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(Symbolfoto: Eisenhans/stock.adobe.com)
Sicherheitstechnik | Alarm- und Signalgeber | Brand- und Explosionsschutz

Aus dem Facharchiv: Leseranfrage

Rauchwarnmelderpflicht in den Bundesländern

01.10.2019

Wo Rauchwarnmelder installiert werden müssen, hängt insbesondere vom Ort bzw. dem Raum ab. An welchen Orten ist dies in Berlin verpflichtend?

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Frage: Für welche Räume des normalen Wohnungsbaus besteht in Berlin eine Verpflichtung für den Einbau von Rauchwarnmeldern? Antwort: Im ersten Moment eine simple Frage, die aber lediglich mit der einfachen Aufzählung von Räumen nicht zu beantworten ist. Nach dem „Dritten Gesetz zur Änderung der BauO für Berlin“ sind Rauchwarnmelder (RWM) nun auch in Berlin Pflicht; verankert in: BauO Bln § 48 Wohnungen [1], Absatz (4) „In Wohnungen müssen

  1. Aufenthaltsräume, ausgenommen Küchen, und
  2. Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben.“

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es auch hier keinen mit anderen Bundesländern vergleichbaren Text. Die Einbaupflicht begann 2017 und die Nachrüstung im Bestand muss erst am 31.12.2020 abgeschlossen sein, und das, obwohl das Thema RWM eigentlich bereits ein alter Hut sein sollte. Schauen wir uns den § 48 einmal näher an und was er aussagt oder besser nicht aussagt. Unter 1. sind Aufenthaltsräume, mit Ausnahme von Küchen aufgeführt. Was sind Aufenthaltsräume? Zuerst ist dabei zu definieren, was diese Aufenthaltsräume sein sollen. Klassischer Weise sind darunter zu verstehen Schlafzimmer, Kinderzimmer und Wohnzimmer, da es sich hier um die Räume handelt, die Teil des sogenannten Lebensmittelpunktes sind und regelmäßig, also nicht nur gelegentlich genutzt werden. Das zeigt bereits, wie dehnbar dieser Begriff ist. Die Person, die gelegentlich einen ungenutzten Raum zu einem Bügelzimmer umfunktioniert, steht dabei nicht in einem zu ihrem Lebensmittelpunkt gehörenden Aufenthaltsraum. Bearbeitet sie dagegen regelmäßig die Bügelwäsche ihrer ganzen Nachbarschaft, tendiert dieser Raum ggf. zu einem Aufenthaltsraum, in dem sich diese Person öfter und lang anhaltender aufhält. In beiden Fällen können sich Frau oder Mann intensiv mit ihrer Arbeit beschäftigen, ohne zu merken, dass hinter dem Rücken die Steckdose kokelt, der Geruch von einer gleichzeitig gerauchten Zigarette überdeckt. Gleiche Betrachtungen sind anzustellen für das Homeoffice. Auch hier muss die Frage stets lauten: Wer hält sich wie lange und wie oft in diesen Räumlichkeiten auf? Und vor allen Dingen darf niemals außer Acht gelassen werden, welche Gefahrenquellen vorhanden sind, die auch bei nicht dauernder Anwesenheit einer Person zu einer Gefahr werden können. Der Router und die Telefonanlage sind permanent in Betrieb. Der Rechner ist durchgängig eingeschaltet, damit permanent E-Mails zu empfangen sind. Und so weiter. Nur so wie der Status heute ist, muss er nicht auch morgen noch sein. Ein Drucker-Kombi-Gerät kommt hinzu, damit Faxe empfangen werden können. In dem vorgenannten Bügelzimmer stehen morgen eine Bügelmaschine, ein Wäschetrockner und weitere Geräte, die zur potentiellen Brandgefahr werden können. Wie in der gesamten Sicherheitstechnik muss auch hier jedes Haus/jede Wohnung individuell betrachtet werden, und zwar prinzipiell täglich neu, denn welches Wohnobjekt ist so statisch, dass nach der Einrichtung keine Veränderungen mehr zu erwarten sind? Ausnahme Küche. In einem Atemzug werden im Gesetz Küchen ausgenommen. Das spart Kosten bei der Anschaffung, widerspricht aber allem, was in der professionellen Brandmeldetechnik gängige Praxis ist. Der Bereich mit den größten und meisten potentiellen Brandquellen wird dort am intensivsten abgesichert. Nachdem die Unterhaltungselektronik in den Wohnbereichen in den vergangenen Jahren deutlich niedrigere Verbrauchswerte aufzuweisen hat, ist die Küche das auf Brände bezogene „Pulverfass“ beinahe jeder Wohnung. Und das darf, mit dem offiziellen Segen des Gesetzgebers, einfach außer Acht gelassen werden!? Schauen wir uns einmal eine durchschnittliche Küche an und vergegenwärtigen uns die entsprechenden Anschlusswerte. Da sind dann Herd, Backofen, Kühl-Gefrier-Kombi, Mikrowelle(n), Fritteuse, ggf. Waschmaschine und Trockner, diverse elektrische Küchengeräte, Durchlauferhitzer, Dunstabzugshaube (permanenter Fettsammler) usw. Und das darf, es ist ja gesetzlich legal, außer Acht gelassen werden! Setzen wir noch einen oben drauf. Neben den bisherigen programmierbaren Küchengeräten, die „von alleine“ funktionieren, gibt es ja auch noch Smart-Home. Während die Familie im Wohnzimmer unter dem hoffentlich vorhandenen RWM sich entspannt, startet die Küche ihr Eigenleben oder das Smartphone erspart den Gang in die Küche. Was soll‘s, dass noch ein Handtuch auf der Herdplatte liegt oder der Topf, der angeheizt wird, noch leer ist. Das darf man ignorieren, denn es ist ja legal. Die eigenen sehr positiven Erfahrungen mit RWM in zwei Küchen über einen Zeitraum von rund zehn Jahren haben gezeigt, wenn er tatsächlich auslösen soll, funktioniert er, ansonsten meldet er sich auch nicht unmotiviert. Es ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, wer die Geschichte mit den ständigen Fehlalarmen in Küchen in die Welt gesetzt hat. Zwei Situationen sind aber doch unzweifelhaft jedem geläufig:

  • In einer Standardküche ist i. d. R. eine Dunstabzugshaube zu finden, die Kochschwaden nach außen leitet oder so fein verteilt, dass sie nicht erst am RWM ankommen.
  • Wenn das nicht hilft, gibt es noch die natürliche Lüftung durch das Öffnen des Fensters, was künftig sogar vermehrt durch Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung etc. ersetzt wird. Und wenn nicht, sehe man sich einmal die aktuellen Küchenentwicklungen an, die Rauchschwaden so absaugen, dass über dem Herd keine Abzugshaube mehr hängen muss.

Und wenn alles nichts hilft, um die Angst vor einem Falschalarm zu beseitigen, nimmt man halt ein Gerät, das während der „heißen Phase“ vorübergehend abgeschaltet werden kann und sich anschließend automatisch wieder zuschaltet. Allgemeine Räume. Kommen wir wieder zurück auf die allgemeinen Räume. Was in meiner Wohnung in NRW aus den 60er Jahren zu finden ist, dürfte in Berlin in gleicher Weise anzutreffen sein. Es geht um innen liegende Gäste-WCs, die übereinander liegend und gemeinsam über das Dach natürlich entlüftet werden. Wenn in meiner Wohnung im EG der Föhn kokelt oder ein Gast sich mal eben eine Zigarette genehmigt hat und diese auf dem Toilettenpapier liegen lässt, ist sichergestellt, dass alle darüber liegenden Wohnungen in kürzester Zeit ebenfalls mit Rauch versehen werden. Im Gesetz steht kein WC und selbst nach Norm gibt es offensichtlich keine Gefährdung. Mit dem § 48 (4) 2 [1] geht es weiter. Hier sind Flure genannt, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen. Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, wie variabel allein der Begriff Aufenthaltsräume sein kann. Hinzu kommt noch ein weiterer Punkt bei dem Thema Definition: Ein Gesetz, das auch für den einfachen Bürger sein sollte, hält sich nicht an allgemeine Sprachkonventionen. Wer bei einem Brand das Haus/die Wohnung „fluchtartig“ verlässt, den interessiert ausnahmslos der „Fluchtweg“. Rettungskräfte erwartet man folglich in umgekehrter Richtung auf dem Rettungsweg. Beide müssen aber nicht identisch sein. Wohin also den RWM montieren? I.d.R. ist in Satz 2. [1] gemeint, beispielsweise jeder vollständige Weg, der von dem hintersten Schlafraum zur Wohnungs- bzw. zur Haustür in den gesicherten Bereich führt bzw. vergleichbare Wege. So weit, so gut. In einem in der Vergangenheit selbst bewohnten Haus hätte, je nach aktuellem Aufenthalt innerhalb des Hauses, niemand von uns diesen Weg gewählt, sondern den effektivsten z. B. über eine Dachterrasse in den sicheren Garten oder sogar über den Keller in den Garten. Auch dieses zeigt, dass RWM nach Gesetz oder nach einer Norm montiert werden können oder, was doch der bessere Weg wäre, unter Berücksichtigung aller dazugehörigen individuellen Umstände und vor allem auch Lebensgewohnheiten. Letztendlich ist jeder gefordert, selber zu entscheiden, was der möglichst beste und für die zu schützenden Personen sicherste Weg sein könnte. Und wenn in meiner Wohnung (NRW) Anfang des Jahres die von der Wohnungsgesellschaft eingesetzte „Fachkraft für RWM“ im Auftrag des Vermieters einfach mal entscheidet, der Flur, der als notwendig zu gelten hat, um z. B. aus den beiden Kinderzimmern flüchten zu können, müsse nicht abgesichert werden, weil er „durch die benachbarten Räume ja mit abgesichert werde“, was soll man dazu noch sagen. Das funktioniert anscheinend auch durch geschlossene Türen hindurch? Ich habe hier meinen eigenen RWM, und zwar nicht, weil das in einem Gesetz oder einer Norm steht, sondern, weil ich entschieden habe, dieser Flur ist nicht frei von (Brand-)Gefahrenquellen. Autor: A. Kraheck


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