Elektrotechnik
Zusätzliche Aufträge durch Contracting
ep2/2006, 5 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 2 120 FÜR DIE PRAXIS Energieeinsparung Einführung Auch wenn das Zitat schon reichlich strapaziert wurde - hier noch einmal die Definition von Contracting, wie James Watt sie bereits im 19. Jahrhundert formuliert hat: „Wir werden Ihnen kostenlos eine Dampfmaschine überlassen; wir werden diese installieren und für fünf Jahre den Kundendienst übernehmen; wir garantieren Ihnen, dass die Kohle für die Maschine weniger kostet als Sie gegenwärtig an Futter für die Pferde aufwenden müssen. Alles was wir von Ihnen verlangen ist, dass Sie uns ein Drittel des Geldes geben, das Sie sparen.“ Contracting liegt im Trend. Vorbildgebend hatte sich die Bundesregierung im Rahmen des nationalen Klimaschutzprogramms verpflichtet, die CO2-Emissionen der bundeseigenen Anlagen und Gebäude bis zum Jahre 2010 um 30 % zu reduzieren, um so die Zielsetzungen des Kyoto-Protokolls zu erfüllen. Da der Bund aber aufgrund der angespannten Haushaltslage immer seltener eigene Mittel für die notwendigen Sanierungen und Modernisierungen bereitstellen konnte, musste er sich nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Er brachte deshalb im Jahr 2002 das Projekt „Energieeffizienz-Contracting in den Liegenschaften des Bundes“ auf den Weg mit dem Ziel, die geplanten Energiesparmaßnahmen sowie alle damit verbundenen finanziellen und organisatorischen Kosten jeweils von einem auf Contracting-Verfahren spezialisierten Unternehmen erbringen zu lassen. Dieser Contractor genannte Vertragspartner plant, finanziert und realisiert das gesamte Vorhaben und übernimmt anschließend für einen zuvor festgelegten Vertragszeitraum sowohl die Betriebsführung als auch die Instandhaltung und laufende Optimierung der neuen Energie sparenden Anlagen. Die Refinanzierung der Investitionen erfolgt in der Regel über vertraglich festgelegte Entgelte für Energielieferungen oder durch eine Beteiligung an den eingesparten Energiekosten, je nach Contracting-Modell. Wie von der Politik erhofft, veranlassten die offensichtlichen Vorteile dieser Finanzierungsmodelle zunehmend auch kommunale und private Immobilieneigentümer und Unternehmen, Energieeinsparungen über Contracting-Dienstleistungen zu realisieren. Obwohl Contracting im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung hohe Investitionen erforderlich macht und somit dem ausführenden Fachhandwerk steigende Umsätze bescheren könnte, herrscht dort immer noch weitgehend Zurückhaltung, möglicherweise wegen eines mangelnden Verständnisses für die ablaufenden Prozeduren bei der Ausschreibung und der Vertragsgestaltung. In diesem Beitrag werden zunächst die gängigsten Contracting-Modelle vorgestellt. Es folgen Erläuterungen zu den einzelnen Stadien, die ein typisches Energieeinspar-Contracting-Verfahren durchläuft, von der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen über den Abschluss eines Erfolgsgarantievertrags bis zur Hauptleistungsphase. Die sich anschließende Beschreibung realisierter Projekte dokumentiert die erzielten Erfolge, von denen beide Vertragspartner profitieren. Ein weiteres Kapitel zeigt, dass das Energieliefer-Contracting auch dem Fachhandwerk zusätzlichen Umsatz bringen kann, da viele kommunale Energieversorgungsunternehmen in dieses Geschäft einsteigen und die erforderlichen Investionen an Elektro- und Heizungsinstalleure vergeben. Hinweise auf Informationsmöglichkeiten und einige Literaturvorschläge beschließen den Beitrag. Contracting-Modelle Contracting bedeutet nach DIN 8930-5 die Übertragung von Aufgaben der Energiebereitstellung und Energielieferung auf ein darauf spezialisiertes Unternehmen (Contractor). Gleichzeitig unterscheidet die Norm aus dem Jahre 2003 vier Varianten dieser Dienstleistung, von denen das Energieliefer-Contracting und das Energieeinspar-Contracting die wichtigsten sind. Das Finanzierungs-Contracting und das Technische Anlagenmanagement (Betriebsführungs-Contracting) haben bisher nur einen relativ geringen Marktanteil erringen können. Das Energieliefer-Contracting (Bild ), auch als Anlagen-Contracting bekannt, eignet sich vor allem für Gebäude mit veralteten Heizungs- und Elektroversorgungsanlagen. In diesem Contracting-Modell übernimmt ein spezialisiertes Unternehmen als Contractor alle Aufgaben, die bei der Energieversorgung einer Liegenschaft anfallen. Das Leistungspaket umfasst sowohl die Planung und Finanzierung als auch den Bau und Betrieb aller Regelungs-und Erzeugungsanlagen. Bezahlt werden die Aufwendungen des Contractors über eine vertraglich festgelegte Vergütung der gelieferten thermischen und elektrischen Energie. Hinzu kommt in der Regel ein Entgelt für die Bereitstellung der Anlage. Das entscheidende Kriterium eines Energieliefer-Contractings ist die vertragliche Gestaltung der Energiepreise. Beim Energieeinspar-Contracting (Bild ), auch Performance-Contracting genannt, verpflichtet sich der Contractor, eine vertraglich festgelegte Menge Energie einzusparen. Zu diesem Zweck optimiert er die vorhandene Steuerungs- und Regelungstechnik oder ersetzt sie durch eine neue. Außerdem muss er für die Dauer des Vertrags die störungsfreie Funktion der installierten Anlagen garantieren, alle anfallenden Instandhaltungskosten tragen und nicht zuletzt dem Auftraggeber einen eventuellen Fehlbetrag bei der zugesagten Energieeinsparung erstatten. Das bedeutet: Der Contractor trägt das volle unternehmerische Risiko. Wesentliche Bestandteile des Zusätzliche Aufträge durch Contracting Contracting ist eine vertraglich vereinbarte Dienstleistung zwischen einem Gebäude- oder Anlageneigentümer und einem spezialisierten Unternehmen. Dieses führt beim Auftraggeber auf eigenes Risiko Energiesparmaßnahmen durch oder errichtet Versorgungsanlagen und lässt sich seine Aufwendungen durch Beteiligung an den eingesparten Energiekosten vergüten. Handwerker werden aufgrund des hohen Finanzbedarfs selten in der Lage sein, Contracting selbst anzubieten. Es gibt aber die Möglichkeit, mit Contracting-Anbietern zu kooperieren und sich so zusätzliche Aufträge zu sichern. Modell Energieliefer-Contracting EP-0206-120-124 20.01.2006 8:45 Uhr Seite 120 Vertrags sind daher aus seiner Sicht korrekte Angaben zum bisherigen Energieverbrauch und die Quote, mit der er finanziell an der Energieeinsparung beteiligt wird. Eine Sonderform ist das Energieeinspar-Contracting mit zusätzlichen Wärmeschutzmaßnahmen, die in der Regel erheblich höhere Investitionen erfordern. Neben der Grundvergütung leistet der Auftraggeber in einem solchen Fall einen zusätzlichen Finanzierungsbeitrag über ein Ratenzahlungs- oder Baukostenzuschussmodell. Vorteile für Auftraggeber und Auftragnehmer Jede Contracting-Variante ist gewissermaßen ein „All-Winner-Modell“: Beide Vertragspartner profitieren. Vorteile für den privaten oder öffentlichen Contracting-Nehmer: · Durch die externe Finanzierung wird kein eigenes Kapital gebunden; die Liquiditätsspielräume bleiben für wichtigere Vorhaben erhalten. · Mit der Gesamtdienstleistung reduziert sich die Zahl der Schnittstellen und Ansprechpartner für den Contracting-Nehmer erheblich. Planung, Finanzierung, Errichtung, Bedienung und Instandhaltung der energietechnischen Anlagen liegen in einer Hand. Vorteile für die Wirtschaft: · Durch Contracting werden nicht selten Investitionen ausgelöst, die ansonsten wegen knapper Haushaltsmittel nicht getätigt worden wären. · In Zeiten stagnierenden Wirtschaftswachstums gehören Energiedienstleistungsunternehmen wie Contractoren zu den wenigen Branchenzweigen, die eine anhaltend positive Auftragslage verzeichnen können. Hier werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Vorteile für die Umwelt: · Durch den Einsatz moderner, energieeffizienter Anlagentechnik wird nicht zuletzt auch die Umwelt entlastet. Nicht ohne Grund hat die Bundesregierung Contracting als ein wichtiges Instrument im nationalen Klimaschutzprogramm verankert. Verfahrensablauf bei einem Energieeinspar-Contracting Die Vorgehensweise beim Energieeinspar-Contracting (Bild ) ist im „Bundesleitfaden Energieeinspar-Contracting“ beschrieben, den die Deutsche Energie Agentur (dena) herausgegeben hat. Neben ausführlichen Verfahrenshinweisen enthält der Leitfaden sämtliche für eine Ausschreibung erforderlichen Vergabe- und Ausschreibungstexte sowie einen Mustervertrag. Auch wenn er in erster Linie für die Anwendung im Bereich der Bundesliegenschaften gedacht war, kann er auch kommunalen und privaten Immobilieneigentümern und Unternehmen sowie nicht zuletzt dem interessierten Elektrohandwerker als grundlegende Orientierungshilfe dienen - in einem Verfahren, das von der Ausschreibung bis zur Hauptleistungsphase doch recht umfangreich ist. 4.1 Das Ausschreibungsverfahren Das Contracting-Verfahren beginnt im Normalfall damit, dass der Bauherr oder sein Vertreter eine Bestandsaufnahme macht, um dem Bieter in den Ausschreibungsunterlagen ein zuverlässiges Bild über die vorhandene technische Ausrüstung sowie die Nutzung und den Zustand des Gebäudes vermitteln zu können. Unverzichtbar sind außerdem exakte Angaben zu den Energiekosten im Basisjahr („Baseline der Energiekosten“), die als Bezugswerte für die zu erzielende Energiekosteneinsparung dienen und für den Contractor grundlegende Bedeutung haben. Die „Baseline der Energiekosten“ ist also mit größter Sorgfalt zu ermitteln. Als Basisjahr ist in der Regel das der Ausschreibung vorangehende Kalenderjahr anzusehen. Zusätzlich sollte ein Abgleich mit dem Energieverbrauch der zwei vorangegangenen Jahre erfolgen. Die Bestandsaufnahme liefert also fundamentale Merkmale, die in den späteren Vertrag einfließen. Sie spielen zudem bei einer eventuellen Neuberechnung der Vergütung eine wesentliche Rolle, sollte es während der Vertragslaufzeit zu erheblichen Änderungen, insbesondere Nutzungsänderungen, kommen. Danach beginnt das Ausschreibungsverfahren. Zunächst fordert der Bauherr oder sein Vertreter in einem öffentlichen Verfahren dazu auf, sich für die Ausführung des Contracting-Projekts zu bewerben. Aus den eingehenden Bewerbungen wählt er die Bieter aus, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit geeignet scheinen, und fordert sie auf, verbindlich Maßnahmen zur Energiekosteneinsparung vorzuschlagen, das damit erschließbare Einsparpotential zu ermitteln und den Preis für die erforderlichen Investitionen zu nennen. Im Rahmen dieser Angebotserstellung (Grobanalyse) obliegt es den Bietern, die in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Daten nochmals auf Richtigkeit zu überprüfen und sich hierzu notwendige Informationen durch Begehung der Liegenschaft beziehungsweise des Gebäudes zu beschaffen. 4.2 Angebotsbewertung und Vertragsabschluss Im nächsten Schritt konkretisiert der Bauherr oder sein Vertreter in Verhandlungen die eingegangenen Angebote und vergleicht sie mithilfe einer Nutzwertanalyse hinsichtlich monetärer und nichtmonetärer Kriterien. Die günstigste Offerte wird dann in einem weiteren Vergleich einer möglichen Eigenbesorgung gegenübergestellt. Ist die Eigenbesorgung vorteilhafter als die Contracting-Variante, kann der Bauherr das Ausschreibungsverfahren aufheben und die Umsetzung der Energieeinsparmaßnahmen in eigener Regie durchführen. Zeigt sich aber das Contracting als die bessere Lösung, wird das Verfahren fortgeführt und mit dem Bestbietenden ein Erfolgsgarantievertrag abgeschlossen. Dieser „Contract“ regelt die Höhe der Energiekosteneinsparung, die der Contractor zu gewährleisten hat, die Höhe der Beteiligung des Auftraggebers an der garantierten Einsparung und die Höhe der garantierten Investitionen. Zusätzlich werden die „Baseline der Energiekosten“ und die Referenzenergiepreise festgeschrieben. 4.3 Feinanalyse Der Contractor ist verpflichtet, nach Abschluss des Erfolgsgarantievertrags eine Feinanalyse durchzuführen. Sie dient dazu festzustellen, ob sich die in der Grobanalyse prognostizierte Energiesparung auch tatsächlich realisieren lässt. Der Analysebericht muss mindestens folgende Punkte enthalten: Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 2 121 Energieeinsparung FÜR DIE PRAXIS Modell Energiespar-Contracting EP-0206-120-124 20.01.2006 8:45 Uhr Seite 121 · Ausführliche Beschreibung der zur Umsetzung vorgesehenen Maßnahmen · Höhe der geplanten Investitionen in technische Anlagen, Geräte, Sachen und Systeme · Planungsunterlagen für alle vorgesehenen Maßnahmen · Höhe der Verbrauchs- und Kosteneinsparung, differenziert nach den vorgesehenen Maßnahmen Wenn die Feinanalyse zu anderen Ergebnisses kommt als die Grobanalyse, kann der Auftraggeber das Projekt abbrechen. Bestätigt die Feinanalyse jedoch die Ergebnisse der Grobanalyse im Wesentlichen, kann der Bauherr dem Bieter den Auftrag zur Durchführung der geplanten Maßnahmen erteilen. In beiden Fälle hat der Bieter beziehungsweise der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Vergütung der bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten. Der Bauherr hat aber auch jetzt noch die Möglichkeit, das Verfahren abzubrechen. Dann jedoch muss er dem Bieter die Projektierungskosten der Feinanalyse ersetzen. 4.4 Vorbereitungsphase In der Vorbereitungsphase realisiert der Contractor die in der Feinanalyse spezifizierten Energiesparmaßnahmen und die dazu erforderlichen Investitionen. Dabei liegt es in seinem Ermessen, auch andere oder zusätzliche Energiesparmaßnahmen durchzuführen und insoweit von seinen Vorschlägen im Rahmen der Grob- bzw. Feinanalyse abzuweichen, wenn diese in Zielsetzung, Nachhaltigkeit und Qualität gleichwertig sind. Nach Fertigstellung der Bauleistung erfolgt eine förmliche Abnahme. 4.5 Hauptleistungsphase Die Hauptleistungsphase beginnt nach dem Ende der Vorbereitungsphase und endet mit der Laufzeit des Erfolgsgarantievertrags. Während dieser Zeit haftet der Contractor für die vertraglich garantierten Energiekosteneinsparungen. Am Ende eines Vertragsjahr vergleicht er die „Baseline der Energiekosten“ mit den tatsächlich angefallenen Energiekosten. In der Regel resultiert aus diesem Vergleich eine Einsparung, dessen Wert der Contractor dann dem Auftraggeber als Gegenleistung für seine Investitionen und sonstige Aufwendungen in Rechnung stellt. Verfehlt er aber die garantierte Einsparung, steht dem Auftraggeber ein Minderungsanspruch für den betreffenden Zeitraum zu. Er ist dann verpflichtet, dem Auftraggeber den ermittelten negativen Saldo als Entschädigung für das Verfehlen des Garantieversprechens zu bezahlen. Die dritte Möglichkeit wäre, dass die garantierte Energiekosteneinsparung übertroffen wird: In diesem Fall wird der Contractor an der zusätzlichen Einsparung beteiligt. Beispiele Viele Bundesländer betreiben Energieagenturen und Beratungsstellen, die neben privaten Kunden auch die Verwaltungen öffentlicher Einrichtungen hinsichtlich möglicher Energieeinsparung beraten und Contracting-Verfahren begleiten. Zwei Beispiele aus der Arbeit der Energieagentur NRW sollen unterschiedliche Möglichkeiten aufzeigen: 5.1 Kombination von Energieliefer-und Energieeinspar-Contracting Im Jahr 1999 hat die Stadt Bergisch Gladbach (108000 Einwohner, Kreisstadt des Rheinisch-Bergischen Kreises) über den Fachbereich Umwelt und Technik Contracting-Leistungen für mehrere städtische Gebäude zur Ausschreibung gebracht. Der besondere konzeptionelle Ansatz bestand in einer Kombination aus Energieliefer- und Energieeinspar-Contracting. Die Ausschreibung beinhaltete Sanierungs- und Optimierungsvorhaben an unterschiedlichen versorgungstechnischen Anlagen im Rathaus Bensberg, in insgesamt sieben Schulen und zwei Turnhallen. Die beheizbare Bruttogrundfläche des betrachteten Gebäudepools beträgt nahezu 42000 m2, der durchschnittliche Heizenergieverbrauchskennwert der Jahre 1996 bis 1998 lag witterungsbereinigt bei 164 kWh/m2 und Jahr, einem nicht untypischen Wert für Gebäudearten dieses Alters. Die ausgeschriebenen Leistungspakete beinhalteten Maßnahmen aus den Bereichen der Wärmeerzeugung und -verteilung, der MSR-und Fernüberwachungstechnik sowie zu durchgreifenden Verbesserungen an den raumlufttechnischen Anlagen. Als Ergebnis des Angebotsverfahrens wurde die Bietergemeinschaft aus BELKAW (Bergische Licht-, Kraft- und Wasserwerke, Bergisch Gladbach) und Syntas Energie Management Gmb H (heute: LGM Energie Gmb H) im Jahr 2000 mit der Durchführung einer weitergehenden Feinanalyse beauftragt. Resultat: In die erforderlichen neuen Anlagen wie Heizkessel und Abgaseinrichtungen mussten rund 250000 Euro investiert werden; das Investitionsvolumen für zusätzliche Optimierungsmaßnahmen betrug etwa 185000 Euro. Die im Rahmen der Feinanalyse ermittelten Einsparpotentiale hinsichtlich Brennstoffen, Strom und Wasser beliefen sich auf etwa 40000 Euro oder rund 15 % der bisherigen Referenzverbrauchskosten. FÜR DIE PRAXIS Energieeinsparung Verfahrensablauf Energiespar-Contacting EP-0206-120-124 20.01.2006 8:45 Uhr Seite 122 Nach Vertragsabschluss zwischen der Stadt Bergisch Gladbach und BELKAW/LGM Energie und Umsetzung der technischen Vorhaben bis Oktober 2001 konnten nach Ablauf des ersten Betriebsjahres die ersten belastbaren Ergebnisse vorzeigt werden: · Die tatsächlichen Energiekosteneinsparungen im Bereich des Energie- und Medienbezugs lagen mit rund 20 % über den prognostizierten Einsparungen, sodass die zusätzlichen Einsparungen nach einem partnerschaftlich vereinbarten Schlüssel aufgeteilt werden konnten. · Neben Kosten- und Energieeinsparungen werden durch die umgesetzten technischen Lösungen auch Schadstoffemissionen gesenkt. Auf Basis der projektierten Daten war eine CO2-Einsparung von etwa 20 % zu erwarten, die im ersten Jahr aufgrund der erhöhten Einsparungen ebenfalls etwas höher ausfielen. Absolut konnten im ersten Vertragsjahr rund 467 t CO2 - das entspricht einem jährlichen CO2-Ausstoß von etwa 130 Einfamilienhäusern - reduziert werden. 5.2 Beleuchtungscontracting und Energiemanagement Seit 1996 betreibt die Stadt Wiehl ein EDV-unterstütztes Energiemanagement. Nach verwaltungsinternen Vorarbeiten konnte im Jahr 2000 erstmals ein öffentlicher Energiebericht für die kommunalen Liegenschaften vorgelegt werden. Als ein Ergebnis einer Energiekostenanalyse zeigte sich unter anderem, dass die Beleuchtungsanlagen mit Abstand die größten Stromverbraucher im Wiehler Schulzentrum Bielstein waren. Aus dieser Erkenntnis resultierte der Wunsch nach einer umfassenden Sanierung, die dann in einem Contracting-Verfahren mit dem örtlichen Energieversorgungsunternehmen umgesetzt wurde. Der Stromverbrauch für die Beleuchtung in Sporthalle und Klassenräumen konnte durch den Einsatz neuer Beleuchtungsanlagen um 70 % reduziert werden. Allein in der Sporthalle wurde eine Stromeinsparung von rund 35 % erzielt, obwohl diese im Verbund mit einem Schwimmbad steht. Über die nun geringer ausfallende Stromrechnung wird ein wesentlicher Teil der Kosten für die Modernisierung der Beleuchtungsanlage refinanziert. Contractor ist die Stromversorgung Aggertal Gmb H aus Gummersbach. Im Rahmen des Beleuchtungs-Contractings wurden in Klassen- und Lehrerräumen dimmbare Leuchten eingesetzt, die abhängig von Tageslicht und Präsenz geregelt werden. Das Investitionsvolumen betrug rund 153000 Euro. In der Sporthalle kann die neue Beleuchtungsanlage nach dem jeweiligen Bedarf in drei Stufen - von 200 bis 600 lx - betrieben werden. In der Summe vermindern sich die reinen Stromkosten für die Beleuchtung der Sporthalle pro Jahr um rund 4600 Euro. Zur Beleuchtung der Klassenräume dienen nun Spiegelrasterleuchten mit dimmbaren elektronischen Vorschaltgeräten. Die bis dahin eingesetzten zwölf zweilampigen Leuchten mit einer Gesamtanschlussleistung von 1704 W wurden durch zehn einlampige Leuchten mit einer Gesamtleistung von 550 W ersetzt. Obwohl die Anzahl der Lampen deutlich reduziert wurde, blieb das Beleuchtungsniveau unverändert. Addiert zu den Einsparungen, die bereits seit 1999 durch den Einbau eines Blockheizkraftwerkes erzielt wurden, verringerte sich der Strombezug aus dem Netz nach der Sanierung der Beleuchtungsanlagen von 544814 auf 248054 KWh pro Jahr. Die Strombezugskosten für das Schulzentrum Bielstein sanken im gleichen Zeitraum von über 64000 auf 24844 Euro. Die eingesparten Gelder sollen nun in die Anschaffung eines weiteren Blockheizkraftwerks investiert werden. Contracting bei Privatkunden Contracting ist nicht auf Projekte in Liegenschaften des Bundes oder von Kommunen beschränkt. Zunehmend machen beispielsweise Stadtwerke auch Privatkunden das Angebot, eine alte Heizungsanlage kostenlos durch eine neue zu ersetzen. Diese Investionen lassen sie sich dann durch ein erhöhtes Entgelt für die Energielieferung bezahlen. Der Zeitpunkt dieser Offensive ist günstig, denn viele Heizungsanlagen sind wahre „Energiefresser“ und entsprechen häufig nicht mehr den gesetzlichen Bestimmungen. Zudem tragen aus Sicht der EVU solche Energielieferkontrakte wesentlich zur Kundenbindung bei und bieten die Chance, sich als Dienstleister im härter werdenden Wettbewerb besser zu positionieren. Es gibt allerdings viele Hindernisse, die eine rasche Entwicklung in diesem Segment bremsen: Contracting ist sowohl als Begriff als auch als Konzept wenig bekannt. Die Unklarheit hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen vor allem bei vermieteten Wohngebäuden blockiert zahlreiche mögliche Projekte in Mehrfamilienhäusern. Und nicht zuletzt: Etwas mehr als ein Drittel der potentiellen Kunden erkennt im Contracting keine Vorteile. Chancen für das Elektrohandwerk 7.1 Contracting-Markt in Deutschland In Deutschland bemühen sich derzeit rund 500 auf Contracting-Verfahren spezialisierte Unternehmen, Kunden aus der Wohnungswirtschaft und aus öffentlichen Verwaltungen, Betreiber von Krankenhäusern und Unternehmer aus Industrie und Handwerk von den wirtschaftlichen, organisatorischen oder auch ökologischen Vorteilen des Contractings zu überzeugen. Sie nutzen die Impulse, die zurzeit aus der Gesetzgebung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), der Energieeinsparverordnung (EnEV), dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und anderen Regelungen mit klimaschutzpolitischer Zielsetzung kommen. Dem relativ jungen Geschäftsfeld werden aktuellen Studien zufolge außerordentliche Entwicklungschancen mit Zuwachsraten bis 20 % bescheinigt. Das Potential geeigne- Energieeinsparung FÜR DIE PRAXIS EP-0206-120-124 20.01.2006 8:45 Uhr Seite 123 ter Contracting-Anlagen beträgt in Deutschland rund 1,4 Millionen, von denen bisher weniger als 5 % bedient werden. Das Contracting-Marktpotential entspricht einem Investitionsvolumen von rund 730 Mio. Euro (Quelle: Potentialstudie „Der Markt für Contracting in Deutschland bis 2010“ des Instituts für Trend-und Marktforschung trend:research). 7.2 Chancen für Elektrounternehmen Wie nun kann ein Elektroinstallationsunternehmen von diesem wachsenden Markt profitieren? Bei größeren Projekten wird ein selbstständiger Elektrohandwerker aufgrund des hohen Finanzbedarfs für die erforderliche Vorfinanzierung der Investitionen und der Gewerke übergreifenden Herangehensweise selten in der Lage sein, Energieeinspar-Contracting selbst anzubieten. Es gibt aber die Möglichkeit, mit Herstellern aus dem Bereich der Gebäudetechnik zu kooperieren. Viele von ihnen haben unterschiedliche Contracting-Modelle im Angebot und beauftragen dann Subunternehmen aus dem Handwerk mit der Installation aller im Zuge des Verfahrens benötigten Anlagen. So spielen Modernisierungsmaßnahmen bei Beleuchtungsanlagen, beispielsweise der Einsatz effizienter T5-Leuchten mit EVG-Adaptern, eine zunehmend wichtige Rolle. Hier und in anderen Bereichen ergeben sich für den Elektrohandwerker somit neue Chancen. Namhafte Gerätehersteller für die Gebäudetechnik wie Siemens oder ABB empfehlen Elektroinstallationsunternehmen, frühzeitig Kontakt aufzunehmen, um nach Auftragsvergabe als möglicher Subunternehmer positioniert zu sein. Auch Stadtwerke kommen zunehmend als Kooperationspartner infrage, denn sie drängen, wie im letzten Kapitel bereits erwähnt, zurzeit verstärkt auf den Contracting-Markt und vergeben die Installation von Versorgungs- und Regelungsanlagen häufig an Subunternehmen aus der näheren Umgebung. Es lohnt sich für Elektrounternehmer also sicher, den häufig schon seit Jahren bestehenden Kontakt zu intensivieren. Eine weitere Empfehlung: Selbstständige Fachhandwerker sollten Bauherren, die für Contracting infrage kommen, gezielt ansprechen und beraten. Das erfordert allerdings solide fachliche und theoretische Kenntnisse. 7.3 Informationen, Veranstaltungen, Weiterbildung Als erste Anlaufstelle für Informationen zum Contracting wäre die Website www.contractingoffensive.de zu nennen. Sie wird von der Deutschen Energie Agentur Gmb H (dena), dem bundesdeutschen Kompetenzzentrum für Energieeffizienz und regenerative Energien in Berlin, betrieben. Dort bekommt der Elektrohandwerker im Grunde alles, was er zunächst als Basisrüstzeug benötigt. Von besonderem Interesse dürften für ihn die Praxisbeispiele, die Hinweise auf weiterführende Literatur und die Namen einiger möglicher Kooperationspartner sein. Neben der dena (www.dena.de) betreiben viele Bundesländer eigene Energieagenturen und Beratungsstellen. Sie alle bieten zahlreiche Links zu Einrichtungen und Verbänden, die sich mit Contracting befassen und auch Veranstaltungen sowie Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 2 124 Ausgesuchte Literatur Die Zahl der Bücher, Ratgeber, Leitfäden und Zeitschriften zum Thema steigt ständig. Die folgende Auswahl gibt einen kleinen Überblick. Eine komplette Literaturliste bietet die Energieagentur NRW (www. ea-nrw.de). W. v. Braunmühl (Hrsg.): Handbuch Contracting. 2. Auflage. Düsseldorf: Krammer Verlag 2000. Grundlagennachschlagewerk mit realisierten Beispielen aus allen Anwendungsbereichen U. Bemmann, S. Schädlich (Hrsg.): Contracting Handbuch 2003 München, Neuwied, Köln: Wolters Kluwer Gmb H 2003 4. neu bearbeitete Auflage des Grundlagennachschlagewerks. Schwerpunkte: betriebswirtschaftliche, rechtliche und vertragliche Aspekte; realisierte Beispiele aus allen Anwendungsbereichen Deutsche Energie-Agentur Gmb H (dena): Contracting-Offensive für öffentliche Liegenschaften - Wirtschaftliche Einsparpotentiale mit externen Partnern nutzen Berlin: 2005 Ratgeber speziell für öffentliche/kommunale Liegenschaften. Vorstellung der gängigsten Contracting-Modelle und deren Anwendungsbereiche, Erläuterungen zu Ausschreibung und Vergabe sowie der haushaltsrechtlichen Handhabung, Kurzdarstellung von vier realisierten Contracting-Beispielprojekten. VfW Verband für Wärmelieferung: VfW-Jahrbuch Energielieferung 2005/2006 Gernsheim: Verlag Gabriele Kissel 2004 Informationen zum Thema „Trends im Energiecontracting“ und Darstellung von acht umgesetzten Projekten Bundesverband Privatwirtschaftlicher Energie-Contracting-Unternehmen (PECU): Einspar-Contracting richtig gemacht! 2. Auflage, Mainz: 2006 Navigator mit Erläuterungen und Arbeitshilfen für die Vorbereitung und Durchführung von Einspar-Contracting-Vorhaben für Gewerbe, Industrie und öffentliche Hand VDMA Verband Deutscher Maschinen-und Anlagenbau: VDMA-Einheitsblatt 24198 - Performance-Contracting Berlin: Beuth Verlag 2000 Begriffe, Prozessbeschreibung, Leistungen im Bereich Einspar-Contracting EP-0206-120-124 20.01.2006 8:45 Uhr Seite 124
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