elektrizität in den USA weniger fortgeschritten war als in England und Europa zu jener Zeit. Caroline Haslett galt als große Unterstützerin der Entwicklung technischer Anwendungen der Elektrizität, u. a. zur Vereinfachung der Hausarbeit der Frauen.
Bilder:
Marie Curie: Tekniska museet, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Josephine Cochran, Mary Anderson, Melitta Bentz, Cécile Butticaz, Caroline Haslett: Lizenz CC0