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Betriebsführung

Zinschance contra Kursrisiko

ep8/2008, 1 Seite

Langfristige Immobilienfinanzierungen mithilfe von Darlehen in einer Fremdwährung wollen gut überlegt sein. Selbst wenn niedrigere Zinsen locken, kann die Kursentwicklung am Ende gar zu Verlusten führen. Es ist daher angebracht, solche vermeintlich attraktiven Finanzierungsangebote eingehend vor Vertragsabschluss zu prüfen.


Gebäudesanierung mit Langfristkredit Der Investitionsstau an der Betriebsimmobilie, den Joachim M. als Inhaber eines Eigentümer geführten Mittelbetriebes bereits seit Jahren vor sich her schiebt, soll nun endlich aufgelöst werden. Dazu benötigt er insgesamt rund 150000 Euro, um die fast völlige Sanierung des sechzig Jahre alten Gebäudes durchzuführen. Da die Ertragslage des Betriebes während der vergangenen Jahre keine nennenswerten Rücklagen ermöglichte, geht M. nach Rücksprache mit seinem Steuerberater davon aus, den Betrag vollständig mit einem Bankdarlehen zu finanzieren. Da ohnehin geplant ist, den Betrieb durch seinen Sohn fortführen zu lassen, favorisiert er dazu ein Langfristdarlehen, wie es vor allem beim Kauf einer Immobilie möglich ist. Als Sicherheit kann er seiner Bank dazu eine Grundschuld anbieten, mit der die zu sanierende Immobilie belastet werden würde. Hierzu erhielt er vom für ihn zuständigen Bankmitarbeiter bereits eine mündliche Vorabzusage, da das Gebäude bei einem vorsichtig geschätzten Verkehrswert von etwa 450000 Euro längst schuldenfrei und demzufolge mit keinen weiteren Grundpfandrechten belastet ist. Fremdwährungsdarlehen Nachdem diese grundsätzliche Finanzierungsentscheidung gefallen ist, geht es um die Frage des günstigsten Zinssatzes. Bei einem Vergleich der effektiven Darlehenszinssätze im Fünf- und Zehnjahresbereich liegen die Angebote bei etwa 5,2 % pro Jahr. Entscheidet sich M. dagegen für ein Fremdwährungsdarlehen im Schweizer Franken (sfr), muss er zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich rund 3,5 % Zinsen im Jahr bezahlen. Dieser Unterschied würde bei den Zinsraten immerhin rund 2550 Euro pro Jahr betragen. Dieser Kostenunterschied, das räumt M. ein, hat ihn durchaus beeindruckt. Dies gilt umso mehr, da der Vermittler des Angebots die mit einem Fremdwährungsdarlehen verbundenen Risiken als „absolut überschaubar“ dargestellt hat. Der Einwand von M. und seinem Steuerberater bezüglich des Risikos einer möglichen Aufwertung des sfr, ließ der Vermittler nicht gelten. Nach seiner Aussage „bietet der Zinsvorteil zugunsten des Schweizer Franken mehr Chancen als ein mögliches Wechselkursrisiko“. M. hat zunächst um Bedenkzeit gebeten, da er eine derartig wichtige Entscheidung auch von der Zustimmung seines Sohnes abhängig machen möchte. Immerhin wird dieser später nicht nur den Betrieb seines Vaters, sondern auch den Teil seiner dann noch verbleibenden Restverbindlichkeiten übernehmen. Risiken sorgfältig prüfen Kursrisiko. M. ist in der Tat gut beraten, eine endgültige Entscheidung erst nach sehr sorgfältiger Prüfung (siehe Checkliste), insbesondere des Wechselkursrisikos, zu treffen. Die Darlehensaufnahme würde in Schweizer Franken erfolgen und M. nach Umrechnung auf seinem Konto im Euro zur Verfügung stehen. Die Zins- und Tilgungsraten muss M. ebenfalls in Schweizer Franken zahlen, sodass auch hier zunächst die Umrechnung vom Euro in Schweizer Franken erfolgt. Steigt nun der sfr im Verhältnis zum Euro während der Darlehenslaufzeit stark an, so steigt naturgemäß auch die Verschuldung von M., da das Darlehen in sfr aufgenommen wurde. In ähnlicher Weise gilt das für die Zins- und Tilgungsraten. Dieses Risiko kann, je nach Betrachtung, auch als Chance gesehen werden, wenn der sfr im Verhältnis zum Euro fallen würde. Darlehensbedingungen. Je nach Anbieter sind endfällige Darlehen üblich, bei denen während der Laufzeit nur Zinsen gezahlt werden. Die Tilgung erfolgt zum Laufzeitende in einer Summe. Dieser Betrag wird meist durch regelmäßige Sparraten aufgebracht. Risiko Investmentfonds. Handelt es sich bei der damit verbundenen Anlageform um einen Investmentfonds, sollte das je nach Fonds vorhandene Spekulationsrisiko berücksichtigt werden. Steuern. Zu beachten sind auch die steuerlichen Aspekte für diese Tilgungsvariante. Variabler Zinssatz. Bietet der Kreditgeber darüber hinaus ausschließlich variable, jederzeit veränderbare Zinssätze, ergeben sich weitere Unwägbarkeiten. Vorteilhaft sind in derartigen Fällen die meist üblichen Sondertilgungen, die jederzeit und kostenlos möglich sind. Währungstausch. Diverse Angebote sehen zudem einen auf Wunsch des Kreditnehmers vorzunehmenden Tausch des Darlehens vom sfr in den Euro vor, sodass die Währungsunsicherheit vorzeitig beendet werden kann. Fazit Im Ergebnis muss M. als Unternehmer abwägen, ob und in welchem Umfang er bereit ist, bei einer Zinsdifferenz von rund 1,7 % pro Jahr die bestehenden Risiken zu akzeptieren und auf die Chancen eines Währungskredits zu vertrauen. Neben dem Steuerberater kann ihm zur Vorbereitung einer Entscheidung vor allem seine Hausbank helfen, die z. B. die Schwankungen der Wechselkurse des sfr zum Euro während der vergangenen Jahre ebenso darstellen kann wie eine Prognose der künftig zu erwartenden Wechselkursbewegungen dieser beiden Währungen. M. Vetter Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 8 695 BETRIEBSFÜHRUNG CHECKLISTE Fremdwährungsdarlehen können je nach Blickwinkel als spekulativ oder als innovativ eingeschätzt werden. Unternehmer sollten daher vor allem die jeweiligen Wechselkursentwicklungen regelmäßig beobachten. Es kann sinnvoll sein, bei den Darlehensbedingungen auf weitgehende Flexibilität zu setzen, um ggf. kurzfristig in den Euro umzuschulden oder zumindest einen Teil des Darlehens vorzeitig zurückzuzahlen. Die Entscheidung zur jeweiligen Tilgungsvariante - regelmäßig oder am Laufzeitende des Darlehens - sollte sorgfältig durch den Steuerberater geprüft werden. Zumindest sollte eine teilweise Absicherung des Währungsrisikos vor Vertragsabschluss geprüft werden. Über Vorgehensweise und Kosten informieren die Bankinstitute. Zinschance contra Kursrisiko Langfristige Immobilienfinanzierungen mithilfe von Darlehen in einer Fremdwährung wollen gut überlegt sein. Selbst wenn niedrigere Zinsen locken, kann die Kursentwicklung am Ende gar zu Verlusten führen. Es ist daher angebracht, solche vermeintlich attraktiven Finanzierungsangebote eingehend vor Vertragsabschluss zu prüfen.

Autor
  • M. Vetter
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