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Aufteilung der siebenadrigen Leitung auf die drei Steckdosenkreise im Brüstungskanal (Quelle: F. Minar)
Installationstechnik | Kabel und Leitungen | Installationskanäle und -rohre

Aus dem Facharchiv: Elektropraxis

Ressourcen sparen beim Einsatz von Kabeln - Ein Beispiel zum sinnvollen Einsatz mehradriger Leitungen

14.05.2020

Um ein hohes Schutzziel zu erreichen, sollten Leitungsanlagen als Ganzes 
betrachtet werden, schließlich hängen die Brandlast und die Risiken Flamm-
ausbreitung und Wärmeentwicklung nicht nur vom Typ, sondern auch von der Anzahl der verlegten Leitungen ab. Darüber hinaus führt der gezielte Einsatz mehradriger Leitungen zu einer geringeren Umweltbelastung.

Eine Verringerung der Risiken Flammausbreitung und Wärmeentwicklung kann auch durch eine Reduzierung der verlegten Leitungen erreicht werden. Zusätzlich kann durch den verringerten Materialeinsatz (nicht nur der Kupferanteil, auch die Isolierung muss berücksichtigt werden) die Umweltbelastung verringert werden, indem der Ressourcen- und Energieverbrauch bei der Herstellung und damit der CO2-Ausstoß gesenkt wird. Oft werden mehrere verschiedene Wechselstromkreise an gleichen Orten benötigt, wie beispielsweise in Brüstungskanälen oder Steckdosencontainern bei der Büroinstallation. Wenn man diese Stromkreise sinnvoll zusammenfasst, wird für die Übertragung mehrerer Stromkreise nur eine Leitung benötigt und durch Einsparung von Mantel- und Aderisolationsmaterial zugleich die Brandlast verringert. Wichtig für das Zusammenfassen von Stromkreisen sind das Vorhandensein von Phasenleitern und Neutralleitern mit eindeutiger Kennzeichnung und Zuordnung zueinander je Wechselstromkreis und ein Schutzleiter, welcher unter Beachtung der DIN VDE 0100-540 [1] gemeinsam genutzt werden kann. Die Verwendungsmöglichkeiten und Einsparungspotentiale werden folgend am Beispiel eines aktuellen Projektes erläutert.

Universitätsklinikum Jena

Das Universitätsklinikum Jena (UKJ) errichtete eine zentrale Biobank im Laborzentrum am Standort Jena Lobeda. Die kompletten haustechnischen Planungsleistungen wurden von GESA aus Dresden übernommen. Die Lagerung der Proben erfolgt sowohl in Stickstofftanks als auch in Tiefkühlschränken mit einer Stromaufnahme von jeweils etwa 12 A. Für die Kühlschränke und die anderen technischen Anschlüsse wurden im ersten und zweiten Bauabschnitt je 42 Stück zusätzliche 230-V-Wechselstromkreise benötigt. Dafür musste die elektrische Leitungs- und auch die Verteileranlage umfangreich erweitert werden. Den Zuschlag für die Ausführung erhielt die regionale Elektrofirma Electronic Stadtroda. Sie hat für das Uniklinikum Jena schon zahlreiche Ertüchtigungen und Erweiterungen der elektrischen Anlagen erfolgreich vorgenommen und ist mit den Örtlichkeiten bestens vertraut.

Schwierige Leitungsverlegung

Die Zuleitungen sollten oberhalb der Brandschutzdecken auf vorhandene Kabeltrassen verlegt werden. Da in den Flurdecken aber auch alle anderen Medien, wie z. B. Stickstoff, Druckluft, Heizung, Sanitär sowie Kälte verlegt und auch die Lüftungsanlage untergebracht werden mussten, herrschten enge Platzverhältnisse vor. Ausgelastete Kabeltrassen, die keine Erweiterung zuließen, verschärften das Problem. Trotz Entflechtung der Kabeltrassenbelegung und der Entfernung nicht benötigter Leitungen konnten die neu zu verlegenden Zuleitungen zu den Kühlschränken nicht untergebracht werden.

Lösungsansatz

Gemeinsam wurde seitens des Auftraggebers, des Planungsbüros und der ausführenden Firma entschieden, die schon länger auf dem Markt befindliche siebenadrige Kunststoffmantelleitung NYM-J 7x2,5 mm2 (Neupha/Z) mit den drei blauen Neutralleitern und drei braunen Phasenleitern (jeweils mit Ziffern 1 bis 3 ausgezeichnet) sowie dem grün/gelben Schutzleiter einzusetzen. Diese Leitung ist mittlerweile enstprechend der Bauproduktenverordnung (EU) Nr. 305/2011 nach EN 50575 geprüft und für die Klasse Eca zertifiziert [2], eine entsprechende Leistungserklärung liegt beim Hersteller vor. Damit kann sie für die meisten normalen Anwendungsfälle frei verwendet werden sowie eingehaust oder abgeschottet auch bei höheren Sicherheitsanforderungen. Mit dieser einen Leitung ist eine unabhängige Übertragung von drei Wechselstromkreisen möglich. Jedem braunen Phasenleiter mit Ziffer 1 bis 3 ist ein blauer Neutralleiter, ebenfalls mit Ziffer 1 bis 3, zugeordnet, sodass alle Stromkreise identifizierbar sind und voneinander unterschieden werden können. Der eine Schutzleiter kann nach DIN VDE 0100-540 [1] gemeinsam verwendet werden. Auf die technischen Details wurde hier im Elektropraktiker bereits mehrfach, so in den Ausgaben 2001/09, 2013/05 und 2014/12, ausführlich eingegangen. Die siebenadrigen Leitungen enden im Brüstungskanal in Verteilerdosen, in welchen diese auf drei kurze Leitungen NYM-J 3x2,5 mm2 zu den Steckdosen aufgeteilt sind. Aufgrund der sehr kurzen Leitungslängen wäre sogar ein Querschnitt von 1,5 mm2 ausreichend. Damit wurde die Nachrüstung der notwendigen Kabel mit minimalem Aufwand ermöglicht und durch Einsparung von Ressourcen eine umweltfreundliche Installation ermöglicht. Die wesentlichen Vorteile (siehe auch die Bild) stellen sich wie folgt dar:
  • Reduzierung des Verlegeaufwandes und des Platzbedarfes auf Kabeltrassen;
  • Schaffung einer übersichtlicheren Installation durch die Reduzierung der Leitungen;
  • Verkleinerungen von Durchbrüchen und Brandschutzdurchführungen;
  • Ressourceneinsparung und Brandlastreduzierung durch PVC-Einsparung von etwa 50 % (da nur ein Kunststoffmantel für drei Stromkreise benötigt wird)
  • Ressourceneinsparung durch Reduzierung der Aderleitungen auf 78 % (da 2 PE-Aderleitungen eingespart werden
Autor: F. Minar Literatur: [1] DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540):2012-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-54: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Erdungsanlagen und Schutzleiter. [2] DIN EN 50575 (VDE 0482-575):2017-02 Starkstromkabel und -leitungen, Steuer- und Kommunikationskabel – Kabel und Leitungen für allgemeine Anwendungen in Bauwerken in Bezug auf die Anforderungen an das Brandverhalten.
Die Klasseneinteilung erfolgt nach DIN EN 13501-6:2014: Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 6: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von elektrischen Kabeln. Siehe dazu auch: Winterfeldt, S.; Kastler, W.: Änderungen bei der Auswahl von Kabeln und Leitungen. Elektropraktiker, Berlin 71 (2017) 6, S. 472f.

Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.